Profilbild von SusanD

SusanD

Lesejury Profi
offline

SusanD ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SusanD über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.05.2024

Menschliche Marionetten

Der Plot
0

Max Delius ist ein erfolgloser Autor; seine Frau verlässt ihn. Doch dann erhält er einen ungewöhnlichen, sehr gut bezahlten Auftrag: Auf der Grundlage eines ihm überlassenen fertigen Plots soll er einen ...

Max Delius ist ein erfolgloser Autor; seine Frau verlässt ihn. Doch dann erhält er einen ungewöhnlichen, sehr gut bezahlten Auftrag: Auf der Grundlage eines ihm überlassenen fertigen Plots soll er einen detailreichen Thriller verfassen. Doch dann sterben die Mordopfer nicht nur in seiner Geschichte, sondern ihre realen Pendants kommen auf genau dieselbe Weise ums Leben und Max wird selbst immer tiefer in das aberwitzige Geschehen hineingezogen.

"Der Plot" ist der erste Thriller des niederländischen Architekten und Autors Frank Eldering, der mir bereits durch seine später erschienende spannende Confluentes-Trilogie - um gut recherchierte kirchliche Geheimnisse und ihre Bewahrung bzw. Aufdeckung - bekannt ist.

Auch diesem Buch liegt bereits eine Idee zugrunde, die aus real existierenden (geheimen) Forschungsprogrammen entstanden ist, die der Autor im Anhang anführt. Dass diese Forschungen und Ergebnisse tatsächlich real sind, ist für mich zusätzlich grauenhaft und besorgniserregend...

Aufgeteilt ist "Der Plot" in sechs Teile und zahlreiche kurze Kapitel, die schnell und leicht zu lesen sind. Eine hohe Spannungskurve und die angenehme Schreibweise machen das Buch zu einem echten Page-Turner, in dem ich mir immer wieder die Frage stellte, wie die Geschichte nur weiter- und befriedigend zu Ende gehen sollte - neben dem zusätzlichen Nervenkitzel, dass die beschriebenen Manipulationen am Menschen tatsächlich möglich sein sollen. Besonders gut gefiel mir, dass der Autor im letzten Abschnitt eine Gerichtsverhandlung über den wirklich außergewöhnlichen und neuartigen Fall konstruiert hat, deren Ausgang ein positives Ende schaffte. Und wenngleich der Fall selbst abgeschlossen und ohne weitere Fragen endet, schafft Eldering ein offenes Ende, was zugleich auch die weiterhin real existierenden Forschungen und Entwicklungen symbolisiert.

Die im Mittelpunkt stehenden Figuren Max und seine frühere Geliebte Chiara, eine Journalistin, sind authentisch und nachvollziehbar ausgearbeitet; ihre Widersacher, der über Leichen gehende Wissenschaftler Wladimir Voronin und seine brutalen Handlanger sowie die ermittelnde Polizei, erscheinen einigermaßen klischeehaft, was jedoch nicht weiter stört. Gerne hätte ich noch mehr erfahren über die "human dignity watch", einer Organisation für Menschenrechte, die nicht nur in diesem Buch eine wichtige Rolle spielt.

Die Schauplätze der Handlung (Wiesbaden und der Rheingau-Taunus sowie Stockholm) sind eher untergeordnet und wären durchaus austauschbar.

Meiner Meinung nach verdient die diesem Werk zugrundeliegende Idee und ihre vorliegende Ausarbeitung unbedingt mehr Aufmerksamkeit und ich möchte den "Plot" gerne weiterempfehlen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2024

Herausragend

Evas Rache
0

Im Jahr 1922 herrscht in Leipzig Ausnahmezustand, denn die Technische Messe zieht Besucher aus aller Welt an. Der erfolgreiche Münchner Professor Armin Dorn will seine bahnbrechende Erfindung zur Lebensmittelkonservierung ...

Im Jahr 1922 herrscht in Leipzig Ausnahmezustand, denn die Technische Messe zieht Besucher aus aller Welt an. Der erfolgreiche Münchner Professor Armin Dorn will seine bahnbrechende Erfindung zur Lebensmittelkonservierung vorstellen. Doch genau jetzt geht in der Stadt der als "Bestie von Leipzig" titulierte Frauenmörder um und Kommissar Paul Steiner und seine Kollegen tappen im Dunklen; erst als die junge Frau Dorn verschwindet, scheint sich eine Spur aufzutun. Doch welches Motiv hat der vermeintliche Lustmörder wirklich? Und ist Eva-Maria Dorn wirklich nur unschuldiges Opfer? ....

In seiner Reihe um den durch den Ersten Weltkrieg schwer traumatisierten Kommissar Paul Stainer legt der freischaffende Autor Thomas Ziebula nun mit "Evas Rache" den vierten Band vor, der leider auch der letzte sein soll, was ich sehr bedauere. Man kann diesen vierten Band problemlos alleine lesen - wodurch dem Leser oder der Leserin nur der Genuss der tollen Charakterentwicklungen entgeht und weitere spannende Geschichte.

Im Mittelpunkt dieses außergewöhnlichen Kriminalromans, der auf ansprechende Weise in auktorialem Erzählstil verfasst ist, steht die junge Eva-Maria Dorn und nach ihrer Entwicklung sind auch die drei Teile des Buches benannt: Dornröschens Ende, Marias Höllenfahrt und Evas Auferstehung. Und wenn Ziebula auch regelmäßig den Blick wechselt zwischen Eva, Stainer und dem soeben aus der Kriegsgefangenschaft entlassenen Nakaski, gelang ständig eine sichere und kristallklare Zuordnung des Geschehens, das immer neue Wendungen aufnahm. Die Spannung blieb auf hohem Niveau und überzeugte mich durch einen raffiniert angelegten Plot, der alles andere als gewöhnlich ist.

Die Figuren sind mehrdimensional und entwickeln sich im Laufe der Handlung auf beeindruckende Art; dabei ist ihr Handeln absolut authentisch und immer nachvollziehbar und durch ihr Agieren wird die historische Zeit sehr deutlich und nahbar zum Ausdruck gebracht. Selbst die aus den vorhergehenden Büchern bereits bekannten Nebenfiguren sowie die hier neu auftretenden sind mit vielen Details ausgestattet.

Und gerade dies schätze ich bei Thomas Ziebula im besonderen: Er hat - nicht nur über die Polizeiarbeit in der Weimarer Republik - akribisch recherchiert und setzt seine Begeisterung für die Deutsche Zeitgeschichte großartig um. So lebensnah und anschaulich werden auch die zweifelhaften Seiten der Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts, die uns meist nur als "die goldenen Zwanziger" präsentiert wird, selten geschildert. Die Nachwehen des Ersten Weltkrieges in ihrer Brutalität, der Wirtschaftsaufschwung, aber auch der immer stärker um sich greifende Nationalsozialismus mit seinen Fanatikern ist Geschichte pur und passt perfekt zu dem brisanten Kriminalfall. Dass Ziebula die Erfindung des Gefrieren von Lebensmitteln zur Haltbarmachung - eigentlich von einem kanadischen Wissenschaftler entdeckt - dem fiktiven Unternehmer und Forscher Armin Dorn andichtet, verzeihe ich gerne. Ergänzen möchte ich an dieser Stelle auch die vielen zeitgeschichtlichen Details, die in die Handlung einfließen wie natürlich die Technische Messe Leipzigs, eine der ältesten Messen der Welt, das Turn- und Sportfest 1922, die "Leipziger Lerchen", eine Zubereitung von Singvögeln, die schon im 19. Jahrhundert verboten wurde und aus denen das heute bekannte Gebäck hervorgegangen ist und vieles mehr. Und auch das aufgezeigte Frauenbild von vor über 100 Jahren ist erwähnenswert.

Deutsche Geschichte, ein spannender, gut konstruierter Krimi mit überraschenden Wendungen und nicht zuletzt Begeisterung für die sächsische Stadt Leipzig mit ihrer Vergangenheit sowie toll herausgearbeiteten Figuren - davon möchte ich noch viel mehr! Mit einem lachenden Auge (wegen des herausragenden Krimis) und einem weinenden (weil Paul Stainers Reise nun zu Ende geht) kann ich diesen Kriminalroman nur wärmstens empfehlen! Und ich hoffe, bald wieder Neues von Thomas Ziebula lesen zu dürfen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2024

Spannender Krimi mit Verbindung zur Morandi Brücke

Azzurro mortale
0

Kaum erhält Commissario Vito Grassi Besuch von seiner Frau und seinem Sohn in seinem geerbten Rustico in Levanto, wird in Corniglia - dem kleinsten Dorf der Cinque Terre - eine Leiche angeschwemmt. Grassi, ...

Kaum erhält Commissario Vito Grassi Besuch von seiner Frau und seinem Sohn in seinem geerbten Rustico in Levanto, wird in Corniglia - dem kleinsten Dorf der Cinque Terre - eine Leiche angeschwemmt. Grassi, der zunächst als einziger von Mord ausgeht, beginnt zu ermitteln und stößt bald auf Verbindungen zum Einsturz der Morandi-Brücke in Genua vor sechs Jahren ....

Wohingegen inzwischen viele Deutsche Autoren Urlaubskrimis schreiben und ihre Leser*Innen an viele wunderschöne Orte, an denen grausame Verbrechen geschehen, entführen, überzeugt nun der italienische Autor Andrea Bonetto mit einer Krimi-Reihe, die an der bilderbuchhaften Kulisse des Cinque Terre angesiedelt ist. Der zweite Band "Azzurro Mortale" lässt sich auch ohne Kenntnis des ersten FAlles problemlos lesen - allerdings habe ich große Lust bekommen, dieses Manko zu schließen.

Bonetto überzeugt zunächst einmal mit dem gewählten Setting und fängt den Charme der malerischen Landschaft, des Essens und der Kultur des Cinque Terre ein.

Der gut zu lesende Schreibstil ist geistreich und humorvoll, die Geschichte hat einen guten Spannungsbogen, der mit vielen Wendungen und immer neuen Details über eine wilde Verfolgungsjagd zu einer überraschenden Lösung kommt.

Besonders gut gefällt es mir, wenn Bücher aufsehenerregende Ereignisse aus der Vergangenheit aufgreifen und diese wieder ins Bewusstsein rufen sowie Skandale aufdecken. Hier hat der Autor gut recherchiert über den Einsturz der maroden Autobahnbrücke 2018, der Morando-Brücke in Genua, mit der nicht zuletzt auch der Benetton-Konzern in Verbindung gebracht wird. In einem Nachwort gibt der Autor hierzu auch weitergehende Informationen.

Die Hauptfigur des Commissario Vito Grassi ist mehrdimensional; authentisch und mit Ecken und Kanten; und wenngleich ich auch nicht immer mit seinen Handlungen einverstanden bin, möchte ich den liebenswerten Commissario sehr. Seine privaten Probleme sind erfrischend anders als die immer wieder in Krimis auftauchenden Alkoholprobleme und das Einzelgängertum der Ermittler und lenken keinesfalls von der eigentlichen Handlung ab.

Bemerkenswert ist, dass Bonetto viele selbstbewusste, starke Frauen Grassi zur Seite stehen, wie Toni, seine Mitbewohnerin im Rustico, seine junge Partnerin Marta Ricci oder die strenge Questorin Dies hatte ich so nicht erwartet und gibt weitere Pluspunkte!

Ich freue mich, diese tolle Reihe entdeckt zu haben und bereits jetzt auf die Fortsetzung und den nächsten Fall des Commissario Grassi!

PS: Ein besonderes Schmankerl ist das Rezept für "Testaroli", die älteste Pasta Italiens, die ich sofort nachmachen musste!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2024

Einfach gut unterhalten mit tollem Setting

Die kleine Gärtnerei in den Highlands
0

Jack MacDonald, selbst mit einer düsteren Vergangenheit belastet, soll im Dörfchen Applemore in den schottischen Highlands ein Outdoor-Camp für benachteiligte Jugendliche errichten, wovon die Einheimischen ...

Jack MacDonald, selbst mit einer düsteren Vergangenheit belastet, soll im Dörfchen Applemore in den schottischen Highlands ein Outdoor-Camp für benachteiligte Jugendliche errichten, wovon die Einheimischen nicht gerade begeistert sind, allen voran Beth Fraser. Ihr ist es gelungen, nach ihrer Scheidung als alleinerziehende Mutter von Zwillingen erfolgreich eine Gärtnerei zu etablieren und fürchtet nun neue Probleme auf sich zuzukommen. Dennoch kommen die Beiden sich näher ...

Die britische Autorin Rachael Lucas legt mit "Die kleine Gärtnerei in den Highlands" den zweiten Band ihrer Familiensaga über die Erben des Herrenhauses "Appleton" vor. Dieser zweite Teil lässt sich auch ohne Kenntnis des ersten Bandes gut lesen, da alle Familienmitglieder und Wichtiges aus der Vorgeschichte harmonisch in die Story eingeflochten sind.

Die Autorin ist selbst in den schottischen Highlands aufgewachsen und ihre Liebe zu diesem Land und seinen charismatischen Bewohnern spricht aus jeder Zeile. Ein besonderer Genuss für alle "Alba"-Fans und solche, die es werden wollen!

In locker-leichtem Schreibstil schafft Lucas eine absolute Wohlfühlatmosphäre und nimmt ihre Leser*Innen mit zu einer gemütlichen Romanze. Wirklich Spannung kommt nicht auf und das Ende ist vorhersehbar, dennoch wurde mir die Lektüre nie langweilig, sondern ich fühlte mich angenehm unterhalten.

Positiv empfand ich den Familienzusammenhalt der Erben von Appleton und dass mit Beth Fraser eine starke Frau im Mittelpunkt der Erzählung steht, die trotz aller Rückschläge mutig ihren Weg geht und dabei auch anderen weiblichen Figuren Mentorin und Vorbild ist. Rachael Lucas scheut auch nicht davor, brisante Themen anzusprechen wie zum Beispiel das der Jugendkriminalität und Wege dorthin.

Die Figuren sind authentisch geschildert und sehr sympathisch, was mich mit ihnen mitfiebern und mitleiden ließ.
Die einzelnen Kapitel sind aus einer personalen Erzählperspektive abwechselnd aus der Sicht von Beth und Jack geschrieben, so dass sich ihre Wahrnehmungen und Annäherungen gut nachvollziehen lassen.

Insgesamt ist "Die kleine Gärtnerei in den Highlands" eine charmante Geschichte, die ohne großen Anspruch das tut, was sie soll: einfach gut unterhalten und mit einem schönen Setting überzeugen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2024

Geschichten hinter den Geschichten

Nachspielzeiten
0

Wer kennt Ioannis Topalidis, die Stimme von Otto Rehhagel bei den Griechen?
Wer erinnert sich noch an den witzigen Mehmet Scholl als Kommentator in den Öffentlich Rechtlichen Medien und seinen wenig glanzvollen ...

Wer kennt Ioannis Topalidis, die Stimme von Otto Rehhagel bei den Griechen?
Wer erinnert sich noch an den witzigen Mehmet Scholl als Kommentator in den Öffentlich Rechtlichen Medien und seinen wenig glanzvollen Untergang? Welcher Fußballfans möchte seine Stars im Dschungelcamp sehen? War Tim Wiese immer schon mehr Maschine als Fußballtorwart? Wer kennt Christians Fährmann Karriere als DJ nach seiner aktiven Zeit? Wem ist Gasgoignes Alkoholproblem bekannt? Und was wissen Fußballfans über Pélé und Beckenbauer in den USA?

Der Autor und Journalist Lucas Vogelsang, Fußballfans nicht nur aus dem Magazin für Fußballkultur "11 Freunde" bekannt, widmet sich in seinem neuesten Buch "Nachspielzeiten" wieder einmal besonderen Legenden des Lieblingssport. Dabei beleuchtet er die Geschichte hinter den Geschichten, hat gut recherchiert und erzählt seinen Leser*Innen von den Storys abseits des Fußballplatzes und nach den Karrieren der großen Spieler. Für mich als Fan wurden so nicht nur viele Erinnerungen wach, sondern diese wurden ergänzt durch in Vergessenheit geratene und viele neue Informationen.

Die kleinen und großen Dramen sorgen dabei von selbst für Spannung und meine Neugier konnte durchaus befriedigt werden.

Enttäuscht hat mich allerdings der Schreibstil, der an die Boulevardpresse erinnert und bei jedem Deutschlehrer den Rotstift zum Glühen gebracht hätte. Da habe ich tatsächlich mehr erwartet, denn die "11 Freunde" lese ich gerne.

Dennoch sind die "Nachspielzeiten" ein Muss für jeden Fußballfan - und zeigen eben auch die Krisen neben den schillernden Stars des König Fußballs.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere