Profilbild von SusanD

SusanD

Lesejury Profi
offline

SusanD ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SusanD über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.02.2023

Starke Frauen in der Kunst

Glasgow Girls
0

Glasgow 1892. Die Mutter der aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Olivia sieht deren Zukunft in einer gut bezahlten Arbeit in einer Fabrik und an der Seite des Nachbarjungen Allie, doch Olivia, die gerne ...

Glasgow 1892. Die Mutter der aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Olivia sieht deren Zukunft in einer gut bezahlten Arbeit in einer Fabrik und an der Seite des Nachbarjungen Allie, doch Olivia, die gerne zeichnet und stickt, träumt von einem Leben als Künstlerin. So bewirbt sie sich entgegen den Wünschen ihrer Mutter um eine Arbeit in dem berühmten Teesalon von Miss Cranston, die ihre fleißige und zielstrebige Angestellte schätzt und als einflussreiche Mäzenin ihr Talent fördert. So kann Olivia ein Studium an der berühmten Glasgow School of Arts beginnen, wo sie Freundinnen findet und erfolgreiche Künstler kennenlernt. Doch das Leben hält auch negative Überraschungen für Olivia bereit....

Susanne Goga ist mit "Glasgow Girls" ein wundervoller Roman über die größte schottische Stadt Glasgow und die renommierte Glasgow School of Arts gelungen, in der sich Ende des 19. Jahrhunderts ein Kreis von bedeutenden modernen Künstlern und Designern bildete. Dazu hat Susanne Goga hervorragend recherchiert und verwirbt viel (Kunst-) Geschichte mit einer mitreißenden fiktiven Erzählung. (Eine Literaturliste im Anhang gibt Tipps für weitere Informationen.)

Der flüssige, lebendige und mitreißende Schreibstil der Autorin ließ das Buch zu einem wahren Pageturner werden, den ich nicht mehr aus der Hand legen konnte. Durch ihn gelingt es der Autorin, viele Sachinformationen harmonisch durch das Leben und Wirken der Hauptfigur Olivia einzubringen und ich habe viel über die berühmte "Glasgow School" gelernt, zu der wichtige Künstler wie der bekannte Architekt Charles Rennie Mackintosh und die echten Glasgow-Girls Frances MacDonald McNair und Margaret MacDonald Mackintosh zählen, die sich allesamt im Roman wiederfinden. Und auch das Leben kurz vor der Jahrhundertwende in der schottischen Arbeiterstadt wird bildhaft beschrieben.

Hauptfigur dieses historischen Romans ist die begabte Olivia, die mit großem Einsatz ihre Ziele verfolgt. Sie mag nicht immer sympathisch sein, begeisterte mich aber durch ihren Einsatz und ihr Herz; sie wird beschrieben als eine mehrdimensionale Figur, die sich im Laufe der Zeit immer weiter entwickelt zu einer starken Persönlichkeit. Ihr zu Seite stehen abwechslungsreiche und vielschichtige Figuren, die wunderbar beschrieben sind und das Lesevergnügen hoch halten. Bemerkenswert finde ich auch, dass gerade so viele starke Frauen, die entgegen zahlreicher Widerstände ihren Weg gegangen sind, thematisiert werden - sind dies neben den echten "Glasgow Girls" und der fiktiven Olivia auch die Unternehmerin Miss Cranston und die Frau des Schulleiters, Jessie Newbery, die auch selbst Dozentin ist.

Vervollständigt wird der Roman durch eine Liebesgeschichte, die man allerdings getrost als eher ungewöhnlich bezeichnen kann.

Persönlich hat mich dieses Buch besonders berührt, da ich die wundervolle Stadt Glasgow liebe und in den Beschreibungen der Autorin stets wiedererkennen konnte und auch den besonderen Teesalon von Miss Cranston, der noch immer besteht und viele Verbindungen zu Charles Rennie Mackintosh aufzeigt, besucht habe (Willow's Tea Rooms).
Ich bin jedoch überzeugt davon, dass nicht nur Schottland-Liebhaber und Kunstinteressierte großen Gefallen an den "Glasgow Gilrs" finden werden. Ein Lese-Highlight ganz nach meinem Geschmack, so dass ich darauf hoffe, dass Susanne Goga und ihr Verlag sich zu einer Fortsetzung entschließen werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.01.2023

Viel Gejammer, wenig Handlung

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
0

Silvester 2018. Wie in jedem Jahr feiern die alten Schulfreundinnen Nina und Malena mit ihren Familien und weiteren Freunden bei Lollo, der dritten im Bunde, eine große Silvesterparty, obwohl schon lange ...

Silvester 2018. Wie in jedem Jahr feiern die alten Schulfreundinnen Nina und Malena mit ihren Familien und weiteren Freunden bei Lollo, der dritten im Bunde, eine große Silvesterparty, obwohl schon lange klar ist, dass die Drei sich auseinandergelebt und eigentlich nichts mehr zu sagen haben. Nina und Lollo haben sich darüber hinaus überreden lassen, dass ihre 17jährigen Töchter Smilla und Jennifer ebenfalls eine Party in Ninas Zuhause ausrichten dürfen, obwohl gerade die vorsichtige Nina große Bedenken hatte. Und das Schlimmste passiert: Jennifer verschwindet nach einem Streit spurlos. Die Suche nach ihr bringt jede Menge dunkler Geheimnisse aller ans Licht ....

Die Schreibweise der vielfach ausgezeichneten Autorin ist flüssig und angenehm zu lesen; die Ereignisse werden abwechselnd erzählt in der Ich-Perspektive von Nina, Lollo und Fredrik, Ninas Mann, wodurch auch immer ein differenzierter Blick auf einzelnen Aspekten liegt.

Während in der Beschreibung der Ereignisse anfangs eine große Spannung aufgebaut wurde, flachte diese für mich jedoch bald wieder ab und erst die letzten ca. 50 Seiten konnten mich noch einmal richtig in ihren Bann ziehen und brachten eine unerwartete Wendung, die zu einer doch leider etwas lieblosen Auflösung führte. Denn während bei einem Thriller die Figuren in eine ausweglose Lage geraten oder bei einem Krimi die Ermittlungen im Vordergrund stehen, findet sich hier doch mehr oder weniger ein Roman, in dem die MItglieder der beteiligten Familien von Ängsten und Unsicherheiten heimgesucht werden und sich immer größerer Ärger zur vorherrschenden Trauer einschleicht. Insbesondere Fredrik fühlt sich schuldig und sieht sein Leben als beendet an, wenn die Wahrheit herauskommen sollte - und ich konnte lange Zeit nicht umhin mir zu wünschen, dass ich endlich erfahre, was wirklich passiert ist, damit dieses unerträgliche Gejammer schließlich aufhört und die eigentliche Handlung wieder Fahrt aufnimmt.

Dazu kommt, dass mir keine der Figuren wirklich sympathisch war oder mir im Laufe der Zeit ans Herz wuchs; im Freundeskreis wird heftig übereinander hergezogen, doch wenig MITeinander geredet, jeder einzelne Elternteil zeigt völlig unterschiedliche Erziehungsmethoden, die von den anderen kritisiert werden und die Kinder sind in schwierigen Entwicklungsphasen. Warum Fredrik sich tatsächlich dermaßen gehen lässt und ein schwerst depressives Verhalten zeigt, will sich mir überhaupt nicht erschließen und lässt ein großes Fragezeichen in meinem Kopf zurück.

Schade; "Happy new year" hat in meinem Augen das Potential für einen ganz großen Wurf; die Umsetzung konnte mich jedoch leider - mit Ausnahme von Anfang und Ende des Romans - nicht überzeugen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.01.2023

Spannender Thriller mit unsauberem historischen Bezug

Der Fluch des Fremden
0

17. Jahrhundert. In Furtenblick feiern die Bewohner ihr großes Dorffest, als ein geheimnisvoller Fremder das Podium besteigt, einen schlimmen Fluch ausstößt und neben einem brennenden Kruzifix in die Tiefe ...

17. Jahrhundert. In Furtenblick feiern die Bewohner ihr großes Dorffest, als ein geheimnisvoller Fremder das Podium besteigt, einen schlimmen Fluch ausstößt und neben einem brennenden Kruzifix in die Tiefe springt. Nachdem seine Leiche gefunden wird und die ersten Todesfälle im Dorf zu beklagen sind, glauben die Bewohner, dass sich Gott von ihnen abgewendet hat, und die Angst wird immer mächtiger. Allein die Witwe Katharina mag nicht an das Übernatürliche glauben und beginnt, gemeinsam mit ihrem Freund und Nachbarn Jakob, die Morde als solche zu sehen und zu untersuchen. Und schon bald wird ihr klar, wer hier auf Rache sinnt und warum - und wie ein weiterer Mord verhindert werden kann....

"Der Fluch des Fremden" ist der erste historische Thriller des Krimi-Bestseller-Autors Alexander Hartung, von dem ich bisher einige der in deutschen Großstädten spielenden Krimis gelesen habe. Immer stehen starke, interessante Figuren im Mittelpunkt seiner Geschichten, und so sind es diesmal die kluge Witwe Katharina Volck nebst dem sympathischen Jakob Kohlhepp, die sich beide schnell in mein Herz schlichen.Die weiteren Figuren sind allerdings recht eindimensional beschrieben und ihre Handlungen vorhersehbar: der einfältige, ich-bezogene Bürgermeister, der stets drohende Pfarrer und die abergläubigen Dorfbewohner stehen dem cleveren Paar und ihren Freunden Ida, Albrecht, Volmar und Haug gegenüber.

Wenn sich dem Leser auch schon früh erschließt, wer der geheimnisvolle Fremde und warum er auf Rache aus ist, erschließt, so bleibt die Geschichte doch stets spannend. Schritt für Schritt führen Katharinas Ermittlungen zu einer Lösung, bevor es in einem großen Showdown zur Aufklärung kommt. Der leichte und flüssige Schreibstil machen das Buch zu einem echten Lesevergnügen.

Viele der erzählten Details riefen mir spannende Fakten ins Gedächtnis. So fand ich die frühe Medizin besonders interessant, denn Katharina ist teilweise auch als Heilerin tätig, wenn sie einen Bruch schient oder den Wundbrand behandelt. (Wundinfektionen wurden schon im Mittelalter mit Schimmelpilzen, die auf Schafskot und Honig gezüchtet wurden, erfolgreich behandelt. Die Wirkung beruhte tatsächlich darauf, dass diese Schimmelpilze Penicillin produziert haben.) Auch die Frankfurter Judengasse und die Ablehnung der Juden bereits in früheren Zeiten wurden thematisiert, wovon ich gerne noch mehr gelesen hätte.

Allerdings tat ich mich einigermaßen schwer mit dem geschichtlichen Hintergrund des Buches, der meiner Meinung nach ein wenig unsauber recherciert ist: Eine Witwe wie Katharina, die sich alleine versorgt und Geld hat (woher?), über Heilkünste verfügt und sogar noch mit Juden verkehrt und für die Zeit bizarre Methoden von ihnen übernimmt und darüberhinaus als einzige nicht in die Kirche geht, hätte doch sicher im Zentrum des Aberglaubens und der Ablehnung durch die Kirche und ihre Anhänger gestanden, so dass sich der Hass gegen sie hätte richten müssen. Überhaupt waren ihre Freiheiten schon sehr ungewöhnlich. Insgesamt hätte der starke Aberglaube besser ins Mittelalter als hier in die Zeit der Aufklärung gepasst. Auch die (Tages-)Reisen nach Heidelberg und Frankfurt und wie schnell sie "mal eben" Hilfe bekommen konnte. wollte ich nicht weiter hinterfragen. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass eine Mutter so offen über ein uneheliches Kind zu sprechen wagte....

Alles in allem eine unterhaltsame und spannende Geschichte, an deren Umsetzung noch ein wenig gefeilt werden dürfte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.01.2023

Fiktive Erinnerungen

Falschgeld
0

Der deutsche Schauspieler Mathias Matschke hat unzweifelhaft ein großes darstellerisches Talent; bekannt ist er vielen durch zahlreiche Fernseh- und Kinofilme und als Hörbuchsprecher. Matthias Matschke ...

Der deutsche Schauspieler Mathias Matschke hat unzweifelhaft ein großes darstellerisches Talent; bekannt ist er vielen durch zahlreiche Fernseh- und Kinofilme und als Hörbuchsprecher. Matthias Matschke wurde 1968 als Sohn eines Diplom-Ingenieurs und einer Religionslehrerin in Marburg geboren und wuchs in Ober-Ramstadt bei Darmstadt auf 

Mit "Falschgeld" ist nun sein Romandebüt gelungen, das autobiografisch anmutet und durch die häufige Wiederholung des Satzes "Ich bin Mathias Matschke!" diesen Eindruck verstärkt. Darin beschreibt er eine KIndheit und Jugend in den 70er und 80er Jahren. - wie sie hätte sein können; allerdings kann der aufmerksame Leser schnell feststellen, dass dieser Roman rein fiktiv ist. So erzählt Matschke von einem Pfarrer als Vater, einer Mutter, die beim Fernmeldedienst in Dieburg arbeitet und allerhand Erlebnisse passen zeitlich nicht ganz zueinander, worüber ich allerdings gerne hinwegsah.

Liebevoll und berührend beschreibt Matschke die kleinen (z. B. der Sturz vom Apfelbaum oder "das Ohr") bis ganz großen (der "Vorfall" mit seinem Vater) Ereignisse, die sein - fiktives - Leben beeinflussten. Dabei gab es den einen oder anderen Schmunzler und natürlich auch etliche Gegebenheiten, die mich (Jahrgang 67) an meine eigene Jugend erinnerten und einiges wieder aufleben ließen, wie zum Beispiel die an den damals allgegenwärtigen Commodore 64, das Objekt der Begierde vieler.

Allerdings habe ich ein wenig die HIghlights in diesem (Hör-)Buch vermisst. DIe Erzählung plätschert so vor sich hin, ohne dass es mich wirklich mitgerissen hätte und es blieb immer eine gewisse Distanz zum Ich-Erzähler des Buches. Die Stimme des Autors und Erzählers ist zweifelsohne angenehm und gut verständlich, wirkt zuweilen aber ein wenig monoton.

Alles in allem konnte das Buch leider nicht meine (zugegebenermaßen hohen) Erwartungen erfüllen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.01.2023

Entlarvend

Komm zu nix – Nix erledigt und trotzdem fertig
0

Tommy Jaud müsste eigentlich ein neues Buch schreiben - der Abgabetermin rückt näher und näher. Doch die kleinen Widrigkeiten des Alltags zwingen ihn immer wieder, das eine zu vernachlässigen, um anderes ...

Tommy Jaud müsste eigentlich ein neues Buch schreiben - der Abgabetermin rückt näher und näher. Doch die kleinen Widrigkeiten des Alltags zwingen ihn immer wieder, das eine zu vernachlässigen, um anderes zu tun....

Wir kennen es alle: Wenn man auf ein Paket wartet, das angeblich nur noch sieben Stopps entfernt ist und eigentlich ja gleich da sein müsste; wenn das Inbetriebnehmen des Saugroboters (oder wahlweise jedes anderen elektronischen Geräts) viel zu lange dauert, wie sehr eine Steuererklärung ausufern kann, wie kreativ man werden kann, um das abendliche Glas Wein zu rechtfertigen und und und.

Der Bestsellerautor Tommy Jaud erzählt in vielen kleinen Kurzgeschichten aus dem Leben, Geschichten, wie (fast) jeder Leser sie auf die ein oder andere Art sicher schon erlebt hat. Dabei übertreibt er natürlich schamlos und legt so den Finger in die Wunde. Oftmals musste ich beim Hören des Buches laut auflachen bei der hemmungslosen Verspottung der menschlichen Unzulänglichkeiten und konnte die immer wiederkehrenden Fragen "Geht das nur mir so? mit einem klaren Nein! beantworten.

Da es sich nicht um einen zusammenhängenden Roman handelt, lassen sich die einzelnen Episoden immer mal zwischendurch anhören, wenn der graue Alltag ein wenig Erheiterung braucht.

"Komm zu nix" wird vom Autor selbst gelesen und seine angenehme Stimme und die pointierten Betonungen an den richtigen Stellen garantieren ein tolles Hörvergnügen. Empfehlenswert!

Memo an mich: Meinen Physiotherapeutin als "Knetmännchen" benennen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere