Profilbild von Susi

Susi

Lesejury Star
offline

Susi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Susi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.05.2021

voller Wehmut, aber ohne Bitterkeit

Namen, die keiner mehr nennt
0

Auch hier schreibt Gräfin von Dönhoff wieder von der verlorenen Heimat voller Sehnsucht, aber ohne Verbitterung. Sie schildert hier ihre Flucht, das Schicksal ihres Vetter Heinrich von Lehndorff, der am ...

Auch hier schreibt Gräfin von Dönhoff wieder von der verlorenen Heimat voller Sehnsucht, aber ohne Verbitterung. Sie schildert hier ihre Flucht, das Schicksal ihres Vetter Heinrich von Lehndorff, der am Hitlerattentat beteiligt war, einen Ritt durch Masuren und ihre Jahrhunderte alte Familiengeschichte. Das Nachwort ist von Golo Mann (ich habe das Hardcover gelesen. Ich weiß nicht, ob es auch im Taschenbuch ist, aber ich fand es eh langweilig). Toll dagegen fand ich das Buch selbst.

Marion Gräfin von Dönhoff hat einen ganz eigenen Schreibstil. Sie berichtet über Grauenvolles und Schreckliches (wie zum Beispiel die erfrorenen Menschen auf der Flucht ) ohne dabei emotional oder reißerisch zu sein. Diese nüchterne, aber eindringliche Sprache mit der sie ihre Erlebnisse schildert, geht daher um so mehr unter die Haut. Man spürt ihre große Liebe zu dem Land und der Heimat, aber auch zu dem damaligen Lebensstil, der von Verantwortung, Reiten, Pflicht und Freiheit geprägt war. Für sie und ihre Familie war es selbstverständlich gegen Hitler zu sein.

Sehnsucht und Wehmut spürt man auf jeder Seite des Buches, doch merkt man, dass die Autorin versucht, zu vergeben und sich mit dem Verlust zu versöhnen, auch wenn es sie unendlich schmerzt. Man fühlt mit ihr den jähen grausigen Abschied von der Unbeschwertheit der Kinder- und Jugendtage, den alle unter Hitler erlitten und den sie ohne es direkt anzusprechen in Worte kleidet. Trotz all dem schrecklichen Erlebten und dem Verlust, den Entbehrungen und Strapazen, der Angst und der Trauer um geliebte Menschen, hat sie sich Haltung bewahrt, ist sich ihrer Verantwortung bewußt und erfüllt treu ihre Pflichten. Der lange Teil der uralten Familiengeschichte war ganz interessant, auch wenn ich schnell den Überblick verlor, da ich in Geschichte (wann welcher König oder Papst lebte) nicht fit bin. Aber der Einblick in das Leben damals, die Ausbildung (man reiste Jahrelang in anderen Ländern herum und lernte z.B. in einem die Sprache, Kunst und Musik, in einem anderen die Sprache, Architektur und Rechnungswesen, in wieder einem anderen die Sprache, Politik und Verwaltung usw.) und welcher Dönhoff welches Amt irgendwo in Europa bekleidete, war interessant.

Beim Ritt durch Masuren wird einem bewußt, wie langsam das Reisen damals dauerte. Tage- und Wochenlang war man zu Pferde unterwegs, wenn man in eine andere Stadt wollte, die sich auch noch in Ostpreußen befand und auf der Karte gar nicht so weit weg ausssah. Man bat bei Bauern oder so um ein Nachtlager und Futter für die Tiere, wusch sich im Bach und nahm Strapazen mit einer Selbstverständlichkeit in Kauf, die wir uns heute kaum noch vorstellen können.

Mir hat das Buch gefallen und ich werde es als Stück Zeitgeschichte behalten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.05.2020

nett

Im Reich der Pubertiere
0

Ein witziges Büchlein über die Erlebnisse eines Vaters mit seinen pubertierenden Kindern, die er zuvor als Kolumnen veröffentlicht hat. Manches lässt einen schmunzeln, manches ist gut, manches weniger. ...

Ein witziges Büchlein über die Erlebnisse eines Vaters mit seinen pubertierenden Kindern, die er zuvor als Kolumnen veröffentlicht hat. Manches lässt einen schmunzeln, manches ist gut, manches weniger. Bei dem ein oder anderen Kapitel mußte man sogar lauthals lachen. Vor allem bei der Saftgeschichte. Da konnte sich sogar mein Pubertier wiederfinden, hatten wir doch am Vortag genau die gleiche Situation mit dem gleichen Ergebnis. Ein sehr kleines, schnell zu lesendes Büchlein, das sich vielleicht als Mitbrinsel für die Eltern anderer Pubertiere eignet. Nicht anspruchsvoll, ist es überwiegend unterhaltend und ganz nett.
Hat mir Spaß gemacht zu lesen. Es gibt auch einen ersten Band dazu, der sehr ähnlich ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.04.2020

anders als erwartet

Sturm
0

Ein Tornado zerlegt ein volles Stadion in Berlin, in Rußland taut der Permafrostboden, sodass die Häuser versinken, auf der ganzen Welt spielt das Wetter verrückt.
Das klang spannend und ich dachte, es ...

Ein Tornado zerlegt ein volles Stadion in Berlin, in Rußland taut der Permafrostboden, sodass die Häuser versinken, auf der ganzen Welt spielt das Wetter verrückt.
Das klang spannend und ich dachte, es geht um klimawandelbedingte Umweltkatastrophen. Aber es ist mehr ein Wirtschaftspolitik/James Bond/Agenten/CIA-Thriller mit einem Meterologen und einer verzweifelten Mutter in der Hauptrolle. Das Buch beginn zu nächst spannend (und bleibt es eigentlich auch), liest sich schnell und flüssig und ist gut geschrieben, auch wenn ich den technischen und Wetterentstehungs - Ausführungen nicht immer folgen konnte. Allerdings wird es zunehmend unrealistischer, sodass ich es nicht unbedingt weiterempfehlen kann. Wer aber auf Aktion steht und wem Logikabstriche nicht viel ausmachen, der findet sicher großen Gefallen an dem Buch. Erstaunlich auch, was technisch heute alles schon möglich ist, um das Wetter zu beeinflussen. Scary thought.
Achtung, jetzt wird gespoilert. Um zu zeigen, was ich u.a.. unlogisch finde, schreibe ich jetzt einen Satz, der spoilert. Also nicht lesen, wenn man nicht gespoilert werden will. SPOILER : Welcher CIA Agent lässt eine Mutter mit zu einem Einsatz fliegen, bei dem ein Terrorist ausgeschaltet werden soll, der ihr Kind entführt hat, nur weil sie darauf besteht ???? Sowas mag ich in Büchern halt nicht.
Ansonsten hat mir das Buch gut gefallen, auch wenn ich etwas anderes erwartet hatte. Schade nur, dass ich das, was ich erwartet hatte, nicht lesen kann, weil es das Buch nicht gibt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.04.2020

erschreckend

Falscher Engel
0

Ein Undercover-Cop schleust sich bei den Hells Angles ein und schreibt dann ein Buch darüber. Spannend, entsetzlich, abstoßend und manchmal verwunderlich wirken die Insider Infos auf mich. Verwundert hat ...

Ein Undercover-Cop schleust sich bei den Hells Angles ein und schreibt dann ein Buch darüber. Spannend, entsetzlich, abstoßend und manchmal verwunderlich wirken die Insider Infos auf mich. Verwundert hat mich vor allem. dass der Autor nicht ermordet wurde. Abstoßend - von Prostitution, Drogen- und Waffengeschäften mal abgesehen- fand ich vor allem, wie mit den Frauen umgegangen wird. Alles andere ist auch schlimm, aber das sind halt Verbrecher. Aber das ist schon erschreckend. Ich habe natürlich kein Gentlemanbenehmen erwartet von Männern, die Frauen zur Prostutution zwingen, oder sie als Clubeigentum betrachten, wo sie jeden bedienen müssen, aber dieses Auslöschen von Leben, weil sie einen Menschen als völlig wertlos betrachten, ist schon erschreckend.
Der Schreibstil ist nicht so gut, wie er es bei jemandem wäre, der von Beruf Autor ist. Eher abgehackt und berichtartig. Eine Auflistung von Ereignissen, gespickt mit Erklärungen und der Meinung des Cops. Aber es liest sich dennoch flott, auch wenn man es manchmal weglegen muß, um das Gelesene zu verdauen.
Wer die Hell´s Angles immer noch glorifiziert oder verharmlost oder mehr über sie erfahren möchte, sollte dies Buch lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.08.2019

interesssanter Einblick

Frauen mit großen Augen
0

Über 30 kurze Geschichten über Frauen im Mexiko der 30er Jahre, die sich emanzipiert, auffällig oder ungehörig benahmen.
Einige befreiten sich nur im Kopf, andere lösten kleine Skandale und Dorftratsch ...

Über 30 kurze Geschichten über Frauen im Mexiko der 30er Jahre, die sich emanzipiert, auffällig oder ungehörig benahmen.
Einige befreiten sich nur im Kopf, andere lösten kleine Skandale und Dorftratsch aus, aber jede war irgendwie etwas besonderes. In den meisten Geschichten geht es um Liebe, Fremdgehen, Verbotenes tun oder sich vorzustellen es zu tun und den inneren Konflikt damit, besonders in Bezug auf die Kirche und gängige Moral- und Rollenvorstellungen.
Es lässt sich schnell und leicht lesen. Jede Geschichte ist nur 2-6 Seiten lang, die meisten nur 3. Vielleicht sind es auch an die 50 Geschichten, ich hab nicht gezählt. Sprachlich sehr schön, manches so poetisch, dass man es sich rausschreiben möchte. Die Rolle der Frau hat sich zum Glück geändert. Aber damals galt es als Hochmut und Geltungssucht, wenn man als Frau einen Beruf erlernen wollte. Hier ein Zitat (S. 87) aus einer der Geschichten:
"...aber sie hatte Allüren, denn anders als Allüren konnte man es jawohl nicht nennen, wenn eine Medizin studierte, anstatt sich einen Mann zu angeln, der ihrem Dasein einen Inhalt verliehe."
Einige Geschichten habe ich in mein Herz geschlossen und ich finde dieses Büchlein sehr lesenswert. Da es so viele kurze Geschichten enthält, kann man immer wieder mal eine zwischendurch lesen. Manche muß man auch sacken lassen.