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Veröffentlicht am 25.09.2024

Der pure Wunsch zu überleben

Und später für immer
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Gegen Ende des zweiten Weltkriegs beschließt Johann Meinert, gemeinsam mit ein paar Kameraden zu desertieren. Nach all den Einsätzen bei der Luftwaffe hat er nur noch den dringenden Wunsch, endlich zu ...

Gegen Ende des zweiten Weltkriegs beschließt Johann Meinert, gemeinsam mit ein paar Kameraden zu desertieren. Nach all den Einsätzen bei der Luftwaffe hat er nur noch den dringenden Wunsch, endlich zu seiner Frau und dem ungeborenen Kind zurückzukehren. Als die Situation geographisch günstig ist, setzt er sein Vorhaben in die Tat um. Er flieht zu Onkel und Tante und versteckt sich dort im Heuschober. Alles verläuft ruhig, bis plötzlich das Nachbarsmädchen Frieda ihn entdeckt, sich mit ihm bekannt macht und ihn immer wieder mal besucht. Sie ist 16 Jahre alt, und ihr Vater dient der NSDAP. Sie verhält sich anfangs recht feindselig gegenüber Johann. Von da an wird er von Zweifeln gequält, ob Frieda ihn verrät oder ob er ihr vertrauen kann....
Der Autor bedient sich eines sehr spannenden Schreibstils, Johanns Angst während der Flucht und im Versteck ist förmlich spürbar. Besonders trifft dies auf den Moment zu, als einer der Deserteure plötzlich einen Rückzieher machen will, da hält man den Atem an.
Sehr atmosphärisch ist es auch, als er von Frieda entdeckt wird und das Scheitern seiner Flucht in greifbare Nähe rückt. Intensiv bemüht er sich um die Zuneigung von Frieda, um nur ja nicht verraten zu werden. Man spürt regelrecht seine Panik.
Immer wieder werden Rückblicke auf die Zeit vor der Desertation eingeschoben. Diese Zeitsprünge waren zunächst nicht klar erkennbar. Die Erinnerungen, die auf wahren Begebenheiten beruhen, machen einen großen Teil des Buches aus. Diese Einschübe sind zwar interessant und sie spiegeln die Gefühlswelt der Soldaten intensiv wieder, aber das eigentliche Thema wird dabei umgangen. Ich fand das etwas langatmig, denn ich wollte ja wissen, wie es mit Johann und Frieda weitergeht und ob die Flucht erfolgreich ist.
Hochspannend wird es dann nochmal, als Frieda und Johann sich annähern. Auch diese Situation ist wieder sehr gefühlsintensiv. Man spürt, wie es zwischen den beiden knistert. Hier hätte ich etwas mehr erwartet. Diese gefährliche Situation wurde nur kurz beschrieben.
Auch das Ende ist mir etwas zu kurz geraten, im Prinzip ist es ein offenes Ende....
Alles in allem hat mir das Buch gefallen, es hat Einblicke in eine mir fremde Welt geliefert und Denkanstöße gegeben. Nur einige Situationen kamen mir zu kurz, während andere zu ausführlich waren. Durchaus lesenswert!

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Veröffentlicht am 12.09.2024

Vom Umsorgten zum Kümmerer

Alte Eltern
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Der Autor beschreibt in diesem Buch die allmähliche Entwicklung der Demenzerkrankung seines Vaters und gibt in Rückblicken Einblicke in das Leben der Familie, als alles noch 'normal' war, bevor die Mutter ...

Der Autor beschreibt in diesem Buch die allmähliche Entwicklung der Demenzerkrankung seines Vaters und gibt in Rückblicken Einblicke in das Leben der Familie, als alles noch 'normal' war, bevor die Mutter plötzlich durch einen Unfall starb... In dieser Zeit konnte man den Alltag noch planen, wohingegen man seit der Erkrankung des Vaters immer wieder auf Unvorhergesehenes gefasst sein muss.
Ich habe dieses Buch nicht gelesen, weil ich vielleicht selbst in die Situation kommen könnte, demente Eltern zu betreuen, denn meine Eltern sind schon lange gestorben. Mich interessierte die andere Seite, denn ich könnte ja selbst von dieser Krankheit betroffen werden, und was passiert dann mit mir, was ich nicht mehr kognitiv mitbekomme?
Darüber erfährt man in diesem Buch sehr viel, denn der Autor setzt sich intensiv mit der Erkrankung des Vaters auseinander. Er kümmert sich um die meisten Anliegen persönlich und erlebt alle Feinheiten der Veränderung im Verhalten. Diese direkten Erfahrungen vermitteln ein reales Mitempfinden für den Leser, was mich oft in Gedanken abschweifen ließ...Das Buch hat mich auch beschäftigt, wenn ich es beiseite gelegt habe, denn es berührt durch seine intensiven Einsichten und Erkenntnisse.
Auf der Suche nach den Anfängen der Demenz lässt der Autor die eigene Vergangenheit Revue passieren und reflektiert die emotionale Bindung zwischen ihm und dem Vater. In der Rolle des Kümmerers hat er Angst, dass seinem Vater nicht genug Respekt entgegen gebracht wird, so dass er vieles selber in die Hand nimmt.
Er liest auch viele Bücher und Essays zum Thema, was man an den vielen Zitaten und Hypothesen anderer Autoren sieht, die Volker Kitz auf seine eigene Situation bezieht. Diese Passagen im Buch fand ich etwas weniger interessant als das direkte Vater-Sohn Erleben.
Um dieses Buch zu lesen, braucht man viel Ruhe und Ungestörtsein. Es ist mit Sicherheit keine Zuglektüre, denn es löst viele Reflektionen über das eigene Leben aus.

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Veröffentlicht am 29.08.2024

Erbarmungslose Rache einer Metzgerstochter

Yoko
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Was für ein Buch! Es hat mich gefesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Und immer, wenn ich meine Lektüre unterbrechen musste, habe ich mich bereits aufs Weiterlesen gefreut. Immer wieder gibt es ...

Was für ein Buch! Es hat mich gefesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Und immer, wenn ich meine Lektüre unterbrechen musste, habe ich mich bereits aufs Weiterlesen gefreut. Immer wieder gibt es Überraschungen.
Yoko ist die Tochter eines Metzgers, die von ihrem Vater nach dem Tod der Mutter allein aufgezogen wurde. Dadurch entstand eine sehr enge Beziehung, die Yoko dann auch den Beruf des Metzgers erlernen ließ. Ob dies so ganz freiwillig geschah, sei dahingestellt. Denn nach des Vaters Tod macht Yoko aus der Metzgerei eine Glückskeksmanufaktur. Ihr Unternehmen läuft gut, bis es auf einer Auslieferungsfahrt zu traumatisierenden Ereignissen kommt, die Yokos Leben auf den Kopf stellen.
Nach einer Zeit der Selbst-Isolation wird ihr klar, dass sie die schlimmen Erinnerungen nur aus ihrem Kopf verjagen kann, wenn sie zurückschlägt. So schmiedet sie Rachepläne, die brutaler nicht sein können. Aber auch ihre Widersacher schlagen mit Grausamkeit zurück, so dass ich einige dieser Szenen, die besonders grausam waren, nicht aus dem Kopf bekam und auch außerhalb des Lesens daran denken musste.
Sehr überzeugend beschreibt der Autor, wie Yoko immer mehr in ihren Rachegelüsten aufgeht, anstatt rationale Wege zu beschreiten, um dem Unglück zu entkommen. Dabei bemerkt sie zu spät, dass auch Personen, die ihr wichtig sind, hineingezogen werden. In ihre Vergeltungsgedanken bezieht sie dann auch ihre Vergangenheit ein, denn auch hier gibt es noch Klärungs- und Befreiungsbedarf.
Obwohl ich nachvollziehen kann, wie sich Yokos Rachegedanken entwickelt haben, ist sie mir absolut unsympathisch, denn sie scheint kaum Empathie zu empfinden, was sicher auf ihre Kindheit zurückgeht. Sie beschreibt ihren Metzgerberuf ohne jegliches Mitgefühl und sieht in ihrem Job eine gerechtfertigte Dominanz gegenüber anderen Lebewesen. Diese Einstellung überträgt sie schließlich von Tieren auf Menschen.
Der Schreibstil des Autors gefällt mir, auch wenn ich mich erst einmal darauf einstellen musste. So gibt es z.B. keine Zeichen der wörtlichen Rede. Dialoge werden beim Sprecherwechsel einfach mit einem Gedankenstrich eingeleitet, auf den dann auch bisweilen nichts folgt, weil der andere nicht antwortet. Interessant, aber manchmal musste man den Dialog nochmals durchgehen, um zu erkennen, wer was gesagt hat.
Auf jeden Fall spreche ich eine Leseempfehlung aus, es sei denn, man hat Probleme mit brutalen Szenen. Ich freue mich schon auf den Nachfolgeband, der in 2025 erscheinen soll.

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Veröffentlicht am 05.08.2024

Gestörtes Mutter-Kind Verhältnis

Kleine Monster
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In diesem Roman geht es um eine junge Familie: Pia, Jakob und deren Sohn Luca (7 Jahre alt). Luca hat in der Grundschule etwas gemacht, das er nicht hätte tun dürfen und das mit einem Mädchen zu tun hat. ...

In diesem Roman geht es um eine junge Familie: Pia, Jakob und deren Sohn Luca (7 Jahre alt). Luca hat in der Grundschule etwas gemacht, das er nicht hätte tun dürfen und das mit einem Mädchen zu tun hat. Die Eltern werden in die Schule bestellt, und in einem atmosphärischen Gespräch wird der Leser vor das Rätsel gestellt, was denn eigentlich passiert ist. Man erfährt dies erst etliche Seiten später, aber diese Seiten sind erfüllt mit Hochspannung, da man die Zusammenhänge verstehen möchte.
Der Schreibstil der Autorin gefällt mir sehr, denn er drückt die jeweilige Atmosphäre und die Gefühlswelt der Hauptpersonen so sorgfältig aus, dass man sich einfühlen kann.
Zunächst bin ich davon ausgegangen, dass es hier um ein Familiendrama geht, da die heile Welt, in der sich die Familie glaubte, durch den eigenen Sohn zerstört wird. Doch nach und nach stellte sich heraus, dass es eher um die traumatischen Erlebnisse Pias in ihrer Kindheit geht, die sie noch nicht bewältigt hat. Das hat mich etwas enttäuscht, weil meine Erwartungen an das Buch in eine andere Richtung gingen.
Richtig sympathisch ist mir keiner der Charaktere, am ehesten noch Jakob, der meist versucht, auftretende Probleme zu verharmlosen.
Pia, die Hauptprotagonistin, ist so sehr mit ihrer Vergangenheit beschäftigt, dass sie die Realität völlig falsch einschätzt und damit ihrem Sohn schadet. Das ist tragisch! Die Auseinandersetzung Pias mit ihrer Vergangenheit birgt einige Längen, da hier die Spannung fehlt.
Trotzdem habe ich mich gut unterhalten gefühlt, indem ich mehr und mehr in das 'Innere' der gesamten Familie Einsicht erhielt.

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Veröffentlicht am 09.07.2024

Einblicke in das Leben der Agatha Christie

Agatha Christie
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Die famose Krimi-Autorin sollte eigentlich Pianistin werden, da sie gut Klavier spielen konnte und darin ausgebildet wurde. Nur machte ihr das Lampenfieber so zu schaffen, dass die Familie allmählich von ...

Die famose Krimi-Autorin sollte eigentlich Pianistin werden, da sie gut Klavier spielen konnte und darin ausgebildet wurde. Nur machte ihr das Lampenfieber so zu schaffen, dass die Familie allmählich von dieser Idee abkam. Außerdem war es in dieser Zeit üblich, die Töchter so zu verheiraten, dass sie auch ohne eigenes Einkommen ein sorgloses Leben führen konnten und dadurch versorgt waren. Deshalb dreht sich auch gefühlt die Hälfte der Biografie um die Suche nach einem geeigneten Ehemann.
Diesen findet sie schließlich selbst und setzt sich gegen die Bedenken ihrer Mutter durch, heiratet sogar heimlich, weil ihr Ehemann, ein Pilot der Royal Air Force, wieder in den Krieg ziehen muss. Sie hob sich mit Sicherheit von vielen anderen Frauen dieser Zeit ab durch ihren Mut und ihre Entschlossenheit.
Agatha Christie ist 86 Jahre alt geworden, und ich kann mir vorstellen, dass sie ein abwechslungsreiches und interessantes Leben geführt hat, denn sie war eine starke Frau. Leider enden die Einblicke in Mrs Christies Leben in diesem Buch schon sehr früh, nämlich Ende der 20er Jahre, nachdem ihre Mutter verstorben ist, zu der sie eine sehr intensive und freundschaftliche Beziehung hatte. Ihr Tod hat sie stark getroffen, aber ihre Stärke lag darin, weiter zu machen.
Gern hätte ich mehr erfahren über ihre zweite Ehe und ihre produktiven Zeiten als Kriminalromanschriftstellerin. So erscheinen mir die vielen Dialoge zwischen Agatha und ihrer Mutter, in denen es um Tanzveranstaltungen, potentielle Ehemänner und Wohlverhalten in der Gesellschaft geht, ziemlich langatmig und ohne großen Aussagewert. Zwar ist dies auch unterhaltsam und informativ, denn man erhält viele Einblicke in die damalige Zeit, aber dies ist eben nur ein Teilbereich in Agathas Leben.
Der Schreibstil der Autorin ist anschaulich und angenehm zu lesen. Sie bedient sich des Perspektivenwechsels, mal erfährt man als Leser mehr über Agatha nach dem Tod ihrer Mutter, dann wiederum kehrt man zurück in ihre Kindheit und Jugend.
Alles in allem hat mich das Buch zwar unterhalten, aber mir erscheint es irgendwie unvollständig, weil ich einfach gern mehr über Agathas späteres Leben erfahren hätte.

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