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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.07.2021

Wahre Freundschaft?

Heldinnen werden wir dennoch sein
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Das Buch erzählt über fünf befreundete Frauen, die sich in den 70er/80er Jahren in einer größeren Clique regelmäßig treffen und ihre Freizeit gestalten. Während eines Geburtstagsbrunchs in der Gegenwart ...

Das Buch erzählt über fünf befreundete Frauen, die sich in den 70er/80er Jahren in einer größeren Clique regelmäßig treffen und ihre Freizeit gestalten. Während eines Geburtstagsbrunchs in der Gegenwart macht eine Nachricht die Runde, die alle erschüttert: Frank, der früher auch einmal dieser Clique angehörte, hat Selbstmord begangen. Durch diese Neuigkeit werden viele Erinnerungen geweckt und Vorfälle, die man gern vergessen wollte, werden wieder lebendig. Denn Frank, der immer und für jeden ein wahrer Freund war, hatte damals ganz plötzlich der Clique den Rücken gekehrt und sich eingeigelt. Natürlich möchte man als Leser die Gründe erfahren, und hier setzt die Spannung ein, die fast bis zum Ende anhält. Immer wieder bekommt man Hinweise, dass zu jenem Zeitpunkt etwas Gravierendes vorgefallen sein muss, das Frank von den anderen trennte. So wirkt das Buch sehr fesselnd.
Das Lesen geht flott voran, denn der Schreibstil ist gut verständlich und übersichtlich. Durch die wechselnden Erzählperspektiven der Protagonisten bekommt man einen guten Überblick über die einzelnen Figuren und ihre Lebensumstände. Sehr hilfreich war eine Vorstellung der Hauptfiguren vorne im Buch.
Grundlegende Frage dieses Romans ist, was man von einer wahren Freundschaft erwarten kann und was die Ursache für einen Bruch sein könnte. Und wenn es zum Bruch kommt, wie lange wird sich das auswirken, vielleicht das ganze Leben lang? Kann man irgendwann vergessen, oder ist dies erst durch Vergebung möglich? Was bedeutet Freundschaft? Unweigerlich fängt man irgendwann an, über die eigenen Freundschaften nachzudenken und ihre Authentizität zu hinterfragen. Das hat mir gut gefallen. Das Buch hat mich über die reine Lesezeit hinaus gedanklich beschäftigt....
Was mir nicht gefallen hat, war das Ende des Buches, wo unbedingt noch aktuelle Themen untergebracht werden mussten und wo jeder Hauptfigur noch ein Sahnehäubchen zufliegt. Das war überflüssig und hätte mit offenen Fragen am Ende mehr bewirkt. Deshalb ziehe ich ein Sternchen ab. Insgesamt jedoch fand ich das Buch unterhaltsam und zum Nachdenken anregend.

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Veröffentlicht am 30.06.2021

In den Schatten treten für den kleinen Bruder

Fräulein Mozart und der Klang der Liebe (Ikonen ihrer Zeit 4)
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Dieses Buch hat mich sehr berührt, denn es zeigt mit erschreckender Klarheit, welche Herabwürdigung Frauen im 18. Jahrhundert erdulden mussten. Sie hatten im damaligen Gesellschaftssystem keine Chance, ...

Dieses Buch hat mich sehr berührt, denn es zeigt mit erschreckender Klarheit, welche Herabwürdigung Frauen im 18. Jahrhundert erdulden mussten. Sie hatten im damaligen Gesellschaftssystem keine Chance, ihr Schicksal selbst zu bestimmen.
Nannerl Mozart war mir ein Begriff als Schwester von Wolfgang Amadeus, die er verehrte, als Beraterin schätzte und für die er sorgte. Aus diesem Buch habe ich andere Aspekte entnommen, die mich überrascht und betroffen gemacht haben.
Vater Leopold hat die musikalische Begabung seiner beiden Kinder erkannt und möchte damit seinen gesellschaftlichen Status ausbauen. Die Kinder musizieren gemeinsam überall in Europa, vor Fürsten und Königen. Leopold organisiert eine Musik-Tournee per Kutschfahrten und Aufenthalt in billigen Wirtshäusern. Er ist sehr dominant, auch seiner Ehefrau gegenüber, kein Familienmitglied wagt zu widersprechen. Das betrifft auch Nannerls Liebesleben, denn sie sie verliebt sich in den Schulleiter Franz, der die Familie Mozart nicht aus ihren finanziellen Nöten holen kann und deshalb unerwünscht ist. Heimlich hält Nannerl zunächst an ihrer Liebe fest, auch wenn sie weiß, dass Franz auf Grund seiner Position niemals heiraten darf. Dieses stumme Rebellieren ist sehr gewagt für diese Zeit. Mittlerweile wurde Nannerl von Konzerten ausgeschlossen, damit einzig und allein Wolfgangs Kunst im ehrgeizig ersehnten Mittelpunkt steht. Sie ist sehr enttäuscht, aber fügt sich. Gleichzeitig beschließt sie, ihr eigenes Geld zu verdienen, was für Frauen dieser Zeit ebenfalls ungewöhnlich ist. Nannerl verkörpert die Rolle einer klugen Frau, die Missstände erkennt und versucht, dagegen zu agieren. Sie imponiert mir sehr!
Auch liefert das Buch einen interessanten historischen Überblick dieser Zeit, die kolossale Armut des Volkes, die Bedrohung durch Seuchen (gerade gut vergleichbar mit Covid 19) und die öffentliche Demütigung von Frauen, die für ihren Ungehorsam an den Pranger gestellt werden. Diese Szenen haben mich sehr betroffen gemacht.
Überhaupt hat mich dieser stark atmosphärische Roman sehr berührt, da er immer wieder das Ausgeliefertsein der Menschen, ganz besonders der Frauen, thematisierte. Der Schreibstil ist sehr flüssig und versetzte mich gedanklich schnell in diese Zeit und ihre Herausforderungen. Auch wenn vieles Fiktion ist, gibt das Buch dennoch den Grundtenor der Lebensbedingungen an. Ich bin überzeugt, dass die Autorin gründliche Recherchen betrieben hat. Auch über das Lesen hinaus hat mich das Buch gedanklich beschäftigt, und ich möchte eine klare Leseempfehlung aussprechen.

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Veröffentlicht am 06.06.2021

Cold Case - Wiederaufnahme nicht gewünscht?

Nordwestzorn
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Anna Wagner ist zurück in St. Peter-Ording, und zwar als Leiterin der neu gegründeten Vermisstenstelle. Dort nimmt sie sich zuerst einen Fall vor, der bereits 16 Jahre zurückliegt. Damals verschwand ein ...

Anna Wagner ist zurück in St. Peter-Ording, und zwar als Leiterin der neu gegründeten Vermisstenstelle. Dort nimmt sie sich zuerst einen Fall vor, der bereits 16 Jahre zurückliegt. Damals verschwand ein Schüler aus einer Jugendherberge spurlos. Es gab Verdächtige, Vermutungen auf Missbrauch und sogar einen Indizienprozess, der aber scheiterte. Als Anna anfängt mit ihren Recherchen, bemerkt sie eine deutliche Anfeindung. Es sieht so aus, als wolle man den Fall ruhen lassen, was den Ermittlern sehr merkwürdig vorkommt. Der ehemals Hauptverdächtige ist nach Jahren der Abwesenheit nach St. Peter-Ording zurückgekehrt, wird schikaniert und schließlich entführt. Wer steckt dahinter und warum?
Dies ist bereits der zweite Fall um die Ermittlerin Anna Wagner, ich habe den ersten Band bislang nicht gelesen, aber es ergaben sich für mich keine Wissenslücken, alles Wichtige wird rückblickend erwähnt.
Schnell nimmt der Krimi an Spannung zu, und diese Spannung hält bis zur Auflösung am Ende an, obwohl nicht wirklich viel passiert. Die Spannung entsteht durch die bedrückende Atmosphäre und durch die intensiven Recherchen, die so einige neue Informationen zu Tage fördern. Nach und nach erschließen sich dem Leser so Details aus der Vergangenheit, die bei den damaligen Ermittlungen nicht bekannt waren.
Der flüssige und unkomplizierte Schreibstil sowie das sympathische Ermittlungsteam sorgen für beste Krimi-Unterhaltung. Am Anfang habe ich die vielen norddeutschen Namen nicht auseinanderhalten können, da wäre ein Namensregister sinnvoll gewesen. Die verschiedenen Charaktere sind sehr authentisch und lebensnah dargestellt, keine Übertreibungen oder unglaubwürdige Aktionen. Man kann sich gut in die Gefühlswelt der Hauptfiguren hineinversetzen. Dazu kommt noch das Lokalkolorit dieses schönen Ortes an der Nordsee, was sich schon im gut gewählten Cover ausdrückt. Da ich schon mehr als einmal dort war, fühlte ich mich in Gedanken dorthin versetzt.
Der Fall ist logisch konstruiert, genau wie seine Auflösung, kein Handlungsfaden bleibt offen. Mein einziger Kritikpunkt sind die Wiederholungen, manche Fakten oder Gedankengänge werden mehr als einmal wiederholt, was sich sicherlich umgehen lässt.
Alles in allem habe ich mich aber sehr gut unterhalten gefühlt und kann das Buch wärmstens empfehlen.

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Veröffentlicht am 27.05.2021

Gefährliche Nähe

Blutige Gnade
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Ein grausam getöteter Journalist wird in Frankfurt gefunden. Er war mit einer 'großen Sache' beschäftigt, hatte intensive Recherchen betrieben und war kurz vor dem Gang an die Öffentlichkeit, als er in ...

Ein grausam getöteter Journalist wird in Frankfurt gefunden. Er war mit einer 'großen Sache' beschäftigt, hatte intensive Recherchen betrieben und war kurz vor dem Gang an die Öffentlichkeit, als er in eine Falle gelockt wird. Die große Sache ist thematisch auch aktuell immer wieder in den Schlagzeilen. Ein Fall für die 'Krähe', wie Mara Billinsky wegen ihres außergewöhnlichen Auftretens genannt wird. Und es ist spannend, ihr zu folgen, so spannend, dass man das Buch nicht weglegen kann. Immer noch ein Kapitel mehr....
Dies ist bereits der 4. Fall am Tatort Frankfurt, aber man muss keine bestimmte Reihenfolge einhalten, denn der Autor schiebt immer wieder kleine Rückblicke ein. Aber ich kann die gesamte Reihe allen Thriller-Freunden nur empfehlen, denn jeder Band verspricht Hochspannung, die bereits im Prolog einsetzt.
Der Schreibstil des Autors ist flüssig und lebendig, das Buch ist ein richtiger Pageturner. Und immer wieder diese Cliffhanger, die einen dazu verleiten, die Lesezeit zu verlängern. Die ganze Zeit rätselt man mit, wer der geheimnisvolle Big Boss im Hintergrund sein könnte, was für mich einen guten Thriller ausmacht. In diesem Buch war ich bereits ziemlich früh auf der richtigen Spur.
Mara war mir von Anfang an sympathisch, da sie eine aufrechte Person ist, die in ihrem Leben schon einiges verkraften musste, sich aber fangen konnte und nun ihren Beruf mit vollem Einsatz und akribisch ausübt. Sie gefällt mir allein schon durch ihren Mut, anders zu sein und sich nicht unüberlegt anzupassen. Sie ist eine starke Persönlichkeit, die trotz heftiger Aversionen in ihrem Umfeld nicht aufgibt, sondern kämpft. Inzwischen hat sie sogar ihren Chef überzeugt, der nach anfänglichem Zweifel mittlerweile ihre Arbeit zu schätzen weiß.
Ich mag aber auch ihren Kollegen Rosen, der mehr durch Kopf- und Computerarbeit auffällt und mit seiner persönlichen Unsicherheit und Angst einen Gegenpol zu Mara bildet. Er zeichnet sich durch große Zuverlässigkeit aus.
Da ich inzwischen ein richtiger Mara-Fan bin, hoffe ich, dass noch viele weitere Fälle folgen. Dieser Thriller verdient 5 Sterne und wird von mir wärmstens empfohlen.

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Veröffentlicht am 20.05.2021

Wir sind Premierminister

Lady Churchill
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Clementine Hozier heiratet Winston Churchill im Jahre 1908 und bleibt an seiner Seite bis zu seinem Tod im Jahre 1965. In diesem Buch werden nur die gemeinsamen Jahre bis zum Ende des 2. Weltkriegs beleuchtet. ...

Clementine Hozier heiratet Winston Churchill im Jahre 1908 und bleibt an seiner Seite bis zu seinem Tod im Jahre 1965. In diesem Buch werden nur die gemeinsamen Jahre bis zum Ende des 2. Weltkriegs beleuchtet. Beide Ehepartner haben in ihrer Kindheit keine elterliche Geborgenheit erlebt und sind verbunden durch ein starkes Interesse an Politik. Wir lesen in diesem Buch, wie intensiv Clemmie an Winstons Karriere arbeitet, die sie vielleicht gern selbst durchlaufen hätte, wenn die Gleichstellung der Frau damals schon diese Möglichkeit geboten hätte, aber man kämpfte damals sogar noch um das Wahlrecht.
Wieder einmal hat Marie Benedict beeindruckende Recherchen betrieben, die den historischen Hintergrund ausleuchten und den Politiker Winston Churchill abbilden, wie er mir bisher nicht bekannt war. Dies hat mir schon bei 'Frau Einstein' sehr gut gefallen, und auch dieses Buch bietet wieder zahlreiche Details, die einen Gesamteindruck des Lebens des Ehepaares Churchill formen. In erster Linie geht es natürlich um Clementine.
Mir ist die Protagonistin weitgehend nicht sympathisch, obwohl sie emanzipiert und gebildet ist, sich für die Frauenrechte auch offiziell einsetzt und besonders während der Kriege karitativ in Erscheinung trat. Da ist zunächst ihr Mutterbild, das mich entsetzt hat, denn sie kann zu ihren Kindern jahrelang kein wirklich emotionales Verhältnis aufbauen, sondern überlässt dies Nannys und einer Gouvernante. Sie unternimmt lange Reisen, meist dienstlich und mit Winston, und wundert sich über das fremdelnde Verhalten ihrer Kinder bei ihrer Rückkehr. Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass sie ihren Ehemann intensiv bemuttert, er führt ein regelrechtes Luxusleben an der Front.
Befremdlich finde ich, dass sie nicht bereit ist, Schwächen einzugestehen, auch gesundheitliche, aus Angst, dass Winston sie dann nicht mehr als Beraterin akzeptiert. Ist das wirklich Vertrauen? Sie setzt ihre eigene Lebensentfaltung zurück und setzt ihre ganze Energie ein, um Winston zu lenken und zu unterstützen. In meinen Augen ist sie machthungrig und hält sich für unverzichtbar, was die Karriere ihres Mannes angeht (..."ohne mich wäre mein Mann nicht zu dem Winston geworden, der maßgeblich dazu beitrug, dieser kaputten Welt den Frieden zu bringen"). Man hat das Gefühl, dass sie alles überwacht und nach ihren Wünschen beeinflusst. Dies lässt natürlich ein schwaches Ego bei Mr Churchill aufblitzen, der sich manipulieren lässt und ohne die Unterstützung seiner Clemmie nicht viel erreicht. Natürlich weiß man nicht, wie groß der Anteil an Fiktion in diesem Roman ist und ob die Realität nicht anders aussah.
Der Schreibstil ist ansprechend und reich an Details. Ich hatte eine gute Lesezeit und habe viel über Clementines Rolle nachgedacht. Schade, dass die Paarbeziehung nicht bis zu Winstons Tod beschrieben wird. Auf jeden Fall habe ich mein historisches Wissen erweitert, was zwar mit ein paar langatmigen Kriegsbeschreibungen verbunden war, mich aber nicht weiter gestört hat. Ich halte das Buch für sehr lesenswert!

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