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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.08.2017

Wir müssen mehr Welt hineinlassen

Was man von hier aus sehen kann
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Das Cover und auch den Titel fand ich zunächst nicht unbedingt ansprechend. Vielleicht auch deshalb, weil ich mir wenig darunter vorstellen konnte. Jetzt kann ich sagen, dass dieses Buch auch schwer zu ...

Das Cover und auch den Titel fand ich zunächst nicht unbedingt ansprechend. Vielleicht auch deshalb, weil ich mir wenig darunter vorstellen konnte. Jetzt kann ich sagen, dass dieses Buch auch schwer zu beschreiben ist, lesen oder hören lohnt sich aber unbedingt!
Die Hauptfigur ist Luise und die Geschichte beginnt, als sie in der Grundschule ist. Ihr Vater hat gerade eine Psychoanalyse begonnen, ihr bester Freund Martin wird von seinem Vater geschlagen und ihre Oma Selma hält mit dem Optiker die Welt im Lot. Mehr noch, Selma und der Optiker haben für Luise und Martin „die Welt erfunden“, zumindest das Stück Westerwald, das ihre Heimat ist.
Als Selma eines nachts von einem Okapi träumt, verbreitet sich die Botschaft in Windeseile im Dorf. Denn wenn Selma von einem Okapi träumt, wird jemand sterben. Die Menschen bereiten sich vor, legen Geständnisse ab oder schreiben Briefe. Niemand weiß, wen es treffen wird und natürlich werde ich es an dieser Stelle nicht verraten.
In diesen Vorbereitungen lernen wir das Dorf kennen: Der Optiker ist heimlich in Selma verliebt, Selma liebt aber ihren Mann Heinrich, der schon lange tot ist. Elsbeth, die ziemlich abergläubisch ist und für jede Situation die passende Bauernregel hat. Marlies, die mürrisch und griesgrämig ist, aber trotzdem nicht vermeiden kann, dass Luise sie besucht. Es gibt natürlich noch viele weitere Charaktere, alle liebevoll beschrieben und ausgearbeitet!
Im zweiten Teil ist Luise eine junge Frau und hat eine Ausbildung zur Buchhändlerin begonnen. Sie verliebt sich und wir erleben mit, wie sich nicht nur Luise sondern auch die Menschen im Dorf verändert haben.
Bis zum dritten Teil vergehen wieder einige Jahre, Luise ist nun eine erwachsene Frau und sollte ihr Leben fest im Griff haben. Es ist rührend, ihr beim Erwachsen werden zuzusehen und Freude und Schmerz mit ihr zu teilen!

Das Buch ist voll mit wundervollen Zitaten. Die Autorin Mariana Leky geht einfach phantastisch mit Sprache um und erschafft eine Welt, die ich nicht verlassen wollte. Am Ende des Buches fühlte ich mich tatsächlich ein wenig so, als müsste ich von guten Freunden Abschied nehmen.

Veröffentlicht am 09.07.2017

Unwahrscheinlich gutes Debüt

Lebt
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Hätte mir jemand gesagt, dass es in diesem Buch vor allem um die Religionsgemeinschaft der Dönme und ihrer Verfolgung im zweiten Weltkrieg geht, hätte ich es wohl nicht in die Hand genommen.
Andererseits ...

Hätte mir jemand gesagt, dass es in diesem Buch vor allem um die Religionsgemeinschaft der Dönme und ihrer Verfolgung im zweiten Weltkrieg geht, hätte ich es wohl nicht in die Hand genommen.
Andererseits hätte ich nicht erwartet, dass sich hinter dem schlichten Titel und der Beschreibung „Roman“ ein actionreicher Thriller verbirgt. Das Buch könnte die Vorlage für einen Hollywoodfilm sein, die Hauptdarsteller reisen rund um die Welt (Thessaloniki, Istanbul, London, Berlin...) und ihr Weg ist mit Leichen gepflastert.

Aber von Anfang an:
Can Envinman ist Ghostwriter und schreibt die Biografien berühmter Menschen ohne, dass sein Name dabei auf dem Cover steht. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Hamburg, seine Nachbarin ist auch seine beste Freundin und sein bester Freund verdient gutes Geld mit spannenden Krimis.
Anna Roth ist eine berühmte Frau, Schauspielerin und ausgebildete Ärztin, die mit einem erfolgreichen Unternehmer verheiratet ist. Can soll ihre Biografie schreiben, was sich anfangs eher zäh gestaltet.
Als Can von einer Sekretärin Roths hört, dass der Termin abgesagt wird, ist er nicht weiter misstrauisch. Die Sekretärin bittet Can, sich die Geschichte ihres 100jährigen Großvaters anzuhören um auch für ihn eine Biografie zu schreiben. Can geht darauf ein, obwohl er auf jeder Party von mindestens einem Menschen hört, dessen Leben angeblich so spannend ist, dass es unbedingt niedergeschrieben werden muss.
Der alte Mann entpuppt sich als Kriegsverbrecher und macht seltsame Andeutungen. Es werden einige offene Enden in den Raum geworfen, aber das ganze Ausmaß der Verwicklungen und Verstrickungen wird erst sehr langsam aufgedeckt.

Im Laufe des Buches reist Can nach Thessaloniki und entdeckt die Geschichte der Stadt. Diese ist mit den Dönme verbunden, von denen Can noch nie etwas gehört hat. Die Vertreibungen, Zwangsenteignungen und Menschenrechtsverletzungen während der Weltkriege waren ihm vorher fremd, jetzt muss er sich eingestehen, dass sie Teil seiner eigenen Familiengeschichte sein könnten.

Dieses Buch ist nicht leicht zu lesen. Die Personen, die zum größten Teil schon lange tot sind, stehen in Beziehungen, aber es wird erst langsam klar wie. Auch wem Can vertrauen kann und wer ihm schaden will, stellt sich erst am Ende heraus. Es lohnt sich trotzdem dieses Buch zu lesen, ich kann mich nicht erinnern schon einmal so ein starkes Debüt gesehen zu haben.

Veröffentlicht am 09.07.2017

Warten, dass das Erwachsensein anfängt

Die Kunst, einen Dinosaurier zu falten
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Cover und Titel haben mich sofort verzaubert und die Erwartungen vielleicht auch etwas hochgeschraubt. Der Inhalt kann damit leider nicht mithalten, obwohl das Buch durchaus gut geschrieben ist.
Es geht ...

Cover und Titel haben mich sofort verzaubert und die Erwartungen vielleicht auch etwas hochgeschraubt. Der Inhalt kann damit leider nicht mithalten, obwohl das Buch durchaus gut geschrieben ist.
Es geht um Annika, die ihr Studium der Kulturwissenschaft erfolgreich abgeschlossen, aber nicht im Arbeitsleben ankommt. Sie macht Praktika, die ihr keinen Spaß machen und ist unzufrieden mit ihrem Leben. Dann trifft sie auf Marie-Louise, die zwar auch keinen Job hat, dafür aber ein aufregendes und erfülltes Leben zu haben scheint. Die angepasste Annika und die wilde Marie-Louise freunden sich an und erleben eine Zeit, die an die Semesterferien im Sommer erinnert, allerdings ohne Klausuren oder Hausarbeiten. Einfach in den Tag hineinleben, Feiern, Schwimmen im See...
So ist es wenig überraschend, dass die Handlung dahinplätschert und es keine Überraschungen gibt. Trotzdem zieht die Geschichte den Leser in seinen Bann, ich habe mich beim Lesen nicht gelangweilt.
Meine Große Kritik an diesem Buch ist jedoch, dass mir nicht vorstellen kann hier jemanden zu begleiten, der ein abgeschlossenes Studium und sogar Praktika hinter sich gebracht hat. Es klingt eher nach der Zeit zwischen Abitur und Studium, wenn man nicht weiß was man mit seinem Leben anfangen soll und alles ein großes Abenteuer ist. Die Freunde aus der Schulzeit verstreuen sich und man hat noch keine neuen gefunden.

Wer sich im Cover wiedererkennt, der hat vermutlich Freude an diesem Buch.

Veröffentlicht am 08.07.2017

Ein Buch, dass wichtige Fragen einfach auslässt

Sympathie
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Es fällt mir schwer, dieses Buch einzuordnen, ich kann es nicht einmal beschreiben.
Sicher soll die Geschichte an eine Serie von Bildern und Sätzen erinnern, wie ich sie auf instragram, twitter oder facebook ...

Es fällt mir schwer, dieses Buch einzuordnen, ich kann es nicht einmal beschreiben.
Sicher soll die Geschichte an eine Serie von Bildern und Sätzen erinnern, wie ich sie auf instragram, twitter oder facebook finde. Dies hat bei mir nicht funktioniert, ich würde sogar behaupten, das Buch beschreibt genau das Gegenteil von dem, was ich in den sozialen Medien vorfinde. Denn der Inhalt ist dort meist banal, manchmal interessant, auf jeden Fall aber einfach. In diesem Buch ist alles verschachtelt, kommt nach und nach ans Licht und wirkt doch bis zum Ende verworren.
Vielleicht will die Autorin aber auch auf etwas anderes hinaus, das Fehlen einer stringenten Handlung, das Surfen auf verschiedenen Seiten ohne nennenswerte Erkenntnisse, bei dem man gar nicht merkt wie schnell die Zeit vergeht. Und wie einsam man eigentlich ist.

Alice, allein der Name weckt Assoziationen die keineswegs zufällig sind, ist in einer Phase ihres Lebens angekommen, die sie selbst füllen muss. Mit 23 Jahren ist sie kein Kind mehr und möchte nicht mehr bei ihrer Mutter wohnen. Ihre Ausbildung ist abgeschlossen, aber einen Job hat sie noch nicht. Sie fliegt nach New York, wo ihre Großmutter wohnt. Dass Verhältnis der beiden ist kühl und durch Briefe geprägt, die beide sich geschrieben haben. Darin erzählt die Oma von Alice Vergangenheit, von ihrer Adoption und der Zeit davor.
Aber auch als beide sich eine Wohnung teilen, entsteht kein liebevolles Verhältnis, es bleibt eher kühl und jeder lebt sein Leben. Alice läuft durch New York. Jeden Tag, sie versucht die Stadt in sich aufzunehmen. Aber es geht nicht um die Stadt, es geht um die Suche. Alice postet Fotos, was ihr wichtig ist, in der Geschichte aber doch eher nebensächlich wirkt. Sie lernt einen jungen Mann kennen, mit dem sie zusammen ist ohne ihn zu lieben. Sie lernt eine Frau kennen, die sie liebt ohne mit ihr zusammen zu sein.
Am Ende ist sie allein und der Kontakt beschränkt sich darauf, die Profile der anderen im Internet zu durchsuchen und ihren Online-Status zu beobachten.

Veröffentlicht am 08.07.2017

Mord im Viertel

Katzengold
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Die Geschichte spielt in einem Viertel, in dem jeder jeden kennt. Nur Hauptkommissar Liebermann ist fremd, denn er wohnt nur für einige Zeit in der Wohnung seiner Exfrau um die gemeinsame Tochter Miri ...

Die Geschichte spielt in einem Viertel, in dem jeder jeden kennt. Nur Hauptkommissar Liebermann ist fremd, denn er wohnt nur für einige Zeit in der Wohnung seiner Exfrau um die gemeinsame Tochter Miri zu betreuen.

Gleich am ersten Tag sieht er vom Balkon aus eine hübsche Frau mit einem auffälligen, gelben Cabrio. Sofort ist es um Liebermann geschehen und er will die unbekannte wiedersehen. Dazu wird es aber nicht kommen, denn sie verschwindet spurlos.


Gleichzeitig wacht irgendwo im Viertel der Kater Serrano auf und muss feststellen, dass er kastriert wurde. Dabei wollte er sich doch mit der hübschen Katzendame Aurelia paaren und Junge zeugen. Frustriert macht er sich auf die Suche um sich mit ihr auszusprechen, doch auch Aurelia ist verschwunden.


Nach und nach erfahren wir mehr über die Menschen und Katzen des Viertels und rätseln, was mit den beiden Damen passiert ist. Dabei wechseln sich Kommissar und Kater mit ihren Sichtweisen ab, beide waren interessant zu lesen. Am Anfang erfährt man relativ viel von den Katzen des Viertels, danach geht es eher um die Menschen. Dabei waren es für mich fast zu viele Charaktere, obwohl sie interessant dargestellt waren. Kommissar Liebermann gehörte leider zu den weniger sympathischen Charakteren für mich, gern hätte ich mehr von Serrano und den Katzen gelesen.


Die Fälle waren beide mehr oder weniger spannend, die Auflösung hat mich am Ende aber überrascht.