Gegen das Vergessen ankämpfen
Tage zwischen Ebbe und FlutDas tun in vielen Fällen nicht nur Alzheimerpatienten selbst, sondern fast noch häufiger ihr Umfeld. Die Familie, die Kinder, Enkel, vor allem jedoch der Ehepartner leidet am meisten - und oft ist es für ...
Das tun in vielen Fällen nicht nur Alzheimerpatienten selbst, sondern fast noch häufiger ihr Umfeld. Die Familie, die Kinder, Enkel, vor allem jedoch der Ehepartner leidet am meisten - und oft ist es für ihn am einfachsten, so zu tun, als wäre alles "so wie immer".
So auch Ellen, die Ehefrau von Felix und alles andere als eine Sympathieträgerin, die ihren Mann zu einem, ja zu seinem Traumurlaub, nämlich einer Kreuzfahrt, begleitet.
Tochter Judith, alleinstehend und um die 40, findet das gar nicht so klasse, ist sie doch schon immer ein Papakind gewesen. Außerdem will Ellen immer nur Golfen - auch diesmal fiel es schwer, etwas anderes durchzusetzen - und so findet sich bald die Familie - durch einen Zufall ist auch die 17jährige Nichte bzw. Enkelin Fabienne mit dabei - auf dem Schiff, wobei die drei Frauen vor allem schauen, dass ihnen jeweils die Felle nicht davonschwimmen.
Und Felix? Er ist ganz begeistert von seiner lang ersehnten Schiffsreise, immer öfter jedoch scheint es dem Leser, als würden seine Belange eigentlich gar keine Rolle spielen.
Die Damen haben vergessen, dass sie gegen das Vergessen angehen wollen/müssen - und haben doch auch selber so viele Bedürfnisse.
Autorin Carin Müller versteht es, ihre Geschichte mit Humor und einer gewissen Warmherzigkeit, die jedoch nicht jeden trifft, rüberzubringen, reiht auf der anderen Seite aber auch Klischee an Klischee: Judith, die alleinstehende Tochter, muss ein Geheimnis haben, ebenso wie die humorlose Mutter. Und der sympathische Kapitän Henri weckt definitiv Assoziationen zu den "Traumschiff"-Sendungen.
Darüber muss geschaut werden, dass das so wichtige Thema Demenz nicht ins Hintertreffen kommt! Ich halte es ingesamt für eine gute Idee, in dieses dunkle, so viele Menschen betreffende Thema ein wenig Leichtigkeit hineinzubringen, auch Späße: hat nicht zuletzt die mit Abstand witzigste und gelungenste Szene im ganzen Buch definitiv Felix' Erkrankung zum Grund und auch zum Thema.
Ein netter Roman, von dem man jedoch nicht zuviel erwarten sollte. Er beschönigt zwar nichts, stellt aber auch keinen Aspekt sonderlich heraus. Man sollte es bspw. als Urlaubslektüre zum Nachdenken oder als etwas Unterhaltsames für Zwischendurch nicht ganz ohne Anspruch lesen - dann kommt man sicher auf seine Kosten!