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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.05.2021

Ein Strudel der Leidenschaft

Blütenschatten
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Als Blumenfrau, frühere Gespielen eines berühmten Malers, jetzt seit Jahren Gattin eines ebenso berühmten Architekten kennt man sie nicht nur in ihrer Heimatststadt London. Blumenfrau deswegen, weil sie ...

Als Blumenfrau, frühere Gespielen eines berühmten Malers, jetzt seit Jahren Gattin eines ebenso berühmten Architekten kennt man sie nicht nur in ihrer Heimatststadt London. Blumenfrau deswegen, weil sie sich auf das Malen von Blumen und Pflanzen spezialisiert hat, immer schon.

Und sie hatte ein interessantes, reiches Leben. Doch wenn man ihren Rückblick liest, hat man nicht den Eindruck, dass sie viel Gutes darin erlebt hat. Ihre Freundinnen haben sie betrogen, ihr Mann hat sie genervt, ihre Tochter Nancy war unglaublich anstrengend und ist es nun, als Erwachsene immer noch.

Doch da taucht am Horizont bzw. in ihrem Atelier der junge, begehrenswerte Luka auf und wirft sie in einen Strudel von Emotionen. Endlich, im Alter von sechzig Jahren, hat das wahre Leben sie eingeholt, sie wird begehrt von jemandem, den sie ganz genauso begehrt. Und sie spürt, dass sie niemanden sonst mehr braucht. Nur Luka und ihre Kunst.

Als ich dieses Buch las, hatte ich den Eindruck die netten, warmherzigen Menschen der Welt seien ausgestorben. Ich liebe Kunst und Musik und kann mir vorstellen, dass es unter den emotionalen Künstlernaturen des Öfteren zum Hauen und Stechen kommt, aber doch nicht aussschließlich!

Hier war ich zu Beginn gelangweilt, im Mittelteil hegte ich Hoffnung auf rosigere Zeiten oder zumindest auf einen pragmatischen Ausweg und am Schluss war ich schlicht und einfach deprimiert. Kein gutes Ende für einen Roman über die schönen Dinge des Lebens. Und so empfehle ich ihn nur mit Einschränkungen.

Veröffentlicht am 21.05.2021

Ein Priester bei den Ojibwe

Die Wunder von Little No Horse
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Es gibt Wunder in Little No Horse: unter anderem wird eine Frau zum Priester. Aber Louise Erdrich hat deutlich größere (Wunder)Werke erschaffen als dieses hier, das mich stellenweise sehr irritiert hat. ...

Es gibt Wunder in Little No Horse: unter anderem wird eine Frau zum Priester. Aber Louise Erdrich hat deutlich größere (Wunder)Werke erschaffen als dieses hier, das mich stellenweise sehr irritiert hat. Andererseits: es lohnt sich immer, einen Erdrich zu lesen.

Veröffentlicht am 18.05.2021

Die lustlosen Touristen und Britten

Die lustlosen Touristen
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weckten mein Interesse - den Anfang mit dem Treffen mit Britten und seinem Lebensgefährten und die daraus resultierende Session fand meine Zustimmung - ich kann sogar sagen, ich war begeistert!

Doch ...

weckten mein Interesse - den Anfang mit dem Treffen mit Britten und seinem Lebensgefährten und die daraus resultierende Session fand meine Zustimmung - ich kann sogar sagen, ich war begeistert!

Doch irgendwie verlor ich mich in der Zweisamkeit der Baskin Ulia ud des Spaniers Gustavo, was eindeutig an mir und meiner fehlenden Antenne für diese Problematik lag: nein, dieser Thematik ist leider überhaupt nicht meins, feinsinnige Anspielungen und elegante Übergänge perlen einfach an mir vorbei. Ich begann, auf weitere Auftritte von Team Britten zu warten, was zugegebenermaßen der falsche Ansatz für die Rezeption des Romans war.

Mir schien er wirr und sehr weit weg zu sein von dem, was ich aufzunehmen bereit war - ich ging zwar offen an den Ansatz heran, aber es reichte einfach nicht aus. Schon bin ich dabei, dieses Werk der Vergessenheit anheim fallen zu lassen - ganz eindeutig meine eigene Schuld!

Veröffentlicht am 13.05.2021

Ein Wochenende für die Karriere

Hotel Weitblick
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Das tun sich vier Mitarbeiter einer ambitionierten Werbeagentur an: der Grund. Unter ihnen soll sich entscheiden, wer eine Führrungsposition übernehmen wird. Drei Männer: Horst, Franz und Helmut, sowie ...

Das tun sich vier Mitarbeiter einer ambitionierten Werbeagentur an: der Grund. Unter ihnen soll sich entscheiden, wer eine Führrungsposition übernehmen wird. Drei Männer: Horst, Franz und Helmut, sowie eine Frau: Annette. Ein jeder kommt mit einem Riesenrucksack voller Altlasten verschiedener Art.

Der Coach ist einer mit einem gewissen Ruf, Marius Tankwart nämlich, sozusagen einer der Stars am österreichischen Consulter-Himmel. Ihm allein obliegt die Entscheidung darüber, wessen Karriere einen steilen Knick nach oben machen wird - und zwar ab sofort.

Gewisse Verhaltensmuster werden hier von Beginn an deutlich, nein: überdeutlich aufgezeigt. Sie als Klischee zu bezeichnen, ist fast schon eine Untertreibung. So macht Horst von Beginn an gleich allen klar, dass er ja wohl der Geeignetste von allen ist. Und alle Herren der Schöpfung versuchen, Annette zu ihrer Assistentin bzw. Dienstmagd zu degradieren - vergeblich übrigens.

Autorin Renate Silberer pflegt einen Stil, der ebenso eingängig wie unterhaltsam ist - unterwandert wird er jedoch von inhaltlichen Störungen und Sprüngen, denn an diesem Roman ist nicht geradlinig.

Wer von den vieren wird es schaffen? Und wie wird Marius' Beitrag dazu ausfallen?

Dass es nicht so kommt wie man es sich vorstellt, hatte ich fast erwartet. Aber nicht, dass es - so sehe ich es - gewissermaßen insgesamt zu einer Dokumentation des Scheiterns wird.

Leider ist der Roman für mich auch in sich selbst gescheitert, nämlich mit der Auflösung - sie entbehrt jeglicher Stringenz und Kraft, dümpelt nur so vor sich hin, wie der ganze Roman. Schade eigentlich, bis etwa zur Hälfte habe ich ihn richtig gern gelesen und auch danach fiel es mir nicht schwer,ihn zu lesen. Aber das Ende ergibt für mich keinen Sinn, jedenfalls keinen, der zu dem eigentlich ausgesprochen originellen Roman passt. Leider wird er - für mich jedenfalls - durch das Ende so ziemlich abgewertet.

Veröffentlicht am 12.05.2021

Ein Verwirrspiel mit den Gefühlen

Eine große Zeit
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Wem kann ich vertrauen? Diese Frage stellt sich dem Protagonisten von William Boyds Roman "Eine grosse Zeit", dem jungen Schauspieler Lysander Rief, im Verlauf der Geschichte mehr und mehr, wird er doch ...

Wem kann ich vertrauen? Diese Frage stellt sich dem Protagonisten von William Boyds Roman "Eine grosse Zeit", dem jungen Schauspieler Lysander Rief, im Verlauf der Geschichte mehr und mehr, wird er doch 1913 aus heiterem Himmel in Wien - dort hielt er sich eigentlich wegen einer Psychotherapie auf - verhaftet und der Vergewaltigung bezichtigt.

Dadurch verändert sich sein ganzes Leben, denn auch der britische Geheimdienst kommt ins Spiel. Nicht lange, dann beginnt der erste Weltkrieg mit all seinen Wirren, Lysander gerät im wahrsten Sinne des Wortes in die Schusslinie und in einen Strudel der Ereignisse, der alle Lebensbereiche betrifft und weiß nicht mehr, wem er noch trauen kann: dies umfasst auch die engsten Familienmitglieder und Freunde.

Nicht die politische Situation an sich ist es, die hier im Mittelpunkt steht, nein, es geht vielmehr um jähe, unerwartete Veränderungen. So ist das Setting des Romans durch den Kulturbetrieb und die intellektuellen Kreise jener Zeit geprägt, nicht durch den Militarismus und andere politische Elemente, die eher den Rahmen bilden.

Aber Details nachzuerzählen wäre müßig: all das beschreibt der großartige britische Autor William Boyd - den ich bereits seit Mitte der 1980er Jahre verehre - so treffend, spannend und sprachlich so ansprechend, dass ich von Herzen eine Leseempfehlung für dieses Buch aussprechen möchte.

Wer also erfahren möchte, welch fatale Folgen der stümperhafte Gebrauch von Französisch haben kann, was "Verzauberte" sind oder wer einfach in die Atmosphäre des Umschwungs im "Alten Europa" eintauchen will, die von Boyd trefflich transportiert wird, kurzum: wer auf intelligente Weise bestens unterhalten werden will und auch mal gern einen Spionageroman zur Hand nimmt, der kommt um dieses wundervolle Werk nicht herum.