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Veröffentlicht am 02.02.2018

Intensiv und beklemmend

Schrei
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“Schrei” ist der erste Jugendbuchthriller des deutschen Spiegel-Bestsellerautors Eric Berg. Bravourös erzählt und geschickt konstruiert. Über ein Internat am See, Liebe, Freundschaft und eine Schreckenstat, ...

“Schrei” ist der erste Jugendbuchthriller des deutschen Spiegel-Bestsellerautors Eric Berg. Bravourös erzählt und geschickt konstruiert. Über ein Internat am See, Liebe, Freundschaft und eine Schreckenstat, die über der Geschichte liegt wie ein drohendes Gewitter, elektrisch aufgeladen, tiefdunkel und nervenzerreißend. Mit einem Aufsehen erregenden Cover. Für Jugendliche ab 13 Jahren.

Schon seit drei Jahren geht die 17-jährige Lulu auf ein Internet am See, das sich inmitten ländlicher Einöde nahe eines kleinen Dorfes befindet. Sie ist dort ganz schön beliebt, hat eine beste Freundin namens Jenny und geht mit Lars, einem der ebenfalls beliebtesten Jungen der Schule. Doch als sie diesen Sommer eine Woche vor Ferienende in das Internat zurückkehrt, scheint plötzlich alles anders zu sein. Schatten liegen auf ihrem Glück. Gründe gibt es dafür mehrere. So hat sie auf einmal Gefühle für den besten Freund ihres Freundes entwickelt und weiß nicht für wen sie sich entscheiden soll. Ein Lehrer ist ihr gegenüber zudringlich geworden. Jemand erzählt fiese Dinge über sie und sie fühlt sich von dem seltsamen Dorfjungen namens Lennart verfolgt. Jenny ist ihr auf einmal auch fremd geworden, sie zeichnet so seltsam traurige Bilder. Aber es kommt noch schlimmer für Lulu. Blutspuren in ihrem Bett sind da erst der Anfang…

Eric Berg Schrei“Schrei” ist intensiv und beklemmend erzählt. Der Autor, der mit richtigem Namen Eric Walz heißt, zögert nicht seinen Lesern eine Menge an Informationen zu vermitteln. Es wird nicht nur aus Lulus Sicht berichtet, sondern es werden ebenso Fragmente fremder Personen in den Thriller miteingeflochten. Es wirkt, als ob diese von jemandem interviewt werden. Das erzeugt unheimlich viel Spannung. Denn diese Personen — und davon gibt es einige — scheinen über etwas zu berichten, das sich bereits zugetragen hat. Etwas Furchtbares, über das der Leser jedoch noch nichts erfährt. Viele Andeutungen werden gemacht. Manche beziehen sich wiederum direkt auf Lulus dazwischengelegten Erzählungen. “Schrei” setzt sich wie ein Puzzle erst langsam zusammen. Und gerade das ist das Bemerkenswerte an diesem Thriller, der weder langatmig noch eintönig geschrieben ist. Er ist geradezu erfüllt von Themen wie Mobbing, Missbrauch, Stalking, einer überraschenden Schwangerschaft, einer verbotenen Liebe. Langeweile? Fehlanzeige! Kurzweilig? Ja, mit gerade 160 Seiten, aber dafür äußerst gehaltvoll. Wie ein Wein? Vielleicht. Blutig im Geschmack, schockierend im Abgang, das dürfte passen. Auf jeden Fall: lesenswert!

Veröffentlicht am 01.02.2018

Böse, böse Schwester...

Feuerschwester
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“Feuerschwester” von der amerikanischen Autorin Emiko Jean ist ein Thriller der besonderen Art. Das Psychogramm zweier Schwestern, auf Ewig miteinander verbunden, von denen eine etwas Schreckliches getan ...

“Feuerschwester” von der amerikanischen Autorin Emiko Jean ist ein Thriller der besonderen Art. Das Psychogramm zweier Schwestern, auf Ewig miteinander verbunden, von denen eine etwas Schreckliches getan hat. Eine Geschichte über Liebe, Hass, Eifersucht und Rache. Eiskalt, erschütternd und absolut bewegend! Für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

Oregon. Die 17-jährige Alice ist in der psychiatrischen Klinik auf Savage Island gelandet. Sie hat Verbrennungen. Sie hat Erinnerungslücken. Seit jener tragischen Nacht, in der ihr Freund Jason, den sie schon seit Kindertagen kennt, verbrannte. “Womöglich ist sie ein Akt der Gnade — die Lücke in meiner Erinnerung. Womöglich will mein Gehirn nicht, dass ich mich daran erinnere, was passiert ist. Um mich von der Erkenntnis zu verschonen, dass meine Schwester, mein eigen Fleisch und Blut, mir so etwas angetan haben könnte — und Jason. Dumm nur, dass mein Herz es längst weiß.” (Zitat aus “Feuerschwester” S.22ff) Jetzt ist Alice angeklagt. Wegen Brandstiftung und Mord. Dabei weiß sie genau, dass ihre Zwillingsschwester Celia etwas damit zu tun hatte. “Ich blinzele, und kreisend kehrt die Erinnerung zurück. Meine durchgeknallte Zwillingsschwester beugt sich über mich und Jason, in ihrem Blick liegen Mitleid und Abscheu, während das Feuer um uns lodert und kracht. In diesem Moment steigen Millionen Gefühle in mir auf. ScEmiko Jean - Feuerschwesterhlimme Gefühle. Hassgefühle. Für meine eigene Schwester.” (Zitat S.23) Jetzt will Alice nur noch eines: Rache nehmen. Von einem Mitpatienten, einem äußerst gut aussehenden Mitpatienten, namens Chase, hat sie erfahren, dass ihre Schwester auch auf Savage Island sein muss. Allerdings auf einer anderen Station. “Und dann ist er plötzlich da, dieser kalte, kühne Gedanke. […] Ich spreche ihn aus, damit es kein Zurück mehr gibt. “Das wirst du mir büßen, Cellie. Komme, was wolle. Ich werde dich finden. Und wenn ich dich gefunden habe, bringe ich dich um.” (Zitat S.35) Um zu ihrer Schwester zu gelangen ist Alice leider auf Chase Hilfe angewiesen. Unerwartet kommt sie ihm immer näher…

“Feuerschwester” macht durch ein interessant gestaltetes Cover auf sich aufmerksam. Nicht wirklich neu die Idee, aber trotzdem reizvoll und inhaltlich passend. Der Thriller startet mit einem Prolog, der aus der Sicht von Celia erzählt wird und äußerst unheilvoll beginnt: “Wenn sie mich fragen, werde ich sagen: Es war ein Unglück. Ein tragischer Unfall. Aber das war es nicht. Wenn sie mich fragen, was in jener NacEmiko Jean - Feuerschwesterht geschah, werde ich sagen: Es war ein Fehler. Aber das war es nicht. Ich erinnere mich nicht, werde ich sagen. Doch das tue ich. Ich, Celia Monroe, erinnere mich an alles.” (Zitat S.7) Im nachfolgenden Teil ist es Alice, die durchgehend in der Ich-Perspektive berichtet und den Leser sogleich Teil werden lässt, an der düsteren Atmosphäre der Klinik: “Draußen heult der Wind und lässt die Mauern des Gebäudes erzittern. Mich überläuft ein Schauer. Die Klinik befindet sich auf einer schmalen, dicht bewaldeten Insel und wirbt für sich selbst als Oase des Friedens, wo kranke Seelen heilen können. Dabei hat dieser Ort überhaupt nichts Friedliches. […] Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurden Hunderte Indianer gewaltsam hierher verschleppt und dann brutal ermordet.” (Zitat S.12ff) Man erfährt recht viel über den Klinikalltag, die Abläufe, die Gespräche mit dem Therapeuten. Das Treffen mit ihrer Sozialarbeiterin. Die Sprache ist angenehm, manchmal einfach und eindringlich, manchmal aber auch sehr bildreich: “Mein Herz flatterte wie das Herz eines Vogels, dem man eine Schnur ums Bein gebunden hat.” (Zitat S.8) “Ich wollte ihre Worte in der Faust zusammenquetschen und sie ihr ins Gesicht zurückschleudern. Sie glaubte tatsächlich, in mir würde noch irgendetwas Gutes schlummern. Etwas, das sie nur herauszerren bräuchte und mit dem sie verhandeln könnte. Aber diesen Teil in mir gab es nicht mehr.” (Zitat S.8) Auf jeden Fall gelingt es Emiko Jean sehr gut die Empfindungen ihrer Protagonistin zu schildern. Man fiebert als Leser mit und will unbedingt wissen, ob Alice ihr Vorhaben wirklich in die Tat umsetzen wird. Aber vor allem, warum es überhaupt zu solch einer Tat wie dem Feuer kommen konnte? Emiko Jean - FeuerschwesterWas ist passiert, dass das Verhältnis der Schwestern sich so derart verändert hat? Diese Frage zieht sich durch weite Teile des Buches, während Alice in Tagebuchträgen von den dramatischen Ereignissen ihres Lebens erzählt. “Dr.Goodman meinte, ich solle aufschreiben, wie alles begann. Ich glaube das ist gar keine so schlechte Idee. Denn zwischen mir und Cellie war es nicht immer so wie jetzt. Es gab eine Zeit, da war sie meine Freundin. Meine beste Freundin.” (Zitat S.36) Man taucht hinein in ihre Kindheit, in das Schreckliche, das einst geschah, als sie beide sechs Jahre alt waren und eigentlich nur mit ihrem Großvater ihren Geburtstag feiern wollten. Später dann das Erwachsenwerden, das Leben in Waisenhäusern und Pflegefamilien, die psychisch angeknackste Schwester, ihr Hang zum Zündeln. Das Ende überrascht — wenn auch nicht neu — aber sorgt dennoch für einen ganz besonderen Ausklang.

Veröffentlicht am 01.02.2018

Lässt einen nicht mehr los

vergissdeinnicht
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“Vergissdeinnicht” von der afrikanischen Autorin Cat Clarke ist ein bewegender Roman, in dem ein junges, suizidgefährdetes, sich selbstverletzendes Mädchen dazu gezwungen wird, sich mit ihrem eigenen Leben ...

“Vergissdeinnicht” von der afrikanischen Autorin Cat Clarke ist ein bewegender Roman, in dem ein junges, suizidgefährdetes, sich selbstverletzendes Mädchen dazu gezwungen wird, sich mit ihrem eigenen Leben auseinanderzusetzen: eingesperrt in einem weißen Raum. Für Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren.

Die 17-jährige Grace liebt Farben. Lila oder grün, ihre Lieblingsfarbe. Und jetzt sitzt sie in einem Raum, in dem alles weiß ist: der Tisch, das Bett, die Wand. Sogar die Kleidung, die sie bekommen hat, ist weiß. Grace ist eingesperrt in diesem Raum. Wie sie hineingekommen ist, das weiß sie nicht. Aber sie kennt ihren Entführer. Er heißt Ethan und sie hat ihn an dem Abend kennengelernt, an dem sie sich eigentlich das Leben nehmen wollte. Auf einem Spielplatz hatte sie begonnen sich zu betrinken und wollte sich versteckt in einem kleinen Häuschen schließlich die Pulsadern aufschneiden, bis Grace merkte, dass sich außer ihr noch jemand auf dem Spielplatz befand. Ein gutaussehender, etwa 20 Jahre junger Mann, der auf einer der Schaukeln saß. Sie hat sich mit ihm unterhalten. Sie wollte ihn loswerden, um ihre Tat zu Ende zu bringen, doch irgendwie tat es gut mit ihm zu reden. Sie verschob ihr Vorhaben und wollte sich von ihm nach Hause bringen lassen. Und dann plötzlich alles schwarz. Sie erwachte in dem weißen Raum. Angrenzend sogar ein eigenes Badezimmer. Eine bequeme, weiche Matratze. Ethan bringt ihr jeden Tag etwas zu essen. Meistens Köstlichkeiten. Grace fühlt sich nicht wirklich entführt. Doch was will Ethan von ihr? Cat Clarke VergissdeinnichtWarum hält er sie fest und kümmert sich so um sie? Und woher kennt er sie so gut? Weil es in dem Raum nichts anderes zu tun gibt, fängt Grace schließlich an die weißen Blätter und die Stifte, die Ethan ihr auf den Tisch gelegt hat, zu benutzen. Sie beginnt zu schreiben. Sie beginnt nachzudenken, über sich und ihr Leben. Über Sali, ihre beste Freundin, mit der sie sich so gestritten hat. Über Nat, ihre erste große Liebe, den sie erst vor kurzer Zeit kennengelernt hat. Über das Ritzen, das sie nicht lassen kann. Die Traurigkeit in ihr. Und auch über Ethan. Was hat er nur vor mit ihr? Und warum verdammt noch mal hat sie nicht die Flucht ergriffen, als sich die Gelegenheit dazu bot? Warum ist sie hier geblieben, in diesem weißen Raum?

Das Buch ist flott erzählt, es fällt dem Leser sehr leicht sich in Grace hinein zu fühlen. Ihr Erzählstil ist sehr nah an der Sprache der Jugendlichen und ihre Gedanken, die sie auf Papier niederschreibt, verraten mehr über ihre Vergangenheit und lassen ein umfangreiches Bild ihrer Lebensumstände entstehen. Das Ende ist außergewöhnlich und absolut passend. Es wird den Leser dieses Buch nicht so schnell vergessen lassen!

Veröffentlicht am 19.01.2018

Nichts für schwache Nerven

Die Mühle
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Die deutsche Bestseller-Autorin Elisabeth Herrmann liefert mit “Die Mühle” - das diesmal explizit als All-Age-Thriller ausgewiesen wird — wieder spannende Unterhaltung für Jung und Alt. In all ihrer erzählerischen ...

Die deutsche Bestseller-Autorin Elisabeth Herrmann liefert mit “Die Mühle” - das diesmal explizit als All-Age-Thriller ausgewiesen wird — wieder spannende Unterhaltung für Jung und Alt. In all ihrer erzählerischen Bravour entführt sie die Leser auf eine Art Klassentreffen in die tschechischen Wälder. Schauplatz: eine geheimnisvolle Mühle. Hauptdarsteller: eine alte Clique, eine Außenseiterin und das Grauen, das langsam um sich greift. Brillant geschrieben und fesselnd von Anfang an. So muss ein Thriller sein! Für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

Die 20-jährige Lana studiert in Berlin. Zuletzt hat sie in einer Kleinstadt ihr Abitur gemacht, die sie aber schnell wieder verlassen wollte. Umso größer ist die Überraschung, als sie ausgerechnet an ihrer Uni auf Johnny trifft, der damals zwei Klassen über ihr war und der IN-Clique schlechthin angehörte. “Eine leichte, flatterhafte Fröhlichkeit lag über dieser Gruppe, ein so unangestrengtes Selbstbewusstsein, dass ich im ersten Moment mit nichts anderem als Neid und Eifersucht reagieren konnte. Sie hatten alles, was mir fehlte. Sie sahen blendend aus, jeder einzelne von ihnen, und sie hatten im Drachenblut der Freundschaft gebadet, das unverwundbar machte…” (Zitat aus “Die Mühle” S.18). Durch Zufall erfährt Lana, dass Johnny — nach Jahren ohne Kontakt zueinander — eine Einladung zu einem Treffen jener Clique erhalten hat. Doch durch einen Sturz Elisabeth Herrmann - Die Mühlevon einer Treppe, bei dem er Lana gewissermaßen vor die Füße fällt, und einem anschließenden Aufenthalt im Krankenhaus, kann er daran leider nicht teilnehmen. Spontan bittet Johnny sie an seiner Stelle in den Böhmerwald nach Tschechien zu fahren. Er hat keinerlei Kontaktdaten mehr und kann nicht absagen. Möchte aber auch nicht, dass der Eindruck entsteht, er wäre der Einladung nicht gerne gefolgt. “Keine Ahnung, ob das der Moment war, von dem ich jetzt behaupten würde, dass er mein Leben verändert hat. Es gab noch ein paar andere, bei denen ich mich im Nachhinein frage, warum ich nicht einfach gegangen bin. […] Vielleicht war es das brennende Leuchten in Johnnys Augen, das mich unter diesem Blick zu etwas Besonderem machte. Vielleicht auch die Aussicht, nach all den Jahren die anderen wiederzusehen und herauszufinden, was von ihrer Aura übrig geblieben war.” (Zitat S.28) Die anderen sind von Lanas Auftauchen nicht gerade begeistert. Dennoch darf sie die Clique auch am nächsten Tag begleiten, als eine anonym bestellte Limousine vor der Türe wartet und ein Fahrer sie zu einem Picknick mitten in die Wälder entführt. Wer hat das Treffen organisiert? Die Hotelzimmer bezahlt? Niemand scheint etwas zu wissen. Also genießen sie die unerwarteten Annehmlichkeiten. Die gedeckte Tafel mit Köstlichkeiten mitten in der Wildnis. Doch schon bald schlägt das Ganze ins Gegenteilige um, auch als die Jugendlichen eine alte Mühle erreichen, die wie für ihre Ankunft vorbereitet zu sein scheint. Dann verschwindet der erste von ihnen und Panik breitet sich aus…

Elisabeth Herrmann - Die MühleWoran man merkt, dass ein Buch wirklich gelungen ist? Man möchte am liebsten in jedem freien Moment weiterlesen! Genau so ist es mir mit diesem Thriller ergangen. Schon allein das düstere Cover macht neugierig und passt vortrefflich zum Inhalt. Und “Die Mühle” ist raffiniert erzählt. Sie ist durchgehend aus Lanas Sicht in der Ich-Perspektive geschrieben. Der Roman umfasst ihre Geschichte, die sie den Lesern erzählt. Dies wird schon gleich zu Beginn deutlich, als sie diese direkt anspricht: “Vielleicht ist es an dieser Stelle ganz gut, wenn ihr wisst, mit wem ihr es zu tun habt. Ich heiße Lana und ich dachte bis zu diesem Moment, […] dass es mein einziger Wunsch wäre, so normal wie die anderen zu sein. Später sollte sich das relativieren. Da wollte ich eigentlich nur noch am Leben bleiben, aber der Reihe nach.” (Zitat S.7) Fortlaufend berichtet Lana in der Vergangenheitsform von den Ereignissen mit der Clique und wechselt vereinzelt immer wieder in die Gegenwart zurück. Jetzt befindet sie sich in einer Klinik. Jetzt hat sie Gespräche mit einem Therapeuten. Und man ahnt es bereits: der Protagonistin ist Schreckliches widerfahren. Elisabeth Herrmann versteht es hierbei ihre Leser geschickt um den Finger zu wickeln. Wer ist der Täter? Was sind seine Motive? Die Autorin ist eine der ganz großen, begnadeten Erzählerinnen, der es mühelos gelingt dramaturgisch, aber auch sprachlich zu fesseln. Elisabeth Herrmann - Die MühleMan will unbedingt wissen, wie das Ganze ausgeht und überfliegt mühelos die Seiten, immer auf der Suche nach der Lösung des Rätsels. Und das gestaltet sich nicht gerade einfach. Das Ende — auch wenn es in manchem etwas konstruiert wirkt und noch ein paar Fragen offen lässt — überrascht und lässt einen das Buch kaum aus den Händen legen!

(Was ist zum Beispiel mit dem Laptop passiert? Und wie wohin sind die Matratzen verschwunden?)

Fazit: Richtig, richtig gutes Lesefutter und nichts für schwache Nerven.

Veröffentlicht am 19.01.2018

Herzerwärmende Geschichte

Wir fliegen, wenn wir fallen
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Mit einem bildschönen Cover wartet der Roman “Wir fliegen, wenn wir fallen” von der deutschen Autorin und Bloggerin Ava Reed auf. Eine Geschichte über ein besonderes Erbe, über Schuld, Verlust und die ...

Mit einem bildschönen Cover wartet der Roman “Wir fliegen, wenn wir fallen” von der deutschen Autorin und Bloggerin Ava Reed auf. Eine Geschichte über ein besonderes Erbe, über Schuld, Verlust und die Kraft der Liebe. Ein Buch, das wirklich alles hat, was einen richtig schönen Schmöker ausmacht: es ist romantisch, mit Klugheit erzählt und in einer sehr unterhaltsamen, berührenden Art geschrieben. Lesetipp! Für Jugendliche ab 12 Jahren und interessierte Erwachsene.

Hamburg. Die 17-jährige Yara lebt seit dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Tante Em. “Ich fühle mich wie eine alte Frau, wie jemand, der seines Lebens müde ist, und nicht wie der Teenager, der ich bin. Vielleicht, weil ich nicht mehr die bin, die ich war — und es auch nie mehr sein werde.” (Zitat S.7) Nacht für Nacht hat sie Alpträume, fühlt sich schuldig am Tod ihrer Eltern. Gerne besucht sie deswegen den alten Phil, den sie im Altersheim kennengelernt hat, in dem ihre Tante arbeitet. “Phil versteht mich, ohne dass ich etwas sagen muss. Bei ihm habe ich nicht das Bedürfnis, jemand anderes zu sein.” (Zitat S.18) Weil er blind ist, liest Yara ihm regelmäßig vor. Doch jetzt ist Phil an einem Herzinfarkt gestorben. Und die Einsamkeit droht Yara erneut zu überfallen: “Mit Phil ist mein Anker verschwunden, mein Halt. Er war ein Fremder und doch mein bester Freund.” (Zitat S.33) Auch Noel geht es nicht wirklich gut, seit sein Großvater Phil verstorben ist. Zumal er sich noch kurz vor dessen Tod mit ihm gestritten hat: “Das Letzte, was ich zu ihm gesagt habe, war im Streit gesagt worden. Ich habe ihm Vorwürfe gemacht und ich werde keine Chance bekommen, mich zu entschuldigen und es wiedergutzumachen. Meine Worte hAva Reed Wir fliegen, wenn wir fallenaben Phil verletzt und ich habe sie ausgesprochen, obwohl ich das gewusst habe.” (Zitat S.29) Noel lebt in einer kleinen Wohnung und ist nicht nur verbittert, sondern auch enttäuscht vom Leben, seit seine Mutter ihn hat sitzenlassen. Und das lässt er vor allem seine Umgebung spüren. Er versteht es hervorragend Leute auf Abstand zu halten. Da er nicht teamworkfähig ist, weil er sich auf niemanden mehr verlassen will, hat er auch seine gewünschte Ausbildungsstelle nicht bekommen und muss jetzt bei McDonald’s arbeiten. Yara, die er bei seinem Großvater schon ein paarmal angetroffen hat, nennt Noel nur abfällig “das Lesemädchen” und war auch zu ihr bisher immer sehr schroff und abweisend. Doch jetzt scheint ausgerechnet das Testament von Phil die beiden zusammenzuführen. Denn der alte Mann hat ihnen nicht nur Geld hinterlassen, sondern auch eine Liste mit 10 Punkten, die sie gemeinsam erfüllen sollen. Alles Dinge, die Phil nicht mehr erleben konnte und gerne getan hätte. Wie einen Wolf zu streicheln, durch den Regenwald zu laufen, das Nordlicht zu sehen oder einen Baum in einem fremden Land zu pflanzen. Doch auch Yara kann Noel überhaupt nicht ausstehen…

“Wir fliegen, wenn wir fallen” wird aus Yaras und Noels Sicht in der Ich-Perspektive erzählt. Hier wechseln sich die beiden Protagonisten kapitelweise ab. Die Sprache ist sehr flüssig und total angenehm zu lesen. Manchmal sogar ein wenig poetisch und sehr kraftvoll. Bereits mit dem ersten Satz des Buches stolpert man förmlich in die Geschichte hinein: “Ich möchte meine Erinnerungen verbrennen. Ich möAva Reed Wir fliegen, wenn wir fallenchte sie nehmen, zusammenknüllen oder zerreißen, es ist mir egal, und sie mit allem, was mir geblieben ist, in Asche verwandeln. Mit all dem Schmerz, der Trauer und Wut, der Angst und dem großen Loch in mir drin.” (Zitat S.7) Die Autorin hat zwei besondere Charaktere geschaffen. Sie — verfolgt von Schuldgefühlen und Trauer — und er mit Bindungsängsten. Sie, die ihn ständig irgendwie reizt und er, der ihre schlechtesten Seiten zum Vorschein bringt. Dazwischen immer wieder die richtige Portion an Gefühl: “Hoffentlich wird am Montag alles wieder entspannt. Hoffentlich ist Noel wieder gemein, vorlaut, nervtötend und sarkastisch. Denn dieser Noel macht mir Angst. Er geht mir unter die Haut.” (Zitat S.88ff) Dazu findet man nicht nur in den Kapitelüberschriften manch Lebensweisheit, sondern auch im Fließtext selbst ab und zu mal einen klugen Satz: “Manche Wünsche gehen nicht in Erfüllung, egal, wie sehr wir flehen und betteln, wie sehr unser Herz daran hängt. Aber was wären wir ohne sie?” (Zitat S.9) Auch die Romantik kommt in “Wir fliegen, wenn wir fallen” nicht zu kurz. Eine schöne Liebesgeschichte mit einer nahezu überzeugenden Entwicklung ihrer Protagonisten.

Fazit: Eine herzerwärmende Geschichte — unterhaltsam und emotional!