Cover-Bild vergissdeinnicht
4,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Bastei Lübbe
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 16.03.2012
  • ISBN: 9783838715193
Cat Clarke

vergissdeinnicht

Roman
Zoë Beck (Übersetzer)

Ein weißer Raum. Und nichts darin als ein Tisch, Stapel von Papier und Stifte. Und Grace. Sie weiß nicht, wie sie in diesen Raum gekommen ist, sie weiß nicht, warum sie dort ist. Und wie sie jemals wieder aus dem endlosen Weiß entfliehen kann. Um nicht verrückt zu werden, beginnt sie, ihre Gedanken niederzuschreiben. Ganz allmählich setzt sich dabei das Puzzle ihrer Vergangenheit zusammen - und Grace spürt: Um sich befreien zu können, muss sie die ganze Wahrheit über sich selbst herausfinden ...

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.11.2019

Großartig!

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Als ich dieses Buch in den Händen hielt, dachte ich zunächst, dass es mich von der Aufmachung und der Kurzbeschreibung zu sehr an "Raum" erinnern könnte. Nachdem ich jedoch etwas mehr in die Geschichte ...

Als ich dieses Buch in den Händen hielt, dachte ich zunächst, dass es mich von der Aufmachung und der Kurzbeschreibung zu sehr an "Raum" erinnern könnte. Nachdem ich jedoch etwas mehr in die Geschichte hinein gelesen habe, hat sich meine Skepsis sehr schnell in Luft aufgelöst, denn bis auf den Raum selbst hat die Geschichte nicht viel mit "Raum" gemeinsam.

Cat Clarke hat einen wunderbaren Debütroman geschrieben, der mich von der ersten Seite an schockiert, berührt und zum Nachdenken angeregt hat. Dazu ist die Geschichte noch wahnsinnig spannend, sodass es mir schwer fiel, dass Buch auch nur für kurze Zeit aus den Händen zu legen.

Die Geschichte beginnt relativ ruhig. Grace erklärt, wo sie sich befindet und schildert sehr ausführlich und authentisch ihre Gedanken und Ängste. Der Raum ist komplett weiß und engt sie ein, obwohl kaum etwas in dem Raum vorhanden ist. Lediglich einen Tisch, Papier und Stifte findet sie vor. Diese benutzt sie, um über ihre Vergangenheit nachzudenken und schreibt ihre Geschichte nieder.

Der Schreibstil ist absolut wundervoll. Die Handlung wird eindringlich, spannend, schonungslos und dennoch gefühlvoll beschrieben. Oftmals wirkt die Sprache auch sehr salopp und ordinär, was ich jedoch nicht weiter schlimm fand, da dies sehr gut zu den Charakteren, besonders zu Grace, passt. Bei Grace als Protagonistin wurde sich besonders viel Mühe gegeben. Am Anfang konnte ich noch nicht so viel mit ihr anfangen, da sie mir recht oberflächlich, abgeklärt und unsympathisch erschien. Aber je mehr sie über sich und das Leben nachdenkt, desto mehr versteht man, wieso sie so ist wie sie ist. Ihre Gedanken sind authentisch, nachvollziehbar und haben mir stellenweise sogar eine Gänsehaut beschert. Sie hat eine schwere Zeit hinter sich, die ihr beinahe das Leben gekostet hat, weil sie das Leben lange Zeit nicht geschätzt hat und leichtsinnig damit umgegangen ist. Ihre Mutter und ihre Freunde sind hilflos und können sich stellenweise selbst nicht helfen, da jede Person ihre eigenen Probleme hat. Grace kommt kaum zur Ruhe und lebt zum Teil orientierungslos in den Tag hinein.

Allerdings gibt es auch zwei kleine Kritikpunkte:
Obwohl das Buch stellenweise sehr spannend ist, ist es doch leider auch mindestens genauso vorhersehbar. Zwar gab es hier und da ein paar Antworten, die ich eher weniger erwartet hätte, aber insgesamt waren am Ende bei der Auflösung kaum Schockmomente vorhanden, was ich doch ein wenig schade finde.
Der zweite Kritikpunkt ist die Kurzbeschreibung. Zwar liest diese sich sehr gut und macht Lust auf mehr, aber sie führt auch in die Irre, denn ich habe dadurch einen Jugendthriller erwartet, der jedoch mehr ein Drama ist und kaum Thrillerelemente aufweist. Ich fand es nicht schlimm, dass es kein Thriller war, dennoch denke ich, dass viele Leser unter Umständen etwas anderes erwartet haben.

Das Cover ist sehr schlicht und wirkt schon beinahe grell, da das Weiß doch recht ausgeprägt ist. Allerdings lebt das Cover von seinen Details, die man nicht unbedingt auf den ersten Blick sieht. Ganz blass kann man Zeilen im Hintergrund erkennen, auf denen der Buchtitel noch einmal deutlich hervorgehoben wird. Eine schöne Idee, die sehr gut zum Thema passt.

Insgesamt ist "vergissdeinnicht" ein Buch, das man in der Tat nicht so schnell wieder vergessen kann. Eine wunderbare Protagonistin und eine großartige Handlung machen das Buch zu einem Jahreshighlight, das ich mit Sicherheit nicht zum letzten Mal gelesen habe. Hoffentlich wird es noch viele weitere Bücher von der Autorin geben. Absolut empfehlenswert!

Veröffentlicht am 30.01.2018

Dieser Roman ist in keiner Hinsicht gewöhnlich.

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Ethan drehte sich zu mir um. "Ich bin nicht sauer auf dich, Grace. Ich wünschte nur, du wärst ehrlich - wenn nicht zu mir, dann doch wenigstens zu dir selbst. Was glaubst du, zu was du an der Grenze bist?" ...

Ethan drehte sich zu mir um. "Ich bin nicht sauer auf dich, Grace. Ich wünschte nur, du wärst ehrlich - wenn nicht zu mir, dann doch wenigstens zu dir selbst. Was glaubst du, zu was du an der Grenze bist?" Und bevor ich auch nur darüber nachdenken konnte, schoss die Antwort aus meinem Mund: "Zur Wahrheit."

Inhalt:
Als Grace erwacht, findet sie sich in endloser, erdrückender Weiße wieder. Ein Raum mit weißen Wänden, einem weißen Tisch, einem weißen Stuhl, einem weißen Bett, einem weißen Badezimmer und vor ihr: weißes Papier und ein Stift. Benommen, erinnert sie sich nicht daran, wie sie hierher gekommen ist, noch was sie hier soll. Drei Mal täglich kommt ein Junge in den trostlosen, weißen Raum. Sein Name ist Ethan. Er bringt ihr Essen, Kleidung und kümmert sich um sie. Grace weiß nicht, was sie von ihm denken soll. Warum hält er sie fest? Wurde sie entführt? Warum sagt er so rätselhafte Sachen zu ihr? Langsam aber sicher beginnt das junge Mädchen, ihre Zeit zu nutzen und ihre Geschichte nieder zu schreiben. Sie erzählt aus ihrem Leben und langsam, ganz heimlich, schleicht sich die Erinnerung zurück und das Rätsel um ihren Aufenthalt bekommt immer mehr Kontur. Sie erinnert sich daran, dass sie Ethan kennenlernte, an dem Tag, an dem sie sterben wollte...

Aber dies ist nicht der Anfang einer gewöhnlichen Geschichte, es ist viel mehr als das. Es ist der Anfang eines außergewöhnlichen Werkes, das tief unter die Haut geht, berührt, ergreift und einen schmerzhaft wachrütteln will.

Idee / Umsetzung:
Manchmal beginnt man ein Buch zu lesen, ohne wirklich zu wissen oder eine Ahnung davon zu haben, was einen hinter den Seiten erwartet. Es liegt nicht daran, dass man sich nicht mit dem Buch auseinander gesetzt, nicht den Klappentext oder das Cover, voller Eindringlichkeit, betrachtet hätte. Es liegt viel mehr daran, dass weder der Klappentext, noch das Cover eine Aussage von Bedeutung treffen. So war es für mich auch bei "Vergissdeinnicht". Sehr unscheinbar, sehr geheimnisvoll zeigte sich mir diese Geschichte. Trotzdem fühlte ich mich angesprochen. Vielleicht eben deshalb, weil ich wissen wollte, was sich hinter alldem versteckt. Also fing ich an zu lesen. Ich wusste weder welche Art von Geschichte mich erwarten würde, noch welche Wirkung jene auf mich haben könnte. Ich muss wohl gestehen, dass ich mir nicht viel erhofft hatte. Ich dachte mir, dass sich eine leichte Handlung, begleitet von einer netten Liebesgeschichte vor meinen Augen aufbauen würde. Aber wie falsch ich damit liegen würde, wusste ich am Anfang noch nicht. "Vergissdeinnicht" ist weder eine leichte Lektüre, noch ein Buch, welches man jemals wieder vergessen könnte. Es erzählt nämlich eine ganz besondere Geschichte, die sich nach und nach, ganz heimlich aufbaut und auf das große Ende zusteuert - Der Showdown: der nicht nur seine Leser, noch Tage danach, fesseln wird. Es fällt mir schwer etwas von der Idee zu erzählen, denn bei diesem Werk, kann man nicht viel sagen. Ich würde euch die Reise nehmen, auf die ihr euch an dieser Stelle selbst begeben müsst. Denn wenn ihr nicht selbst, Seite für Seite, durch die Erinnerungen von Grace wandert, werdet ihr nicht dieses ergriffene Gefühl teilen können, von welchem ich am Ende ganz gefesselt war. Ich kann nur sagen, dass die Idee, die sich hinter jedem Buchstaben, lauernd verstreckt, einfach grandios ist. Niemals hätte ich damit gerechnet, auch wenn die Befürchtung mich das ganze Buch lang begleitet hat. Tief in mir wusste ich ganz genau was sich am Ende verbirgt und was ich zu erwarten hatte, aber genau wie die Protagonistin, wollte ich es nicht wahrhaben, wollte ich es nicht in mein Bewusstsein dringen lassen. Ich kann nur sagen, dass Idee und Umsetzung nicht gleich das sind, was sie zu sein scheinen, sondern bei weitem besser als alles, was man überhaupt erwarten kann.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist zunächst sehr gewöhnungsbedürftig und manchmal war ich an einem Punkt angelangt, an welchem ich einfach nicht mehr, begleitet von diesen Wörtern, lesen wollte. Grace schildert ihre Sicht und erzählt uns ihre Geschichte aus der Ich-Form. In Tagebuch ähnlichen Einträgen, berichtet sie ganz unreflektiert, ganz ungeschönt aus ihrer Erinnerung. Dabei nimmt sie kein Blatt vor den Mund. Sie berichet ganz offenen über ihre Krankheit, über ihre Einsamkeit, über ihre Macke, immer wieder Jungs abschleppen und mit ihnen schlafen zu müssen. Dabei bedient sie sich fortwährend einer, nicht gerade schönen, Umgangssprache. Da ich nicht gerade ein großer Anhänger, eben dieser Umgangssprache bin, ist es nicht verwunderlich, dass ich meine Probleme damit hatte. Aber rückblickend muss ich einfach gestehen, dass gerade dieser, unreflektierte, ehrliche Schreibstil zu der Geschichte, zu der Handlung und zum Charakter von Grace gepasst haben. Es wird gegen Ende mehr als klar, dass es weniger die normale Art der Autorin ist, ihre Idee zu erzählen, als viel mehr ein passendes Mittel, die Atmosphäre und Authenzität der Geschichte zu unterlegen.

Charaktere:
Alle Charakter, uneingeschränkt, sind ähnlich wie der Schreistil, sehr gewöhnungsbedürftig. Keine der Figuren ist besonders liebenswert oder sympathisiert mit dem Leser. Stattdessen sind alle Buchfiguren sehr hart und kantig ummalt und haben ihre ganz eigenen, irgendwie komischen Macken. Besonders Grace ist ein sehr eigener Charakter, den man zu beginn so gar nicht verstehen kann. Doch je weiter die Geschichte fortschreitet, je mehr man aus ihrem Leben erfährt, desto mehr lernt man sie zu verstehen und ihre Handlungen zu akzeptieren. Sie hat kein einfaches Leben, denn seit dem Tod ihres Vaters, hat sich ihr ganzes Leben, ihre ganze Einstellung verändert. Ich würde gerne mehr erzählen, doch auch an dieser Stelle finde ich, wenn ich zu viel verrate, könnte ich euch das wichtigste hier nehmen: Die eigene Reise, auf der Suche nach antworten. Diese Geschichte lebt nämlich vorallem dadurch, dass man nach und nach, immer mehr erfährt und sich die einzelnen Punkte verknüpfen. Ich kann nur soviel sagen, dass die Figuren, genau wie der Schreibstil, zunächst sehr unschön erscheinen. Es gibt keinen Charakter bei dem man sich ganz sicher ist. Aber am Ende hat man dann doch Verständnis. Nicht für alle, aber einiges wird klarer und eröffnet dem Leser eine Akzeptanz, vorallem gegenüber Grace, die zunächst sehr verzogen und unaufrichtig scheint. Am Ende ist alles Lug und Trug. Am Ende ist alles Anders. Denn jeder hat seine eigene Geschichte und Geschichten formen schließlich ein Leben. Sie kratzen an der Oberfläche und geben unserer Fassade Risse. Risse die ein Fremder nicht direkt erkennen kann. Als Leser, sind wir zu beginn, eben dieser Fremder. Doch am Ende liegen alle Karten auf dem Tisch und man beginnt zu verstehen.

Cover / Innengestaltung:
Es kommt selten vor, dass mir die deutsche Ausgabe besser gefällt als die Englische. Aber in diesem Fall ist es so. Die schlichte Version, mit dem weißen Eindband, der gefüllt ist, von hauchdünnen, geschriebenen Wörtern, die man zunächst gar nicht erkennt, passt viel besser zur Geschichte, als das englische Cover, mit diesem Mädchen, das in meinen Augen, so gar nichts mit Grace gemeinsam hat. Zwar gefällt mir das Model, vorallem weil es so eine tolle Haarfarbe hat und auch sonst finde ich das Cover generell nicht schlecht, aber es passt einfach nicht zur Handlung hinter den Seiten und deshalb muss ich sagen, ist das deutsche Titelbild, auch wenn es sehr unscheinbar ist, viel schöner und demnach die bessere Umsetzung.
Die Innengestaltung weißt keine besonderen Elemente auf. Statt Kapiteln, werden die einzelnen Abschnitte mit den Tageszahlen ausgezeichnet, die Grace im weißen Raum verbringt: "Tag 26", zum Beispiel. Die Abschnitte, in denen Grace vom weißen Raum erzählt und jene, die ihre Erinnerungen darlegen, sind durch deutliche Absätze voneinander getrennt. Demnach habe ich auch hier nichts zu bemängeln.

Fazit:
Manchmal erwartet man etwas ganz anderes, als man am Ende bekommt. Aber nicht in jedem Fall ist das etwas Schlechtes. Bei "Vergissdeinnicht" von Cat Clarke, ist es sogar etwas sehr Überzeugendes. Man wird regelrecht mit Haut und Haaren, in eine spannende, bewegende und ganz erfrischende, einzigartige Geschichte gezogen. Eine Geschichte, die wie ein Sog, von allen Gedanken besitz ergreift und sie in einer tiefen Nachdenklichkeit zurücklassen. Dieser Roman ist in keiner Hinsicht gewöhnlich. Ausgezeichnet durch einen sehr eigenen, unreflektierten und ehrlichen Schreibstil, außergewöhnlichen, ungeschönten Charakteren und einem, bis zum Ende fortwährenden Rätsel, überzeugt dieser Debütroman, von Cat Clarke, auf voller Linie. Auch wenn ich an einigen Stellen das Gefühl hatte, dass sich die Handlung etwas gezogen hat, so finde ich doch, dass am Ende alle Komponenten, das perfekte Zusammenspiel geliefert haben. Ich lege diesen Roman jedem wärmstens ans Herz. Denn nichts ist, wie es scheint. Auch "Vergissdeinnicht" eröffnet viele Facetten, Ansichten und Gedanken, die man zunächst nicht erwartet hätte und kann somit das Leserherz für sich gewinnen.
Wenn eine Geschichte, dich selbst nach der letzten Seite, noch fest mit ihren Worten gefangen hält, wenn dich das Schicksal einer Figur, die du am Anfang weder richtig verstehen, noch wirklich leiden konntest, so sehr berührt, dass es dir die Tränen in die Augen treibt und du diesen tiefen Schmerz in deiner Brust hast, dieses Mitleid, dann hast du wahrlich ein Buch in der Hand, welches es sich zu lesen gelohnt hat. Denn genau das macht eine wirkliche, echte und gute Geschichte aus: Das sie die Macht hat, dein Leben zu beeinflussen, dein Herz zu berühren.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Wahrheit zwischen Leben und Tod

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Als Grace beschließt, ihrem Leben ein Ende zu setzen, schreibt sie keinen Abschiedsbrief. Sie nimmt ein Messer, besorgt sich Alkohol und geht gezielt in den Park. Die Siebzehnjährige hofft, dass nicht ...

Als Grace beschließt, ihrem Leben ein Ende zu setzen, schreibt sie keinen Abschiedsbrief. Sie nimmt ein Messer, besorgt sich Alkohol und geht gezielt in den Park. Die Siebzehnjährige hofft, dass nicht ausgerechnet ein Kind ihre Leiche in dem Häuschen auf dem Klettergerüst findet, weicht jedoch nicht von ihrem Plan ab. Ein Schluck aus der Flasche. Ein Schnitt. Plötzlich ein Geräusch!

Ein Typ auf der Schaukel, schwingt so hoch er kann. Grace klettert aus dem Häuschen, torkelt zu ihm rüber und redet mit ihm. Sein Name ist Ethan. Eine Menge Fragen, ein Kuss, eine Fahrt in seinem Van …

Als Grace die Augen öffnet, befindet sie sich in einem Raum aus blütenreinem Weiß. Ein gemütliches Bett, ein eigenes Badezimmer, ein Tisch und ein Stuhl – alles weiß. Dazu drei Stapel unbeschriebenes Papier sowie siebenundvierzig Kugelschreiber. Das Fenster verbarrikadiert, die Tür verschlossen. Ihre Kleidung getauscht gegen ein Nachthemd, ihre Uhr weg. Die zugeteilten Mahlzeiten entsprechen immerhin ihrem Geschmack. Allem Anschein nach wurde Grace entführt. Wer ist Ethan? Was hat er vor? Ungewiss …

Grace beginnt zu schreiben. Sie hat sich schon immer gewünscht, Schriftstellerin zu werden und was kann sie in diesem Raum schon anderes tun. Grace schreibt über ihr Leben – Zigaretten, Alkohol, Jungs und selbstverletzendes Verhalten. Aber auch über ihre beste Freundin Sal Stewart, ihre große Liebe Nat Scott, ihre Mutter und ihren Vater.

Eine Geschichte über Freundschaft und Verrat, Liebe und Leid und die Folgen herben Verlusts.

„vergissdeinnicht“ ist Cat Clarkes erfolgreiches Romandebüt. In erster Person Singular lässt die Autorin ihre Leserschaft an dem bewegenden und berührenden Schicksal ihrer Hauptfigur Grace Carlyle teilhaben. Überraschend tiefgründig, mit eigentlich ganz einfachen stilistischen Mitteln, offenbart sich häppchenweise eine wahre Tragödie.
Glaubt der Leser eingangs noch, Zeuge einer bloßen Entführung zu sein, erwartet ihn doch tatsächlich ein intensives Spektakel der Emotionen. Der weiße Raum fasziniert, er schockiert und vor allem fördert er die Wahrheit zutage. Grace ist kein unbeschriebenes Blatt. Sie hat allerhand auf dem Kerbholz. Doch das aus gutem Grund. Sal war lange Zeit ihr Ruhepol, die Gute, intelligent, vernünftig und geerdet. Doch dann verbirgt sie ein Geheimnis vor Grace. In Gegenwart von Nat fühlt sich Grace geborgen, mit sich selbst im Reinen und spürt zum ersten Mal die Kraft der Liebe. Ihre Mutter glänzt überwiegend durch Abwesenheit, ihr Vater ist tot. Die Zusammenhänge ergeben sich wie ein Puzzle. Über achtundzwanzig Tage erlebt der Leser den Wechsel zwischen Hier und Jetzt und Erinnerungen an die Vergangenheit. Gedanken, Gefühle und Taten wirken sehr authentisch, die Nähe zum Geschehen ist greifbar. Einmal mit der Lektüre begonnen, nimmt der Sog des Geschehens kein Ende. Schließt sich der Roman, wirkt er dennoch lange nach … Cat Clarke ist eine Autorin, die man sich merken sollte.

„vergissdeinnicht“ erscheint als Paperback bei Lübbe. Das Cover passt ausgezeichnet zum Romaninhalt. Mattes Weiß, über und über mit transparenter Schrift aus glänzendem Spotlack bedruckt. Ein unmittelbarer Bezug zur Geschichte. Vereinzelte Buchstaben, in Lila hervorgehoben, ergeben den Buchtitel. Im Inneren erleichtern Szenentrenner die Orientierung. Papier, Satz und Druck sind ohne Fehl und Tadel.

Fazit:

„vergissdeinnicht“ ist temporeiches Kopfkino, ein Feuerwerk an Emotionen und nachhaltig bewegend. Cat Clarke schreibt ungeheuer authentisch, spannend und vor allem tiefsinnig mit viel Feingefühl. Intensive Literatur um Schicksal, Wahrheit, Leben und Tod. Ein Highlight auf dem Büchermarkt!

Veröffentlicht am 01.02.2018

Lässt einen nicht mehr los

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“Vergissdeinnicht” von der afrikanischen Autorin Cat Clarke ist ein bewegender Roman, in dem ein junges, suizidgefährdetes, sich selbstverletzendes Mädchen dazu gezwungen wird, sich mit ihrem eigenen Leben ...

“Vergissdeinnicht” von der afrikanischen Autorin Cat Clarke ist ein bewegender Roman, in dem ein junges, suizidgefährdetes, sich selbstverletzendes Mädchen dazu gezwungen wird, sich mit ihrem eigenen Leben auseinanderzusetzen: eingesperrt in einem weißen Raum. Für Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren.

Die 17-jährige Grace liebt Farben. Lila oder grün, ihre Lieblingsfarbe. Und jetzt sitzt sie in einem Raum, in dem alles weiß ist: der Tisch, das Bett, die Wand. Sogar die Kleidung, die sie bekommen hat, ist weiß. Grace ist eingesperrt in diesem Raum. Wie sie hineingekommen ist, das weiß sie nicht. Aber sie kennt ihren Entführer. Er heißt Ethan und sie hat ihn an dem Abend kennengelernt, an dem sie sich eigentlich das Leben nehmen wollte. Auf einem Spielplatz hatte sie begonnen sich zu betrinken und wollte sich versteckt in einem kleinen Häuschen schließlich die Pulsadern aufschneiden, bis Grace merkte, dass sich außer ihr noch jemand auf dem Spielplatz befand. Ein gutaussehender, etwa 20 Jahre junger Mann, der auf einer der Schaukeln saß. Sie hat sich mit ihm unterhalten. Sie wollte ihn loswerden, um ihre Tat zu Ende zu bringen, doch irgendwie tat es gut mit ihm zu reden. Sie verschob ihr Vorhaben und wollte sich von ihm nach Hause bringen lassen. Und dann plötzlich alles schwarz. Sie erwachte in dem weißen Raum. Angrenzend sogar ein eigenes Badezimmer. Eine bequeme, weiche Matratze. Ethan bringt ihr jeden Tag etwas zu essen. Meistens Köstlichkeiten. Grace fühlt sich nicht wirklich entführt. Doch was will Ethan von ihr? Cat Clarke VergissdeinnichtWarum hält er sie fest und kümmert sich so um sie? Und woher kennt er sie so gut? Weil es in dem Raum nichts anderes zu tun gibt, fängt Grace schließlich an die weißen Blätter und die Stifte, die Ethan ihr auf den Tisch gelegt hat, zu benutzen. Sie beginnt zu schreiben. Sie beginnt nachzudenken, über sich und ihr Leben. Über Sali, ihre beste Freundin, mit der sie sich so gestritten hat. Über Nat, ihre erste große Liebe, den sie erst vor kurzer Zeit kennengelernt hat. Über das Ritzen, das sie nicht lassen kann. Die Traurigkeit in ihr. Und auch über Ethan. Was hat er nur vor mit ihr? Und warum verdammt noch mal hat sie nicht die Flucht ergriffen, als sich die Gelegenheit dazu bot? Warum ist sie hier geblieben, in diesem weißen Raum?

Das Buch ist flott erzählt, es fällt dem Leser sehr leicht sich in Grace hinein zu fühlen. Ihr Erzählstil ist sehr nah an der Sprache der Jugendlichen und ihre Gedanken, die sie auf Papier niederschreibt, verraten mehr über ihre Vergangenheit und lassen ein umfangreiches Bild ihrer Lebensumstände entstehen. Das Ende ist außergewöhnlich und absolut passend. Es wird den Leser dieses Buch nicht so schnell vergessen lassen!

Veröffentlicht am 31.07.2018

Bei diesem Buch war ich hin und her gerissen, und auch gar nicht sicher ob ich es überhaupt zu ende lese...

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... den Grace ging mir mit ihrer Art sehr auf die Nerven, dennoch wollte ich wissen, was mit ihr geschehen ist.
Das hat Cat Clarke sehr gut umgesetzt, ganz großes Lob.

Und jetzt zum Buch:

Stell dir vor, ...

... den Grace ging mir mit ihrer Art sehr auf die Nerven, dennoch wollte ich wissen, was mit ihr geschehen ist.
Das hat Cat Clarke sehr gut umgesetzt, ganz großes Lob.

Und jetzt zum Buch:

Stell dir vor, du würdest in einem weißen Raum aufwachen, nichts drin als ein Bett, ein Tisch, ein sehr unbequemer Stuhl, drei Stapel Papier und siebenundzwanzig Kugelschreiber. Alles weiß, von den Kugelschreibern man abgesehen, sie sind das einzige Highlight in all dem weiß. Das Fenster mit Brettern vernagelt und die Tür verschlossen, keine Möglichkeit zur Flucht. Und du hast keine Ahnung, wie du dort wo du jetzt bist, gelandet bist …
Für Grace ist das gerade Realität. Um nicht verrückt zu werden, beginnt sie, ihre Gedanken niederzuschreiben. Allmählich setzten sich die einzelnen Puzzleteile ihrer Vergangenheit zu einem Gesamtbild zusammen – und Grace spürt: wenn sie sich befreien will, muss sie sich ihrer Vergangenheit stellen und herausfinden, wer sie ist.

Schreibstil:

Die Geschichte hat zwei Erzählstränge: Im ersten, der weiße Raum – der mir vorkam wie eine Isolierte kleine eigene Welt, und in der Grace versucht die Zeit tot zu schlagen und aus Ethan schlau zu werden.
Im Zweiten, erzählt Grace aus ihren Leben vor der Entführung.
Zunächst war ich von der Ausdrucksweise der Autorin genervt, sie kam mir teilweise unbeholfen und jugendlich vor.
Erzählt wird aus der ersten Person Singular.
Grace spricht davon, dass man durch ihre Schwärmereien ja glauben müsse, dass sie Ethan heiß fände. Was auch so war, bevor er sie entführt hat. Und weiter erzählt/ schreibt sie:

„Und ich glaube, es ist noch zu früh, dass ich dieses Syndrom habe … wie heißt es noch gleich? Wenn die Geisel anfängt, sich mit ihrem Entführer zu identifizieren, sich in ihn verliebt und dann bei seiner üblen Kidnapping-/ Mord-/ sonst was-Tour mitmacht.“

Sie spricht von Stockholm Syndrom. Mir war zu der Zeit noch nicht klar, dass Grace erst siebzehn ist. Als mir klar wurde, das es sich um ein Teenie-Roman handelt, war es für mich gleich viel besser zu ertragen. Die Betonung liegt auf besser.
Was aber nicht mit dem können der Autorin zu tun hat, daran besteht kein zweifel. Aber, als ich den Klappentext gelesen hatte, glaubte ich, es würde sich um ein Entführungsdrama, einem Thriller handeln.

Meine Meinung

Grace scheint keine all zu große Meinung von ihrer Mutter zu haben.
So schreibt sie am zehnten Tag:

„Ich frag mich wie es Mum geht. Wahrscheinlich ist sie am Durchdrehen. Gibt sich vielleicht ein bisschen Frustshoppen, um sich von ihrem Trauma abzulenken.“

Meiner Meinung nach ist die Mutter mit ihrer Rolle – seit dem Tod von Ehemann und Vater – überfordert, beide trauern und keiner hat die Kraft zu fragen, wie es dem anderen geht. So ist die Mutter überwiegend unterwegs und umgibt sich mit weniger anstrengenden Menschen.
Außerdem scheint Grace der Meinung zu sein – da sie nur ihre Gefühle fühlen kann – die einzige zu sein die welche hat (ähnlich eines Narzissten) und sie schreibt:

„Ich denke dauernd an Sal. Fühlt sie sich schlecht? Fühlt sie irgendwas?“

Und sie scheint zu glauben, dass sie frei von Fehlern ist und nimmt sie anderen sehr übel. So schreibt sie weiter:

„Krümmt und winden sich ihre Eingeweide vor Scham und Schuld?“

Grace ist niemand, mit dem man Befreundet sein will und man würde sie nur knapp seinen schlimmsten Feind wünschen. Sie ist kein böser Mensch, sie ist aber überheblich und hat eine sehr schlechte Sozialkompetenz. Sie selber reagiert ständig sensibel, wenn andere es wagen sie zu Recht zuweisen, oder anderer Meinung sind, sie selber aber schert sich ein Dreck, was andere wollen oder Fühlen. So drängt sie Sal es ihr gleich zu tun und sich mit Sex (mit wildfremden Jungen) zu trösten. In Wahrheit aber ist es nur eine von vielen Formen, wie Grace sich selbst verletzt.
Und dann gibt es noch Nat in ihren Leben, der viel Verständnis für sie aufbringt, sie beruhigt und tröstet, wenn sie sich mal wieder selbst verletzt hat. Und das erste Mal ihn ihrem Leben erfährt sie bedingungslose liebe. Auch ihn behandelt sie viel zu oft Unfair. Mir scheint, dass sich dieses Muster durch das gesamte Buch zieht und auf Dauer ist es sehr anstrengend. Zum Glück scheint die Einsamkeit sie von ihrem hohen Ross herunterzuholen oder die Sehnsucht überwiegt über die Enttäuschung des Betrugs und sie wird milder.

Das Cover:
Das Cover ist komplett in Weiß gehalten, was sehr gut zu der Geschichte und dem weißen Raum passt. Wenn man genau hinguckt sieht man im Hintergrund die geschriebenen Zeilen von Grace, wobei der Titel des Buches über der Coverseite verstreut durch lila Buchstaben erscheint. Ein Cover das verschiedene Assoziationen hervorrufen kann. Ich dachte zum Beispiel, an eine Amnesie der Protagonistin, auch wegen des Titels: „Vergiss dein nicht“. Vergesse dich nicht, vergiss nicht, wer du bist.
Das Buch hat 288 Seiten, ist im März 2012 beim Bastei Lübbe Verlag erschienen und wurde meines Wissens in die Gegenwartsliteratur eingeordnet.

Fazit

Dieses Buch einmal gelesen, wird man die Geschichte nicht so schnell wieder los. Ich fand es schön mal ein (Jugend) Roman zu lesen, der nicht nach dem typischen Schema läuft und das mal angesprochen wird, das einige Jugendlich größere Probleme haben, als dass der Lippenstift zum Rest des Outfits passt. Wäre ich als Jugendliche auf das Buch gestoßen, hätte ich mich zum Mindestens halbwegs verstanden gefühlt, weil auch Grace leidet und einen sehr weichen Kern in ihrer harten Schale verbirgt.

Über Cat Clarke
Cat Clarke wurde 1978 in Sambia geboren und wuchs in Edinburgh und Yorkshire auf. Nach dem Studium arbeitete sie in London für einen Kinderbuchverlag und schrieb selbst Sachbücher für Kinder. Inzwischen lebt sie wieder in ihrer alten Heimat Edinburgh, wo sie sich neben ihrem Hund und ihren beiden Katzen auch um ihre selbst gegründete Literaturagentur für junge Autoren kümmert. Ihr Debütroman vergissdeinnicht wurde in Großbritannien begeistert von der Presse aufgenommen und sofort zu einem großen Erfolg.