Nichts für schwache Nerven
Die deutsche Bestseller-Autorin Elisabeth Herrmann liefert mit “Die Mühle” - das diesmal explizit als All-Age-Thriller ausgewiesen wird — wieder spannende Unterhaltung für Jung und Alt. In all ihrer erzählerischen ...
Die deutsche Bestseller-Autorin Elisabeth Herrmann liefert mit “Die Mühle” - das diesmal explizit als All-Age-Thriller ausgewiesen wird — wieder spannende Unterhaltung für Jung und Alt. In all ihrer erzählerischen Bravour entführt sie die Leser auf eine Art Klassentreffen in die tschechischen Wälder. Schauplatz: eine geheimnisvolle Mühle. Hauptdarsteller: eine alte Clique, eine Außenseiterin und das Grauen, das langsam um sich greift. Brillant geschrieben und fesselnd von Anfang an. So muss ein Thriller sein! Für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.
Die 20-jährige Lana studiert in Berlin. Zuletzt hat sie in einer Kleinstadt ihr Abitur gemacht, die sie aber schnell wieder verlassen wollte. Umso größer ist die Überraschung, als sie ausgerechnet an ihrer Uni auf Johnny trifft, der damals zwei Klassen über ihr war und der IN-Clique schlechthin angehörte. “Eine leichte, flatterhafte Fröhlichkeit lag über dieser Gruppe, ein so unangestrengtes Selbstbewusstsein, dass ich im ersten Moment mit nichts anderem als Neid und Eifersucht reagieren konnte. Sie hatten alles, was mir fehlte. Sie sahen blendend aus, jeder einzelne von ihnen, und sie hatten im Drachenblut der Freundschaft gebadet, das unverwundbar machte…” (Zitat aus “Die Mühle” S.18). Durch Zufall erfährt Lana, dass Johnny — nach Jahren ohne Kontakt zueinander — eine Einladung zu einem Treffen jener Clique erhalten hat. Doch durch einen Sturz Elisabeth Herrmann - Die Mühlevon einer Treppe, bei dem er Lana gewissermaßen vor die Füße fällt, und einem anschließenden Aufenthalt im Krankenhaus, kann er daran leider nicht teilnehmen. Spontan bittet Johnny sie an seiner Stelle in den Böhmerwald nach Tschechien zu fahren. Er hat keinerlei Kontaktdaten mehr und kann nicht absagen. Möchte aber auch nicht, dass der Eindruck entsteht, er wäre der Einladung nicht gerne gefolgt. “Keine Ahnung, ob das der Moment war, von dem ich jetzt behaupten würde, dass er mein Leben verändert hat. Es gab noch ein paar andere, bei denen ich mich im Nachhinein frage, warum ich nicht einfach gegangen bin. […] Vielleicht war es das brennende Leuchten in Johnnys Augen, das mich unter diesem Blick zu etwas Besonderem machte. Vielleicht auch die Aussicht, nach all den Jahren die anderen wiederzusehen und herauszufinden, was von ihrer Aura übrig geblieben war.” (Zitat S.28) Die anderen sind von Lanas Auftauchen nicht gerade begeistert. Dennoch darf sie die Clique auch am nächsten Tag begleiten, als eine anonym bestellte Limousine vor der Türe wartet und ein Fahrer sie zu einem Picknick mitten in die Wälder entführt. Wer hat das Treffen organisiert? Die Hotelzimmer bezahlt? Niemand scheint etwas zu wissen. Also genießen sie die unerwarteten Annehmlichkeiten. Die gedeckte Tafel mit Köstlichkeiten mitten in der Wildnis. Doch schon bald schlägt das Ganze ins Gegenteilige um, auch als die Jugendlichen eine alte Mühle erreichen, die wie für ihre Ankunft vorbereitet zu sein scheint. Dann verschwindet der erste von ihnen und Panik breitet sich aus…
Elisabeth Herrmann - Die MühleWoran man merkt, dass ein Buch wirklich gelungen ist? Man möchte am liebsten in jedem freien Moment weiterlesen! Genau so ist es mir mit diesem Thriller ergangen. Schon allein das düstere Cover macht neugierig und passt vortrefflich zum Inhalt. Und “Die Mühle” ist raffiniert erzählt. Sie ist durchgehend aus Lanas Sicht in der Ich-Perspektive geschrieben. Der Roman umfasst ihre Geschichte, die sie den Lesern erzählt. Dies wird schon gleich zu Beginn deutlich, als sie diese direkt anspricht: “Vielleicht ist es an dieser Stelle ganz gut, wenn ihr wisst, mit wem ihr es zu tun habt. Ich heiße Lana und ich dachte bis zu diesem Moment, […] dass es mein einziger Wunsch wäre, so normal wie die anderen zu sein. Später sollte sich das relativieren. Da wollte ich eigentlich nur noch am Leben bleiben, aber der Reihe nach.” (Zitat S.7) Fortlaufend berichtet Lana in der Vergangenheitsform von den Ereignissen mit der Clique und wechselt vereinzelt immer wieder in die Gegenwart zurück. Jetzt befindet sie sich in einer Klinik. Jetzt hat sie Gespräche mit einem Therapeuten. Und man ahnt es bereits: der Protagonistin ist Schreckliches widerfahren. Elisabeth Herrmann versteht es hierbei ihre Leser geschickt um den Finger zu wickeln. Wer ist der Täter? Was sind seine Motive? Die Autorin ist eine der ganz großen, begnadeten Erzählerinnen, der es mühelos gelingt dramaturgisch, aber auch sprachlich zu fesseln. Elisabeth Herrmann - Die MühleMan will unbedingt wissen, wie das Ganze ausgeht und überfliegt mühelos die Seiten, immer auf der Suche nach der Lösung des Rätsels. Und das gestaltet sich nicht gerade einfach. Das Ende — auch wenn es in manchem etwas konstruiert wirkt und noch ein paar Fragen offen lässt — überrascht und lässt einen das Buch kaum aus den Händen legen!
(Was ist zum Beispiel mit dem Laptop passiert? Und wie wohin sind die Matratzen verschwunden?)
Fazit: Richtig, richtig gutes Lesefutter und nichts für schwache Nerven.