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Veröffentlicht am 19.01.2018

Gute Unterhaltung, absolut fesselnd

Deathline - Ewig dein
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Die Münchenerin Janet Clark zeigt in “Ewig dein: Deathline”, dass sie auch anders kann! Die erfolgreiche Thrillerautorin präsentiert eine ganz neue Facette und hat diesmal KEINEN Thriller geschrieben, ...

Die Münchenerin Janet Clark zeigt in “Ewig dein: Deathline”, dass sie auch anders kann! Die erfolgreiche Thrillerautorin präsentiert eine ganz neue Facette und hat diesmal KEINEN Thriller geschrieben, sondern eine romantische Liebesgeschichte mit einem Touch Mystery, aber auch jeder Menge Spannung. Hierzu entführt sie ihre Leser nach Amerika auf eine Pferderanch mit einem angrenzenden Indianerreservat. Unterhaltsam und extrem fesselnd! Für Jugendliche ab 13 Jahren und interessierte Erwachsene.

Bundesstaat Washington. Die 16-jährige Josie lebt mit ihrem Vater und ihrem älteren Bruder auf einer Pferderanch in dem kleinen Städtchen Angels Keep. Nach dem Unfalltod der Mutter haben die Drei viel zu tun, da sie neben der Zucht und Ausbildung der Pferde auch eine Ferienpension betreiben. Viel Geld bleibt da nicht. Deshalb hat Josie einen bezahlten Ferienjob im Virtual-Reality-Spiele-Laden von den Eltern ihrer besten Freundin Dana angenommen. Diese sind für einige Zeit verreist und Dana darf sie vertreten. Auch Gabriel ist mit von der Partie. Mit dem verdienten Geld wollen die drei Freunde dann für ein paar Tage in den Urlaub fahren. Doch dann spielen die technischen Geräte im Laden auf einmal verrückt und liefern ganz eigene Horrorvisionen für ihre Spieler. Merkwürdige Bilder erscheinen; verzerrte Stimmen; Schatten, die sich weiterbewegen, obwohl das Spiel auf Pause steht. “Etwas stimmte nicht. Und dieses Etwas war so beängstigend, dass ich keinen Ton herausbrachte. Gabriel stricht behutsam über meinen Rücken, und ich bemerkte, dass ich am ganzen Körper zitterte. “W… was war das?”, stammelte ich schließlich. “Keine Ahnung. Aber normal ist das nicht. Und es hat ganz sicher nichts mit den Brillen zu tun.” (Zitat S.48) Selbst der Kundendienst findet die Ursache für das Problem nicht. Dana muss den Laden vorübergehend schließen. Auch auf der Ranch spielen sich seltsame Dinge ab: ein komisches Bild erscheint bei Nacht und bei Gewitter auf Josies Fenster, mit Regentropfen, die auf einmal waagerecht fließen. Und irgendjemand hat versucht ihr Pferd zu vergiften. Was ist da nur los? Noch mehr durcheinander bringt sie allerdings Ray, den sie auf einem Stadtfest kennengelernt hat und der sie nur “Rodeo-Girl” nennt, weil sie dort beim Bullriding eine Spitzenzeit erreicht hat. “Bis eben war Ray nicht mehr als ein verrückter Spleen gewesen, ein grünäugiger Janet Clark Ewig dein DeathlineBlitzeinschlag, der aus heiterem Himmel gekommen war und mich von meinen so realitätsgeprüften Füßen gerissen hatte. Doch nun war er mehr. Mehr als grün-grüne Augen und ein markantes Gesicht. Er war geheimnisvoll und rätselhaft und zog mich in seinen Bann, wie ich mir es niemals hätte vorstellen können.” (Zitat S.97) Ray stammt aus dem Yowama-Reservat und wird so wie die anderen aus seinem Stamm “Greeny” genannt. Normalerweise bleiben diese lieber unter sich. Kommen nur von Zeit zu Zeit in das Städtchen. Aber Ray wurde von Josies Bruder auf der Ranch als Hilfskraft eingestellt. Er kann äußerst gut mit Pferden umgehen, so wie alle Greenies. Aber Ray verbirgt ein unglaubliches Geheimnis…

“Ewig dein: Deathline” wartet mit einem besonders schönen Cover auf, das verspielt, romantisch, aber auch sehr geheimnisvoll wirkt. Vor allem die schmucke Reliefprägung des Titels macht etwas her. Im Innenteil setzt sich die Verspieltheit ein wenig fort, so sind um jeden Kapitelanfang kreisartig mehrere Diamanten angeordnet, die explosionsartig nach außen streben. Der Roman selbst, der durchgehend aus Josies Sicht in der Ich-Perspektive erzählt wird, beginnt mit einem Prolog, in dem die Protagonistin ihre Leser (wie auch während des Hauptteils vereinzelt) direkt anspricht: “Habt ihr auch schon mal von einer besonderen Bestimmung geträumt? Von einer Bestimmung, so gefährlich und aufregend wie die Eurer liebsten Romanheldinnen, die, beflügelt von ihrer großen Liebe, eine zum Untergang verdammte Welt retten müssen? Ja? Ich auch.” (Zitat S.7) Josie hat sich selbst als graue Maus gesehen, und um dies zu ändern, hat sie ihren Taufanhänger mit Blut beschmiert und nach einer alten Yowama-Legende in einem Kwaohibaum versteckt. In der Hoffnung, dass ihr Wunsch sich erfüllen würde. Jedoch warnt sie am Ende des Prologs davor, dies ihr nachzumachen: “Aber ich gebe Euch einen Rat: Finger weg von Euren Taufanhängern. Ein Leben als graue Maus ist eine verdammt gute Bestimmung!” (Zitat S.8) Der Hauptteil ist im Grunde eine Nacherzählung der Geschehnisse und startet sogleich mit einem spannungserzeugenden Satz: “Als Dana mich bat, die Geschichte für Euch aufzuschreiben, musste ich nicht lange überlegen, wo ich beginnen sollte. Genau genommen musste ich gar nicht überlegen, denn es ist völlig klar, wann mein Leben endgültig aus den Fugen geriet.” (Zitat S.9) Und Spannung zu erzeugen, das versteht Janet Clark definitiv! Auch wenn es zu Beginn noch etwas ruhig ist, wird es dann zunehmend immer nervenaufreibender und fesselnder. Man möchte die Geschichte eigentlich kaum aus der Hand legen, weil IMMER irgendetwas passiert. Sehr gelungen sind hierbei die vereinzelten Andeutungen, die Josie in ihre Erzählung mit einbringt: “..wenn ich mich ganz genau zurückerinnere…” (Zitat S.104) “…ich ahnte damals vor allem nicht…” (Zitat S.105) “Heute frage ich mich, ob die Dinge anders verlaufen wären, wenn ich…” (Zitat S.209) Und die Romantik kommt selbstverständlich auch nicht zu kurz! Das Ende lässt noch einige Fragen offen und lässt vermuten, dass es noch (mindestens) eine Fortsetzung geben wird. Daher auch der Untertitel “Deathline”, der im Folgeband sicherlich ausgetauscht werden wird.

Fazit: Gute Unterhaltung, absolut fesselnd!!!

Veröffentlicht am 19.01.2018

Romantisch, witzig und authentisch

Die Bucht
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Endlich etwas Neues von der englischen Autorin Sarah Alderson! “Die Bucht” ist ihr neustes Werk. Ein in sich abgeschlossener Roman über einen Sommer in der High Society, dunklen Geheimnissen, einen Serienmörder ...

Endlich etwas Neues von der englischen Autorin Sarah Alderson! “Die Bucht” ist ihr neustes Werk. Ein in sich abgeschlossener Roman über einen Sommer in der High Society, dunklen Geheimnissen, einen Serienmörder und die Liebe. Sehr unterhaltsam und romantisch! Ein richtig schöner Schmöker für Jugendliche ab 14 Jahren.

Ren ist 17 und wurde gerade erst von ihrem Freund verlassen. Er hat sich in eine andere verliebt und per Facebook mit ihr Schluss gemacht. Das junge Mädchen hat die Nase gestrichen voll von der Männerwelt. Für die nächsten sechs Wochen verlässt Ren ihr Londoner Vorortleben um auf Nantucket Island — der Insel der Reichen und Schönen — einen Babysitterjob in einer Familie anzunehmen. Sie passt auf das vorlaute, vierjährige Mädchen Brodie auf und ihren noch jüngeren Bruder Braiden (ein Baby), mit dessen sich spontan entleerendem Mageninhalt sie zu Beginn unfreiwillig Bekanntschaft macht. Eine andere Bekanntschaft sind auch der charmante Jeremy und seine Zwillingsgeschwister Matt und Eliza. Wobei sich Letztere äußerst zickig gegenüber Ren verhält. Sie wird zu Partys eingeladen, trifft sich mit ihnen und ihrer Clique am Strand und kommt Jeremy allmählich näher. Bis sie den unnahbaren, aber äußerst attraktiven Jesse kennenlernt. Er leiht ihr in dem Geschäft seines Vaters ein Fahrrad aus. Das gefällt der Clique überhaupt nicht und Ren erfährt, dass Tyler, ein Freund von Jeremy einige Zeit im Krankenhaus verbringen musste, weil er scheinbar grundlos von Jesse angegriffen wurde. Was ist damals wirklich geschehen? Je näher Ren Jesse kommt, desto mehr fühlt sie sich von ihm angezogen. Doch von mehreren Seiten wird sie vor ihm gewarnt. Dann wird auch noch ein bewusstloses Mädchen am Strand gefunden. Ein Kindermädchen, so wie Ren. Und sie erfährt, dass vor einem Jahr sogar eines ermordet wurde, am selben Strand…
Der Prolog beginnt furios: Ren wird von einem Unbekannten verfolgt: “Ich werfe mich auf den Boden, kauere mich zusammen und lausche. Verfolgt er mich? Aber das Einzige, was ich höre, ist mein Atem. Mein Pulsschlag. Mein flatterndes Herz. Ein Schwarm Fledermäuse, gefangen in meiner Brust.” (Zitat aus “Die Bucht”, Seite 7). Sarah Alderson schreibt äußerst atmosphärisch und es gelingt einem als Leser sich sofort in die Geschichte einzufinden. Man hat das Gefühl hier ist jedes Wort am richtigen Platz. Im Hauptteil, der durchgehend aus Rens Sicht in der Ich-Perspektive geschildert wird, beginnt ihre Zeit auf Nantucket Island. Sie taucht ein in die Welt der Reichen und Schönen, welche zunächst ein wenig klischeebehaftet zu sein scheint. Was mir jedoch sehr gut gefallen hat, ist der teils sarkastische Unterton der Protagonistin, ihre Betrachtungsweise und Selbstironie. Allerdings fand ich “Ein Herzschlag danach” noch einen Tick spannender als “Die Bucht”, welches sich zunächst noch sehr auf das gesellschaftliche Inselleben und die entstehenden Beziehungen konzentriert.
Trotz allem gute Unterhaltung: romantisch & witzig, mit einer Hauptfigur, deren Gefühlsleben sehr authentisch geschildert wird, ihre widersprüchlichen Gefühle für Jesse und Jeremy. Das Ende wird sehr dramatisch und lässt einen das Buch kaum aus den Händen legen!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Wir waren hier

Wir waren hier
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“Wir waren hier” von der deutschen Autorin Nana Rademacher ist ein dystopischer Roman über ein zerstörtes Berlin im Jahre 2039. Eine Geschichte übers Überleben, über die Sehnsucht nach einer besseren Welt ...

“Wir waren hier” von der deutschen Autorin Nana Rademacher ist ein dystopischer Roman über ein zerstörtes Berlin im Jahre 2039. Eine Geschichte übers Überleben, über die Sehnsucht nach einer besseren Welt und die einer Liebe mitten in den Zeiten eines endlosen Krieges. Schwermütig und bewegend. Zum Nachdenken anregend. Für Jugendliche ab 13 Jahren und Erwachsene.

Berlin. 2039. Eine Militärregierung hat die Stadt übernommen. Die 15-jährige Anna und ihre Eltern leben in ständiger Angst und Sorge. Es herrscht Krieg. Vor Jahren hat er begonnen, Anna weiß nicht einmal mehr genau, wer angefangen hat. Es war irgendeine Wirtschaftskrise, es waren Naturkatastrophen, es waren Kriege um Ressourcen. Jetzt ist es von einem Krieg von Staaten zu einem Bürgerkrieg geworden. Nirgendwo kann man sich mehr sicher fühlen. “Vor einer Woche oder so ging es auf einmal wieder los. Wie ein Vulkan unter Druck, der plötzlich ausbricht. Aber nie ändert sich was. Alles wird nur schlimmer. Wir rennen von Ecke zu Ecke. Springen, so schnell es geht, über die Schuttberge. Immer wieder wird geschossen…”(Zitat S.16) Mal gibt es Strom, mal nicht. Mit Nahrungsmitteln werden sie nur notdürftig von den Soldaten versorgt. Hunger zu haben, das ist an der Tagesordnung. Annas Mutter ist nur noch ein Strich in der Landschaft. “Eben hat mein Vater meine Mutter an den Schultern gepackt und gesagt: “Wir werden auch diesen Winter überlebe, verstehst du? Wir werden nicht sterben. Keiner von uns.” Sie hat nur dagestanden und nichts gesagt. Alle fürchten sich vor der Kälte. Die Angst trippelt herum wie eine panische Maus, die weiß, dass überall Katzen lauern.” (Zitat S.19) Anna führt heimlich einen Blog. Das All-Net ist nicht sehr stabil, funktioniert aber noch. Doch die Web-Polizei ist eine ständige Gefahr. Anna nutzt einen abseitigen Server, um der WePo nicht in die Arme zu fallen. Dennoch hofft sie, dass es jemanden gibt, der ihre Worte vielleicht lesen kann. Oder jemanden in 100 Jahren, der vielleicht nicht mehr so leben muss wie sie. Bis sie eines Tages Ben kennenlernt. Der ihren Blog verfolgt. Der ihr Nachrichten schreibt. Zwar unregelmäßig, da auch er nicht immer Strom und Empfang hat und einmal von der Polizei inhaftiert wird, aber dennoch: “mein Instinkt sagt mir jetzt, dass es gut wäre, dich zu sehen. du bist bestimmt wunderschön.” (Zitat S.38) Und Ben und Anna sehen sich. Eine zarte Liebe entsteht zwischen den beiden. Aber dann sterben Annas Eltern und das Mädchen ist auf sich alleine gestellt. Und sie muss feststellen, dass auch Ben einige Geheimnisse vor ihr hat…

“Wir waren hier” ist ein Endzeitroman, der in drei Teilen erzählt wird. Im ersten Teil sind Annas Blogbeiträge mit datierten Überschriften zu lesen. Diese werden immer wieder durch Chatgespräche zwischen Anna und Ben unterbrochen. Im zweiten Teil, der wie alle Teile aus Annas Sicht und der Ich-Perspektive geschildert wird, berichtet sie so aus ihrem Leben, sie hat keine Möglichkeit mehr ihre Erlebnisse zu bloggen. Der dritte Teil beginnt und endet zugleich mit einem letzten Blogbeitrag. Die Sprache ist einfach und klar, sie wirkt sehr deutlich und intensiv. Nana Rademacher schafft es gut Stimmungen zu erzeugen: ”…es liegt eine Spannung in der Luft, als hätte jemand ein Gummiband zu straff gezogen. Es könnte bald reißen, und dann geht’s wieder los mit den Aufständen. Mal schießen die Soldaten auf uns, mal geben sie uns Brot. Nichts ist sicher.” (Zitat S.45) Jedoch ist der Grundton der Geschichte eher bedrückend. Wenn Anna von ihrem jetzigen Leben erzählt oder von den Erinnerungen an früher: “Da fällt mir meine Mutter in. Immer redet sie von früher. […] Früher, als es noch Arbeit gab, früher, als es noch grasgrünen Frühling gab und blätterbunten Herbst, früher als es noch Frieden gab. Früher ist tot. Genauso wie morgen schon heute tot ist.” (Zitat S.19) Niemand weiß, wie es weitergehen wird. Ob eine Flucht aufs Land besser ist als ein Leben in der Stadt. Ob sie nicht im nächsten Aufstand einfach erschossen werden. Da schluckt man als Leser manchmal schon ganz schön: “Mein Vater wird immer stiller. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Heute Morgen hat er mich angesehen und leise gesagt: “Manchmal möchte ich einfach aufgeben.” (Zitat S.81) Und man macht sich unweigerlich Gedanken darüber, was dazu geführt haben könnte, dass es in Annas Welt jetzt so ist, wie es ist. Ob so etwas verhindert werden könnte. Und wie.
Der Roman liest sich nahezu durchgehend interessant. Zuweilen sogar recht dramatisch und aufreibend. Dann wieder sanfter, ruhiger und sogar ein bisschen poetisch: “In dieser Nacht gibt es keinen Krieg. Alles ist zugedeckt von einer weißen, weichen Decke aus Stille und Frieden. Es schneit, wie es noch nie zuvor geschneit hat. Es gibt keine anderen Menschen mehr auf der Erde. Nur uns beide, Ben und mich. Was für ein schöner Gedanke. Gleich werden wir den Rand der Welt erreichen, noch einen Schritt machen und uns ins warme Nichts fallen lassen wie Schneeflocken.” (Zitat S.104) Das Ende lässt den Roman noch einmal in einem ganz anderen Licht da stehen.

Veröffentlicht am 20.12.2017

Wichtige Botschaft

Ghetto Bitch
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Der deutsche Autor Gernot Gricksch hat mit “Ghetto Bitch” ein interessantes Buch geschrieben, das sogleich durch sein peppiges Cover auffällt. Das erste Jugendbuch des Autors, der sonst eher für jüngere ...

Der deutsche Autor Gernot Gricksch hat mit “Ghetto Bitch” ein interessantes Buch geschrieben, das sogleich durch sein peppiges Cover auffällt. Das erste Jugendbuch des Autors, der sonst eher für jüngere Kinder oder Erwachsene schreibt. Eine Geschichte über plötzliche Armut, das Leben in einer Hochhaussiedlung und Klischees von Armen und Reichen, die aufeinandertreffen. Cool, unterhaltsam und sehr flüssig zu lesen. Für Jugendliche ab 13 Jahren und interessierte Erwachsene.

Die 15-jährige Nele führt ein Leben, wie man es sich nur wünschen kann: sie ist reich, beliebt und mit dem coolsten Jungen der Schule zusammen, für den all ihre Mitschülerinnen schwärmen. Ihre Mutter ist zugleich wie eine gute Freundin und sie bewegt sich in den besten Kreisen. Erst neulich war sie auf einem Konzert von Lisa T. alias Ghetto Bitch, der besten Rapperin Deutschlands. Doch dann stirbt Neles Vater bei einem Autounfall und hinterlässt der Familie nichts als Schulden. Er, der bekannte Architekt, der durch ganz Deutschland reiste, war schon seit zwei Jahren mit seiner eigenen Firma im Minus und hatte der Familie nichts davon gesagt! Jetzt muss Henriette, Neles Mutter, Privatinsolvenz anmelden und nicht einmal die Gernot Gricksch Ghetto bitchLebensversicherung will zahlen. Angeblich war der Autounfall kein Unfall, sondern Selbstmord und der Vater habe es nur so aussehen lassen, damit seine Familie gut versorgt ist. Die Villa wird nun gepfändet werden und sie müssen sich eine neue Bleibe suchen. Und nicht nur das: “Was heißt das? ALG II?!” “Arbeitslosengeld 2”, flüsterte Henriette. “Besser bekannt als Hartz IV.” “Was?!” Jetzt überschlug sich Neles Stimme. “Das ist doch Bullshit! Leute wie wir kriegen doch kein Hartz IV!” […] Nele sprang auf und rannte aus der Küche. Das konnte doch nicht wahr sein!” (Zitat S.45ff) Aber es ist wahr. Genauso wahr, wie die Plattenhaussiedlung im Hamburger Stadtteil Steilshoop, in die sie nun ziehen müssen. Um vor ihren Freunden nicht das Gesicht zu verlieren, tischen Nele und ihre Mutter allen eine erfundene Geschichte auf: sie ziehen nach New York für ein Jahr. Deshalb müssen sie auch ihr Haus “verkaufen”. Nele bricht alle Beziehungen zu ihren bisherigen Freunden ab, auch mit ihrem Freund Daniel macht sie indirekt Schluss, obwohl es ihr das Herz bricht. Denn vielleicht zahlt die Lebensversicherung ja doch noch und sie können wieder zurück? Doch bis dahin ist erst mal Alltag im neuen Wohnungsumfeld angesagt. Und Nele schafft es in jedes soziale Fettnäpfchen zu treten. Ihr Bruder Timo hingegen, ein Nerd, der gerne Metal hört und in der alten Schule ein kompletter Außenseiter war, findet überraschend schnell Anschluss. Aber dann lernt Nele den attraktiven Rick kennen…

Der Name “Ghetto Bitch” passt in dem Roman wie die Faust aufs Auge. Eingeleitet durch die berühmte Rapperin, Lisa T., ist es Timo, der seine Schwester das erste Mal so nennt: “Was glaubst du, wie lange du deine Luxusfreunde behältst, wenn du kein Geld mehr hast, um mit zu Starbucks zu gehen, und du beim Shoppen nur noch die Tüten der anderen tragen darfst? Wenn du nicht in den gleichen Vereinen bist und nicht mehr auf die Partys eingeladen wirst, weil du selbst nie welche gibst? […] Du bist jetzt ‘ne Ghetto Bitch, Nele”, verkündete Timo und imitierte mit einem grimmigen Grinsen die Hiphop-Gesten von Lisa T.” (Zitat S.54ff) Der Roman wird aus zwei Perspektiven in abwechselnder Form erzählt: Nele und Timo kommen hierbei in der personalen Erzählsicht zu Wort. Die Einblicke der Geschwister sind höchst unterschiedlich und liefern einen interessanten Einblick in ihr sich veränderndes Leben. Trotz Tragik schafft es Gernot Gricksch immer wieder komische Momente in die Geschichte einzubauen, die dem Leser ein Schmunzeln ins Gesicht locken. Vor allem gelingt es ihm mit Vorurteilen über Arme und Reiche aufzuräumen: “Ist eben alles anders hier. Nicht schlechter. Nur anders.” “Nicht schlechter? Machst du Witze?”, rief Nele. “Das ist alles total RTL2 hier! Alles nur Assis!” “Stimmt doch gar nicht”, protestierte Timo. “Zwei Mädchen aus meiner Klasse haben bei Jugend forscht mitgemacht. Ein Mädchen ist im Jugendchor von der Staatsoper. […] Man kann mit ganz vielen Leuten hier total normal reden. Die Assis sind nur lauter und auffälliger als die anderen.” (Zitat S.138) Die Sprache ist frech, einfach und zum Teil jugendsprachlich, aber absolut passend zum Kontext. Auch Wenigleser — Jungs und Mädchen gleichermaßen — dürften sich von diesem Buch schnell mitgerissen fühlen! Zum Ende hin wird es richtig dramatisch und spannend. Etwas gewundert hat mich nur, dass die Trauer um den toten Vater während der Geschichte nicht mehr erwähnt wird.

Übrigens: für den Roman hat der Dressler Verlag zusammen mit der Zeitschrift BRAVO ein Casting ausgeschrieben, bei dem ein Mädchen gesucht wurde, das die Hauptfigur in der verkürzten Version von “Ghetto Bitch” in einer BRAVO Foto-Love-Story spielen durfte. Der Titel lautete hier: “Von der Skyline zum Bordstein”. In dem Trailer (siehe unten) hat das Mädchen, das gewonnen hat, ebenfalls mitgespielt. Es gibt auch eine eigene Website zu “Ghetto Bitch” mit einer Leseprobe und einer Umfrage.

Fazit: Auf lockere Art und Weise und mit viel Authentizität entführt Gernot Gricksch seine Leser in eine Welt, die gar nicht ganz so anders ist, wie man denkt

Veröffentlicht am 15.12.2017

Geschichte mit Potential

Infiziert
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Endlich gibt es wieder etwas Neues von der französischen Erfolgsautorin Teri Terry! “Infiziert” ist der erste Teil einer geplanten Trilogie. Eine Geschichte über den Ausbruch einer Epidemie, die Suche ...

Endlich gibt es wieder etwas Neues von der französischen Erfolgsautorin Teri Terry! “Infiziert” ist der erste Teil einer geplanten Trilogie. Eine Geschichte über den Ausbruch einer Epidemie, die Suche nach einer verlorenen Schwester und der einer entstehenden Liebe. Ein Endzeitthriller mit Mysteryelementen. Gewohnt fesselnd und temporeich erzählt. Von der Autorin der “Gelöscht”-Reihe. Bestes Lesefutter für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

Schottland. Die 16-jährige Sharona, die ihren Namen hasst und lieber Shay genannt werden will, ist auf der Flucht vor einem Jungen aus ihrer Schule, der sie unentwegt hänselt. Eben auch wegen ihres Namens. Soeben hat sie ihm einen Tritt in die Weichteile verpasst und will gerade aus dem Geschäft abhauen, in dem sie ihn und seine Freunde unverhofft getroffen hat, als ihr plötzlich ein Zettel in die Hände fällt. Eine Vermisstenmeldung, die an einem schwarzen Brett hing, das sie versehentlich bei ihrer Flucht zu Boden gerissen hat. “Beim Sturz sind einige Zettel abgefallen, aber ich muss jetzt schleunigst hier raus. Da sehe ich sie. Das Mädchen. Sie blickt mich von einem Zettel am Boden aus an. Langes, dunkles, fast schwarzes Haar. Unvergessliche blaue Augen…[…] Hinter mir nehme ich Bewegungen wahr, ich stecke den Zettel ein und stürme hinaus.” (Zitat aus “Infiziert” S.15)

Vor ungefähr einem Jahr ist Shay diesem jungen Mädchen im Wald begegnet. Bei ihrem Lieblingsplatz auf einem Berg, mitten in der Einöde. Das Mädchen wirkte gehetzt, wollte aber auf ihre Nachfrage nicht zugeben, dass sie sich verlaufen hatte. Kurz darauf stieg sie zu einem wütend wirkenden Mann in einen Wagen. Shay kam die Sache damals schon etwas komisch vor, sie hatte auch überlegt die Polizei zu rufen, es dann aber doch nicht getan. Jetzt wird ihr klar, dass das, was sie damals mit angesehen hatte, wahrscheinlich eine Entführung war und dass es Menschen gibt, die das junge Mädchen noch immer suchen. Und so tritt sie in Kontakt mit Kai, dem Bruder von Callie, der sofort mit seinem Motorrad angefahren kommt, um mehr von ihr zu erfahren. Gemeinsam begeben sie sich auf die Suche nach Spuren der Vergangenheit. Bis ein großes Unglück auf einer Insel, mehrere Explosionen, Brände und der Ausbruch eines seltsamen Virus ihnen klar macht — all das hat mit Callies Entführung irgendwie zu tun…

“Infiziert” wird in mehreren Teilen erzählt, die mit voran geschobenen Zitaten beginnen, die aus einem sogenannten “Manifest des Multiversums” von einem gewissen Xander stammen. Jene Person berichtet auch in dem furiosen Prolog von einem wissenschaftlichen Unfall, der sich im Jahr 1993 in Texas ereignete. Von etwas, das außer Kontrolle geraten ist: “Schallwellen reißen uns zu Boden. Heftige Kälte. Metallsplitter hageln auf uns nieder und Schlimmeres. Viel, viel Schlimmeres. Es entweicht. Trifft uns. Schmerz kommt. SCHMERZ. QUAL.” (Zitat S.5) Und Jahre später scheint es ein neues Forschungszentrum zu geben, einen neuen Ort, an dem Furchtbares geschieht. Hiervon berichtet — neben Shay — die zweite Erzählperspektive des Buches: Callie, das mittlerweile 12-jährige Mädchen, das dort als Forschungsobjekt gefangen gehalten wird. In sich abwechselnden Blickwinkeln berichten die beiden Mädchen von den Ereignissen. Und zu Beginn kann man gar nicht sagen, welcher Erzählstrang fesselnder ist. Unheimlich schnelle Wechsel, teils sehr kurze Kapitel (mit einem Countdown “Time Zero: 27 Stunden”) und eine flotte, angenehme Sprache — Teri Terrys Erfolgsrezept geht auf: atemlose Spannung! Was “Infiziert” den Touch Mystery verleiht, ist die Tatsache, dass gleich zu Anfang relativ schnell klar wird, dass Callie nach ihrer “Heilung”nur noch als Geist existiert: “Und dann hört der Schmerz plötzlich auf. Die Flammen brennen weiter und ich schwebe über mir. Das Feuer muss richtig heiß sein, sogar die Knochen verkohlen. Bald ist auch von ihnen nur noch Asche übrig. Bin ich tot? Muss ich ja wohl. Oder?” (Zitat S.21) Das wirkt zunächst etwas befremdlich, aber ermöglicht auch ungeahnte Perspektiven und eine Beobachtungsperson, die interessante Dinge zu berichten weiß. Und auch wenn es zwischendurch mal kurz etwas ruhiger wird (und eine Sache mir etwas zu sehr dem Zufall geschuldet war), muss ich sagen, dass das Buch wirklich Potential hat und man einfach von der Geschichte gefangen genommen wird: Es ist dramatisch, mitreißend und aufgrund der fast 500 Seiten hat man zum Glück auch jede Menge Stoff zum Lesen. Das Ende ist offen und macht neugierig auf Teil zwei, der 2018 erscheinen wird.