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Tsubame

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.09.2024

Not my cup of tea

Du kennst sie
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Ich muss leider sagen, dass ich mit dem Thriller "Du kennst sie" von Meagan Jennett überhaupt nicht warm geworden bin, obwohl ich die ursprüngliche Idee dahinter eigentlich interessant fand:

Eine junge ...

Ich muss leider sagen, dass ich mit dem Thriller "Du kennst sie" von Meagan Jennett überhaupt nicht warm geworden bin, obwohl ich die ursprüngliche Idee dahinter eigentlich interessant fand:

Eine junge Frau, die als Barfrau arbeitet und tagein tagaus von betrunkenen Männern angemacht, begrabscht oder beschimpft wird, hat mit einem Male die Nase voll, als ein Stammkunde und Freund des Hauses ihr nach einem anstrengenden Silvesterabend den letzten Rest eines teuren Rotweins einfach wegtrinkt und sie danach auch noch belästigt. Sie bringt ihn um und mordet von da an fleißig weiter.

Daneben lernt man als Leser(in) eine farbige Polizistin kennen, die es in der Männerwelt schwer hat, sich zu behaupten und die sich mit der Barkeeperin anfreundet, ohne zunächst zu ahnen, mit wem sie es zu tun hat.

Ich weiß einen Thriller durchaus zu schätzen, wenn er intelligent gemacht ist und sich das "Gemetzel" in Grenzen hält. Hier aber wurde mir detailliert erklärt, wie man einen Mann am besten tötet, auch wenn man nicht die körperliche Stärke und Größe dafür mitbringt.

Auch dass sich irgendwelche imaginierten "Milben" unter der Haut der Protagonistin regen und sie zum Morden drängen, fand ich höchst seltsam. Ticken Frauen so? Ich kann es mir ehrlich gesagt nicht vorstellen.

Last but not least fand ich die Geschichte langatmig und wenig fesselnd.
Am besten hat mir eigentlich das Cover gefallen. Dass man die Rillen vom Cocktail-Glas ertasten kann und dahinter das Gesicht der Barkeeperin verschwommen aufleuchtet, fand ich raffiniert und echt gut gemacht!

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Veröffentlicht am 01.09.2024

Ein Evolutionsbiologe, der ein faszinierendes Buch nach dem anderen schreibt

Darwyne
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Colin Niel ist mir spätestens seit seinem - damals noch als Roman gekennzeichneten - Buch "Nur die Tiere" ein Begriff und es scheint, als würde der französische Autor einen Knaller nach dem anderen raushauen. ...

Colin Niel ist mir spätestens seit seinem - damals noch als Roman gekennzeichneten - Buch "Nur die Tiere" ein Begriff und es scheint, als würde der französische Autor einen Knaller nach dem anderen raushauen. Nach "Unter Raubtieren", das ebenfalls eine großartige Geschichte erzählt, folgt nun "Darwyne", dessen Schauplatz das Amazonasgebiet Französisch-Guayanas ist.

Dass ein Evolutionsbiologe seinem - inzwischen als Thriller bezeichneten - Buch den Titel "Darwyne" gibt, kann man auch als Hommage an den großen Naturforscher Charles Darwin verstehen, der von seinen Zeitgenossen in diversen Karikaturen seinerzeit als Schimpanse verhöhnt wurde.

Colin Niels' Darwyne ist ein kleiner Junge, körperlich beeinträchtigt, verschlossen, schulisch wenig interessiert, dafür aber mit einem natürlichen und tiefgehenden Verständnis für die Natur des Amazonas gesegnet, an dessen Schwelle er mit seiner Mutter Yolanda in einer baufälligen Hütte lebt. Darwyne liebt seine schöne, religiös geprägte Mutter, aber er hasst die diversen Stiefväter, die sie in regelmäßigen Abständen anschleppt.

In einem zweiten Handlungsstrang lernt man die Sozialarbeiterin Mathurine kennen, die den Fall Darwynes wieder aufnehmen soll, da es einen anonymen Hinweis auf Kindeswohlgefährdung gab und die frühere Sachbearbeiterin inzwischen aus dem Dienst ausgeschieden ist.

Ich fand das Buch wie schon seine Vorgänger einfach großartig! Es beinhaltet so viele Themen, ohne dadurch überfrachtet zu wirken. Da geht es beispielsweise um eine Mutter, die ihr Kind nicht lieben kann, eine andere Frau, die sich verzweifelt ein Kind wünscht, ein Kind, das nicht 'reinpasst', prekäre Lebensverhältnisse in den Slums von Bois Sec, am Rande des Amazonas, die Rodung des Waldes und natürlich um die unermesslichen Schätze und Wunder des Amazonasgebietes selbst.

Gefreut hat mich, dass es eine Fortsetzung der Geschichte um die Sozialarbeiterin Mathurine geben wird. Der Titel der französischen Ausgabe lautet "Wallace" und wer kann damit schon anderes gemeint sein als Darwins Gegenspieler Alfred Russel Wallace!? Ich kann es kaum erwarten, dass ich das Buch in Händen halte!

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Veröffentlicht am 01.09.2024

Wie gut kennt man sein eigenes Kind?

Kleine Monster
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Pia und Jakob werden von der Lehrerin ihres Sohnes Luca in die Schule gebeten, da es einen Vorfall mit einem Mädchen gegeben habe.

Diese Aussage weckt in Pia Zweifel, inwieweit sie ihrem Sohn vertrauen ...

Pia und Jakob werden von der Lehrerin ihres Sohnes Luca in die Schule gebeten, da es einen Vorfall mit einem Mädchen gegeben habe.

Diese Aussage weckt in Pia Zweifel, inwieweit sie ihrem Sohn vertrauen kann. Auf der einen Seite möchte sie Luca glauben, auf der anderen Seite weiß sie um Dinge aus ihrer Vergangenheit, auf die sie bis heute keine eindeutigen Antworten gefunden hat. Damals ist ihre jüngste Schwester Linda im See ertrunken. Nur ihre Adoptivschwester Romie war dabei. Ein Unfall oder steckte vielleicht doch noch mehr dahinter?

In Pia beginnt es zu arbeiten. Sie beobachtet ihren Sohn mit Argusaugen, kontrolliert ihn, interpretiert Dinge in sein Verhalten und setzt ihn unter Druck, damit er ihr die ganze Wahrheit erzählt. Gleichzeitig erinnert sie sich an ihre eigene Kindheit. Das verdrängte und in der Familie nie aufgearbeitete Trauma drängt mit aller Macht an die Oberfläche. Kontakt zu Romie hat sie nicht mehr, folgt dieser aber auf Instagram, sucht nach Ähnlichkeiten zwischen ihr und Luca.

Das Buch hat eine unglaubliche Sogkraft, die von der Autorin bis zum Ende aufrecht erhalten wird. Auch als Leser(in) fragt man sich ständig "Was ist passiert? Wem kann man glauben? Gibt es sowas wie Kleine Monster?"

Ich fand den Roman von Jessica Lind spannender als so manchen Krimi und hoffe, sie schreibt auch weiterhin so kluge Romane.

Veröffentlicht am 01.09.2024

Gejagt, aufgegessen, gesammelt und ausgerottet

Das Wesen des Lebens
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Lange Zeit hat der Mensch nicht glauben können, dass er dafür verantwortlich ist, dass viele Tierarten vom Erdboden verschwunden sind.

Selbst die Wandertaube, einst der häufigste Vogel Amerikas, möglicherweise ...

Lange Zeit hat der Mensch nicht glauben können, dass er dafür verantwortlich ist, dass viele Tierarten vom Erdboden verschwunden sind.

Selbst die Wandertaube, einst der häufigste Vogel Amerikas, möglicherweise der ganzen Welt, gilt seit langem als ausgestorben. 1901 wurde das letzte Exemplar vom Himmel geschossen.

Am Beispiel der Stellarschen Seekuh zeigt die finnische Autorin Iida Turpeinen auf, wie eine Art verschwindet. 1741 entdeckt der deutsche Arzt und Naturwissenschaftler Georg Wilhelm Stellar auf einer Expedition unter Vitus Bering auf einer Insel die Seekühe. Nach wochenlanger Irrfahrt durch die Beringsee ist die Mannschaft ausgehungert, leidet unter Skorbut und gerät in einen regelrechten Rausch, als sie auf die sanftmütigen Riesen stößt, die keine Angst kennen und deren zartes Fleisch wie Kalbfleisch auf der Zunge zergeht. Man tötet wesentlich mehr Exemplare als man überhaupt verzehren kann und lässt den Rest im Wasser einfach verrotten. Gier und Verschwendung sind vorherrschend, das Wort "Nachhaltigkeit" existiert noch nicht. Als Gottes Schöpfung gilt die Natur als unerschöpflich. Nach den Entdeckern und Wissenschaftlern kommen die Pelztierjäger und bereits 27 Jahre nach ihrer Entdeckung ist die Stellarsche Seekuh ausgerottet.

Das Skelett, das Georg Wilhelm Stellar einst auf der Insel zurücklassen musste, wird später gefunden und von dem finnischen Gouverneur im damals russischen Alaska käuflich erworben. Auch seine Geschichte und die seiner Frau und Schwester erzählt Iida Turpeinen in dem vorliegenden Roman und folgt dem Weg des Skeletts bis ins Naturkundemuseum von Helsinki.

Man kann erahnen, aus wievielen Einzelinformationen und Fußnoten die Autorin die Geschichte entwickelt hat. Das ist einerseits eine großartige Rechercheleistung und macht das Buch zu einem authentischen naturkundlichen Werk, andererseits erlahmte mein Interesse zum Ende hin, weil man es immer wieder mit neuen Personen zu tun bekommt. Dadurch wirkte der literarische Part irgendwie zerstückelt, auch wenn man viel Interessantes zur Seekuh und den damaligen Menschen erfährt. Wenn man etwa liest, dass die Damen der feinen Gesellschaft ihre getragenen Kleider einfach über Bord warfen, weil dies einfacher und kostengünstiger war, so muss man resigniert feststellen, dass sich in dieser Beziehung bis heute wenig geändert hat.

Ich mochte die gemächliche Erzählweise Iida Turpeinens, auch wenn das Buch dadurch nicht gerade ein "Pageturner" ist. Es ist ein interessantes Experiment, Naturwissenschaft und Literatur miteinander zu vereinen.

Veröffentlicht am 01.03.2024

Warum mag ich diesen Roman einfach nicht?

Hallo, du Schöne
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Das habe ich mich nach 339 Seiten gefragt und nach Antworten gesucht. Gefunden habe ich sie in dem Kommentar einer Leserin auf goodreads, die sich ebenfalls gefragt hat, ob es nur ihr so ginge, dass sie ...

Das habe ich mich nach 339 Seiten gefragt und nach Antworten gesucht. Gefunden habe ich sie in dem Kommentar einer Leserin auf goodreads, die sich ebenfalls gefragt hat, ob es nur ihr so ginge, dass sie verblüfft über den Hype um dieses Buch sei.

Nein, es geht nicht allein ihr so. Auch ich kann mich den Lobeshymnen nicht anschließen, habe ich mich bei der Lektüre doch ohne Ende gelangweilt und von der Autorin manipuliert gefühlt. Es war, als wäre ich zurück in der Schule, wo man mir lehrbuchhaft erklärt, warum etwas so ist wie es ist.

Die Geschichte beginnt wie folgt: "Die ersten sechs Tage seines Lebens war William Waters kein Einzelkind. Er hatte eine drei Jahre alte Schwester, einen Rotschopf namens Caroline."

Nach Carolines Tod verlieren die Eltern komplett das Interesse an William und scheinen auch nur das Nötigste (wenn überhaupt) mit ihm zu reden. Mit 5 Jahren entdeckt William schließlich den Basketball und bekommt zum ersten Mal das Gefühl, Teil von etwas zu sein. Dank seines Potetials als Basketballspieler und dank seiner guten Noten erhält er schließlich ein Stipendium fürs College, doch der Bruch seiner Kniescheibe setzt einer Sportlerkarriere ein frühzeitiges Ende. Dafür lernt William Julia, die älteste Tochter der Familie Padavano, kennen, die ihn prompt als ihren zukünftigen Ehemann erwählt und ihn ihren 3 Schwestern vorstellt. Als vermeintliches Einzelkind wird William von der gesamten Familie adoptiert. Julia hat ehrgeizige Pläne für ihren Mann, doch der rutscht in eine tiefe Depression ab und begeht einen Suizid-Versuch.

Jedes Kapitel wird abwechselnd aus der Perspektive Williams, Julias oder deren Schwester Sylvie erzählt, wobei es bei den Zeiträumen Überschneidungen gibt, was nicht gerade zu mehr Spannung führt. Zudem ist die Erzählstimme durchgehend dieselbe, wodurch sich beim Lesen eine starke Monotonie einstellt.

Aber die überzeugendsten Argumente, warum ich das Buch einfach nicht mochte, habe ich tatsächlich bei der Rezensentin auf goodreads gefunden.

1. Man kann die Zwillinge, aber auch Sylvie und Julia kaum von einander unterscheiden. Vielleicht ist das ja so gewollt, weil in einem fort wiederholt wird, wie verbunden sich die vier Schwestern mit einander fühlen. Es ist auf alle Fälle todlangweilig!

2. Das komplette Buch ist "tell" und nicht "show". Die Eltern Williams werden nur kurz erwähnt, man erfährt aber so gut wie nichts über sie. Reden sie auch nicht mit einander? Ich habe mir dann auch noch überlegt, ob so etwas nicht im Kindergarten oder in der Schule auffallen müsste. Das Kind lebt laut der Autorin praktisch ohne elterliche Beachtung, zeigt aber äußerlich keinerlei Anzeichen von Vernachlässigung und hat so gute Noten, dass es sogar für ein Stipendium reicht.

3. Auch über die Padanovas ist nicht viel bekannt, außer der Attribute, mit denen die Autorin ihre Figuren versehen hat. Alle leben in einer Art Blase, die ohne andere Personen auszukommen scheint. Der einzige Freund außerhalb der 4 Hauptpersonen ist Kent, der laut Rezensentin auf goodreads " appears to have no life aside from supporting William". Ja, genauso empfinde ich das auch und eigentlich wirkt das Buch wie ein Theaterstück, bei dem man insgesamt nur 1-3 Akte zu sehen bekommt, während der Rest des Lebens sich außerhalb der Bühne abspielt und von den auftretenden Personen lediglich erzählt wird. Das hier ist aber ein Roman, der eigentlich viel mehr Möglichkeiten hätte, diese allerdings nicht nutzt.

Und dann habe ich noch gerätselt, warum jemand wie Barack Obama diesen Roman ausdrücklich empfiehlt? Vielleicht, weil die Amerikaner eine Orientierung brauchen? Eine Art Lehrbuch, wie man etwa mit Depressionen umgeht, woran man wahre Liebe erkennt, was Familie ausmacht? Einem Volk, das sich momentan anschickt, Donald Trump wieder stark zu machen, ist schließlich alles zuzutrauen. Mein Ding ist das allerdings nicht. Ich denke immer noch gerne selber und würde Dinge lieber im Kontext verstehen als mir eine schnulzige Geschichte aufs Butterbrot schmieren zu lassen. Von mir leider nur 2 Sterne.

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