Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
online

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.01.2022

Hat mich gut unterhalten

Die Frauen von Schönbrunn (Die Schönbrunn-Saga 1)
0

Beate Maly entführt ihre Leser in den Tiergarten von Schönbrunn, der 1752 von Franz Stephan von Lothringen, Ehemann von Maria Theresia und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, gegründet ...

Beate Maly entführt ihre Leser in den Tiergarten von Schönbrunn, der 1752 von Franz Stephan von Lothringen, Ehemann von Maria Theresia und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, gegründet worden ist. Was ursprünglich, als kaiserliche Menagerie und zum Plaisir gedacht war, ist nun ein Ort der Ablenkung für die Menschen und gleichzeitig Schauplatz eines Mädchentraumes.

Denn Emma, die Tochter des Schönbrunner Tierarztes Karl Moser, will in die Fußstapfen ihres Vaters treten. Doch ein Studium der Veterinärmedizin ist den Frauen in der Donaumonarchie verwehrt. Nach Zürich müsste sie gehen, um sich ihren Traum zu erfüllen. Dafür nimmt sie jede Arbeit, die sich für eine Bürgerstochter schickt an. Im Sommer 1914, wenige Tage vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, kann sie als Tierpflegerin in Schönbrunn beginnen.
Innerhalb kürzester Zeit werden fast alle Männer, darunter ihr Vater und der Ehemann ihrer schwangeren Schwester Greta, eingezogen. Im Tiergarten bleiben nur mehr der Direktor, der alte Tierpfleger Franz und der aufgeblasene Zoologe Hubert von Kochauf, der den Zoo als Ressource für seine privaten Studien ansieht, bleiben zurück. Den überwiegenden Anteil der Arbeit übernehmen die dort angestellten Frauen, bis Julius Winter, „Pferdedoktor“ und traumatisierter Kriegsveteran seinen Dienst antritt.

Die energische Emma reißt Winter aus seinem Selbstmitleid und gemeinsam beginnen sie einige Tiere des Zoos vor der Schlachtung zu retten, denn das Verständnis vieler Wiener, die seit Jahren hungern müssen, die wenigen Nahrungsmittel, die vorhanden sind, mit Zootieren teilen zu müssen, ist enden wollend.

Meine Meinung:

Beate Maly ist wieder ein toller historischer Roman gelungen. Diesmal eben in Wien während des Ersten Weltkrieges.

Wie wir es von der Autorin gewöhnt sind, beschreibt sie ihre Charaktere eindrucksvoll und lebendig. Wie häufig, lassen sich die fiesen Figuren besser darstellen und so kommen die „Guten“, wie der alte Tierpfleger Franz fast ein wenig zu kurz. Eine widerliche Nebenfigur ist der Nachbar, der Greta und Emma bespitzelt und aus ihrer finanziellen Notlage, profitieren und ihnen das Haus um einen Spottpreis abkaufen will. Doch die Schwestern lassen sich, wie so viele Frauen dieser Zeit, nicht unterkriegen.

Beate Malys Schreibstil ist flüssig und das Buch lässt sich leicht lesen.

Was heute zum Alltag eines gut geführten Tiergartens gehört, nämlich eine möglichst artgerechte Unterbringung und Beschäftigung der Tiere, ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur eine Idee der fiktiven Emma. Dass sie sich um Fanny, die Orang-Utan-Dame kümmert und sie mit Bällen spielen lässt, ist eine weitreichende Idee, die in den 1990er Jahren mit „Nonja“, der malenden Orung-Utan-Dame, in den Medien bekannt wurde.

Mögen dem Tiergarten Schönbrunn weitere 250 Jahre gegönnt sein, denn „Der Zoo ist ein Ort der Ablenkung, der Unterhaltung und der Freude.“ (S. 345)

Fazit:

Ein gelungener historischer Roman, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 05.01.2022

Trotz langsamen Starts gut zu lesen

Gärten, Gift und tote Männer
0

Im fiktiven Örtchen Oberdistelbrunn passiert selten Aufregendes. Das ändert sich schlagartig, als beim Literaturkränzchen ein Dorfbewohner unangemeldet auftaucht und dort röchelnd zusammenbricht und stirbt. ...

Im fiktiven Örtchen Oberdistelbrunn passiert selten Aufregendes. Das ändert sich schlagartig, als beim Literaturkränzchen ein Dorfbewohner unangemeldet auftaucht und dort röchelnd zusammenbricht und stirbt. Die pensionierte Lehrerin Pauline und Möchte-gern-Miss-Marple denkt sofort an eine Vergiftung. Wenig später verschwindet der Dorfpfarrer spurlos.

Der Dorfpolizist Kapplhuber ist wenig motiviert, dem Verschwinden des Pfarrers oder Paulines Hinweise auf den vergifteten Bauern nachzugehen. So forschen Pauline und ihre Freundinnen auf eigene Faust.

Doch damit ist der Aufregungen noch nicht genug. Paulines Schwester quartiert ihren Sohn Vincent samt Leihhund bei ein. Vincent bringt Leben in die gute Stube von Pauline, die mit ihrem Mann Fred, ein ziemlich langweiliges Leben führt.

„Ist ja steil, bei Euch geht echt was ab und ich habe Oberdistelbrunn für ein durch und durch verschlafenes Nest, also für einen Ort, wo das schlimmste Verbrechen darin besteht, die Restmülltonne am falschen Tag vor die Haustüre zu stellen.“ (S. 90)

Wenig später vergeht Vincent das Lachen, denn er wird des Mordes an einem Besucher der Gartenausstellung verdächtigt. Pauline und ihre Freundinnen intensivieren ihre Ermittlungen und machen sich bei der nun hinzugezogenen Kriminalpolizei nicht gerade beliebt ...

Meine Meinung:

Klaudia Blasl, die ja schon mehrere Krimis mit schrägen Hobby-Ermittlerinnen geschrieben hat, ist hier wieder ein leicht lesbarer Krimi gelungen. Ihre Kenntnisse von Giftpflanzen, die sie in zwei Büchern zu Papier gebracht hat, finden hier ihre Anwendung.

Es dauert eine geraume Zeit, bis der eigentliche Krimi so richtig losgeht. Zuerst werden die Protagonisten mit all ihren Ecken und Kanten vorgestellt. Allen voran natürlich die pensionierte Lehrerin Pauline, die fast alle im Dorf (zumindest die Jüngeren) unterrichtet hat und für viele eine Respektsperson ist. Pauline kennt sich gut mit Kräutern aus und hat für jedes Wehwehchen ein passendes Heilmittel in ihrer überdimensionalen Handtasche. Pauline wirkt ein wenig depressiv, was vor allem an Fred, einem ausgesprochenen Couchpotato liegt, der außer, Essen in sich hineinstopfen und Kreuzworträtsel lösen, den ganzen lieben Tag nichts tut.

Die Auflösung ist gelungen und bedient im weitesten Sinn das Klischee „der Mörder ist immer der Gärtner“.

Fazit:

Ein Krimi, der sich gut lesen lässt, obwohl er etwas langsam startet. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 05.01.2022

Neuauflage einer Chronik

Stalingrad
0

Dieses 1.280 Seiten starke Buch ist die Neuauflage der ersten Teils des großen „Stalingrad-Epos“ von Wassili Grossmann (1905-1964), der selbst als Kriegsberichterstatter an den Schlachten um Stalingrad ...

Dieses 1.280 Seiten starke Buch ist die Neuauflage der ersten Teils des großen „Stalingrad-Epos“ von Wassili Grossmann (1905-1964), der selbst als Kriegsberichterstatter an den Schlachten um Stalingrad teilgenommen hat.

Das Epos ist erstmals noch zu Stalins Lebzeiten erschienen und mehrmals durch die Zensur verstümmelt worden. Man durfte absolut nichts Negatives über die UdSSR schreiben. Selbst das Ungeziefer, das die Bevölkerung und Soldaten heimgesucht hat, durfte nicht erwähnt werden.

Das vorliegende Buch ist nun redigiert und enthält nun auch wieder die vielen Zwischentöne Grossmanns.

Das Epos erinnert sehr stark an Leo Tolstois „Krieg und Frieden“. Ein Krieg als Hintergrund, statt des Feldzugs Napoleons eben der Hitlers, mit einem ähnlichen Fiasko, das aber erst im zweiten Teil „Leben und Schicksal“ behandelt wird. Ähnlich die Seitenanzahl, ähnlich das schier unerschöpfliche Reservoir an „Personal“und ähnlich die Verflechtung eben jenes Personals in die Geschichte.

Es dauert einige Hundert Seiten, bevor man sich der Kriegshandlungen zuwenden kann. Zuvor werden noch die interfamiliären Beziehungen dargestellt. Das kann die Geduld der Leser strapazieren. Auf den bildgewaltigen Schreibstil muss man sich einlassen.

Der erste Teil endet vor der sowjetischen Großoffensive im Spätherbst von 1942. Darüber lesen wir dann in "Leben und Schicksal".


Fazit:

Wer sich ein wenig an "Krieg und Frieden", das ja auch kein Leichtgewicht ist und einen Krieg in Russland zum Thema hat, erinnert fühlt, hat nicht ganz unrecht. Gerne gebe ich dieser Chronik 4 Sterne.

Veröffentlicht am 03.01.2022

Hat mir gut gefallen

Die Geschichte der Pasta in zehn Gerichten
0

Zahlreiche Pasta-Gerichte dürfen auf unserem Speisezettel niemals fehlen. Ob Fettucine Alfredo, Lasagne oder Gnocchi - diese haben einen festen Platz in unserer „italienischen“ Küche. Was aber die wenigsten ...

Zahlreiche Pasta-Gerichte dürfen auf unserem Speisezettel niemals fehlen. Ob Fettucine Alfredo, Lasagne oder Gnocchi - diese haben einen festen Platz in unserer „italienischen“ Küche. Was aber die wenigsten wissen, sie sind nicht immer wirklich italienisch. Denn erstens, ist Italien in zahlreiche Regionen wie Piemont, Neapel oder die Lombardei gegliedert, die jede für sich schmackhafte Gerichte hervorgebracht hat, und zweitens haben einige ihren Ursprung in den USA und sind in den 1950er Jahren nach Europa importiert worden.

Mit viel Humor und Akribie hat sich Luca Cesari, ein passionierter Koch, in zahlreiche historische Kochbücher vertieft und versucht, die Geschichte der Pasta anhand dieser zehn Gerichte nachzuvollziehen:

1. Fettucine Alfredo
2. Amatriciana
3. Carbonara
4. Gnocchi
5. Tortellini alla Bolognese
6. Ragu alla Napoletana
7. Ragu alla Bolognese
8. Lasagne
9. Pesto alla Genovese
10. Spaghetti alla pomodoro

Bei seinem Streifzug geht er auf die unterschiedlichen Auffassungen über die jeweils „richtige“ Zubereitung der einzelnen Gerichte ein.

Ich löse das Problem mit der Herkunft der Speisen ganz einfach. Bei uns heißt es dann immer „Spaghetti/Gnocci alla Casa“, wenn die eine oder andere Zutat gerade einmal aus ist.

Der Autor spricht mir aus der Seele, wenn er sagt:

„ Glücklicherweise ist und bleibt Kochen ein unerschöpfliches, ständig anwachsendes kollektives Erbe, und dazu tragen große Köche und Köchinnen ebenso bei wie Großmütter. Keiner kann sagen, wie es weitergehen wird. Aber wenn die Geschichte der Pasta uns eines lehrt, dann dies: Die einzige Konstante der Tradition ist Veränderung.“ (S. 217)

Dem ist wohl nichts hinzuzufügen!

Fazit:

Ich gebe diesem köstlichen Kochbuch gerne 5 Sterne und überlasse die Diskussion ob Pancetta oder Guanciale den Puristen. Hauptsache, es schmeckt.

Veröffentlicht am 03.01.2022

Eine Hommage an einen fast Vergessenen

Der stille Held
0

Wer an die Antarktis denkt, hat sofort die Namen Robert Falcon Scott, Ernest Shackleton oder Roald Amundsen im Kopf. Manchen, die sich mit Schiffen beschäftigen, sind dann noch die „Discovery“, die „Terra ...

Wer an die Antarktis denkt, hat sofort die Namen Robert Falcon Scott, Ernest Shackleton oder Roald Amundsen im Kopf. Manchen, die sich mit Schiffen beschäftigen, sind dann noch die „Discovery“, die „Terra Nova“, „Nimrod“ und die „Endurance“ ein Begriff. Doch die vielen Männer, die Scott und Shackleton auf ihren Expeditionen begleiteten sind im Dunkel der Geschichte verschwunden.

Einem dieser Männer, der unter Einsatz seines Lebens, andere vor dem sicheren Tod bewahrt hat, widmet sich nun dieses Buch: Thomas „Tom“ Crean (1877-1938).

Der irische Bauernsohn tritt als Halbwüchsiger in die Royal Navy ein und wird später an insgesamt drei Antarktis-Expeditionen teilnehmen.
Er nimmt an der „Discovery-Exepedition“ (1901-1904) mit Robert F. Scott teil und ist Mitglied der Crew der „Terra Nova“ (1910-1913), die Scott zum Verhängnis werden sollte. Dem sicheren Tod beim Wettlauf um den Südpol entkommt Tom Crean, weil Scott auf seine Anwesenheit in der Gruppe verzichtet.

Sein längstes Eisabenteuer wird er aber mit Ernest Shackleton haben, der mit der „Endurance“ 635 Tage im Eis festsitzt, bevor er, gemeinsam mit 27 anderen, in einem Beiboot Hilfe holen können.

Dem Aufruf Ernest Shackletons zu einer vierten Expedition, kann Tom Crean widerstehen, da er inzwischen sesshaft geworden und verheiratet ist.
„Männer für gefährliche Reise gesucht. Geringer Lohn, bittere Kälte, lange Monate kompletter Dunkelheit, ständige Gefahr, sichere Rückkehr ungewiss. Ehre und Anerkennung im Erfolgsfall.“ (Ernest Shackleton (1874–1922))

Meine Meinung:

Michael Smith ist hier nicht nur eine großartige Biografie eines Mannes gelungen, der nicht mit dem sprichwörtlichen „Goldenen Löffel“ geboren worden ist, sondern auch die Darstellung der unmenschlichen Strapazen, die die Männer auf ihren Expeditionen aushalten mussten.
Dazu hat der Autor in diversen Archiven recherchiert, die Tagebuchaufzeichnungen der Expeditionsleiter, Logbücher sowie Briefe eingesehen. Zahlreiche Fotos ergänzen diese penibel rekonstruierten Ereignisse. Damit sich der Leser von heute die Strapazen und Qualen der Männer vorstellen kann, sind zahlreiche Zitate eingeflochten.

Fazit:

Diese Biografie ist eine Hommage an einen außergewöhnlichen Mann, der beinahe vergessen ist. Durch dieses Werk von Michael Smith werden Tom Crean und seine Kameraden wieder dem Vergessen entrissen. Gerne gebe ich dieser Biografie 5 Sterne.