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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.03.2019

Spannendes Psychogramm

Grado im Sturm
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September: Drückende Schwüle liegt über Grado. Die Luftmassen sind ebenso labil wie die Beziehungen mehrerer Paare. Auch Commissaria Maddalena Degrassi ist sich noch nicht wirklich sicher, ob sie schon ...

September: Drückende Schwüle liegt über Grado. Die Luftmassen sind ebenso labil wie die Beziehungen mehrerer Paare. Auch Commissaria Maddalena Degrassi ist sich noch nicht wirklich sicher, ob sie schon fit genug ist, nach ihrem schweren Un-fall wieder voll in den Polizeialltag einzusteigen, oder ob sie mit Franjo im Karst leben will.

Da kommt ihr der Fall des jungen Emmanuele, der im Supermarkt Ohrenzeuge eines geplanten Mordanschlags wurde, gerade richtig. Doch noch bevor sie sich mit dem Jugendlichen näher befassen kann, verschwindet Emmanuele spurlos. Ist hier tat-sächlich ein Mordkomplott im Gange? Und wer hat Interesse, den Jungen verschwin-den zu lassen?

Und was hat es mit der Geschichte der Krankenschwester auf sich, die nach vielen Jahren eine verbotene Abtreibungsklinik anzeigen will? Auch diese Ermittlung fällt anfangs dem Tornado zum Opfer, der mehr freilegt, als den Hausbesitzern lieb sein kann.

Neben Tornado, ungeklärten Anzeigen, mehreren Sturmtoten und solchen die schon vor getötet wurden, muss sich Maddalena Degrassi mit dem zweiten (oder ist es der dritte?) Frühling ihrer Mutter herumschlagen, die ausgerechnet ihren sprung-haften Vorgesetzten heiraten will.

Meine Meinung:


In ihrem 4. Grado-Krimi lässt Andrea Nagele geraten die Ermittlungen ein wenig ins Hintertreffen. Diesmal sind ihr die Beziehungen zwischen den unterschiedli-chen Paaren wichtiger. Nicht, dass die Geschichten, die in den Tornado von 2008 eingebettet sind, nicht extra spannend wären, aber ein klassischer Krimi ist dieses Buch meiner Ansicht nach nicht. Es ist eher ein Psychogramm der verschie-denen Protagonisten.
Gekonnt führt uns Andrea Nagele an der Nase herum, macht es spannend, deutet ein Geheimnis hier, eines dort an, lüpft die Decke des Verborgenen ein wenig und lässt die Leser in die Abgründe der menschlichen Seele blicken. Und über allem braut sich der Wirbelsturm zusammen. Die Entladung des Sturms geht auch mit der Lösung den vorab unklaren Beziehungsgeflechten einher.

Ich habe das Buch ob seiner Spannung gleich in einem gelesen. Dass der Ermitt-leralltag diesmal ein wenig links liegengelassen worden ist, ist kein Beinbruch. Vor allem, weil die Autorin wieder einen fiesen Cliffhanger eingebaut hat.

Andrea Nagele hat den Tornado vom September 2008, der über Grado (und die Obere Adria) selbst miterlebt. Die Schilderungen der Stimmung, der Beklemmung, der Angst lassen sich gut nachvollziehen und sorgen auch beim Lesen im gemütlichen heim für Gänsehautfeeling.

Fazit:

Mehr Psychogramm denn Krimi, aber Fortsetzung folgt (hoffentlich). Gerne gebe ich wieder 5 Sterne.

Veröffentlicht am 12.03.2019

POM Detlefson ermittelt in der Großstadt

Mörder mögen keine Matjes
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Tadje Detlefson und ihr Freund Lasse entdecken am Strand von Fredenbüll einen Container, der mit Elektronikschrott vollgestopft ist. Mitten unter den Kabeln und Bildschirm finden sich eine Leiche und ein ...

Tadje Detlefson und ihr Freund Lasse entdecken am Strand von Fredenbüll einen Container, der mit Elektronikschrott vollgestopft ist. Mitten unter den Kabeln und Bildschirm finden sich eine Leiche und ein Äffchen, das sich springlebendig an Tadje klammert. Wie es sich für eine Polizistentochter gehört, verständigt sie sofort ihren Vater. Das Äffchen wird, der zum Missfallen von Mutter Heike, nach Hause mitgenommen.

Recht bald ist klar, dass alle Spuren nach Hamburg führen und so macht sich Thies in die Hansestadt auf, um gemeinsam mit Nicole Stappenbeck zu ermitteln. Hamburg ist nicht Fredenbüll. Deshalb wird es Thies weder von den Kollegen noch die Hanseaten selbst leicht gemacht, zu ermitteln. Außerdem fehlt ihm die tatkräftige Unterstützung der Belegschaft Fredenbüller Hidde Kist, die zwar die Hansestadt unsicher machen, weil sie Piet Paulsen im Krankenhaus besuchen, aber ihre eigenen Pläne haben.
Als Ausgleich erhält Thies Unterstützung von Phil, dem Privatdetektiv, dessen Partner Ray die Leiche aus dem Container ist und der unbedingt wissen will, welchem Schlamassel Ray zum Opfer gefallen ist.

Meine Meinung:

Auch der siebente Krimi mit Thies Detlefson hat meine Lachmuskeln strapaziert. Selbst in der für ihn unüberschaubaren Umgebung der Großstadt Hamburg kann sich der POM behaupten. Auch, wenn es ihm lieber gewesen wäre, die heimatlichen Gefilde nicht zu verlassen: zu groß, zu hektisch, zu unpersönlich ist die Hansestadt. Darüber kann auch die enge Zusammenarbeit mit der Stappenbeck, die (wieder einmal) einen Missgriff bei ihrer Partnerwahl getan hat, nicht hinwegtäuschen.

Der Showdown auf dem Hamburger Dom ist richtig nervenaufreibend. Alle sind froh, dieses Abenteuer beinahe unbeschadet überstanden zu haben.

Ich mag Krischan Kochs Schreibstil - super locker und flockig. Die ernsten Themen bleiben im Hintergrund, sind aber der Aufhänger und Auslöser für die Ermittlungen. Seine Figuren sind liebevoll überzeichnet. Thies‘ Frau Heike entwickelt sich ein bisschen zur Nervensäge, obwohl ich sie ein klein wenig verstehen kann. Einen Affen als Kostgänger zu haben, der die beschauliche Ruhe durcheinanderwirbelt, ist sicherlich anstrengend. Aber muss sie gleich so zickig sein?
Herrlich der Satz von S. 113 „Telje hat den Oberarzt schon gut drauf.“, der beschreibt, wie ernst die Praktikantin ihre Arbeit im Hamburger Krankenhaus nimmt.
Lachen musste ich auch über die Szene in der Hidde Kist, als das Äffchen solange auf die Tasten des „Einarmigen Banditen“ drückt, bis der seine Münzen ausspuckt. Und Bounty steht mit offenem Mund, ziemlich baff, daneben.

Ich freue mich schon auf den nächsten Fall für Thies & Co. Auf jeden Fall werde ich in der Hidde Kist vorbeischauen, weil Antje sicher ihre Speisekarte um Matjes- und Krabbenbrötchen erweitert haben wird. Ich liebe dieses Seefutter!

Fazit:

Wieder ein herrlich komischer Krimi mit Thies & Co, der beweist, dass es zu Hause am Schönsten ist. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 11.03.2019

Ein wunderbares Kinderbuch

Das Nacht-Tier
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Jens Rassmus ist für seine entzückenden Kinderbücher bekannt. Dieses hier handelt von einem kleinen Jungen, der nicht einschlafen kann. Erst die Bekanntschaft mit dem „Nacht-Tier“ verhilft ihm zu einem ...

Jens Rassmus ist für seine entzückenden Kinderbücher bekannt. Dieses hier handelt von einem kleinen Jungen, der nicht einschlafen kann. Erst die Bekanntschaft mit dem „Nacht-Tier“ verhilft ihm zu einem Schlaf.

Wer oder was ist das „Nacht-Tier“? Anfangs sieht es wie ein bedrohlicher Schatten aus. Es ist groß und dunkel. Doch dann entpuppt es sich als wahrer Tausendsassa: Es kann laufen, klettern, fliegen, schwimmen und ist dennoch vorsichtig. So bleibt es bei einer belebten Straße artig stehen.

Nach einer längeren Fantasiereise kehren der kleine Junge und das „Nacht-Tier“ zurück – und siehe da, das „Nacht-Tier“ schrumpft und liegt als Kuscheltier im Bett.

Meine Meinung:

Ein wirklich entzückendes Kinderbuch, das auch grafisch sorgfältig gearbeitet ist. Sanfte Reime helfen dem Kind beim Einschlafen. Das gezeichnete „Nacht-Tier“ lässt viel Spielraum, ob es nun eine Katze oder Hund oder ein Hase sein könnte.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 10.03.2019

Ein Streifzug durch Fastenzeit und Osterbräuche

Heringsschmaus und Kreuzlstecken
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Reinhard Kriechbaum präsentiert uns in diesem dritten Band um Jahreszeit-Bräuche aus dem Alpenraum Traditionen rund um die Fastenzeit bis nach Ostern.

Der Heringsschmaus ist vor allem in Österreich wohl ...

Reinhard Kriechbaum präsentiert uns in diesem dritten Band um Jahreszeit-Bräuche aus dem Alpenraum Traditionen rund um die Fastenzeit bis nach Ostern.

Der Heringsschmaus ist vor allem in Österreich wohl bekannt, doch „Kreuzlstecken“?

Vielerorts gibt es Riten, die scheinbar christlich, doch eigentlich heidnischen Ursprungs sind. Einige sind traditionelle Frühlings- bzw. Fruchtbarkeitssymbole sind. Manches, wie z.B. „Auf die Grean gehen“ hat seinen Ausgang in der Flurbeschau und wird nach wie vor gepflegt, auch wenn sie von den örtlichen Fremdenverkehrsverbänden touristisch vermarktet werden.
Der Autor geht auch der Frage nach, warum denn ausgerechnet der Hase die Eier bringt. Auch Johann Wolfgang von Goethe kannte den Brauch des Eiersuchens im Garten aus seiner Kindheit(S. 155).

Zum Thema Fasten gibt es einen Spruch, den sich alle jene ins Stammbuch schreiben sollten, die ihre Mitmenschen zu vegetarischer oder veganer Lebensweise umerziehen wollen:

„Willst du fasten, tue es; willst du lieber kein Fleisch essen, iss es nicht, lass aber dabei den Christenmenschen ihre Freiheit.“ (Ulrich Zwingli, Reformator; S. 20)

Anschauliche Bilder der verschiedenen Bräuche ergänzen dieses Buch über Fasten- und österliche Bräuche.

Gerne gebe ich hier wieder 5 Sterne, denn wir alle brauchen Bräuche.

Veröffentlicht am 09.03.2019

Der dritte Fall für Steinböck & Co - souverän gelöst

Glückskatz
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„Um den ist es eh ned schad“, das ist Ilonas erster Kommentar, als sie zur Leiche des arroganten Anwalts Hasso Käskopf geholt werden. Diese Meinung teilt halb München, da Käskopf seine gar nicht so kleinen ...


„Um den ist es eh ned schad“, das ist Ilonas erster Kommentar, als sie zur Leiche des arroganten Anwalts Hasso Käskopf geholt werden. Diese Meinung teilt halb München, da Käskopf seine gar nicht so kleinen Brötchen als „Abmahnanwalt“ verdient. Der Verdächtigen gibt es viele - Steinböck & Co. haben eine reiche Auswahl.

Doch der Käskopf wird nicht die einzige Leiche bleiben. Neben diesen Morden, die vielleicht irgendwie zusammenhängen oder auch nicht, müssen sich Steinböck (nach wie vor ohne Vornamen) und sein Team um eine Flüchtlingsfamilie aus Ghana kümmern. Jala, dem kleinen Mädchen, droht die Genitalverstümmelung, was um jeden Preis verhindert werden muss. Hier hat Steinböcks Katze Frau Merkel einen Kamikaze-Auftritt, der seinesgleichen sucht.
Und was hat es mit der „Winke-Katze“ auf sich, die Steinböck von seinem japanischen Kollegen Watanabe erhält? Frau Merkel beäugt die Glückskatze mit skeptischem Blick und droht ihr unmissverständlich: „Du oder ich. Es kann nur eine geben.“ Es wird aber Jala sein, die entdeckt „was die Welt, Pardon die Katz’, im Innersten zusammenhält“ (frei nach J. W. Goethe).

Meine Meinung:

Auch in seinem dritten Fall wird das Geheimnis um Steinböcks Vornamen nicht gelüftet. Man erfährt, dass er immer „Bubi“ gerufen worden ist. Nun gut, auch der ehemalige Weltklasseskispringer Josef „Sepp“ Bradl (1918-1982) wurde „Bubi“ oder sogar „Buwi“ genannt - eine Reminiszenz der Familie Steinböck?

Steinböck und sein Team sind nicht nur beruflich gefordert, denn der Autor flicht tagaktuelle Themen ein. Da ist zum Beispiel die Genitalverstümmelung an kleinen Mädchen, oder der illegale Export von Elektroschrott nach Afrika, wo auf riesigen Müllhalden die wertvollen Rohstoffe unter schlimmen Bedingungen von Kinderhand herausgelöst werden. Nur, um später wieder für das neueste Smartphone zur Verfügung zu stehen. Oder, der Skandal um verfälschte Medikamente, deren Wirkung gleich null ist.
Auch diesmal erhalten wir Einblick in das Privatleben der Protagonisten. So scheint sich zwischen Emil und Ilona so etwas wie eine Beziehung anzubahnen. Steinböck hat ebenso wie Kessler und der Horst ein Händchen für die falschen Frauen. Immerhin hat Steinböck „nur“ einen weiteren Kratzer auf seiner Seele, während der Gerichtsmediziner und der Journalist noch ein festes Loch im Geldbeutel haben. Die Frau für Steinböck, die Gnade vor Frau Merkel findet, muss vermutlich erst vom Autor geboren werden.

Herrlich sind wieder die Dialoge mit der Katz’ gelungen. Inzwischen wundert sich im Präsidium fast niemand mehr, wenn Steinböck und Frau Merkel daherkommen. Dass der Krimi in „Minga“ spielt, ist unschwer am Dialekt und daran zu erkennen, dass die Berliner Currywurst als ausländische Spezialität gehandelt wird.

Der Leser wird mehrmals an der Nase herumgeführt und muss mit Steinböck & Co. allerlei Rückschläge bei der Mördersuchen einstecken, bevor sich der Fall lösen lässt.
Wieder mit dabei, die Journalistin Sabine Husup, die normalerweise Steinböck ziemlich nervt. Diesmal kann sie sowohl ihr journalistisches Können unter Beweis stellen und ihre Kontakte nützen.

Ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Fall für das originelle Team.

Fazit:

Wieder ein herrliches Lesevergnügen, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Es ist nicht unbedingt nötig, die Vorgänger zu kennen, doch ohne, bringt man sich um vergnügliche Stunden. Gerne gebe ich hier fünf Sterne.