Max Leitner, Beruf: Ausbrecherkönig
Max LeitnerDie österreichische Autorin Clementine Skorpil nimmt sich in diesem Roman der Lebensgeschichte eines Mannes, der Jahre lang die Behörden in Österreich und Italien in Atem gehalten hat, an. Dabei verknüpft ...
Die österreichische Autorin Clementine Skorpil nimmt sich in diesem Roman der Lebensgeschichte eines Mannes, der Jahre lang die Behörden in Österreich und Italien in Atem gehalten hat, an. Dabei verknüpft sie eindrucksvoll Dichtung mit Wahrheit.
Wer ist also nun, dieser Max Leitner?
Er stammt aus einer armen Südtiroler Familie und beginnt mit Gleichgesinnten Ende der 1980er Jahre in Südtirol Banken zu überfallen. Bei einem Überfall auf einen Geldtransporters auf österreichischer Seite, wird er angeschossen und zum ersten Mal zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er wundert sich, dass ihn die österreichische Polizei nicht er- sondern nur anschießt. Man erklärt ihm diese Vorgangsweise mit dem österreichischen Rechtssystem, dem er sich durch eine Flucht entzieht. In seiner langen „Karriere“ als Ausbrecherkönig bricht er insgesamt fünf Mal und wird letzten Endes doch gefasst. Knapp 30 Jahre bekommt er insgesamt aufgebrummt. Max Leitner sieht sich als Justizopfer. Er hätte niemals auf Menschen gezielt, so seine Argumentation. Unrechtsbewusstein scheint er keines zu besitzen.
Soweit die Kurzbiografie, die die Autorin in einen fesselnden Roman verpackt hat. Dem echten Max Leitner stellt sie den fiktiven Staatsanwalt Fabio Pagano gegenüber, dessen Lebensziel ist, die Mafia zu zerschlagen, 1992 seine Vorbilder Giovanni Falcone und Paolo Borsellino ermordet haben, Max Leitner wieder hinter Gitter zu bringen. Vor allem auch deswegen, weil sich Leitner Mitglieder verschiedener Mafia-Familien bedient, um aus den diversen Gefängnissen auszubrechen.
Neben dem Katz-und-Maus-Spiel Leitners mit den Behörden, gewährt die Autorin auch einen Einblick in die Gefängnisse und in die unterschiedlichen Rechtssysteme.
Bei seiner ersten Verhaftung in Österreich wird Max von der Polizei angeschossen. Als er sich wundert, warum er noch lebt, erklärt ihm ein Polizist, dass Warn- und Streifschüsse sowie Schüsse, „um den Täter unschädlich zu machen, also Knie, Hand et cetera“, zulässig seien. „Aber wenn einer ex geht bei einer Schießerei, hast du nur Scherereien.“ „Dann hat mir also ein Formular das Leben gerettet“, will Max wissen. „Könnte man so sagen“, antwortet der Polizist todernst. (S. 42)
Spannend, weil teilweise selbst erlebt, ist die Zeitreise in die Amtsstuben. Anfang der 1990er Jahre hält die Büroautomation ihren zögerlichen Einzu in die Amtsstuben. War die Jahre zuvor, die mechanische und später dann die Kugelkopfschreibmaschine (wie sie der fiktive Pagano aus eigener Tasche bezahlt) das übliche Werkzeug, so werden die Büros nun mit Computern ausgestattet. Das für uns heute alltäglich Mobiltelefon steckt noch in den Kinderschuhen und ist als „Telefonierknochen“ nun ein Museumsstück.
„Dennoch folgt dieser Roman Max Leitners Spuren, und viele der unglaublichsten Episoden haben sich tatsächlich zugetragen“, schreibt die Autorin im Nachwort (S. 309).
An einigen Stellen ist Max Leitner fast wehleidig. Es sind immer die anderen, die an seinem Schicksal Schuld sind, nie er selbst. Während seines Aufenthaltes in Österreichs bekanntester Strafanstalt Stein, beklagt er: „Einer hat Prostituierte stranguliert. Aber nein, der wurde vor zwei Jahren entlassen, weil er so schön Gedichte geschrieben hat.“ Er meint damit den Frauenmörder Jack Unterweger.
Interessant auch zu lesen, wie Frauen sich zu Gefängnisinsassen hingezogen fühlen, zu Leitner oder eben auch zu Unterweger. Das Macht erotisch ist, ist ja bekannt, aber ein verurteilter Schwerverbrecher?
Fazit:
Ein Roman, der einen, ob an will oder nicht, in den Bann zieht und bei dem schwer zu sagen ist, was Wirklichkeit und was Fiktion ist.