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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.06.2019

Düster, derb und gewalttätig - London im 19. Jh.

Arrowood - Die Mördergrube
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Dies ist der zweite Fall für Privatschnüffler William Arrowood und seinem Assistenten Barnett im Viktorianischem London.
Nach wie vor hadert Arrowood damit, dass Sherlock Holmes seine Fälle aufklärt und ...

Dies ist der zweite Fall für Privatschnüffler William Arrowood und seinem Assistenten Barnett im Viktorianischem London.
Nach wie vor hadert Arrowood damit, dass Sherlock Holmes seine Fälle aufklärt und diese spektakulär in Szene setzt. Die Gazetten sind voll des Lobes und er, Arrowood hat gerade so sein Auskommen.

Diesmal soll er dem Verbleib einer jungen Frau nachgehen, die nach ihrer Verheiratung jeglichen Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen hat. Dies scheint ein einfacher Fall zu sein, denn die Adresse und der Name des Ehemanns sind bekannt.

Doch es wäre nicht Mick Finlay, würde sich dieser Auftrag als simpel entpuppen.

Arrowood und Barnett stoßen auf einige Ungereimtheiten sowohl bei den Auftraggebern als auch auf der Farm. Bei näherer Betrachtung der Umstände, stechen sie in ein Wespennest von Korruption und Betrug rund um eine Nervenheilanstalt.

Die Hartnäckigkeit, mit der Arrowood seinen Ermittlungen nachgeht führt letztlich zum Erfolg, wenn auch ein wenig anders als erwartet.

Meine Meinung:

Das Thema hat mir, obwohl gruselig sehr gut gefallen. Im 19. Jahrhundert ist der Umgang mit behinderten oder in ihrer Entwicklung retardierten Menschen grausam. Man sperrt sie weg oder verwendet sie als Arbeitssklaven und nimmt ihren frühen Tod durch Mangelernährung und Überarbeitung billigend in Kauf.

Nicht so gut hat mir die Entwicklung, William Arrowood seit dem ersten Fall nimmt, gefallen. Er entpuppt sich als grantiger Mann, der auch vor Tätlichkeiten nicht zurückschreckt. Selbst Assistent Barnett (der Ich-Erzähler) ist davor nicht gefeit. Auch Arrowoods Konsum von Schnaps, Laudanum und in Wein aufgelöstem Kokain ist überdurchschnittlich. Seine Kopfschmerzen am Tag danach auch.
Arrowood kann es weder verwinden, dass Sherlock Holmes eine gute Presse erhält, noch, dass ihm seine Frau davongelaufen ist. Also mich wundert das nicht - siehe vorhin.

Schaurig, aber durchaus authentisch sind die Lebensumstände der Menschen, wenn sie nicht gerade der Upper Class angehören, beschrieben. Diesmal ist fast alles schmutzig, derb, depressiv und gewalttätig. Wenig Aussicht auf Hoffnung und Verbesserung.

Fazit:

Ein düsteres Kapitel der englischen Geschichte. Gerne gebe ich hier 4 Sterne und hoffe auf eine Verbesserung von Arrowoods Lebenssituation.

Veröffentlicht am 28.06.2019

Auftakt zu einer Trilogie - hist. Roman

Hurentochter - Die Distel von Glasgow
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Bei diesem Buch handelt es sich um den ersten Teil einer Trilogie, der im 19. Jahrhundert in Schottland spielt.

Die 17-jährige Emily, ist just in jenem Bordell geboren und aufgewachsen in dem Bordell, ...

Bei diesem Buch handelt es sich um den ersten Teil einer Trilogie, der im 19. Jahrhundert in Schottland spielt.

Die 17-jährige Emily, ist just in jenem Bordell geboren und aufgewachsen in dem Bordell, in dem ihre Mutter Ines seit 17 Jahren arbeitet. Dort lebt sie, den Umständen entsprechend ein behütetes Leben, weiß aber mit Bestimmtheit, den Beruf ihrer Mutter niemals ergreifen ergreifen zu wollen. Doch die neuen Bordellbesitzer sehen das ein wenig anders.

Noch bevor es dazu kommt, werden Ines und ihre Kolleginnen ermordet und das Puff geht in Flammen auf. Emiliy und Liam, ebenfalls ein Kind einer Hure und hier aufgewachsen, fliehen gemeinsam und wollen abseits der käuflichen Liebe ein neues Leben aufbauen. Das ist jetzt nicht ganz so einfach, sind doch beide beinahe mittellos, nur eine alte Uhr und ein Medaillon sind Emily von ihrer Mutter geblieben. Gerade dieses Medaillon birgt das Geheimnis um Ines‘ Herkunft.

Emily ist wild entschlossen, dieses und andere Geheimnisse zu lüften.

Meine Meinung:

Dieser historische Roman ist das Debüt von Tabea Koenig und reiht sich nahtlos in den Bereich ähnlicher Romane ein. Der Schreibstil passt zum Genre. Mir persönlich sind es ein paar Zufälle und Verstrickungen zu viel. Die Basisgeschichte ist vielschichtig angelegt, verzweigt sich aber mehrmals und bleibt dennoch spannend, auch wenn der geneigte Leser ähnlicher Bücher den Ausgang der Geschichte recht bald erahnen kann.

Geschickt ist die Distel, die als Teil des schottischen Wappen gilt in die Geschichte eingeflochten. Das ist eine nette Idee.

Ein bisschen Kritik muss ich am Piper-Verlag üben: Die Anzahl der Tippfehler geht über das sonst übliche Ausmaß hinaus. Das bin ich von Piper so gar nicht gewöhnt. An einigen Stellen hätte der Geschichte ein wenig Hilfe durch das Lektorat gut getan.

Im Nachwort sind die historisch belegten Ereignisse angeführt, so dass sich geschichtlich interessierte Leser gut zurecht finden.

Fazit:

Ein Debüt-Roman, der durch aufwändige Recherche und Detailtreue ein genaues Bild dieser Zeit erstehen lässt. Gerne geb ich hier 3 Sterne (der nicht vergebene 4. geht zu Lasten des Verlags).

Veröffentlicht am 27.06.2019

NIcht zur Nachahmung empfohlen

111 tödliche Pflanzen, die man kennen muss
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Ein recht lehrreiches Buch aus der 111er Reihe des Emons-Verlages. Allerdings nicht zur Nachahmung empfohlen. Auch wenn in vielen Städten die Planstellen in der Gerichtsmedizin dem Sparstift zum Opfer ...

Ein recht lehrreiches Buch aus der 111er Reihe des Emons-Verlages. Allerdings nicht zur Nachahmung empfohlen. Auch wenn in vielen Städten die Planstellen in der Gerichtsmedizin dem Sparstift zum Opfer fallen, lassen sich doch Vergiftungen durch eine der 111 angeführten Pflanzen doch nachweisen. Besonders, seit dieses Buch auf dem Markt ist. Auch Gerichtsmediziner lesen manchmal anderes, als Fachliteratur und vielleicht hat der eine oder andere dieses Buch auf dem Nachtkästchen.

Wir lernen Pflanzen kennen, von denen man niemals dachte, dass sie giftig wären. Von Adonisröschen bis ja, ähem Zucchini. Hilfe, die wachsen auch in meinem Garten. Nun gut, die Autorin erklärt welche Teile giftig und welche unbesorgt genossen werden können. (Wenn die Zucchini bitter schmeckt - unbedingt auf den Biomüll.)

Wie in der 111er Reihe üblich, findet man auf der linken Seite den beschreibenden Text, der diesmal mit launigen Histörchen gespickt ist, und auf der rechten eine Abbildung der Giftpflanze.

Manche Pflanzen sind in einer geringen Konzentration heilend, in einer größeren oder bei falscher Anwendung tödlich. Wie sagte schon weiland Theoprastus Bombastuns von Hohenheim, bekannt als Paracelsus: „Die Dosis macht das Gift“.

Klaudia Blasl ist Krimi-Autorin und hat bei ihren Büchern einen Hang zum Giftmord. Ihr nächstes Buch, eine Sammlung von Kurz-Krimis trägt den hübschen Titel „Böse Blumen“ und erscheint am 22.08.2019.

Fazit:

Gerne gebe ich für dieses Standardwerk für Gartenfreunde, Giftmörder und Krimiliebhaber 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.06.2019

Für Krimiliebhaber

111 Tipps und Tricks, wie man einen verdammt guten Krimi schreibt
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Auch Krimi-Autoren kochen nur mit Wasser. Manchmal ist es sogar nur lauwarm. Wer hinter die Kulissen eines verdammt guten Krimis schauen will, ist hier richtig.

Von A wie Angst bis Z wie Zufall erklärt ...

Auch Krimi-Autoren kochen nur mit Wasser. Manchmal ist es sogar nur lauwarm. Wer hinter die Kulissen eines verdammt guten Krimis schauen will, ist hier richtig.

Von A wie Angst bis Z wie Zufall erklärt Krimi-Autor Martin Schüller in 111 Kapiteln die wichtigsten Ingredienzien, die einen fesselnden Krimi ausmachen. Allerdings, Patentrezept zu einem Bestseller gibt es nicht. Dazu sind die Vorlieben der Leser, die zwischen Cosy-, Hardboiled, Regio- und sonstigen Krimis unterscheiden, zu verschieden.

Die einzelnen der 111 Kapitel sind humorvoll und informativ geschrieben. Besonders gelungen finde ich Kapitel 80 (S. 170), das - nein ich verrate es nicht - lest es selbst.

Wer gerne Krimis liest, sie analysiert oder gar das Wagnis eingehen will, seine eigenen mörderischen Gedanken zu Papier bringen will, ist todrichtig.

Fazit:

Ein gelungener Streifzug durch die Welt von Mord und Totschlag, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 26.06.2019

Wer Elliot Rosenzweig wirklich?

Hannah und ihre Brüder
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Auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Chicago kommt es zu einem Eklat: Der reiche und bekannte Bürger Elliot Rosenzweig wird von Ben Salomon bedroht und beschuldigt, der NS-Scherge Otto Piontek und ...

Auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Chicago kommt es zu einem Eklat: Der reiche und bekannte Bürger Elliot Rosenzweig wird von Ben Salomon bedroht und beschuldigt, der NS-Scherge Otto Piontek und für den Tod von hunderten Juden zu sein.

Ben und Otto verbindet eine gemeinsame Kindheit in Polen, denn Otto war Bens Ziehbruder.

Im Chicago von heute droht Ben ein Gerichtsverfahren und so soll Catherine Lockart, eine junge Anwältin, gedrängt von ihrem Freund, dem Privatermittler Liam Taggart, sich der Sache annehmen. Catherine ist zu Beginn von Bens Geschichte nicht wirklich überzeugt, doch je länger Ben erzählt, desto tiefer fällt die Anwältin in die Vergangenheit hinein.

Meine Meinung:

Diese Geschichte ist durchaus realistisch geschildert. Das Thema, „wie viele Nazi-Verbrecher haben durch die Annahme einer falschen Identität sich aus der Verantwortung stehlen können?“, ist längst noch nicht aufgearbeitet.

Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, auch wenn ich mich manchmal über die selektive Wahrnehmung so mancher Protagonisten geärgert habe. Auffällig sind, vor allem die Lücken im Geschichtswissen der Amerikaner. Sie treten auch bei der Anwältin Catherine Lockart offen zutage. So hätte sie gleich zu Beginn die tätowierte Häftlingsnummer von Elliot Rosenzweig überprüfen lassen sollen. Denn, diese Tätowierungen sind „sprechende Nummern“. Aus der Buchstaben/Zahlenkombination lässt sich herausfinden, in welchem KZ die Betroffenen erstmals registriert wurden. Hier muss man, bei allem Grauen, die deutsche Gründlichkeit loben, denn ein großer Teil dieser Listen existiert heute noch. Damit hätte sie sich jede Menge Unannehmlichkeiten und leere Kilometer erspart.

Bei der Beschreibung der Charaktere bin ich ein bisschen ambivalent. Ben ist für mich absolut glaubwürdig. Bei Catherines Darstellung als toughe Anwältin habe ich so meine Zweifel. Sie hat Lebenskrisen hinter sich und ist zutiefst verunsichert. Auch ihr Verhältnis zu Liam Taggart ist für mich persönlich nicht ganz rund. Taggart breitet, ohne Catherines Wissen, ihr Leben vor Ben, einem Wildfremden aus. Ich halte das für einen großen Vertrauensbruch.

Mosaiksteinchen für Mosaiksteinchen tragen Ben, Catherine und Liam zusammen, um Eliott Rosenzweig zu überführen. Warum Catherine und Liam sich erst sehr spät mit Frau Rosenzweig beschäftigen, ist mich ein wenig unverständlich. Eine Ehefrau zu überprüfen, wäre für mich ein Gebot der ersten Stunde.

Der Erzählstrang der Gegenwart wirft ein interessantes Licht auf die Arbeit von Anwälten und Gerichten Amerikas, worüber ich zugegebenermaßen wenig weiß.

Gut gelungen ist der Erzählstrang, der in Polen spielt und die Geschichte von Ben Salomon und seinem Ziehbruder Otto Piontek. Die Verwandlung des kleinen Otto, der von seiner (deutschen) Mutter vernachlässigt wurde und von der jüdischen Familie Salomon trotz aller widrigen Umstände groß gezogen wurde, bis hin zum NS-Schergen, ist detailreich geschildert. An mancher Stelle hätte Otto noch „abbiegen“ können, doch sein Geltungsbedürfnis war scheinbar höher als seine Moral.

Eine kleine Kritik muss ich wegen des deutschen Titels anbringen. Mir gefällt der englische besser. Man hätte diesen mit „Einst waren sie Brüder“ etwas griffiger übersetzen können.

Fazit:

Ein interessanter Roman, der wieder einmal deutlich macht, wie nah Recht und Unrecht beieinander liegen. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.