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Venatrix

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Veröffentlicht am 13.11.2022

Eine Hommage an eine starke Frau

Die Unbeirrbare
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Wer kennt sie nicht, die Champagnermarke „Veuve Clicquot“? Doch wem ist die Firmengeschichte bekannt, die um 1800 begann? Marie-Louise Wolff erzählt die Geschichte der Nicole Cliquot-Ponsardin (1777-1866), ...

Wer kennt sie nicht, die Champagnermarke „Veuve Clicquot“? Doch wem ist die Firmengeschichte bekannt, die um 1800 begann? Marie-Louise Wolff erzählt die Geschichte der Nicole Cliquot-Ponsardin (1777-1866), die hinter diesem Imperium steckte.

Im Sommer 1789 ändert sich das Leben der Nicole Ponsardin gravierend. Denn das gerade zwölf Jahre alte Mädchen ist die älteste Tochter des reichsten Textilkaufmanns von Reims, Philippe Ponsardin, als am 14. Juli mit dem Sturm auf die Bastille die Revolution in Frankreich ausbricht.

Die Familie und das Textilgeschäft, das nun nicht mehr Seidenfäden verspinnt sondern robuste Baumwolle, übersteht die ersten blutigen Jahre der Revolution.
Nicole soll nun vorteilhaft verheiratet werden und da bietet sich François Clicquot, Sohn eines Geschäftsfreundes, perfekt an. Ungewöhnlich für damalige Zeiten, ist diese Hochzeit 1798 eine Liebesheirat und Nicole arbeitet gleichberechtigt in der Firma Cliquot mit. Doch das Glück währt nicht lange, François stirbt bereits 1805. Gegen alle Widerstände führt Nicole Cliquot-Ponsardin ihre Firma erfolgreich weiter und lässt sich auch von einem korsischen General, der die damalige Welt rund 15 Jahre lang mit Kriegen überzieht, nicht entmutigen.

Und genau diesem, nämlich Napoleon Bonaparte, schauen wir in einem zweiten Handlungsstrang über die Schulter.

Meine Meinung:

Dieser historische Roman reiht sich fast nahtlos in eine Serie von romanhaften Frauenbiografien ein, die derzeit en vogue sind. Ich persönlich bin ja eher ein Fan von sachlichen Biografien.

Durch den zweiten Handlungsstrang mit Napoleon hat Autorin Marie-Louise Wolff einen historisch gut recherchierten Rahmen für die Geschichte der Veuve Clicquot geschaffen.

Obwohl sich die Proponenten der Revolution mit dem Schlachtruf „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ die Bourbonen weggefegt und eine „moderne“ Staatsform der Republik etabliert haben, sieht es mit der Gleichheit für Frauen schlecht aus. Die wenigen Frauen, die diese auch für ihresgleichen fordern, landen wie Olympe de Gouges unter der Guillotine. Auch Napoleon, der sich immer sehr fortschrittlich gibt, lässt in seinem „Code Civile“ den Frauen kaum Spielraum. Als Witwe darf eine Frau das Geschäft ihres verstorbenen Mannes weiterführen - diesen Passus nützt die intelligente Nicole Cliquot-Ponsardin aus.

Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet. Zum einen Vater Ponsardin, der ein echter Wendehals ist und es sich mit allen Machthabern gut stellt und Mutter Ponsardin, die depressiv erscheint und nicht von ihrem Standesdünkel abweichen will. Dass sich Philippe Ponsardin sich den jeweilige politischen Gegebenheiten anpasst, kann man dahingehend interpretieren, dass er Arbeitgeber für Hunderte Menschen ist und so etwas wie ein soziales Gewissen hat.

Völliger Gegensatz dazu ist Nicole Cliquot-Ponsardin, die Napoleons Größenwahn durchschaut und verabscheut. Mehrmals muss sie um die Firma bangen, denn die von Napoleon verhängte Kontinentalsperre bringt den Handel fast völlig zum erliegen. Doch sie mit ihrem Wagemut ist sie die erste, die wieder Handelsbeziehungen mit anderen Ländern aufnimmt. Sie führt das Unternehmen nicht allein, sondern hat Ratgeber, die sie unterstützen.

Der Schreibstil ist locker und flüssig. Die historischen Details sind penibel recherchiert.

Der Autorin gelingt es sehr gut, historische Ereignisse und Wissen über die Zeit zu transportieren. Für Leserinnen, die hier (anders als ich) noch wenig über die Zeit der Napoleonischen Kriege gelesen haben, wird diese Zeit lebendig.

Leider endet das Buch auch mit der Verbannung Napoleons auf St. Helena 1815, obwohl Nicole Cliquot-Ponsardin noch bis 1866 lebt. Diese weitern 50 (!) Jahre sind der Autorin nur mehr wenige Seiten wert. Das finde ich sehr schade und kostet den 5. Stern.

Fazit:

Eine weitere Romanbiografie einer starken Frau. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 13.11.2022

Eine anspruchsvolle Biografie

Herrscher des Lichts
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Obwohl Karl III. von Spanien (1716-1788) ein Zeitgenosse von Maria Theresia von Österreich(1717-1780), Friedrich II. von Preußen, und Ludwig XV. von Frankreich (1710-1774) war, ist er in der Erinnerung ...

Obwohl Karl III. von Spanien (1716-1788) ein Zeitgenosse von Maria Theresia von Österreich(1717-1780), Friedrich II. von Preußen, und Ludwig XV. von Frankreich (1710-1774) war, ist er in der Erinnerung Kontinentaleuropas nicht wirklich präsent.

Er gilt in der neueren Wissenschaft als prominenter Vertreter der Aufklärung. Geboren als 4. Sohn von Karl II. konnte er lange Zeit sich mit den Wissenschaft beschäftigen. Erst 1759 (also mit 43 Jahren) wird er König von Spanien und wird sein Königreich 28 Jahre regieren. Anders als andere Monarchen hat er schon Regierungserfahrung als Herzog von Parma und Piacenza sowie als König von Sizilien. In diesen nahezu dreißig Jahren gelingen ihm einige Reformen, um die ihn andere Reiche nur beneiden können ...

Diesem interessanten Mann widmet sich Ignacio Gómez de Liaño in diesem Buch.

Meine Meinung:

Der Autor erzählt von einem belesenen, interessierten jungen Mann, der die Ausgrabungen in Herculaneum und Pompeji unterstützt und dem deutschen Weltreisenden, Alexander von Humboldt, einen Freibrief für seine Forschungsreisen in Mittel- und Südamerika ausstellt.

In anderen Kapiteln werden die Errungenschaften in der Landwirtschaft sowie die Vereinheitlichung der Verwaltung. beschrieben.

Diese Biografie ist sehr informativ. Doch leider, leider ist es wie so oft: Der Autor verzettelt sich in tausend Details, die er weiß und glaubt, dem Leser unbedingt mitteilen zu müssen. So bringen Einzelheiten der Historie, die hundert oder zweihundert Jahre zuvor anderswo passiert sind, den Leser, der eine fesselnde Biografie von Karl III. lesen möchte, völlig aus dem Lesekonzept. So ist er mehrmals nötig, das Internet zu Rate zu ziehen, weil ein gelesenes Detail momentan nicht im passenden Zusammenhang präsent ist. Aus der Fülle der Informationen lässt sich nicht immer diejenige herausfiltern, die für das Verständnis um die Person Karl III. gerade wichtig ist.

Leider ist auch die Schriftgröße wenig augenfreundlich. Dazu kommt, dass Zitate und manche Anmerkung in noch kleinerer Schrift gedruckt sind. Das ist gerade bei Biografien, die besonders anspruchsvoll sind und genau gelesen werden wollen, den Lesern gegenüber wenig wertschätzend.

Dafür gibt es zahlreiche Abbildungen, die aber nicht für alle vorher genannten Anmerkungen entschädigen können.

Fazit:

Nicht immer muss ein Autor alles, was er selbst weiß, seinen Lesern an den Kopf werfen, bis der selbige raucht. Hier wär ein bisschen weniger, mehr gewesen. Leider kann ich deswegen nur 3 Sterne geben.

Veröffentlicht am 13.11.2022

Modellautos toll in Szene gesetzt

Car Stills
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Beim Betrachten dieses Buches sehe ich zahlreiche Augen von großen Buben glänzen: Modellautos vorwiegend aus der Zeit des Wirtschaftswunders, grandios und liebevoll in Szene gesetzt, lassen viele Männerherzen ...

Beim Betrachten dieses Buches sehe ich zahlreiche Augen von großen Buben glänzen: Modellautos vorwiegend aus der Zeit des Wirtschaftswunders, grandios und liebevoll in Szene gesetzt, lassen viele Männerherzen höher und lauter schlagen.

Was bietet das Buch noch, außer diesen liebevollen, detailgetreuen Inszenierungen? Es bietet zahlreiche Informationen zu Modell, Baujahr, Marke und Maßstab der Modellautos. Dabei dürfen wir Automarken von A wie Alfa Romeo bis hin zu W wie Wartburg bewundern.

Meine persönliche Highlights sind:

Alfa Romeo Giulia Super (1970) am liebsten in rot (oder besonders schnittig als blau-weißen Ausführung für die Polizia di Stato)
Austin-Healey 3000 (1960) - Inbegriff eleganter britischer Sportwagen
Peugeot 404 Berline Grand Tourisme (1961) - mit so einem Auto durfte ich in echt auch fahren

Die körnigen Schwarzweiß-Aufnahmen lassen den Betrachter leicht vergessen, dass er es mit Modellautos zu tun hat. Einige davon sind bewegte Bilder, denen man die Bewegung auch ansieht. Genial gemacht!

Neben den vielen Fotos, die schon für sich alleine sprechen, erhalten wir Hintergrundinformationen von Andrea Traxler, Hermann Schlösser und Walter Titz zu Walter Pangerl, einem passionierten Sammler und Fotografen.

Fazit:

Ein tolles Geschenk für jeden, dem elegante, (oder verrückte) alte Autos auf dem Regal lieber sind, als der aktuelle Einheitsbrei der Karosserien auf dem Parkplatz. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 12.11.2022

Macht wütend und betroffen

Lasst uns lernen!
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Pashtana Durranis Familie stammt aus Afghanistan und musste in einem der zahlreichen (Bürger)Kriege, die dort tob(t)en, in das Nachbarland Pakistan fliehen. Dort ist sie in einem Flüchtlingslager aufgewachsen. ...

Pashtana Durranis Familie stammt aus Afghanistan und musste in einem der zahlreichen (Bürger)Kriege, die dort tob(t)en, in das Nachbarland Pakistan fliehen. Dort ist sie in einem Flüchtlingslager aufgewachsen. Ihr Vater sorgt dafür, dass alle seine Kinder eine Schulbildung erhalten, was angesichts der Umstände nicht ganz so einfach ist. Wobei, eine Schulbildung nach unseren Maßstäben, ist dies nicht, da so gut wie alle Ressourcen fehlen. Gelernt wird aus Büchern, aus Filmen und mit den Materialien, die vorhanden sind. Diejenigen Kinder, die sich bereits Wissen erarbeitet haben, geben dieses an andere weiter. So unterrichtet Pashtana, nach eigenen Angaben, bereits als Siebenjährige andere Kinder in Englisch.

Als die Familie wieder nach Afghanistan zurückkehrt, reift in ihr der Entschluss, allen Mädchen ein gewisses Maß an Bildung zukommen zu lassen. Dafür gründet sie eine NGO, organisiert Tablets auf denen der Lehrstoff vorinstalliert ist und die unabhängig vom Internet funktionieren. Dabei gerät sie in die Mühlen der Bürokratie und verheddert sich dort in Inkompetenz, Mutwillen und Korruption.

Pashtana Durrani versucht Lösungen zu finden, wo es kaum welche gibt. Bis zuletzt arbeitet sie in Afghanistan, kämpft gegen die Taliban, die Frauen schlechter als Vieh behandeln. Als im August 2021 die Taliban das Land Stadt und Stadt, Dorf und Dorf „friedlich“ überrollen, ist sie eine der letzten, die das Land verlassen können, denn durch ihre unermüdliche Tätigkeit Frauen Würde und Bildung zu geben, steht sie auf der schwarzen Liste der neuen/alten Machthaber.

Meine Meinung:

Dieses Buch zeigt deutlich, dass das Überstülpen von westlichen Ansichten, auch wenn sie noch gut gemeint seien, in Ländern wie Afghanistan zum Scheitern verurteilt sind. Die Autorin schildert, wie Millionen Dollar an Hilfsgeldern veruntreut bzw. falsch eingesetzt wurden, weil sich die Geber nicht mit den Strukturen des Landes auseinander gesetzt haben. Durrani spricht, um Unterricht für die Mädchen abhalten zu dürfen, mit den Stammesführern und erklärt denen den Nutzen der Maßnahmen. Sie baut kleine und kleinste Infrastrukturen, immer mit der Zustimmung der Clanführer, auf. Sie hat zwar nicht immer Erfolg, doch trotzdem gibt es Schulen. Auch darf man sich diese nicht wie unsere vorstellen. Kein Campus, keine Schulgebäude wie man sie aus den Industriestaaten kennt, sondern eher wie die sogenannten „Katakombenschulen“ in Südtirol während des Faschismus, als es Gefängnisstrafen für jene gab, die Deutsch sprachen bzw. die Deutsch unterrichteten.

Wenn nun die Schlagzeile durch die Medien ging, dass die Taliban den Frauen in Kabul den Zugang zu öffentlichen Parks verbieten, obwohl solche ohnehin nur nach Geschlechtern getrennt betreten werden dürfen, steigt in mir die Wut hoch.

Dieses Buch sollte von Lehrkräften und Schülern sowie von Politikern gelesen werden. Vor allem sollten sich Schüler vor Augen halten, dass der Schulbesuch, wie wir ihn kennen, nicht überall auf der Welt möglich ist. Jenen, die lieber nicht lernen wollen, sei gesagt, dass sie dieses Privileg nicht leichtfertig aufs Spiel setzen sollten.

Fazit:

Ein Buch, das aufwühlt und wütend macht, und gleichzeitig der Autorin Bewunderung zollt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 12.11.2022

Eine komplexe Geschichte: Das Erbe der „Kyjiwer Rus“

Ukraine verstehen
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Seit dem 24. Februar führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Doch der Konflikt zwischen den beiden Ländern besteht schon seit Jahrhunderten.

Viele Menschen glauben der Propaganda Wladimir ...

Seit dem 24. Februar führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Doch der Konflikt zwischen den beiden Ländern besteht schon seit Jahrhunderten.

Viele Menschen glauben der Propaganda Wladimir Putins, dass die Ukraine und Russland ein Land sind. Dieses Buch erklärt in 18 Kapiteln schlüssig, warum dem nicht so ist.

Ein Geheimnis von Freiheit ist Mut: Ein Vorwort
1. Symbol der Selbstermächtigung: Der Mythos Taras Schewtschenko
2. Streit übers Mittelalter: Wem gehört die Kyjiwer Rus?
3. Steppendemokratie jenseits der Stromschnellen: Die Entstehung des Kosakentums am Dnipro
4. Bohdan Chmelnyckyjs Revolte: Aufstieg und Fall eines Hetmans
5. Vermächtnis der Kosaken: Kleine Geschichte über Mut
6. Nationalbewusstsein trotz Russifizierung: Über Kleinrussen, Gogol und eine Reise nach Berlin
7. Vom Ersten Weltkrieg zur Ukrainischen Volksrepublik: Mychajlo Hruschewskyj und die Wiedergeburt einer Nation
8. Menschen essen Wurst aus Menschenfleisch: Holodomor, Stalins Massenmord durch Hunger
9. Holocaust durch Kugeln: Der Rassenwahn der Nazis und Stepan Banderas Verantwortung im Zweiten Weltkrieg
10. Vom vergessenen Massaker bis zur Seelenbrecherzelle: Das Scheitern des Homo sovieticus
11. Super-GAU in Tschernobyl: Der Preis von zu vielen Lügen ist das Verschwinden der Realität
12. Abhängigkeit trotz Unabhängigkeit: Das belastende Erbe des Sowjetimperiums
13. Friedlicher Schrei nach Demokratie: Die Orange Revolution
14. Der unbändige Wille einer Nation:Volksaufstand der Würde und Euromaidan-Revolution
15. Russlands geheime Invasion: Grüne Männchen gegen einen Schokoladen-König
16. Prinzip Paranoia: Putins Lügen über die Ukraine
17. Brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit: Die Wandlungen des Wolodymyr Selenskyj
18. Russian warship, go f*** yourself: Ein Krieg, der über die demokratische Welt entscheidet


Meine Meinung:

Dieses Buch ist Teil einer Reihe aus dem Klett-Cotta-Verlag, die sich schon um das Verstehen von Polen, Afghanistan und Syrien bemüht hat.

Autor Steffen Dobbert bringt uns in den 18 Kapiteln die bewegte Geschichte der Ukraine näher. Eine Geschichte, die immer wieder von Gebietsansprüchen der Nachbarn und von Kriegen geprägt ist. Die Ukraine wurde mehrmals Spielball der Mächtigen, mehrmals wurde versucht das ukrainische Volk auszurotten und immer wieder hat es widerstanden.

Was ist treibt die Ukrainer an, für ihre Freiheit, für ihre Eigenständigkeit zu kämpfen? Mit diesem Buch versucht Steffen Dobbert hinter das Geheimnis zu kommen und verstehen zu lernen, warum gerade das ukrainische Volk den Mut hat, sich Putins Angriffskrieg entgegenzustellen.

Fazit:

Wer mehr über Ursachen des aktuellen Krieges wissen will, kommt an der Geschichte der Ukraine nicht vorbei. Dieses Buch kann mithelfen, die Ukraine zu verstehen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.