Larmoyante Langeweile
Das verbotene NotizbuchIm verbotenen Notizbuch berichtet Valeria in Tagebuchform von ihrem Leben im Rom der 1950er und ich erhoffte mir einen aufschlussreichen Blick in den italienischen Alltag jener Zeit. Alltag bekommt der ...
Im verbotenen Notizbuch berichtet Valeria in Tagebuchform von ihrem Leben im Rom der 1950er und ich erhoffte mir einen aufschlussreichen Blick in den italienischen Alltag jener Zeit. Alltag bekommt der Leser im verbotenen Notizbuch reichlich, leider ist der Blick weniger aufschlußreich als sterbenslangweilig. Valerie führt ein sehr durchschnittliches Leben. Das ist etwas, das in vielen fiktiven und auch echten Tagebüchern, die ich bereits las, durchaus unterhaltsam und interessant dargestellt werden kann. Alba de Céspedes konnte oder wollte es leider nicht. Der Schreibstil ist sehr schlicht gehalten. Nun erwartet man bei einem Tagebuch natürlich keine literarischen Stilblüten, das wäre unauthentisch, aber ganz so farblos formuliert wie hier muss auch ein - zudem fiktives, für eine Leserschaft geschriebenes - Tagebuch nicht daherkommen (wie andere Bücher dieser Art beweisen).
Nun könnte man sich an die schlichte Sprache noch gewöhnen, aber leider weist der Schreibstil weitere Mängel auf. So wiederholt Valeria mit Hingabe alles mögliche ad nauseam, was die ohnehin wenig anregende Lektüre noch langweiliger macht. Außerdem wird alles, was sich der Leser selbst erschließen könnte, unnötig ausführlich erklärt (ebenfalls gerne mehrfalls). Die Autorin serviert jede noch so banale Schlußfolgerung durch minutiöse Erklärungen auf dem Silbertablett und zerstört damit die Wirkung. Man wird beim Lesen so an die Hand genommen, daß es enervierend ist. Nun ist sicher zu berücksichtigen, daß dieses Tagebuch einen inneren Dialog Valerias mit sich selbst darstellt, in welchem sie durch das Schreiben Erkenntnisse gewinnt. Trotzdem ist es für mich als Leser sowohl zäh wie auch frustrierend, alles unablässig vorgekaut zu bekommen. Lesevergnügen kommt hier nicht auf.
Ebenfalls enervierend fand ich Valeria selbst. Sie stellt sich mit großer Hingabe als unterdrückte, sich abrackern müssende Ehefrau und Mutter dar. Dies keinesfalls gänzlich grundlos, doch merkt man recht schnell, daß Valeria die meisten Dinge, über die sie sich ausgiebig beklagt, übertrieben darstellt (das fängt schon mit dem unnötig panischen Geheimhalten des "verbotenen" Tagebuchs an und setzt sich mit künstlich dramatisierten Banalitäten fort), sie selbst verursacht hat oder sich zumindest in ihrer Rolle und dem damit einhergehende Selbstmitleid wohl fühlt. Sie erbringt Opfer, die niemand verlangt hat, und beklagt sich dann darüber, sie gebracht zu haben. Das ist schon auf den ersten Seiten anstrengend und steigert sich dann stetig weiter. Hier und da blitzt ein wenig Selbsterkenntnis durch und letztlich war es das, was mich dazu brachte, mich weiter durch diese larmoyante Langeweile zu kämpfen - die Hoffnung, daß dieses Kreisen um sich selbst irgendwann zu Ergebnissen führt. Das tut es höchstens in Ansätzen. Das Ende zeigt: das Durchhalten dieses zähen Buches hat sich jedenfalls für mich nicht gelohnt, die ennuyierende Nabelschau keine Entwicklungen gebracht.