Midlife Crisis in den 50ern
Am 26. November 1950 kauft sich Valeria das titelgebende Notizbuch - verboten ist es nicht nur, weil es ihr illegalerweise am Sonntag verkauft wird, sondern auch, weil sie das Gefühl hat, dass sie es vor ...
Am 26. November 1950 kauft sich Valeria das titelgebende Notizbuch - verboten ist es nicht nur, weil es ihr illegalerweise am Sonntag verkauft wird, sondern auch, weil sie das Gefühl hat, dass sie es vor ihrer Familie geheim halten muss, weil es sich für sie nicht gehört, ein Tagebuch zu führen. Wir Leser bekommen nun Valerias Einträge zu lesen und erleben, wie sie immer selbstreflektierter, aber auch unzufriedener mit ihrem Leben wird und in diesem zu immer ungewöhnlicheren Entscheidungen greift.
"Das verbotene Notizbuch" nimmt uns mit auf eine Reise in die Gedanken einer italienischen Ehefrau in den 50ern. Valeria kommt aus gutem Hause, hat aber arm geheiratet, ist (für ihre Zeit ungewöhnlicherweise) berufstätig und hat mit zwei fast erwachsenen Kindern zu kämpfen, die nicht so recht ihren Vorstellungen des Lebens folgen. Im Laufe des Buches werden in diesen Zusammenhängen immer wieder interessante Fragen, vor allem zur Rolle der Frau und zur Entwicklung des Feminismus aufgeworfen, die ich stets sehr interessant fand.
Auch ist dieses Buch quasi ein Plädoyer für das Tagebuchschreiben. Wir können ganz genau beobachten, wie Valeria sich zunächst albern vorkommt, ein Tagebuch zu schreiben, ihre Einträge aber immer länger werden und sie immer selbstreflektierender wird. Das Buch unterstreicht also genau das, was wir wohl alle schon mal als Vorteile des Führens eines Tagebuchs gehört haben. Dass Valeria durch das Schreiben auch zu einer unsympathischeren Person wird, die immer fragwürdigere Entscheidungen trifft, steht da sicher noch auf einem anderen Blatt.
Leider nahm meine Begeisterung für das Buch ab der Hälfte etwas ab. Sicher war es eine bewusste Entscheidung der Autorin, das Tempo der Handlung und vor allem von Valerias Gedankengängen immer weiter anzuschrauben, jedoch wurde es mir irgendwann zu hektisch und ich hatte Probleme, so richtig zu verstehen, welche Beweggründe Valeria für ihre Handlungen hat und woher bestimmte Reflexe kamen. Dabei kann es sicherlich auch gut sein, dass mir aufgrund des großen Altersunterschieds zwischen mir und der Protagonistin mir einfach der Bezug fehlt. Letztendlich beobachten wir hier, was man heutzutage als Midlife Crisis bezeichnen würden und mit vielen Situationen, die hier beschrieben wurden, konnte ich mich einfach nicht identifizieren.
Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass das bei einer etwas älteren Zielgruppe deutlich besser ankommt. Trotz leichter Kritik konnte ich gute Gedanken mit aus dem Buch nehmen.