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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.05.2022

Als hochwertige Imagebroschüre gelungen - mehr leider nicht

Little Book of Prada
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Nachdem ich aus derselben Reihe "The Little Book of Chanel" genossen habe, habe ich mich schon gefreut, nun auch über Prada mehr zu erfahren. Leider konnte dieses Buch nicht annähernd so sehr überzeugen.

Von ...

Nachdem ich aus derselben Reihe "The Little Book of Chanel" genossen habe, habe ich mich schon gefreut, nun auch über Prada mehr zu erfahren. Leider konnte dieses Buch nicht annähernd so sehr überzeugen.

Von der Gestaltung her ist es hochwertig, ein fester Einband mit minimalistischer, zur Marke passender Gestaltung, ein handliches Format, im Buch hochwertiges Papier und zahlreiche Farbfotos. Visuell also ein Vergnügen.

Es beginnt interessant mit der Gründung der Firma im Jahr 1913, dem ersten Geschäft, ein paar alten Fotos, und ich las mich gerade gemütlich in diese Firmengeschichte hinein, als ich umblätterte und mich plötzlich 60 Jahre weiter fand. Ich habe noch mal zurückgeblättert, um zu sehen, ob ich eine Seite überschlagen hatte. Der Sprung kommt plötzlich und etwas enttäuschend - 60 Jahre Firmengeschichte sind ja nun keine Kleinigkeit. Nun muss man der Fairness halber sagen, dass - wie ich dann online herausfand - es über diese sechzig Jahre wirklich nicht sonderlich viel zu sagen gibt, aber genug für ein, zwei überleitende Sätze hätte sich herausfinden lassen. Dieser Anfang ist symptomatisch für das Buch.

Die Autorin geht nie in die Tiefe. Letztlich besteht der Großteil des Buches aus einer Beschreibung der verschiedenen Kollektionen und der entsprechenden Fotos, mit Bildbeschriftungen, die über das rein Beschreibende nur selten hinausgehen. So steht neben einem Foto von einem gelben Kleid mit Sternenmuster "Miu Miu verwendet oft hübsche Muster, wie etwa dunkle Sterne auf hellgelbem Grund". Im Textteil finden sich viele Sätze, die man in Imagebroschüren häufig liest: sie klingen hübsch, benutzen einige Schlagworte und enthalten keinerlei Informationen, so z.B. bei der Aussage über ein neues Parfum: "ein sinnliches, intensives und luxuriöses Eau de Parfum".

Natürlich gibt es auch Informatives und Interessantes. So werden Hintergründe von Mustern und Designs, Engagement für Kunst und Weiterentwicklung von bewährten Erfolgsstilen erwähnt. Diese Informationen sind aber recht spärlich, wiederholen sich und versinken in enthusiastischen Werbefloskeln - die ständige Lobudelei war anstrengend und enervierend. Da überrascht es wahrscheinlich auch nicht, dass sich kein einziger kritischer Satz über die von Prada auch nach 2010 noch reichlich verwendeten und im Buch ebenso reichlich abgebildeten Pelze oder Angora findet.

Während das Chanelbuch Einblicke in die Unternehmensstrategie und Arbeitsweise, Chanels Person und weitere Hintergründe gab, die man eben nicht in jeder Zeitschrift liest, bleibt das Pradabuch auf dem Niveau eines Zeitschriftenartikels oder einer edel gestalteten Imagebroschüre. Auch die Textqualität ist im Vergleich wesentlich schwächer. Über Miuccia Prada erfahren wir dafür, daß sie dieses Unternehmen so enorm verändert und vorwärtsgebracht hat, enttäuschend wenig. Schön sind die von ihr im Buch in malerischer Schrift abgedruckten Zitate, aber das waren insgesamt (wenn ich keines übersehen habe) nur drei Stück.

Wer ein wenig in zahlreichen Fotos schwelgen möchte und nicht zu tiefgehende Informationen erwartet, wird mit diesem hübsch gestalteten Buch sicher recht glücklich werden. Mir war es leider - auch unter Berücksichtigung des "Little Book"-Konzepts, das naturgemäß keine Unternehmensanalyse sein kann und will - zu wenig.

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Veröffentlicht am 28.03.2022

Kurzweilig und informativ

Im Rausch des Aufruhrs
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Christian Bommarius nimmt uns in diesem Buch mit auf eine Reise durch das Jahr 1923, in dem so viel geschah und das doch bisher in der Literatur verhältnismäßig wenig Beachtung erfuhr. Dies geschieht in ...

Christian Bommarius nimmt uns in diesem Buch mit auf eine Reise durch das Jahr 1923, in dem so viel geschah und das doch bisher in der Literatur verhältnismäßig wenig Beachtung erfuhr. Dies geschieht in Berichten über verschiedene Leute und Geschehnisse, die wir von Monat zu Monat begleiten. So wechseln wir von dem demotivierten und erfolglosen Bankangestellten Joseph Goebbels zu Vertretern der rechten Hugenbergpresse, Künstlern, politischen Aktivisten, dem Serienmörder Haarmann und auch ganz normalen Mitmenschen. Der Vergleich mit Illies, der ähnlich aufgebaute Bücher über andere wichtige Jahre oder Epochen schrieb, drängt sich natürlich auf. Bommarius‘ Stil ist weniger literarisch, zugänglicher, manchmal ein wenig süffisant und angenehm lesbar. Erfreulich finde ich, dass er sich auf eine übersichtliche Gruppe von Leuten beschränkt, anstatt uns ein Schicksal nach dem anderen vor die Füße zu werfen, bis man vor lauter Namen nicht mehr ein noch aus weiß. So hat das Buch einen persönlicheren Bezug.
Jedem Monat ist ein Kapitel gewidmet, dem zwei passende Fotos vorangestellt sind, ebenso wie eine knappe Zusammenfassung der Geschehnisse in dem jeweiligen Monat. Diese endet jeweils mit dem Preis für Brot – eine hervorragende Methode, uns die galoppierende Hyperinflation zu verdeutlichen. Zu Beginn des Jahres kostet das Brot 250 Mark, im Dezember 399 000 000 000 Mark. Oben auf jeder Seite finden wir links den Monat und rechts einige Worte zum Inhalt der Seite (z.B. „Christian Kraft ist seine Sorgen los“ oder „Aus Pretzel wurde Haffner“). Das ist alles schön übersichtlich und oft pfiffig. Am Ende des Buches erfahren wir in einer Übersicht, was aus jenen Leuten, die wir durch das Jahr 1923 begleiteten, später wurde. Auch das ist willkommen, ebenso wie die Quellenangaben, die den Anhang abrunden. Optisch spricht das Buch ebenfalls an.
Erfreulich fand ich die Vielfalt der Themen – Kultur, Politik, Alltag, Lebensumstände, Wirtschaft, es ist alles dabei. Mir war es etwas zu viel Politik und etwas zu wenig Alltag, denn die politischen Entwicklungen kenne ich, an diesem Buch hatte mich eigentlich der Blick auf das allgemeine Leben gereizt. Aber das sind natürlich auch persönliche Präferenzen, größtenteils ist die Mischung für mich gut gelungen. Es gibt viele interessante Hintergrundinformationen, die sowohl persönliche wie auch politische Zusammenhänge gut erklären, nur gelegentlich fehlten mir einige erklärende Sätze zu einer knappen Aussage. Man kann hier auf unterhaltsame Weise eine Menge erfahren, das Buch liest sich leicht und angenehm. Ein erfreuliches Leseerlebnis, das Informationen gelungen vermittelt und dem offensichtlich eingehende Recherche zugrunde liegt.

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Veröffentlicht am 22.03.2022

Stilistisch gelungene Reise durch eine Familie

Dschinns
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Dschinns zog mich umgehend durch den ungewöhnlichen Schreibstil in meinen Bann. Hüseyin, das erste Familienmitglied, das wir in diesem Buch über eine türkische Familie kennenlernen, wird direkt angesprochen ...

Dschinns zog mich umgehend durch den ungewöhnlichen Schreibstil in meinen Bann. Hüseyin, das erste Familienmitglied, das wir in diesem Buch über eine türkische Familie kennenlernen, wird direkt angesprochen und so erleben wir ihn, in dem Monolog, den jemand – ein Dschinn – mit ihm hält. Während Hüseyin voller Freude die neue Wohnung erkundet, die er für sich und seine Familie in Istanbul gekauft hat, erfahren wir in stetigem Wechsel von Gegenwart und Vergangenheit einiges aus seinem Leben, z.B. den Jahrzehnten harter Arbeit in Deutschland oder den Angehörigen. Es macht neugierig, während der farbige Schreibstil die Szenerie aufsteigen lässt und ich schon glaubte, neben Hüseyin in der Wohnung zu stehen.
Jedes der sechs Kapitel widmet sich einem anderen Mitglied dieser Familie, bringt die Gegenwartshandlung voran und nimmt uns gleichzeitig mit in die Vergangenheit. Nach und nach erfahren wir so immer mehr über die Familienmitglieder, ihre Beziehungen zueinander und ihre Dschinns – wie man diese nun interpretieren mag. Im Buch selbst gibt es einige Ansätze dazu, ob nun unausgesprochene Wahrheiten, die Lasten der Vergangenheit oder eine Mischung aus vielem. Jedes Familienmitglied hat jedenfalls seine ganz persönliche Last zu tragen und diese wird uns enthüllt. Die Erzählsprache wechselt je nach Kapitel, passt sich dem jeweiligen Charakter an. Das ist gut gelungen, allerdings wurde durch diese Methode die Sprache in einem Kapitel so vulgär, abgehackt und hektisch, dass sie zwar dem Charakter entsprach, aber unangenehm zu lesen war. Insgesamt aber ist der Schreibstil – abgesehen von der zu häufigen Verwendung von Eigennamen anstelle von sie/er – eine Freude und sticht positiv heraus.
Da jedes Kapitel aus dem persönlichen Blickwinkel des jeweiligen Protagonisten geschrieben ist, erhalten wir sowohl dessen Eigensicht wie auch die Sicht von außen, also den anderen Familienmitgliedern. Das ist ausgezeichnet gemacht und beleuchtete manche Geschehnisse noch auf ganz neue Weise. Das ganze Buch war wie eine Entdeckungsreise durch die Familie – eine überwiegend traurige Entdeckungsreise, denn diese Familie ist alles andere als glücklich. Uns begegnet eine Vielzahl an Schicksalen, für meinen Geschmack waren es zu viele, gerade bei einem Familienmitglied häufte sich eins auf das andere, bis die Katastrophen-Kulmination letztlich die Gesamtwirkung eher schwächte. Auch das Ende setzt eins auf das andere, bis es einfach zu viel wird. Es gab einen Moment mit einer Enthüllung, der für mich ein perfektes Ende gewesen wäre und mich tief berührt hat. Darauf wurden dann aber noch gleich drei weitere Dinge draufgesetzt und so war mein letzter Eindruck des Buches leider: „Viel zu überzogen.“ Es ist insgesamt doch etwas unglaubwürdig, was in einer Familie alles zusammenkommt, leider gerieten dadurch auch einige interessante Themen (z.B. die kurdische Herkunft der Familie) in den Hintergrund, einige Fragen wurden für mich nicht hinreichend beantwortet, während andere Themen eher dem momentanen Zeitgeist geschuldet scheinen und zur Geschichte nichts Relevantes beitrugen, sondern eher irritierten. Bedauerlich finde ich auch, dass sowohl bei manchen Charakteren als auch manchen Erlebnissen und Äußerungen tief in die Klischeekiste gegriffen wurde. Hier habe ich oft gedacht, dass viele Möglichkeiten verschenkt wurden.
Dschinns ist in jedem Fall ein ungewöhnliches und vielseitiges Buch, das mir zudem einen aufschlussreichen Blick in das Leben einer türkischen Familie bot. Mit weniger Klischees und weniger Übertreibungen wäre dieser Blick eindringlicher und nachdrücklicher gewesen, aber auch so war es ein Leseerlebnis.

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Veröffentlicht am 13.03.2022

Sprachlich begeisternde, gut recherchierte Reise in die Goethezeit

Goethe in Karlsbad
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Ralf Günthers erfreulicher Schreibstil und sorgfältige Recherche sind mir schon in seinem Buch „Der Leibarzt“ aufgefallen, weshalb ich mich auf dieses neue Buch – noch dazu mit dem Sujet Goethe! – besonders ...

Ralf Günthers erfreulicher Schreibstil und sorgfältige Recherche sind mir schon in seinem Buch „Der Leibarzt“ aufgefallen, weshalb ich mich auf dieses neue Buch – noch dazu mit dem Sujet Goethe! – besonders freute. Wir begleiten den Geheimrat 1816 zu seiner Kur nach Karlsbad, die aber schon bald durch mehrere unerwartete Ereignisse abgekürzt wird. Der Schreibstil ist eine wahre Freude, Ralf Günther bedient sich durchweg einer der Epoche angemessenen Schreibweise, was leider nur wenige Autoren historischer Romane tun. Der Stil wirkt keineswegs gekünstelt, sondern sowohl natürlich wie auch angenehm. Ich habe viele Formulierungen mehrfach gelesen und den gekonnten Umgang mit Sprache genossen. Auch die Recherche zeigt sich in vielen gut eingebundenen Einzelheiten ebenso wie in der Schaffung einer authentischen Atmosphäre. Auch die historisch belegten Charaktere sind glaubhaft zum Leben erweckt.
Die Handlung konnte mich leider nicht ganz so umfänglich begeistern wie der Schreibstil. Der Haupthandlungsstrang widmet sich einem jungen Liebespaar, welches Goethe vor einem von seinem Werther inspirierten Suizidversuch rettet. Sein nachfolgendes Engagement für dieses Paar erschien mir nicht ganz plausibel, auch sind die beiden jungen Leute und ihre Situation für mich nicht hinreichend ausgearbeitet und die Handlung widmet sich überwiegend diversen Unterhaltungen über das Wesen der Liebe, die sich ziemlich wiederholen und für meinen Geschmack zu sehr von pathetischen Gemeinplätzen leben. Auch die Haltung der Eltern sowie die Eltern selbst waren mir zu schablonenartig.
Wesentlich interessanter war für mich der andere Handlungsstrang, der sich dem titelgebenden Goethe und einigen seiner privaten Beziehungen widmet. In den Szenen, welche in seinem Haus am Frauenplan spielen, war die Atmosphäre wieder herrlich geschildert, ich sah die Zimmer, den Hof und den Garten vor mir, seine Familie wirkt authentisch, wenn auch Christiane etwas sehr wohlwollend und der Sohn August leider nur kurz geschildert wird. Was die Beziehung Goethes zu seiner Frau betrifft, gibt es im Buch leider ebenfalls einige sich wiederholende Passagen, dafür aber auch anrührende Szenen. Diese häuslichen Verhältnisse wirkten auf mich authentischer und mitreißender als der andere Handlungsstrang, gaben auch mehr Einsicht in Goethe und sein Leben. Für mich persönlich wäre dies ein gelungenerer Fokus des Romans gewesen.
Insgesamt ist das Buch eine erfreuliche Lektüre für jeden, der Goethe und/oder jene Zeit des frühen 19. Jahrhunderts interessant findet. Der Roman ist kurz, verzichtet angenehm auf Überflüssiges und widmet sich dem Wesentlichen – bei Goethes Familienleben hätte es, wie gesagt, sogar ruhig mehr sein dürfen –, nutzt diese etwa 170 Seiten auf positive Weise inhaltsreich. Auch der feste Einband erfreut mit einer gelungen dezenten Gestaltung und ich kann nur noch mal hervorheben, welch herrlichen Umgang mit Sprache Ralf Günther pflegt!

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Veröffentlicht am 05.03.2022

Eine Hohenzollern-Elegie

Potsdam
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Diese Neuauflage des 1924 erschienenen Buches führt uns mit Ludwig Sternaux‘ gewählter, melancholischer Sprache durch Potsdam, insbesondere Parks und Schlösser. Jedes Kapitel widmet sich einer anderen ...

Diese Neuauflage des 1924 erschienenen Buches führt uns mit Ludwig Sternaux‘ gewählter, melancholischer Sprache durch Potsdam, insbesondere Parks und Schlösser. Jedes Kapitel widmet sich einer anderen Sehenswürdigkeit und wird in dieser Ausgabe jeweils mit einem entsprechenden Foto versehen, was eine gelungene Idee ist. Ein kurzes Nachwort berichtet ein wenig über Sternaux. Dort wird erwähnt, dass Sternaux von Fontanes Stil beeinflusst wurde, und das ist im Buch deutlich ersichtlich. Der Umgang mit Sprache ist kunstvoll, träumerisch, gelegentlich etwas schwülstig. Zu 1924 passt es weniger als zu der von Sternaux unablässig wehmütig beschworenen Kaiserzeit. Sternaux beschreibt atmosphärisch, verliert sich manchmal ein wenig in diesen Beschreibungen. Die Formulierungen sind ausnehmend schön, im Übermaß fand ich sie allerdings etwas anstrengend, weshalb ich das Buch in kürzeren Abschnitten gelesen habe. Auch ähnelt sich vieles. Trotzdem liest sich dieser Umgang mit Sprache erfreulich und ist für jene untergegangene Welt der Schlösser, Romantik, Kunst und Könige angemessen.

Die Beschreibungen sind ausführlich und liebevoll, malen Bilder. Die Detailfreude der architektonischen Beschreibungen war mir manchmal etwas zu viel. Erfreulich sind die Hintergrundinformationen sowohl zu Potsdam selbst wie auch zu der jeweiligen Geschichte der beschriebenen Bauwerke und Parks. Hier habe ich interessante Einzelheiten erfahren und man merkt, dass Sternaux mit den Hohenzollern vertraut ist. Ich könnte mir vorstellen, dass Leser, die sich mit preußischer Geschichte nicht so gut auskennen, gelegentlich ein wenig verwirrt sind, aber zu umfangreiche Erklärungen hätten zum Text nicht gepasst und Sternaux lässt Geschichte herrlich lebendig werden. Allerdings ist die romantisierende Idealisierung der Hohenzollern teilweise unangenehm.
Ein Punkt, der mir das Lesevergnügen ziemlich beeinträchtigt hat, war die unablässig geäußerte Trauer über die Abdankung des Kaisers. Was beim ersten Mal noch einen interessanten Einblick in die Gemütsverfassung jener Zeiten bot, wurde beim fünften oder sechsten „die arme, gute Kaiserin liegt tot in ihrem Sarg und der arme, gute Kaiser muss Holz hacken, während hier der Pöbel alles zerstört“ nicht nur wegen der ständigen Wiederholung mit fast gleichlautender Wortwahl anstrengend.

Insgesamt aber war dieser Spaziergang durch Potsdam, der mit so offenkundigem Herzblut und sprachlicher Eleganz verfasst wurde, eine interessante Erfahrung, ein Blick sowohl in die vergangene Welt der Monarchie wie auch jener unruhigen Zeit der Weimarer Republik. So gelungen bildhaft wurden Gebäude wohl selten beschrieben und wieder ins Leben gerufen.

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