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Veröffentlicht am 07.11.2024

Aufgegeben

Antichristie
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Diesen Roman, der es sogar auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2024 geschafft hat, wollte ich unbedingt lesen, nachdem mich das letzte Buch der Autorin sehr fasziniert hat und das Cover ein extrem ...

Diesen Roman, der es sogar auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2024 geschafft hat, wollte ich unbedingt lesen, nachdem mich das letzte Buch der Autorin sehr fasziniert hat und das Cover ein extrem gelungener Eyecatcher ist. Und dann? Ich habe nach nicht einmal einem Viertel der Seiten aufgegeben.

Dabei hat der Beginn von Mithu Sanyals „Antichristie“ durchaus meine Neugier geweckt. Er ist tragikomisch geschrieben und besteht aus einem Feuerwerk an Ideen, Andeutungen und Referenzen. Allerdings bin ich im weiteren Verlauf letztlich daran gescheitert: Die Anspielungen auf hinduistische Götter, die indische Kolonialzeit, das British Empire, Doctor WHO und Agatha Christie geben sich nahtlos die Klinke in die Hand und man sollte am besten von allem eine Ahnung haben, um der irrwitzigen Geschichte folgen zu können.
Grob gesagt geht es um Protagonistin Durga, die um ihre kürzlich verstorbene Mutter trauert, als sie beruflich nach London reist. Dort soll sie an einer Agatha-Christie-Serie mitschreiben, die die Queen of Crime komplett neu erfindet. Zeitgleich stirbt auch noch die echte Queen. Und als wäre das nicht schon alles trubelig genug, reist Durga plötzlich unfreiwillig in der Zeit zurück und findet sich nicht nur zu Anfang des 20. Jahrhunderts wieder, sondern auch als Mann. Beim Versuch, sich zurechtzufinden, trifft sie/er schnell auf zukünftige indische Widerstandskämpfer, die wiederum die Helden ihrer deutschen Mutter waren. Diese hatte sich übrigens posthum nochmal per WhatsApp gemeldet, als Durga schon in London war. Uff.

Vielleicht hätte mich „Antichristie“ mehr amüsiert und gefesselt, wenn ich über die genannten Themen mehr gewusst hätte. So war mir das alles zu chaotisch und außerdem zu abgefahren. Immerhin habe ich nun den vagen Plan, mich bezüglich Doctor WHO weiterzubilden.

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Veröffentlicht am 04.10.2024

Viel Übernatürliches, wenig überzeugende Handlung

Die Unmöglichkeit des Lebens
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Wie so viele andere hat mich „Die Mitternachtsbibliothek“ absolut begeistert. Schon seit Langem wollte ich mal wieder etwas von Matt Haig lesen, nun war es endlich soweit.

„Die Unmöglichkeit des Lebens“ ...

Wie so viele andere hat mich „Die Mitternachtsbibliothek“ absolut begeistert. Schon seit Langem wollte ich mal wieder etwas von Matt Haig lesen, nun war es endlich soweit.

„Die Unmöglichkeit des Lebens“ begann in meinen Augen vielversprechend: Grace Winters ist eine verwitwete, pensionierte Mathematiklehrerin, die sich schon lange jedes Vergnügen versagt. Der Tod ihres Sohnes Daniel, noch im Kindesalter, hat sie ihrer Lebensfreude beraubt, der ihres Mannes vor wenigen Jahren sein Übriges dazu beigetragen. Grace Winters ist selbstgewählt einsam und ihre Tage verlaufen ziemlich monoton. Das ändert ein unerwartetes Erbe: Eine ehemalige Kollegin hat Grace ihr Häuschen auf Ibiza vermacht und einer überraschenden Laune folgend fliegt diese kurzentschlossen dorthin. Dass das ihr Leben grundlegend verändert, erfährt man bereits auf den allerersten Seiten, denn der Roman beginnt mit zwei Briefen: Graces früherer Schüler Maurice schreibt ihr, weil sie immer nett zu ihm war und er gerade in einer schwierigeren Lebensphase ist. Und sie antwortet ihm sehr herzlich und schickt ihm außerdem im Anhang ihre Geschichte mit – mit der Bemerkung, dass sie nie an Magie geglaubt hat und sich daran auch nichts geändert hätte. Nun ja.
Zauberstöcke und -sprüche kommen in Graces Geschichte vielleicht nicht vor, aber übernatürliche Aktivitäten spielen in „Die Unmöglichkeit des Lebens“ eine entscheidende Rolle, und zwar in einem Ausmaß, der mich immer wieder aufs Neue überrascht hat. Mit einem Hauch von Unerklärbarem hätte ich gut leben können. Aber hier steht das Paranormale dermaßen im Vordergrund, dass ich stellenweise das Gefühl hatte, es geht nur noch darum und die Handlung bleibt komplett auf der Strecke. Grob gesagt sind Matt Haigs Themen Umweltschutz, Ibiza und die Verarbeitung von persönlichen Traumata und Schuldgefühlen. Er verbindet sie mit einem ziemlich großen Schuss Übernatürlichem, auf den ich nicht näher eingehen will, um nicht zu viel vorwegzunehmen. Überzeugt hat mich das Ganze nicht.
Zwar schreibt Matt Haig gewohnt großartig, behutsam und empathisch über menschliche Empfindungen und formuliert auch in diesem Roman wieder Lebensweisheiten, die ich mir am liebsten abgeschrieben hätte. Aber die Handlung ist in meinen Augen zunehmend wild zusammengeschustert und wird eigentlich nur durch die übernatürlichen Phänomene zusammengehalten. Da passt dann auch einiges nicht so recht zueinander.

Als ich mit dem Buch begann, war ich davon überzeugt, dass ich es toll finden würde und musste mir dann irgendwann eingestehen: nö. Aber es war sicher nicht mein letzter Roman von Matt Haig – neues Buch, neues Glück?

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Veröffentlicht am 05.09.2024

Fröhlich und farbenfroh

Kuckuck, Kacka!
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Kleinkinder lieben Pappbilderbücher mit Schiebern und das Thema "Kacka" ist im Alltag von Zweijährigen ebenfalls sehr präsent. Insofern ist bei "Kuckuck, Kacka!" der Erfolg eigentlich schon vorprogrammiert. ...

Kleinkinder lieben Pappbilderbücher mit Schiebern und das Thema "Kacka" ist im Alltag von Zweijährigen ebenfalls sehr präsent. Insofern ist bei "Kuckuck, Kacka!" der Erfolg eigentlich schon vorprogrammiert. Die Illustrationen sind außerdem bunt und niedlich und die Reime zu den einzelnen Figuren leicht verständlich. Dass einfach ALLE Kacka machen - vom Monster bis zur Meerjungfrau - kommt als Thema ebenfalls gut an. Kleiner Wermutstropfen: In dieser Altersgruppe sind Roboter, Einhörner, Geister, Drachen usw. noch gar nicht soooo präsent wie später. Zumindest in unseren sonstigen Kinderbüchern spielen Fabelwesen noch keine große Rolle, da geht's mehr um Bauernhöfe, Alltagsszenen, Wimmelbilder, Jahreszeiten und wilde Tiere. Wie das Alpaka Kacka macht interessiert tendenziell mehr als der gleiche Vorgang beim Gespenst - was aber durch die Schiebeeffekte fast wieder wett gemacht wird. Insgesamt ein süßes, fröhliches und farbenfrohes Buch.

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Veröffentlicht am 25.08.2024

Selbstfindung in Brasilien

Sobald wir angekommen sind
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Ben Oppenheim ist Ende vierzig, semi-erfolgreicher Schriftsteller, nicht praktizierender Jude, lebt in Zürich und von seiner Ehefrau Marina getrennt. Er hat zwei Kinder, eine Geliebte und jede Menge Selbstzweifel. ...

Ben Oppenheim ist Ende vierzig, semi-erfolgreicher Schriftsteller, nicht praktizierender Jude, lebt in Zürich und von seiner Ehefrau Marina getrennt. Er hat zwei Kinder, eine Geliebte und jede Menge Selbstzweifel. Als der Krieg in Osteuropa jedoch näher zu rücken scheint und Marina und er den Ausbruch des dritten Weltkriegs befürchten, sind sich beide für einen Moment ihrer Sache ganz sicher. Kurz darauf sitzen sie mit Kindern und Gepäck im Flugzeug nach Brasilien – in das Land, in das schon Bens Vorbild Stefan Zweig auf seiner Flucht vor den Nationalsozialisten emigriert ist. Für einen Moment scheint alles möglich, doch dann muss Ben feststellen, dass er seine Unsicherheiten und Probleme nicht in Zürich zurückgelassen hat.

Wäre die Hauptfigur nicht schon fortgeschrittenen Alters, wäre ich glatt versucht, diesen Roman mit „Coming of Age“ zu beschreiben. Doch Ben ist längst erwachsen. Eventuell befindet er sich in einer Midlife-Crisis, doch die Ängste, mit denen er kämpft, scheinen ihn bereits den Großteil seines Lebens zu begleiten und werden von ihm gerne auf seine jüdische Herkunft und die Last der Geschichte zurückgeführt – Bens Reflektionen hierzu haben mich zum Teil berührt und zum Teil überfordert. Paradoxerweise sind diese Ängste sowohl mit extremer Selbstkritik als auch der Gewohnheit, die Schuld bei anderen zu suchen, gepaart. Da der Erzähler Bens Innenleben und Gedanken minutiös enthüllt, bleibt Leserinnen und Lesern wenig erspart: Seine Larmoyanz ist allgegenwärtig und nur erträglich durch die glücklicherweise ebenfalls vorhandene Selbstironie und die pointierte Sichtweise auf das Leben. Als seine Ex zu ihm sagt: „Je schlechter es dir geht, desto lustiger bist du“ antwortet Ben zum Beispiel: „Ohne Deine Hilfe könnte ich das nicht.“
Der Humor und die Neugier darauf, ob und wie Ben sein Leben in den Griff kriegt, haben mich bei der Stange gehalten. „Sobald wir angekommen sind“ liest sich kurzweilig, auch wenn die Hauptfigur einem ein gewisses Maß an Geduld abverlangt. Etwas ratlos, was ich aus diesem Roman eigentlich mitnehme, bleibe ich am Ende dennoch zurück.

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Veröffentlicht am 05.08.2024

Verschlungene Pfade

Man sieht sich
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Liebesromane lese ich eher selten und hätte dieses Buch daher fast verpasst. Und das wäre ziemlich schade gewesen, denn zum einen ist „Man sieht sich“ viel mehr als eine Liebesgeschichte und zum anderen ...

Liebesromane lese ich eher selten und hätte dieses Buch daher fast verpasst. Und das wäre ziemlich schade gewesen, denn zum einen ist „Man sieht sich“ viel mehr als eine Liebesgeschichte und zum anderen hatte ich lange kein Buch in der Hand, dessen unterschiedliche Zeitebenen mich alle gleichermaßen überzeugen konnten. Eine Geschichte zum Reinversinken mit zwei Protagonisten, die aus dem Leben gegriffen scheinen.

Frie und Robert lernen sich Ende der 80er Jahre in der Oberstufe eines Flensburger Gymnasiums kennen. Sie ist Tochter aus gutbürgerlichem, wohlhabendem Elternhaus, er lebt mit seiner alleinerziehenden, kranken Mutter in einer kleinen Mietwohnung. Im Laufe ihrer verbleibenden Schulzeit freunden sich die beiden an, wobei Robert sich bald eingestehen muss, dass er rettungslos in Frie verknallt ist. Doch die hat ein anderes Beuteschema, außerdem sind sie befreundet, das Abi naht und beide gehen ihrer Wege. Die sich jedoch immer mal wieder kreuzen – z.B. in den 90ern in Hamburg, als Frie erkennt, dass Robert inzwischen ziemlich cool geworden ist. Oder 2002, als beide beruflich Fuß gefasst haben – wenn auch nicht unbedingt so, wie erhofft oder erwartet. 2022 haben Frie und Robert schließlich 30-jähriges Abitreffen.

Was ich richtig toll fand: „Man sieht sich“ ist kein Buch über verpasste Chancen, bei dem man die Protagonisten auf jeder dritten Seite schütteln und ihnen „Kapier’s doch endlich“ zurufen will. Es zeigt die Werdegänge zweier Menschen mit allen Brüchen, Fehlentscheidungen und schicksalhaften wie auch zufälligen Wendungen, die nun mal dazugehören. Julia Karnick schickt ihre Leserinnen und Leser auf eine kleine Zeitreise und schafft es mühelos, das Lebensgefühl sowohl verschiedener Jahrzehnte als auch Lebensabschnitte einzufangen. Wie Frie und Robert sich entwickeln, sich selbst neu erfinden oder auch treu bleiben, ist packend zu lesen. Aber auch die Nebenfiguren sind in diesem Roman stimmig entwickelt. Für mich hat alles gepasst, nur hier und da hätte ich mir die Geschichte noch etwas ausführlicher gewünscht, weil ich sie einfach so gerne gelesen habe. Zum Nachschmecken bleibt am Ende der Soundtrack zum Buch, der das Ganze noch einmal musikalisch untermalt und einen zeitweise in die 90er zurückbeamt. Gelungen!

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