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Veröffentlicht am 15.09.2016

Zu detailliert und wenig spannend.

Meine geniale Freundin
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Meine geniale Freundin Band 1 umfasst 406 Seiten reinen Textes. Zuvor gibt es eine 5-Seitige Aufstellung der handelnden Personen nach Familien geordnet. Sehr hilfreich, um durch das Gewirr von ital. Namen ...

Meine geniale Freundin Band 1 umfasst 406 Seiten reinen Textes. Zuvor gibt es eine 5-Seitige Aufstellung der handelnden Personen nach Familien geordnet. Sehr hilfreich, um durch das Gewirr von ital. Namen der gar nicht mal wenigen handelnden Personen durchzukommen. Prolog: 5 Seiten. Kindheit: 77 Seiten, Frühe Jugend: 318 Seiten.
Der Prolog hat mich fasziniert und viele Fragen aufgeworfen. Warum wollte Lila verschwinden? Wohin? Was wollte sie damit erreichen? Nun hat sie es auch getan und was nun? Da geht es aber nicht weiter. Die Fragen bleiben unbeantwortet. Der gesamte Roman besteht aus Reminiszenzen, beginnend mit früherer Kindheit.
Die Erinnerungen an die Kindheit kamen mir schon recht ausführlich vor und spätestens ab S. 55 tauchte hartnäckig die Frage auf: Und warum muss ich das alles so genau wissen? Da werden voll im Ernst, in allen Einzelheiten die Vorkommnisse in Primärschule vor Augen der Leser ausgebreitet, z.B. wer welche Puppe wohin geschmissen hat und welche Jungs mit Steinen beworfen wurden, dann kommen die Prüfungen der Primärschule, die darauffolgende Mittelstufe, die Prüfungen der Mittelstufe, das Gymnasium, zu dem die Erzählerin dann geht und Lila in Vaters Werkstatt aushelfen muss, etc. Der Detailreichtum wirkte auf mich eher ermüdend, erforderte sehr viel Zeit und Geduld.
Ich habe erwartet, dass es mit den Reminiszenzen mal aufhört und man gefesselt lesen darf, was jetzt auf der Suche nach Lila in der heutigen Zeit passiert oder ähnliches. Leider nicht. Auf die Kindheit folgte die Jugend, ebenfalls in der epischen Breite, mit den Bildern der Armut in Neapel im armen Viertel der Nachkriegszeit, denn die beiden Mädels kommen aus armen Familien, Lila ist Schusters Tochter und Linús Vater ist Pförtner in der Stadtverwaltung. Die Autorin kümmert sich gar nicht darum, den Leser zu fesseln, Sympathie für ihre Protagonistinnen zu erzeugen, ihre Geschichte spannend aufzubauen und entsprechend zu präsentieren. Elena Ferrante ähnelt in der Hinsicht den Leuten, die sich sehr gerne reden hören, in aller Selbstverständlichkeit davon überzeugt, dass ihr pausenloses Geplapper auch freie Ohren findet. Die Art der Stoffdarbietung ist reine Berichterstattung durchwirkt mit einigen Dialogen.
Aus dem ganzen Ungetüm schälen sich irgendwann die Bilder der damaligen Zeit, der Zwei-Klassen-Gesellschaft: hier die Reichen und Schönen, dort die armen Malocher, die sich mal zum Spaziergang auf die besseren Straßen getraut haben, wie auch einige Probleme des Erwachsenwerdens.
Die beiden Mädels sind recht unterschiedlich, was in früherer Jugend noch deutlicher wird, halten aber zusammen, denn Linú, die Erzählerin, die brave Gymnasiastin, ist nach wie vor von Lila und ihrem Charakter fasziniert. Im letzten Drittel wurde es paar Seiten lang spannend, denn Lila hat zwei Verehrer und die beiden wollen sie heiraten. Das Mädel ist gerade fünfzehn, das macht aber nichts. Mit sechzehn wird geheiratet. Der Roman endet am Lilas Hochzeitstag. Es gibt noch weitere drei oder vier Bänder. Vllt im letzten wird die Auflösung für Lilas Verschwinden aus dem Prolog präsentiert.
Ich lese zwar gerne in Reihen und Romane über Freundschaft gehören zu meinen Favoriten, kann mich insg. schon für vieles begeistern, aber hier werde ich nicht so viel Durchhaltevermögen haben und Unmenge an Zeit aufbringen können. Die Sprache ist zwar griffig und aussagekräftig, aber zu viel Narrativ insg. und Unmenge an Details. Ferrantes Kunstfertigkeit hat es nicht geschafft, mich für ihre Geschichte zu entflammen. Keine Ahnung, warum man es lesen soll. Drei Sterne mit viel Wohlwollen.

Veröffentlicht am 28.01.2019

Kann man getrost vergessen.

Hochamt in Neapel
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Kurzversion für Eilige: Hanebüchene, unglaubwürdige Handlung, marionettenhafte Figuren, russophob, ekelerregend, langweilig. Der Leser wird offensichtlich für dumm gehalten. Wenn Sie etwas Gutes zum Lesen ...


Kurzversion für Eilige: Hanebüchene, unglaubwürdige Handlung, marionettenhafte Figuren, russophob, ekelerregend, langweilig. Der Leser wird offensichtlich für dumm gehalten. Wenn Sie etwas Gutes zum Lesen suchen, suchen Sie weiter.
Vollversion.
Eigentlich habe ich mit einem tollen Krimi gerechnet, dem ich eine begeisterte Rezension mit fünf Sternen schreiben kann. Leider kam es anders, deutlich anders. Ich war so enttäuscht, entsetzt, empört, dass ich dieses Machwerk spätestens nach S. 139 in die hinterste Ecke oder gleich in die Altpapiertonne auf Nimmer-Wiedersehen befördert hätte. Zu einem Leseexemplar gehört aber eine Rezension. Also tat ich es mir an.
Wenn man bloß nichts hinterfragt und brav den Fertigbrei schluckt, der hier serviert wird, mag es evtl. gehen. Aber so lese ich nicht. Das mach keinen Spaß. Wenn man liest, ohne nachzudenken, hat man den Sinn des Lesens nicht verstanden.
Gleich zu Anfang sprangen mir die Unstimmigkeiten ins Auge.
Fangen wir mit der suboptimalen Wahl des sog. MacGuffins an. Es ist oft ein Gegenstand, dem ein sehr hoher Wert und zukunftsweisende Bedeutung beigemessen wird. So etwas wollen die kontrahierenden Parteien, die Guten und die Bösen, unbedingt ergattern. In diesem Fall ist es eine uralte Reliquie, die nun die Vertreter der kath. Kirche und ihre Verbündete, die Protagonisten in diesem Krimi, finden wollen. Hierfür wird viel Zeit und allerhand anderer Kapazitäten verwendet. Oft inspiziert man die dunklen, staubigen, unterirdischen Räume. Zur Abwechslung findet man sich in den kath. Kirchen oder auch in Archiven wieder. Keine der Figuren schaltet den gesunden Menschenverstand ein und begreift, dass es nach mehreren Jahrhunderten von dieser Reliquie nichts mehr übriggeblieben sein kann. Die Guten wie die Bösen betreiben einen Wahnsinnaufwand, völlig verblendet ob der angeblichen hohen Bedeutung dieser Reliquie. Dabei gerade bei den Bösen ist es sehr unwahrscheinlich, dass sie dem Hauptbösewicht weiterhelfen kann. Seine Probleme kann man damit nicht lösen. So etwas kann nur jemand annehmen, der keine Ahnung von Menschen dieser Art hat. Die unterliegende Annahme also, dass ihm dieser Gegenstand von Nutzen sein kann, ist schlicht absurd. Und eben dadurch, dass die Figuren wie bloße Marionetten dastehen und dieser Handlungsstrang zur sinnfreien Jagd ausartet, kippelt es hier schon stark in Richtung einer makabren Farce, die den Titel „Viel Lärm um nichts“ verdient.
Der zweite Handlungsstrang, bei dem die Polizei den Mord an einem Zollbeamten untersucht, schaut anfangs etwas besser, glaubwürdiger aus. Hier liegt ein ernstes Thema zugrunde: Umweltsünden, die der Gesundheit der Bevölkerung stark abträglich sind. Am Ende rutscht es doch ins Anektdotenhafte, da die beiden Stränge zusammenkommen. Diese Anekdote hat mal Jörg Maurer in einem seiner Allgäu-Krimis prima zum Ausdruck gebracht. Kurz gesagt: Die lokalen Größen sind Meister im Fach Mistbauen, skrupellos und ohne Rücksicht auf Verluste. Wer ist aber schuld? Raten Sie mal… Der Russ. Kein Witz. Die Handlung wird einfach dahingebastelt. Noch vor paar Jahrzehnten stand an dieser Stelle, des Sündenbocks, eine andere Nation. Das Prinzip und die Mechanismen der Verhetzung blieben dieselben. Bis heute. Mahatma Gandhi hat mal gesagt: „Die Geschichte lehrt uns, dass sie uns nichts lehrt.“ Recht hat er.
Wenn ein Werk des Unterhaltungsgenres zweckentfremdet wird, und statt guter Unterhaltung krude politische Ansichten unter die Leser zu bringen sucht, auf eine abartige Art und Weise noch dazu, macht es keinen Spaß. Ich habe mich so ekeln müssen, dass ich paar Tage lang das Buch nicht anfassen konnte. Mich kostete es schon große Überwindung, da weiterzumachen. Mit viel gutem Zureden, paar humorigen Regio-Krimis zur Aufheiterung, einem Drittel einer guten Biographie, der Hälfte eines weiteren Sachbuches in den zahlreichen Pausen ging es einigermaßen.
Dieses Um-die Reliquie-herum- Getue ödete zum Schluss nur noch an. Ich hatte den Eindruck, dass man hier krampfhaft versucht, aus etwas Angestaubtem, das schon lange niemanden mehr interessiert, da das Leben weitergeht, doch noch etwas halbwegs Brauchbares herauszuquetschen. Gerade an solchen Stellen las es sich zäh.
Es gibt auch zu viel Füllstoff, i.e. Beschreibungen, die herzlich wenig interessieren, oder auch das bloße Blabla in den vielen Dialogen, wodurch das Ganze unnötig aufbläht wurde, und für Gedanken wie „OMG, wann ist es endlich vorbei“, sorgte. Die Stoffwiederholungen, die das Geschehen zum zigsten Mal durchkauen, als ob man vorher kaum eine Seite gelesen hätte, schlagen in dieselbe Kerbe. Wenn man die Leser und ihr Denkvermögen so geringschätzt, warum schreibt man überhaupt?
„Sehr kunstfertig“ wurde auch die Vorgeschichte des Bösewichtenteams präsentiert: In einem Stück dem Leser vor die Füße geworfen. Hierfür wurde die Erzählperspektive plötzlich in die vom Mafioso gewechselt, was sonst vorher an keiner anderen Stelle der Fall war.
Und last but not least: Wer seine tägliche Dröhnung stumpfer Russophobie braucht, ist hier goldrichtig. Eine Art Wettbewerb scheint unter so manchen Autoren ausgebrochen zu sein: Wer das abartigste Feindbild Russlands abliefert. Dieses Machwerk kann in der Hinsicht die vordersten Plätze für sich beanspruchen. Der werte Autor hat zwar wenig Ahnung von Land und Leuten, das sieht man schon an dem Satz, der den Lesern weißmachen will, die Sanktionen würden da groß jemanden kümmern, fühlt sich aber verpflichtet, russenfeindliche Stimmung unter die Leser zu bringen.
Was die Sanktionen angeht: Es ist Wunschdenken der Schreibtischstrategen, die diesen Unsinn in die Welt gesetzt haben, er würde schaden. Das Gegenteil ist der Fall. Die Russen lachen darüber: Ihr schießt doch euch selbst ins Knie. Wie schlau ist das denn. Dabei lassen sie die stillgelegten Industriezweige aufleben. Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Autoindustrie, nur um einige wenige zu nennen, blühen wieder auf. Arbeitsplätze werden geschaffen. Die Binnennachfrage nach einheimischen Produkten steigt etc. pp. Sie haben viele Vorteile aus der Situation gezogen. Da hat die Wirtschaft einen guten Aufschub erfahren. Aus freien Stücken, wenn sie die Ware nach wie vor aus Europa beziehen würden, hätten sie sich dazu nie aufgerafft. Und hierzulande werden Märchen vom bösen Russ erzählt, der angeblich ach so sehr unter Sanktionen leidet.
Wenn Sie etwas Adäquates zum Thema Russland lesen wollen, hier paar sehr lesenswerte Titel:
„Eiszeit“ und „Russland verstehen“ von Gabriele Krone-Schmalz,
„Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung“ von Hannes Hofbauer,
„Plot to scapegoat Russia“ von Dan Kovalik,
„Putin Interviews“ von Oliver Stone,
„Wir sind die Guten“ von Bröckers/Schreyer,
ferner:
„Illegale Kriege“ von Daniele Ganser,
„Kampf oder Untergang“ von Chomsky/Feroz, „Wer beherrscht die Welt“ von Chomsky,
„Warum schweigen die Lämmer?“ von R. Mausfeld,
„Machtbeben“ von D. Müller,
„Der Fluch der bösen Tat“, Peter Scholl-Latour.

Fazit: Unglaubwürdige Handlung, marionettenhafte und ebenso wenig glaubhafte Figuren. Stellenweise sehr ekelhaft, hochgradig russophob, langweilig. Für meine Lesezeit kann ich mir echt anderen Lesestoff vorstellen.

Veröffentlicht am 01.09.2018

Vergessen wir es.

Slow Horses
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Bei dem Buch stand in der Beschreibung: „»Wenn Sie dieses Jahr nur einen Spionagethriller lesen, dann lesen Sie ›Slow Horses‹. Oder noch besser die ganze Serie.« The Spectator, London.“ Und ich dachte, ...

Bei dem Buch stand in der Beschreibung: „»Wenn Sie dieses Jahr nur einen Spionagethriller lesen, dann lesen Sie ›Slow Horses‹. Oder noch besser die ganze Serie.« The Spectator, London.“ Und ich dachte, gut, das könnte evtl. gehen. Weiteres über den Inhalt war mir nicht bekannt.
Bei S. 167 gebe ich einfach auf. Bis etwa S. 115 hat sich der Thriller recht behäbig entwickelt. Nach einem rasanten Anfang fiel die Spannung deutlich ab, was ich eigentlich schon oft in dem Genre erlebt habe.
All die Figuren mussten recht umständlich, meist in Dialogen, vorgestellt werden. Sie blieben mir trotzdem fern, mit keiner konnte und wollte ich durch die Geschichte weitergehen. Bis dahin war alles offen, und es könnte durchaus noch gut werden, aber als der werte Autor das Ganze in Richtung live Enthauptung im Netz gelenkt hatte, da war meine Geduld endgültig am Ende.
Abgesehen davon, dass dieses Thema auszuschlachten, ich sage es so, weil dies auf paar Seiten gleich Dutzende Male vorkommt, einfach erwähnt oder auch in Szenen, mir geschmacklos erscheint, so sehr nach Effekthascherei und sich bequem ins gemachte Nest setzen wollen, aber auch nach kaltem Kaffee von vorgestern, nochmals aufgewärmt, zudem stellt es auch ein Armutszeugnis für den Einfallsreichtum des werten Autors aus. Es genügte mir schon, dass die Leitmedien diese Enthauptungen vor paar Jahren ausgeschlachtet haben. Jetzt bemüht sich auch der werte Autor redlich, mir diesen Unfug schmackhaft zu machen. Dafür ist mir meine Lesezeit zu kostbar.
Flüssig geschrieben ist es, aber kraft des mangelhaften Inhalts lege ich dieses „Meisterwerk“ beiseite.

Veröffentlicht am 27.04.2018

Viel heiße Luft

Die Tyrannei des Schmetterlings
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Nachdem paar bekannte Autoren ihre Werke zum Thema KI (Künstliche Intelligenz) abgeliefert haben, geht nun auch Frank Schätzing ins Rennen.
Es war mein erstes Werk des Autors, und dabei wird es leider ...

Nachdem paar bekannte Autoren ihre Werke zum Thema KI (Künstliche Intelligenz) abgeliefert haben, geht nun auch Frank Schätzing ins Rennen.
Es war mein erstes Werk des Autors, und dabei wird es leider auch bleiben.
Schon der Anfang hat meine Geduld in vielerlei Hinsicht überstrapaziert. Was als Erstes eher negativ auffiel: das Ganze ist zu breit und zu wortreich erzählt worden. Zudem reichlich überamerikanisiert. Mir war, als ob ich in einem der letzten S. King Romane gelandet war. Bloß hier versucht Schätzing, päpstlicher als der Papst zu sein, diese ohnehin überzeichnete amer. "Coolness" in den Dialogen ums etliche verstärkt.
Ich wollte schon ziemlich früh aufgeben:
Der Autor hat nicht geschafft, mich für seinen Roman zu gewinnen. Die Figuren wirkten eher zombi- und klischeehaft, mit keiner konnte ich durch die Geschichte gehen.
Passieren im Sinne von Action tat da auch nicht viel. Dieses Wenige an Handlung war mit dicker Soße aus Blabla gründlich überkleistert.
Nahezu alles wurde ausgiebig kommentiert. Warum? Damit der Leser bloß nicht in Versuchung kommt, selbst zu denken? Alles wurde ins Kleinste vorgekaut, vorgedacht, erklärt und in Unmengen an solchem Einheitsbrei dargereicht. Mir wollte das bloß nicht schmecken. Oder ist das endlose Blabla eher dazu, darüber hinweg zu täuschen, dass es eigentlich nicht allzu viel zu sagen gibt? Stattdessen viel heiße Luft, was in Zeitverschwendung bei solch fragwürdiger Unterhaltung mündet.
Wie oft musste ich denken: Er überstrapaziert wieder mal meine Geduld. Ich war paarmal dabei, das "Vergnügen" abzubrechen, dann aber entschieden, dass ich bis zum Ende bleiben werde. Zumindest ein Werk des Autors wollte ich in Gänze kennenlernen.
Auch weiter in der Geschichte riefen die Figuren eher Befremden hervor. Mit wem soll man sich da assoziieren? Etwa mit dem Scheriff, der dieser Aufgabe kaum gewachsen scheint, sein Bildungsniveau lässt schon einiges zu wünschen übrig, und sich alles erklären lassen muss, wodurch man bei dieser Art der Infoversorgung nicht aus dem Gähnen rauskommt? Oder mit der 17-jährigen Tochter, die mal Teenie, mal Erwachsenen-Allüren an den Tag legt? Das ganze natürlich auf eine überzeichnet amerikanische Art.
So langsam reimte sich Luther, der Name der Hauptfigur, auf Looser. Insb. als es ihm auch nach zigstem Mal nicht aufging, was Ares eigentlich heißt.
Der Schreibstil ist oft hochtrabend, ja blumig, wirkt auch dadurch aufgesetzt, was im Kontrast zu den überzeichnet lässig-coolen Dialogen steht. Als ob der Autor mir etwas vortäuschen, besser dastehen will, als dies eigentlich der Fall ist.

Sorry, den Lobgesang aus der 5 Sterne Abteilung kann ich absolut nicht nachvollziehen.

Wenn man das Verhältnis von eingesetzten Sprachmitteln zu der Wirkung setzt, z.B. in Form von Mitgehen, Mitfiebern, in die Geschichte eintauchen können und wollen, schaut es in etwa wie 90 zu 10 aus. Mit reichlich an Sprachmitteln wurde vergleichsweise wenig erreicht. Es ist ein Versuch, nach dem Prinzip „viel hilft viel“ vorzugehen, was eher amateurhaft rüberkommt und höchstens Langeweile, Kopfschmerzen und Schade-um-meine-Zeit- Gefühle erzeugt.

Da lese ich doch lieber die Sachbücher. Sie sind heute so großartig geschrieben, dass sie mir viel lieber sind und viel spannender rüberkommen, auch weil man da meine Geduld nicht überstrapaziert und recht gradlinig auf den Punkt kommt, als solches mit viel heißer Luft aufgeblasenes etwas, was an Hauch von nichts in Sachen Neues zu KI denken lässt.

Sascha Rothermund liest professionell, stellenweise etwas hochtrabend und überzeichnet dramatisierend.

Fazit: Ich wollte mich für dieses Werk begeistern. Leider hat es mir wenig Anhaltspunkte hierzu geliefert.


Veröffentlicht am 24.04.2018

Verklärung statt Aufklärung.

Der Elitenreport
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„Der Eliten Report“ hat mir leider gar nicht zugesagt. Ich kam aus dem Kopfschütteln nicht heraus. Oft genug musste ich gegen den Drang ankämpfen, das Buch in die hinterste Ecke zu pfeffern. Die Altpapiertonne ...

„Der Eliten Report“ hat mir leider gar nicht zugesagt. Ich kam aus dem Kopfschütteln nicht heraus. Oft genug musste ich gegen den Drang ankämpfen, das Buch in die hinterste Ecke zu pfeffern. Die Altpapiertonne ist aber ein viel umweltfreundlicherer und adäquaterer Ort dafür.

So oberflächlich, so verklärend, so oft und gründlich um den heißen Brei herum, aber nie etwas wirklich Wissenswertes! Unverhohlene Werbung fast auf jeder Seite für diese Herrschaften, ihre Firmen und Vereinigungen, oft im Ton hochjubelnder Anbiederung, all das in einem Buch habe ich mir bei meinem besten Willen nicht vorstellen können. Das muss man erstmal hinbekommen.

Die Probleme werden höchstens mal angesprochen, als Köder am Anfang, ganz vorsichtig an der Oberfläche gekratzt, und rasch da weggerannt. Und das ganze „Vergnügen“ löst sich wieder im leeren Blabla und der Beweihräucherung der Eliten auf: Ach, ist die Beratungsfirma XY (Ich lasse den richtigen Namen hier weg) so großartig! Was für ein toller Zusammenhalt, wie prima es sich dort arbeiten lässt, welche Netzwerke, die die Jobsuche erleichtern, was für Vorzeigeunternehmer sie doch schon hervorgebracht hätten, usw. Glänzende Fassade. Wer schon mal dahinter geblickt hat, kommen bei diesen Darstellungen Begriffe wie Verklärung und Veräppelung in den Sinn.

Schon bei der Definition am Anfang, die keineswegs eindeutig ausfällt, geht es sehr elitenfreundlich, wenn nicht hochtrabend- anbiedernd zu. Weiter bleibt es auch dabei.

Ich war schlicht perplex ob der Inhaltlosigkeit dieses Reports insg. Überall im Buch stecken die Klebezettel mit meinen Kommentaren, die mir beim Lesen in den Sinn kamen: „Habe den Eindruck, die Autoren wollen eher meine Zeit stehlen, ohne mir etwas Wissenswertes dafür zu bieten.“, „Wieder bloß leeres Geschwätz“, „Ach, unverhohlene Werbung und Product Placement auch noch!“, „Bin ich hier in der Boulevardzeitung gelandet? Typisches Verhalten, um von wirklich wichtigen Dingen wegzulocken“, „Blabla, Palaver-palaver, was soll das?“, „Für welche DALs (Dümst anzunehmende Leser, ein Begriff a. d. Verlagswesen) ist das bitte geschrieben worden?“, „Verherrlichung der Großkonzerne und Eliten insg., unverhohlene Werbung zu ihren Gunsten“, „Diese Darstellungen sind nichts weiter als Werbung der Eliten“, „Wieder Werbung“, usw. So geht es bis zum Ende.

Auch die Sprache hat mich herzlich wenig erfreuen können. Entweder hochtrabend mit deutlichem Hang zur Anbiederung, wenn es z.B. um Merkel& Co. geht. Ja, die Dame taucht da auch paar Mal auf.

Oder auch flapsig, möchte-gern-cool, z.B.: Eine Juniorchefin war für ihre Aufgaben präpariert, liest man dort. Und warum nicht schlicht „vorbereitet“? Warum Fremdwörter benutzen, wenn es aussagestarke deutsche Verben gibt?

Was mir positiv aufgefallen war: Das Buch ist hochwertig gemacht: Festeinband in Hellblau, Umschlagblatt aus festem, glattem Papier, passendes Lesebändchen.

Fazit: Inhaltslos, oberflächlich, voller unnützer Infos. Anbiedernde Verherrlichung der Eliten, gepaart mit Unmengen an Werbung zu ihren Gunsten.

Mir wurde meine kostbare Lesezeit gestohlen, dabei die Absicht, etwas wirklich Wissenswertes zu geben, scheint gar nicht dagewesen zu sein.

Wenn Bücher verklären statt aufklären, habe ich kein Verständnis dafür. Schade um die Bäume, die ihr Leben dafür hergeben mussten.

Wenn Sie mal etwas Brauchbares über Eliten lesen wollen:

„Die Angst der Eliten“ von Paul Schreyer.
„Fassadendemokratie und Tiefer Staat“ von Ulrich Mies, Jens Wernicke (Hrsg.)
„Lügen die Medien?“ von Jens Wernicke.