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Veröffentlicht am 05.06.2017

Liebe und Verrat im 30-jährigen Krieg

Die Wundärztin
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Liebe und Verrat im 30-jährigen Krieg: In „Die Wundärztin“ – dem Auftakt einer Trilogie – erzählt Heidi Rehn die Geschichte der Söldnertochter Magdalena, die als Wundärztin im kaiserlichen Tross arbeitet. ...

Liebe und Verrat im 30-jährigen Krieg: In „Die Wundärztin“ – dem Auftakt einer Trilogie – erzählt Heidi Rehn die Geschichte der Söldnertochter Magdalena, die als Wundärztin im kaiserlichen Tross arbeitet. Schon als Kind lernt sie den Waisen Eric kennen, der nach dem Tod seiner Eltern als Zimmermannlehrling im Tross unterkommt. Nach Jahren werden die beiden ein Paar. Doch die Liebe ist eine verbotene, denn die Väter der beiden waren verfeindet. Nach einer Schlacht verschwindet Eric spurlos und Magdalena muss eine folgenschwere Entscheidung treffen. Im Prinzip hat mir der Roman ganz gut gefallen. Rehns Schreibstil zieht einen schnell in die Geschichte rein, sie erzählt sehr bildhaft und durchaus atomsphärisch. Auch zu den Charakteren findet man recht schnell Zugang. Ein wenig holprig fand ich den Übergang vom Prolog zum ersten Teil des Romans, auch gab es am Anfang noch ein paar Ungereimtheiten, die sich dann aber nach und nach weitgehend aufklären. Doch Vorsicht: Wer einen detaillierten, gut recherchierten Roman über den 30-jährigen Krieg lesen will, ist mit diesem Buch falsch beraten. Rehn schildert zwar sehr genau und informativ das Leben eines Feldschers im Tross und überhaupt das Leben des Tross-Gefolges, über die Hintergründe oder politischen Verstrickungen zu jener Zeit erfährt der Leser aber so gut wie nichts. An manchen Stellen hätte ich mir zwar auch tiefergehende Informationen und weniger Gefühlsduselei gewünscht, im Großen und Ganzen hat mich dar Roman aber trotzdem extrem gut unterhalten. Und irgendwie gelingt es Rehn dann doch die Stimmung der Menschen, die zu jener Zeit geherrscht haben muss, zu transportieren.

Ein ganz unterhaltsamder Historienschmöker, trotzdem werde ich die Folgebände ziemlich sicher nicht mehr lesen. Die haben dann nämlich gar nichts mehr mit dem 30-jährigen Krieg zu tun und so gepackt hat mich die Geschichte dann auch wieder nicht.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Grandiose Familiensaga

Das Haus am Alsterufer
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Was für eine mitreißende, tief gehende, rundum gelungene Familiensaga. Micaela Jary hat ihren Roman „Das Haus am Alsterufer“ in der Zeit vor und während des ersten Weltkriegs angesiedelt – eine Zeit voller ...

Was für eine mitreißende, tief gehende, rundum gelungene Familiensaga. Micaela Jary hat ihren Roman „Das Haus am Alsterufer“ in der Zeit vor und während des ersten Weltkriegs angesiedelt – eine Zeit voller Umbrüche. Im Mittelpunkt des Romans stehen die drei Töchter des Hamburger Reeders Victor Dornhain. Schon gleich zu Beginn des Romans bahnt sich ein Drama an. Denn die beiden jüngeren Schwestern Nele und Lavinia verlieben sich in den gleichen Mann. Nele verzichtet schließlich zugunsten ihrer Schwester auf die Liebe ihres Lebens. Doch der Ausbruch des ersten Weltkriegs verändert alles. Parallel dazu wird die Geschichte des Dienstmädchens Klara erzählt, die im Haus am Alsterufer eine Anstellung findet und deren Schicksal eng mit der Familie Dornhain verbunden scheint. „Das Haus am Alsterufer“ ist aber nicht nur eine Liebegeschichte, sondern im Grunde ein hervorragend gut recherchiertes Zeitdokument. So werden eben auch die sozialen Gegebenheiten und Probleme zu jener Zeit angesprochen sowie ein Blick auf die Frauenrechtsbewegung geworfen oder Bezug auf die Künstlerkolonie am Monte Veritá in der Schweiz genommen. Der Schreibstil ist gefühlvoll, vereinnahmend und packend. Ich wurde gleich von der ersten Seite an in die Geschichte hineingezogen und konnte das Buch kaum mehr zur Seite legen. Auch die Charaktere waren alle greifbar und sind mir sehr ans Herz gewachsen. Das Ende war relativ offen, was ich aber in diesem Fall gar nicht so schlimm fand. So lässt einen der Roman auch etwas in sich gekehrt zurück. Vielleicht besteht aber auch Hoffnung auf eine Fortsetzung. Summa summarum ein grandioser historischer Roman, der alles hat, was ein guter Roman braucht.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Zu leise Töne

Pink Moon
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Diese Rezension muss ich mit einem „eigentlich“ beginnen. Eigentlich mag ich nämlich die Werke von Frank Goosen sehr. Zumindest „So viel Zeit“ und „Sommerfest“ haben mich nur begeistert. „Pink Moon“ hat ...

Diese Rezension muss ich mit einem „eigentlich“ beginnen. Eigentlich mag ich nämlich die Werke von Frank Goosen sehr. Zumindest „So viel Zeit“ und „Sommerfest“ haben mich nur begeistert. „Pink Moon“ hat meinen Geschmack aber so überhaupt nicht getroffen. Goosen erzählt die Geschichte von Felix, der als stiller Teilhaber der Bar „Pink Moon“ seinen Lebensunterhalt verdient. Felix ist ein seelisch angeknackster Typ, der Probleme hat, tiefere Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Diese Probleme rühren daher, weil er seinen leiblichen Vater nie kennengelernt hat und mit einer Mutter aufgewachsen ist, die sich ihr Leben lang die Aufmerksamkeit anderer Männer erkauft hat. Die meiste Zeit beschäftigt sich Felix mit sich selbst, einen Draht scheint er aber zu Menschen zu haben, die die Gesellschaft als nicht ganz normal bezeichnen würde. Goosen schreibt so authentisch und unverblümt, wie man das von ihm gewohnt ist. Allerdings schlägt er in „Pink Moon“ definitiv leisere Töne an als in seinen anderen Werken. Töne, die mir fast zu leise waren. So plätschert der Roman die ganze Zeit vor sich hin – wie auch das Leben des Protagonisten. Darauf, dass auch nur ansatzweise etwas passieren würde, eine Wendung zum Beispiel, wartet man vergebens. Zudem war mir der Protagonist Felix viel zu lakonisch und irgendwie macht er den gesamten Roman keine einzige Entwicklung durch. Letztendlich habe ich mich bis zum Schluss gefragt, worauf die Geschichte hinauslaufen soll und was einen der Autor damit sagen möchte. Nein, dieser Roman war nicht mein Fall.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Ein Roman unter vielen

Der Lavendelgarten
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Sagen wir es einmal so: „Der Lavendelgarten“ ist ein netter, kurzweiliger (Ferien-)Schmöker mit den bewährten Zutaten Familiengeheimnis, Liebe und Intrigen. Mehr aber auch schon nicht. Ganz bestimmt ist ...

Sagen wir es einmal so: „Der Lavendelgarten“ ist ein netter, kurzweiliger (Ferien-)Schmöker mit den bewährten Zutaten Familiengeheimnis, Liebe und Intrigen. Mehr aber auch schon nicht. Ganz bestimmt ist der Roman keiner, der lange im Gedächtnis bleiben wird. Im Roman geht es um Emilie de la Martinières, die einer adeligen und reichen französischen Familie entspringt. Ihren Vater hat sie schon früh verloren, zur Mutter hatte sie nie einen besonders guten Draht. Fernab ihrer adeligen Herkunft hat sich Emilie daher ein eigenes Leben aufgebaut. Als ihre Mutter stirbt, lastet plötzlich das Erbe der Familie allein auf Emilies Schultern und sie kehrt an den Ort ihrer Kindheit zurück, ein herrschaftliches Chateau in der Provence. Zufällig lernt sie dort den Engländer Sebastian kennen, der sich als Kunsthändler ausgibt. Mit der Zeit stellt sich heraus, dass Sebastians Großmutter während des Zweiten Weltkriegs im Chateau gelebt hat und eng mit Emilies Vater und dessen Schwester verbunden war. Der Schreibstil war nichts Besonderes. Das Gleiche trifft im Grunde auch auf die Geschichte zu. Alles ist so ein bisschen nach Schema-F gestrickt und man hat ständig das Gefühl das alles schon mal so ähnlich irgendwo anders gelesen zu haben. Die Dialoge waren mir zum Teil viel zu aufgesetzt und leidenschaftslos und die ganze Geschichte ist im Endeffekt ziemlich durchschaubar. Gefehlt hat mir in der Geschichte auch ein wenig mehr Emotionalität. Immerhin geht es ja auch um englische und französische Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg. Die belastende Stimmung zu jener Zeit in Frankreich, auch die zum Teil wirklich heftigen Schicksalsschläge der Protagonisten kommen überhaupt nicht richtig rüber. Riley kratzt immer nur an der Oberfläche und schafft es nicht, mehr in die Tiefe zu gehen. Letztendlich bleibt das Buch eines unter vielen in diesem Genre.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Psychologisch dichte Familiengeschichte

Sommer in Maine
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Ein Sommerhaus an einem malerischen Strand in Main und eine Familie, die seit Generationen ihren Urlaub dort verbringt. Das klingt nach Idylle. Ist es aber nicht. In ihrem Roman „Sommer in Maine“ erzählt ...

Ein Sommerhaus an einem malerischen Strand in Main und eine Familie, die seit Generationen ihren Urlaub dort verbringt. Das klingt nach Idylle. Ist es aber nicht. In ihrem Roman „Sommer in Maine“ erzählt Sullivan die Geschichte einer amerikanischen Großfamilie mit irischen Wurzeln. In den Mittelpunkt ihrer Erzählung stellt sie vier Frauen aus drei Generationen, deren Sehnsüchte und Probleme. Da ist zum einen die exzentrische Großmutter Alice, die seit dem Tod ihres Mannes fast das ganze Jahr über im Sommerhaus wohnt und nicht nur ein Geheimnis mit sich herumträgt. Enkelin Maggie wurde in New York von ihrem Freund verlassen. Deren Mutter Kathleen hat sich eigentlich vor Jahren vom Familienclan losgesagt und lebt mit ihrem Lebensgefährten, einem Althippie, in Kalifornien. Besonders hasst Kathleen ihre durchorganisierte Schwägerin Ann Marie, die Puppenhäuser bastelt und so versucht, das perfekte Zuhause zu kreieren. In diesem Sommer kommen die vier Frauen mehr oder weniger unfreiwillig im Sommerhaus zusammen und endlich werden die Karten auf den Tisch gelegt.

„Sommer in Maine“ ist eine vielschichtige Familiengeschichte, die mir vor allem wegen seiner psychologischen Dichte sehr gut gefallen hat. Die Charaktere sind sehr einzigartig und extrem gut ausgearbeitet. Nicht immer sind sie einem sympathisch und sehr oft möchte man die Frauen einfach nur schütteln. Gut gefallen hat mir auch die Erzählweise: Die Geschichte wird immer abwechselnd aus der Sicht einer der vier Frauen erzählt. So bekommt man einen ganz guten Einblick in die Gefühlswelt der Protagonisten. Geschickt bindet Sullivan so auch etliche Rückblicke mit ein - die Probleme der Frauen beruhen ja meist auf Geschehnissen in der Vergangenheit. Bald merkt man, dass das Hauptproblem in der Familie die fehlende Kommunikation ist und der Zwang, immer einen bestimmen Schein zu wahren. Wenn die Frauen dann zusammentreffen, kracht es richtig. Am Ende finden die vier zwar doch irgendwie zueinander und jede wächst über sich hinaus. Ein Friede-Freude-Eierkuchen-Ende ist es aber dennoch nicht. Ein Roman, der nicht so leichtfüßig daherkommt, wie Cover und Titel vermuten lassen. Dennoch ein lesenswerter Roman, der viele Themen anschneidet und auch zum Nachdenken anregt.