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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2022

Spannender historischer Roman mit dynamischer Handlung

Arnulf. Der Herr der Elbe
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Nördlich der Elbe, wo verfeindete Slawen, Dänen und Sachsen aneinanderstoßen, hat der ehemals im Dienst Karls des Großen stehende Arnulf seine Festung errichtet. Bei „Arnulf. Der Herr der Elbe“ von Robert ...

Nördlich der Elbe, wo verfeindete Slawen, Dänen und Sachsen aneinanderstoßen, hat der ehemals im Dienst Karls des Großen stehende Arnulf seine Festung errichtet. Bei „Arnulf. Der Herr der Elbe“ von Robert Focken handelt es sich um den vierten Band der Reihe, der jedoch auch ohne Vorwissen der drei Vorgänger gelesen werden kann. Selbstverständlich ist es schöner, die Entwicklungen der Figuren über mehrere Bücher hinweg zu verfolgen, doch die sympathischen, vielschichtigen Charaktere überzeugen auch so. Neben Arnulf selbst wird aus den Perspektiven seiner Frau Erika und der gemeinsamen Kinder Arthur, Grimbald und Roswith erzählt, besonders diese drei beginnen nun eigene Wege zu suchen und finden, sich von den Eltern zu lösen und erste Lieben und Verluste zu erleben. Gleichzeitig erhält der Leser über den Königsboten Ebo spannungssteigernde Einblicke in das Agieren der Antagonisten. Bzw. einer Gruppe von Antagonisten, die unscharfe Linie zwischen Freund und Feind wird immer wieder neu gezogen.
Durch den angenehmen Erzählstil werden diese Veränderungen und Motivationen verständlich und schlüssig vermittelt, besonders bei Schlachten wird gekonnt zwischen dem chaotischen Geschehen aus Sicht des Einzelnen und einer für den Leser ersichtlichen Gesamtschau balanciert.
Auf der Handlungsebene werden eine Vielzahl von Konflikten geschickt miteinander verknüpft und kontinuierlich bis zur letzten Seite hin ausgetragen. So werden Allianzen geschlossen und gebrochen, am und abseits des Hofes wird intrigiert, es kommt zu Loyalitätskonflikten, Meinungsverschiedenheiten im Umgang mit bestimmten Personen und alle Taten (oder Nicht-Taten) haben Konsequenzen.
Neben einer ungeheuren Dynamik der Handlung überzeugt der Roman durch seine großartige Recherche, die sich in bildhaften Beschreibungen des historischen Alltags mit all seinen sozialen Ungleichheiten niederschlägt, Fakten werden harmonisch mit Fiktion verbunden.
Alles im allem eine eindeutige Leseempfehlung an alle Fans historischer Romane.

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Veröffentlicht am 09.05.2022

Großartiger historischer Roman um die Reisen eines Nashorns

Die silberne Riesin
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Die silberne Riesin von Jeannine Meighörner erzählt die außergewöhnliche Geschichte der Nashorndame Clara. Jung verwaist und an menschliche (und ziegische) Gesellschaft gewöhnt wurde sie im 18. Jahrhundert ...

Die silberne Riesin von Jeannine Meighörner erzählt die außergewöhnliche Geschichte der Nashorndame Clara. Jung verwaist und an menschliche (und ziegische) Gesellschaft gewöhnt wurde sie im 18. Jahrhundert eine Sensation und Publikumsmagnet in Europa. Und was viele Menschen bewegt, gewinnt natürlich immer auch eine politische Bedeutung.
Mit feinsinnigem Humor und anschaulichen Beschreibungen wird der Leser gemeinsam mit Clara auf eine Reise durch bekannte und doch so zeitlich-fremde Orte geleitet, deren Wunder, Missstände und Alltag lebendig werden.
Neben der augenfälligen großartigen Recherche der Autorin hat mir nicht zuletzt ihr Umgang mit historischen Personen sehr gut gefallen. Auch im Falle kurzer bzw. einmaliger Auftritte gliedern sich diese harmonisch und natürlich in den Handlungsverlauf ein.
Ohne jeden Zweifel ist das Nashorn Clara das Herzstück des Romans und sie wird dem mehr als gerecht. Sie ist unglaublich sympathisch und charakterstark geschrieben, mit ihr fiebert man wieder und wieder mit. Deshalb fünf Orangen für sie und das Buch.
Alles in allem möchte ich diesen Roman jedem uneingeschränkt weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 30.04.2022

Fesselnder historischer Kriminalroman zur Zeit des Kapp-Putsches

Engel des Todes
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Im dritten Band der Paul Stainer-Reihe bekommen die Bewohner der Stadt Leipzig es mit den Wirren eines oft vergessenen Ereignisses der jungen Weimarer Republik zu tun: dem Kapp-Putsch. Ein Unglück oder ...

Im dritten Band der Paul Stainer-Reihe bekommen die Bewohner der Stadt Leipzig es mit den Wirren eines oft vergessenen Ereignisses der jungen Weimarer Republik zu tun: dem Kapp-Putsch. Ein Unglück oder eine Gelegenheit? Von Links und Rechts wird um die Zukunft gekämpft, gleichzeitig ist die Vergangenheit allgegenwärtig und einer, den die Folgen des Ersten Weltkrieges nicht ruhen lassen, mordet und verstümmelt.
Der Roman ist etwa zu gleichen Teilen Krimi und historischer Roman, als Neueinsteiger kann man mit diesem Band beginnen, aber es ist lohnenswerter beim ersten Band zu starten, weil anders als bei typischen Krimis hier ein größeres Gewicht auf die Beziehungen der Figuren untereinander, sowie deren Entwicklungen, gelegt wird.
Der Schreibstil ist einwandfrei und derart fesselnd, dass ich den Roman (trotz eigentlich anderer Wochenendplanung) in eineinhalb Tage verschlungen habe.
Historische Aspekte sind natürlich, authentisch und lebendig. Da ich noch nie in Leipzig war, kann ich nicht beurteilen, ob das Bild, dass ich mir anhand der Beschreibungen über die Stadt gemacht habe zutreffend ist, doch anders als in anderen Romanen habe ich mich hier nie in den Straßen ‚verirrt‘ oder verwirrt gefühlt.
Alles in allem kann ich diesen Roman bzw. die Paul Stainer-Reihe von Thomas Ziebula allen Freunden historischer Krimis und historischer Romane dringendst empfehlen.

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Veröffentlicht am 25.04.2022

Graphologin zwischen Deutsch-Deutschen Fronten

Die Diplomatenallee
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Die Diplomatenallee entführt uns ins Bonn der 1970er: das geteilte Deutschland kommt sich mit einem Mal nah wie nie zuvor, als die Ständige Vertretung der DDR in der BRD-Hauptstadt Bonn eingerichtet wird. ...

Die Diplomatenallee entführt uns ins Bonn der 1970er: das geteilte Deutschland kommt sich mit einem Mal nah wie nie zuvor, als die Ständige Vertretung der DDR in der BRD-Hauptstadt Bonn eingerichtet wird. Doch der unsichtbare Graben ist tief, Ost und West spionieren und intrigieren gegeneinander und Heike Holländer, ehemalige Überflieger-Graphologiestudentin, gerät zwischen die Fronten.
Heikes Kindheit wurde durch die Gewaltausbrüche ihres Vaters geprägt, ihre Jugend durch die (teils angeblich wohlgemeinten) Manipulationen eines Professors. Und während der Druck von außen auf sie steigt, gerät auch das gewöhnlich harmonische Zusammenleben mit ihrem Ehemann Peter aus den Fugen.
Der Schreibstil ist ungewöhnlich, was ich als angenehm zu lesen empfand. Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass er manch einem Leser nicht liegt – aber dafür gibt es schließlich Leseproben.
Der Anfang der Geschichte ist stark, die Graphologie faszinierend und über die Handlung hinweg wird ein Netz aus Paranoia gesponnen, bei dem man als Leser ebenso wie Heike rätselt, wer auf welcher Seite steht – BND? Stasi? – und welche Aussagen glaubwürdig sind.
Allerdings litt die Spannung meines Erachtens durch die Perspektivwechsel zu Peter, als eine von Natur aus passive Person ist sein Blickpunkt nicht so interessant zu lesen wie Heikes, sie stellt ihn schlichtweg in den Schatten.
Mehr noch hadere ich mit dem Ende der Geschichte, ich empfand es als enttäuschend, unpassend und verwirrend, manche der kleineren Handlungsstränge scheinen einfach ohne jede Auflösung verschwunden zu sein.
Alles in allem eine behutsame Leseempfehlung an jene Leser, die vorrangig Interesse an einem gut recherchierten Roman über ein Kapitel selten beschriebener Zeit Deutsch-Deutscher Geschichte haben.

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Veröffentlicht am 24.04.2022

Detailreiche Zeitreise in die Goldenen Zwanziger und die Anfänge des Radios

Die Radioschwestern
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Die Radioschwestern – Klänge einer neuen Zeit erzählt die Geschichte dreier junger Frauen im Frankfurt der Goldenen Zwanziger. Es handelt sich um den ersten Band einer Saga, ist aber sehr schön in sich ...

Die Radioschwestern – Klänge einer neuen Zeit erzählt die Geschichte dreier junger Frauen im Frankfurt der Goldenen Zwanziger. Es handelt sich um den ersten Band einer Saga, ist aber sehr schön in sich abgeschlossen.
1927: Die Freundinnen Gesa, Inge und Margot haben alle eine Stelle beim Südwestdeutschen Rundfunkdienst – Gesa ist ihrem Traum Hörspielsprecherin zu werden schon sehr nahe, die Sekretärin Inge versucht zunehmend verzweifelt als Sängerin Fuß zu fassen und die Cellistin Margot ist als einzige Frau im Orchester des Rundfunks isoliert.
Mit dem neuen Selbstbewusstsein der Frauen der Zwanziger Jahre jonglieren die Drei ihre solide Freundschaft, aufkommende Gefühle, fragile Karrieren, verzwickte Familiensituationen und Träume in einer Welt im Umbruch.
Zu Beginn der Handlung baut sich die Spannung erst langsam auf, doch die sympathischen Charaktere helfen darüber hinweg.
Neben einem Glossar am Ende des Buches wird der Leser über kleine „Nachrichten“ zu Beginn der Kapitel über diverse Pionierleistungen der Zeit informiert, aber auch davon abgesehen ist klar, wie gut dieser Roman recherchiert ist, dabei zeichnet er sich nicht zuletzt durch das wundervolle Einfangen des Zeitgeistes der 20er aus.
Besonders aber faszinierten mich die Einblicke in die Kindheit, nein, Geburtsstunde des Radios in Deutschland. Die fesselnd beschriebenen Abläufe und sich anbahnenden Entwicklungen in der jungen Radiowelt sind etwas Einmaliges.
Alles in allem kann ich diesen Roman nur weiterempfehlen und bin gespannt auf die Fortsetzung.

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