Einprägsam
RauhnächteCover
Das Cover von „Rauhnächte“ besticht durch seinen eisigen, fast mystischen Charme. Die winterliche Stimmung, die raureifüberzogenen Farben und der Hauch von Bedrohlichkeit spiegeln die Atmosphäre ...
Cover
Das Cover von „Rauhnächte“ besticht durch seinen eisigen, fast mystischen Charme. Die winterliche Stimmung, die raureifüberzogenen Farben und der Hauch von Bedrohlichkeit spiegeln die Atmosphäre des Romans perfekt wider. Schon beim ersten Blick spürt man die Kälte und das Geheimnis, das sich wie ein Schleier über die Geschichte legt – ein stimmungsvolles Versprechen auf das, was einen im Inneren erwartet.
Inhalt
Im Mittelpunkt steht die 22-jährige Pia, deren Leben an Heiligabend aus den Fugen gerät. Durch einen zufällig belauschten Streit erfährt sie, dass sie als Kind adoptiert wurde. Diese Erkenntnis stellt alles infrage, was sie bisher über sich und ihre Familie zu wissen glaubte. Auf der Suche nach Antworten fährt sie nach Wasserburg am Inn, den Heimatort ihrer leiblichen Mutter, die dort vor Jahren bei einem mysteriösen Unfall ums Leben kam.
Während Pia versucht, die Wahrheit über ihre Herkunft zu enthüllen, stößt sie auf eine Mauer des Schweigens und eine Dorfgemeinschaft, die sie mit Misstrauen begegnet. Parallel dazu öffnet der Roman eine zweite Zeitebene, in der das Leben von Pias Mutter beleuchtet wird – und langsam, Stück für Stück, setzen sich Vergangenheit und Gegenwart wie ein unheilvolles Puzzle zusammen.
Begleitet wird die Geschichte vom düsteren Brauchtum der Rauhnächte: jene Zeit, in der die Grenze zwischen dieser Welt und dem Jenseits angeblich besonders dünn ist. Perchten, alte Sagen und Kälte verleihen dem Roman eine unheimliche, beinahe mystische Atmosphäre, während sich die Geister der Vergangenheit immer enger um Pia ziehen – bis sie schließlich in tödliche Gefahr gerät.
Persönliche Meinung
„Rauhnächte“ ist ein Roman, der einen sofort fesselt und durch seine atmosphärische Dichte kaum wieder loslässt. Ellen Sandberg schafft es meisterhaft, Spannung, Emotionen und alpenländisches Brauchtum miteinander zu verweben. Besonders beeindruckend ist die Art, wie sie die winterliche Dunkelheit nutzt, um unterschwelliges Unbehagen zu erzeugen, ohne jemals ins Übernatürliche abzugleiten.
Pia als Protagonistin ist nahbar, verletzlich und zugleich entschlossen. Man fiebert mit ihr mit, spürt ihre Unsicherheit, ihre Verzweiflung und ihren Mut. Manche ihrer Entscheidungen wirken impulsiv oder schwer nachvollziehbar, aber genau das macht sie authentisch und menschlich.
Die Wechsel zwischen den Zeitebenen sind klug gesetzt und steigern die Spannung. Die Wahrheit, die sich nach und nach offenbart, ist schockierend, aber logisch aufgebaut – und das Finale überrascht mit einer Wendung, die einen sprachlos zurücklässt. Gleichzeitig verleiht das Märchen vom „Fuxerl“, das die Autorin inspiriert hat und im Buch abgedruckt ist, der Geschichte eine zusätzliche Bedeutungsebene.
Fazit
„Rauhnächte“ ist ein atmosphärisch dichter, spannender und emotionaler Familienroman mit kriminalistischen Elementen und einem Hauch mystischen Winterzaubers. Die düsteren Bräuche, das Rätsel um Pias Herkunft und der stetig steigende Druck der Vergangenheit erzeugen einen Sog, dem man sich kaum entziehen kann. Ein fesselnder Winter-Pageturner, der schaudern lässt, überrascht und gleichzeitig tief berührt. Ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen möchte.