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Veröffentlicht am 06.11.2020

Zeitlose Geschichte mit einigen Mängel

Fahrenheit 451
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“Fahrenheit 451” von Ray Bradbury ist ein Klassiker, der wohl allen zumindest vom Namen her bekannt ist. Eine zeitlose Geschichte über das Verbrennen von Büchern und dem Verschwinden von kritischem Denken.
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“Fahrenheit 451” von Ray Bradbury ist ein Klassiker, der wohl allen zumindest vom Namen her bekannt ist. Eine zeitlose Geschichte über das Verbrennen von Büchern und dem Verschwinden von kritischem Denken.
In einer dystopischen Welt mit feuerfesten Häusern ist es Guy Montags Job als Feuerwehrmann Bücher zu verbrennen. Denn es ist ein Verbrechen Bücher zu besitzen oder zu lesen, da sie potenziell unglücklich machen könnten. Deshalb gibt es die Feuerwehrmänner, die den “Seelenfrieden” bewahren. Eines Tages trifft Montag auf Clarisse, die alles verkörpert, was die Gesellschaft zu unterdrücken versucht. Nach den Gesprächen mit Clarisse und einem traumatischen Einsatz widersetzt sich Montag setzt sein Leben auf dem Spiel.
Mit dem Schreibstil von Bradbury konnte ich mich nicht anfreunden. Für eine dystopische Geschichte waren mir das, ehrlich gesagt, zu viele blumige Metaphern, die nicht passen.

Viele nennen “Fahrenheit 451” als das Paradebeispiel für Bücherzensur, aber wenn die Gesellschaft sich zuerst freiwillig dafür entscheidet keine mehr zu lesen, ist es dann trotzdem Zensur? Die Mehrheit der Gesellschaft ist davon überzeugt, dass je mehr Menschen Büchern lesen und aus ihnen lernt, desto mehr Unsicherheit und Verwirrung wird verbreitet. Deshalb werden Menschen mit Büchern angezeigt, woraufhin die Feuerwehrmänner reagieren und das intellektuelle Gedankengut verbrennen. Das bedeutet, dass keine diktatorische Regierung den Menschen diese Zensur aufgezwungen hat, auch wenn sie wohl dafür verantwortlich ist, dass diese Bücher nun verbrannt werden. Auf mich wirkt das Buch eher, als würde es den technischen Fortschritt kritisieren. Die Gesellschaft lässt sich vom Fernseher hypnotisieren, ja ist regelrecht süchtig danach, und sieht die Charaktere darin als “Familie” an, die real ist. Bradbury vermittelt, dass das Fernsehen einen nicht nur verdummen lässt, wodurch das kritische Denken verkommt, sondern auch egoistisch und brutal werden.

Leider fehlt das Worldbuilding komplett, denn ich hätte gerne mehr darüber gelesen, wie diese Welt entstanden ist und wie die Regierung agiert (denn auch darüber ist kaum etwas bekannt).

Das Frauenbild war zwar in den 50er Jahren anders, aber mich hat es dennoch ungemein gestört, wie die Frauen dargestellt werden. Sie sind alle dämlich, nur am Tratschen und lassen sich unentwegt vom Fernseher beschallen. Die große Ausnahme: die Teenagerin Clarisse McClellan. Sie stellt die Hoffnung in dieser verkommenen Gesellschaft dar. Denn sie hinterfragt den Status Quo, genießt die Natur, ist voller Neugier und regt auch Montag zum Nachdenken an. Allerdings war sie lediglich ein Kunstgriff, um die Charakterentwicklung von Montag auszulösen. Das war ziemlich schade. Außerdem wurden zig Autoren genannt, aber nicht eine einzige Autorin (lediglich ein Buch, das von einer Frau geschrieben wurde, wenn ich mich nicht irre).

Fun Fact: Bradbury stellte im Nachhinein fest, dass er Guy Montag allen Anschein nach unbewusst nach der Papierfirma “Montag” und “Faber” nach dem Schreibwarenhersteller “Faber-Castell” benannt hat.

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Veröffentlicht am 30.10.2020

Brutal und genial zugleich

Der Heimweg
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Wieder einmal hat Sebastian Fitzek es geschafft mit seinem neuesten Buch “Der Heimweg” einen weiteren Page-Turner zu schreiben. Ich musste das Buch nach so gut wie jedem Kapitel zuschlagen, tief durchatmen, ...

Wieder einmal hat Sebastian Fitzek es geschafft mit seinem neuesten Buch “Der Heimweg” einen weiteren Page-Turner zu schreiben. Ich musste das Buch nach so gut wie jedem Kapitel zuschlagen, tief durchatmen, weil es einfach so krass war, und gleich wieder aufschlagen, weil es zu spannend zum Weglegen! [TW: häusliche und sexuelle Gewalt, Suizid, Mord, Vergewaltigung] Ich lese ziemlich häufig Thriller und denke eigentlich, dass mich nicht mehr wirklich etwas schocken oder verstören kann. Ja, da lag ich hier wohl falsch. Dementsprechend meine Warnung: Es wird schon sehr explizit in der Gewaltdarstellung (physisch und psychisch).


Das Buch wird aus zwei Perspektiven erzählt: aus der von Jules und der von Klara. Am 29.11. spricht Jules am Begleittelefon mit Klara, die gerade panisch versucht vor dem “Kalender-Killer” zu flüchten. Normalerweise begleitet dieser Telefonservice lediglich Frauen nachts nach Hause, um ihnen im Dunkeln etwas mehr Sicherheit zu geben. Doch Klara erzählt Jules, dass ein Mann sie schon einmal überfallen hat und mit Blut ein Datum auf ihre Schlafzimmerwand malte: 30.11. - Klaras Todestag!


Wie immer gibt es für mich an Fitzeks Schreibstil absolut nichts auszusetzen. Ich war sofort in der Geschichte drin, seine Sprache ist so bildgewaltig und ich habe unentwegt mitgelitten. Viele Kapitel enden mit einem Cliffhanger, sodass man gar nicht auf die Idee kommt eine Pause einzulegen. Ich habe bei manchen sogar richtige Gänsehaut bekommen, weil eine dieser schlimmen Vorahnungen wie dunkle Wolken über mich gezogen sind.


Nach und nach erfährt man mehr über Klara, über ihren Mann Martin, der sie auf brutalste Weise schlägt und demütigt, ihrer Vergangenheit und auch von dem Überfall des “Kalender-Killers”. Von Jules erfahren wir, dass er lediglich ausnahmsweise die Schicht seines besten Freundes beim Begleittelefon übernimmt und davor beim Notruf gearbeitet hat. Während des Telefonats versucht er ihr zu helfen und zu beruhigen, indem er die richtigen Worte benutzt und die richtigen Fragen stellt.


Je mehr ich gelesen habe, desto größer ist mein unbeschreiblicher Hass Martin gegenüber geworden und ich denke, dass Klaras Denkweisen und Handlungen als ein Opfer häuslicher und sexueller Gewalt sehr gut nachzuvollziehen sind. Zumindest stelle ich es mir so vor, aber da ich weder betroffen bin noch Betroffene persönlich kenne, kann ich das natürlich nicht so gut beurteilen.


Mit der Auflösung war ich sehr zufrieden und ich konnte alles nachvollziehen. Wenn ihr also Lust auf einen echt harten Thriller habt, seid ihr bei “Der Heimweg” richtig gelandet!

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Veröffentlicht am 26.10.2020

Wundervolle Geschichte

Juno und die Reise zu den Wundern
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"Juno und die Reise zu den Wundern" von Judith Hoersch ist eine melancholische Geschichte mit märchenhaften Elementen, die von Junos Reise zu sich selbst erzählt. Auch wenn es auf den ersten Blick wie ...

"Juno und die Reise zu den Wundern" von Judith Hoersch ist eine melancholische Geschichte mit märchenhaften Elementen, die von Junos Reise zu sich selbst erzählt. Auch wenn es auf den ersten Blick wie ein Kinderbuch wirken mag, so ist das Buch für absolut alle geeignet! Außerdem ist das Buch mit wunderschönen Illustrationen von Maria Martin versehen.

Wir begleiten Juno von klein auf und erleben, wie sie ganz viel träumt. Leider fühlt sie sich auch sehr einsam und unverstanden. Als junge Frau zieht Juno in die schielende Stadt, um mehr von der Welt zu entdecken. Dort entdeckt sie eine Schatzkammer, wo sie Mr James kennenlernt, ein alter Mann, der für sie Gleichgesinnter, Lehrmeister und Freund zugleich wird. Er ermutigt sie im Jetzt zu leben und so bricht sie auf in die große wundersame Welt.

Der Schreibstil ist ruhig und sehr angenehm zu lesen. Außerdem hat es etwas Märchenhaftes an sich, was mir gut gefällt. Generell vermittelt mir das Buch irgendwie die gleichen Emotionen, die ich habe, wenn ich "Der kleine Prinz" lese.

Juno ist mir sofort ans Herz gewachsen und jedes Kapitel in diesem Buch hat mich berührt! Sie ist so ein liebes Mädchen und trägt das Herz am rechten Fleck. Auf mich wirkt sie wie eine zarte Blume, um die ich mich kümmern und vor Bösem schützen möchte. Es gibt so viele schöne Lektionen und Wunder in diesem Buch und auch viele Fragen, die zum Nachdenken anregen. Beispielsweise wird einem gezeigt, dass zeigt, dass man nicht unbedingt viel besitzen oder reich sein muss, um glücklich und zufrieden zu sein, dass man unbedingt lernen muss sich selbst kennenzulernen und zu lieben, oder auch, dass man auch mal die Wut spüren, heraus- und loslassen sollte.

"Wieso sage ich immer zu allem Nein? Gibt es nichts in meinem Leben, das ich bejahen möchte?” ist eine Stelle, die mich sehr berührt hat. Diese Fragen unterstreichen ihre Suche im Leben, die wir alle schon mal erlebt haben. Wir alle haben eine kleine Juno in uns und das Buch erinnert uns an sie.

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Veröffentlicht am 23.10.2020

Thriller + Sci-Fi + Action = 28m²

28m²
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"28m² - Die Probandenstudie" von Perry Pane ist eine gute Mischung aus Science Fiction und Thriller. Nur war es für mich leider zu viel Action. Der erste Teil hat mir sehr gut gefallen, vor allem die Anzeige ...

"28m² - Die Probandenstudie" von Perry Pane ist eine gute Mischung aus Science Fiction und Thriller. Nur war es für mich leider zu viel Action. Der erste Teil hat mir sehr gut gefallen, vor allem die Anzeige des Instituts für die Probandenstudie als Einstieg in das Buch fand ich genial. Allerdings hat der zweite Teil mich nicht zufrieden gestellt, aber alles der Reihe nach.

Unsere Protagonistin Sydney, eine Studentin, meldet sich zu einer Verhaltensstudie an, bei der sie in einem Raum ohne Fenster und Türen gesperrt wird. Sie muss sechs Wochen lang in dem vorgesehenen Bett schlafen, um Zugang zu Essen und Wasser zu erhalten und bei einem Heimtrainer in die Pedale treten, um Storm zu generieren. Den einzigen Kontakt kann sie über einen alten Computer zu weiteren vier Probanden herstellen. Als diese Zeit endlich um ist, beginnt allerdings ihr wahrer Kampf.

Einige kritisierten in der Leserunde, dass man als Proband nichts über die Studie weiß, aber bei solchen Studien ist das ja nicht unüblich. Zu viel Wissen könnten die Ergebnisse verfälschen. Allerdings klingen die Bedingungen sehr unmenschlich. Nicht nur die fehlende Freiheit, auch das Rationieren von Wasser, Essen und Strom. Da wird einem richtig bewusst wie wertvoll diese Dinge sind.

Der Schreibstil ist schon flüssig und macht das Lesen sehr angenehm. Das einzige, was ich sehr unangenehm fand, waren die vielen Kosenamen. Für meinen Geschmack haben die Charaktere sich schlichtweg viel zu häufig mit “Baby”, “Liebes/Liebste/Liebster”, “Idiot” und “kleines Mädchen” angesprochen. Allerdings muss ich hier einräumen, dass ich solche Kosenamen generell verabscheue (ja, verabscheue), andere hat das gar nicht gestört.

Es war sehr spannend zu sehen wie unterschiedlich die Leute in dieser Probandengruppe sind. Dadurch wurden auch die Gespräche, die sie miteinander führten, manchmal über Banales, manchmal auch über den Sinn des Lebens, sehr interessant. Vor allem die Gegenüberstellung von Materialismus und die eher abstrakte Glücksvorstellung von Sydney. Wir erleben auch mit wie sehr diese Studie Sydneys Psyche zusetzt. Ihre Ängste, Sorgen und Panik wurden von Pane sehr gut dargestellt, sodass ich sehr mitgelitten habe.

Hätte das Buch nach dem 1. Teil aufgehört, hätte ich es wohl mit 4,5 bewertet. Leider hat der 2. Teil das Buch für mich sehr heruntergezogen. Ich erläutere das kurz ohne zu spoilern: Es ging zu sehr in das Actiongenre hinein, was für mich eine nicht nachzuvollziehende Charakterentwicklung war (besonders die von Sydney). Nachdem Sydney im 1. Teil so sehr von ihrem Verlobten Scott geschwärmt hat, hatte ich von ihm ein sehr idealisiertes Bild. Dementsprechend war ich mehr als enttäuscht, als ich ihn so richtig kennenlernte. Für mich ist er egoistisch, Meinungen anderer sind ihm wichtiger als Sydney Gemütszustand und als sie stritten, redete er nicht mit ihr als wären sie auf derselben Augenhöhe. Und von dem hat sie so geschwärmt? Kann ich nicht nachvollziehen.

Auch wenn ich den 2. Teil leider nicht so gut fand, hatte ich dennoch eine spannende Zeit mit der Geschichte und die Idee ist einfach klasse! Leuten, die actiongeladene Szenen mögen, werden den 2. Teil wahrscheinlich auch nicht so kritisieren wie ich.

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Veröffentlicht am 20.10.2020

Tragisch schön

Am Ende sterben wir sowieso
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“They Both Die At The End” von Adam Silvera verrät bereits mit dem Titel wie das Buch endet. Dementsprechend kann man sich ja schon darauf einstellen und man könnte denken “ja, es geht dann wohl darum ...

“They Both Die At The End” von Adam Silvera verrät bereits mit dem Titel wie das Buch endet. Dementsprechend kann man sich ja schon darauf einstellen und man könnte denken “ja, es geht dann wohl darum wie es dazu kommt wie und warum sie sterben. Wie schlimm kann das schon werden?” EXTREM SCHLIMM! Ich habe bereits mehrere Male angesetzt, um diese Rezension zu schreiben und bin jedes Mal von Gefühlen und Tränen überwältigt worden, sodass ich erstmal eine Auszeit brauchte. Bereits am Anfang des Buches habe ich Tränen vergossen und je mehr ich gelesen habe, desto mehr habe ich Rotz und Wasser geheult bis mir Silvera am Ende das Herz herausgerissen hat und ich nur noch ein Häufchen Elend war. Ohne Witz, ich lag abends im Bett und habe gewimmert, sobald ich an das Buch gedacht habe.

Aber worum geht’s denn überhaupt? In dieser Welt erhalten Menschen einen Anruf, der sie warnt, dass sie in den nächsten 24 Stunden sterben werden. Wann genau und wie weiß niemand. Mateo und Rufus erhalten am selben Tag diesen Anruf. Sie sind füreinander Fremde, doch an ihrem letzten Tag auf Erden suchen sie einen Freund, sodass sie nicht alleine sind. Über die App “Last Friend” finden sie zueinander und verbringen zusammen ein ganzes Leben an einem einzigen Tag.

Ich weiß gar nicht, was das Tragischste in diesem Buch ist? Das junge Alter der beiden? Die Tatsache, dass Mateo so viel Angst vor dem Tod hatte, dass er sich kaum aus der Wohnung getraut hat und dies nun bereut? Die vielen anderen Dinge, die ich hier nicht aufzählen will, um nicht zu spoilern? Oh man, mir kommen SCHON WIEDER die Tränen! Es ist einfach alles so tragisch, aber gleichzeitig so wunderschön geschrieben, sodass ich mir jede Szene perfekt vorstellen konnte.

Silvera weiß einfach mit Worten umzugehen und wie er die zu benutzen hat, um einen in eine schniefende Pfütze zu verwandeln. Ich habe Mateo und Rufus so lieb gewonnen und würde am liebsten beide ganz doll drücken. Aber nicht nur die Protagonisten sind toll ausgearbeitet! Auch viele Nebencharaktere, die eigentlich nur einmal erwähnt wurden und an die ich nicht wirklich einen weiteren Gedanken verschwendet habe, haben noch ein kurzes eigenes Kapitel bekommen, sodass man dieses System in dieser Welt etwas besser kennenlernt und auch sieht wie so ein verheerender Anruf andere beeinflusst.

Silvera hat mich nicht nur dazu gebracht Charaktere zu lieben und zu hassen, sondern auch zu lachen und zu weinen, und vor allem hat er meinen Taschentuchverbrauch in die Höhe getrieben. Ich habe so sehr mitgelitten, dass mein Freund mehrmals gedroht hat mir das Buch wegzunehmen und fordert einen Sticker mit der Aufschrift “FSK 18 - Zerstört Herzen”. Dennoch möchte ich dazu aufrufen: LEST DIESES BUCH!! Am besten an einem Tag, denn dann entfaltete es die größte Wirkung! Es ist einfach unglaublich gut, auch wenn es euch innerlich zerstören wird.

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