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Veröffentlicht am 04.04.2022

Die Bienenfrau

Leben auf dem Land
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Inhalt:
Sue Hubbell war eine amerikanische Biologin, welche 2018 verstorben ist. Nachdem sie als Bibliothekarin gearbeitet hatte und tief beeindruckt von dem Dichter Henry Thoreau («Walden») war, beschloss ...

Inhalt:
Sue Hubbell war eine amerikanische Biologin, welche 2018 verstorben ist. Nachdem sie als Bibliothekarin gearbeitet hatte und tief beeindruckt von dem Dichter Henry Thoreau («Walden») war, beschloss sie 1972, zusammen mit ihrem Mann ein neues Leben fernab von Konsum und Hektik zu beginnen. Die beiden fanden schliesslich eine abgelegene Farm im Südosten Missouris in den Ozark Mountains. Da sie weder genügend Ahnung von Viehzucht noch von Landwirtschaft hatten, entschieden sie sich für die Bienenzucht. Sue Hubbells Buch «Leben auf dem Land» nimmt uns mit auf eine Reise mit den Bienen, durch ein ganzes Jahr hindurch, von einem Frühling bis zum nächsten. Dabei lernen wir eine Menge über die geflügelten Honigsammler – und ganz nebenbei auch über uns selber und unseren Platz im Universum.

Meine Meinung:
Sue Hubbells Erzählung erschien als Buch in Amerika zum ersten Mal im Jahr 1986. Beim Diogenes Verlag wurde die erste Ausgabe 2016 gedruckt. Die vorliegende Edition ist eine 2021 erschienene Neuausgabe in der Diogenes Deluxe Reihe. Sie ist etwas kleinformatiger, mit Lesebändchen und einfach wunderschön anzusehen (und prima überall in der Handttasche mit hinzunehmen). Jedem Kapitel ist eine kleine gezeichnete Biene vorangestellt.
«Leben auf dem Land» ist unglaublich informatives Buch, aus dem auf jeder Seite die Liebe der Verfasserin zur Natur, zu ihren Bienen, zu der gesamten Schöpfung zu spüren ist. Mit viel Zuneigung, leisem Humor und grosser (im Lauf der Jahre durch Lesen und praktische Erfahrung erworbener) Kenntnis lässt uns Sue Hubbell teilhaben an ihrem Leben in der Natur. Wir lernen nicht nur Bienen kennen, sondern auch verschiedenste Schlangen, Falter, Milben, Frösche, Vögel und all die Pflanzen, welche sie für ihre Entwicklung benötigen. Hubbell zeigt uns, wie alles miteinander zusammenhängt, seinen Sinn hat und unseres Schutzes, aber auch immer wieder der Vorsicht bedarf. Oftmals verhält sich alles ganz anders als in den Lehrbüchern beschrieben, denn die Natur hat ihre eigenen Gesetzmässigkeiten. Manche Tiere sind originelle Individualisten ihrer Spezies, und vieles wird für uns Menschen wohl für immer geheimnisvoll bleiben.
Die Bienen und ihr Honig sichern Sue Hubbell knapp den Lebensunterhalt. Darüber hinaus gehender Luxus besteht in guten Freunden, einem erfrischenden Bad im Fluss, handfesten und verlässlichen Nachbarn und der glücklichen Bewahrung vor schweren Unfällen. Das Leben und Arbeiten auf der Farm bringt «die Bienenfrau», wie sie die Nachbarn liebe- und auch respektvoll nennen, oftmals an ihre körperlichen Grenzen. Seitdem ihr Mann sie verlassen hat, muss sie alles alleine bewerkstelligen und bekommt nur selten Hilfe, etwa wenn der Honig verarbeitet oder das Dach der Farm neu gedeckt werden muss. Und so schimmert gelegentlich etwas von der Sehnsucht nach einem menschlichen Gefährten, von Einsamkeit inmitten unzähliger Tiere, von Nachdenklichkeit und Melancholie durch ihre munteren Erzählungen hindurch. Auch das macht den besonderen Charme dieses Buchs aus. Es ist unterhaltsam und interessant zu lesen ohne je oberflächlich zu wirken und fragt auch nach dem Sinn unseres Daseins. Die Originalausgabe trägt darum auch den Titel «A Country Year. Living the Questions».
Fazit:
«Leben auf dem Land» ist ein zeitloses Buch, das vom Leben mit der Natur handelt und seine Leserinnen und Leser bescheiden und ehrfürchtig angesichts der Wunder der Schöpfung werden lässt. Tier- und Pflanzenfans kommen dabei auf jeden Fall auf ihre Kosten. Aber auch alle, welche offen für die Fragen des Lebens sind und Trost in der Natur finden, werden sich daran erfreuen können. Es ist ein Werk zum Immerwiederlesen.

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Veröffentlicht am 04.03.2022

Jugendbuchhighlight

Shi Yu
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Inhalt:
Die sechsjährige Waise Shi Yu muss ihren Lebensunterhalt bereits selber verdienen. Als Küchenhilfe, Putzfrau und Serviererin arbeitet sie im Gasthaus des brutalen Bai Bai, der keine Gelegenheit ...

Inhalt:
Die sechsjährige Waise Shi Yu muss ihren Lebensunterhalt bereits selber verdienen. Als Küchenhilfe, Putzfrau und Serviererin arbeitet sie im Gasthaus des brutalen Bai Bai, der keine Gelegenheit auslässt, das kleine Mädchen zu schikanieren und immer wieder auszupeitschen. Eines Tages begegnet sie dem etwas älteren Jungen Li Wei und seinem Grossvater Peng und erfährt, dass diese sich mit Kampfkunst auskennen. Von diesem Tag an ändert sich Shi Yus Leben. So oft wie möglich stiehlt sie sich nun aus der Gastwirtschaft fort und lässt sich von dem alten Meister Peng in der «Wushu»- Technik, der Beherrschung von Luft und Wasser, unterrichten. Drei Jahre später überfallen Piraten das Gasthaus und entführen Shi Yu auf das Schiff des Piraten «Goldener Drache». Fortan arbeitet sie als Küchenhilfe unter dem Schiffskoch Überfluss, der das Herz auf dem rechten Fleck hat. Heimlich trainiert Shi Yu weiter, und es gelingt ihr schliesslich, sich aus den Fängen der Piraten zu befreien und später sogar eine eigene Flotte zu befehligen. Ihre Kampftechnik bringt ihr den Namen «Fliegende Klinge» ein, da sie scheinbar mühelos viele Meter weit durch die Luft zu springen vermag. Sowohl Handelsschiffe als auch die kaiserliche Marine fürchten Shi Yu und ihre Piraten, niemand kann es mit ihnen aufnehmen. Doch dann begeht Fliegende Klinge einen Fehler und gerät in die Fänge eines Widersachers, der ihr an Raffinesse und vor allen Dingen an Grausamkeit weit überlegen zu sein scheint. Sein Ziel ist es, die Kampfkunst des «Wushu von Luft und Wasser» ein für alle Mal auszulöschen. Nur Shi Yu weiss, wo sich das geheimnisvolle Buch mit den Kampfanleitungen befindet...
Meine Meinung:
Ich habe «Shi Yu – Die Unbezwingbare» mit den über 500 Seiten in drei Tagen verschlungen. Ich las in der letzten Zeit viele wunderbare Jugendbücher, aber dieses hier gehört fortan definitiv zu meinen absoluten Highlights. Das liegt sicher zum einen daran, dass ich Romane, die im asiatischen Kulturkreis spielen, sehr gerne lese, aber hat ebenso damit zu tun, dass dieses Buch ein gut recherchierter, informativer historischer Roman ist. Und es liegt nicht zuletzt daran, dass ich die beschriebenen Martial-Arts-Elemente absolut faszinierend finde. «Shi Yu» hat alles, was ein gutes Jugendbuch auszeichnet: Es ist unglaublich spannend, die vorgestellten Figuren haben ein hohes Identifikationspotential, die Protagonistin und die Menschen um sie herum sind starke, liebenswerte Individuen, während die Gegenspieler den Leser mit Abscheu erfüllen. Es gibt lustige, schöne und berührende Szenen, gleichzeitig werden aber auch menschliches Leid, Elend und die Grausamkeiten, welche Menschen einander antun können, benannt. Wie jedes gute Buch geht auch «Shi Yu» der Frage nach, wie man sich angesichts widriger Umstände innere Stärke, den Glauben an das Gute und seine Menschlichkeit bewahrt.
Der Roman ist eingeteilt nach den Lebensjahren der Protagonistin. Er beginnt mit Shi Yu im Alter von sechs Jahren und endet 40 Jahre später. In jedem dieser «Alterskapitel» hat sich etwas Entscheidendes in Shi Yus Leben ereignet, so ist sie mit Sechs noch ganz das kleine Mädchen, wird als Neunjährige entführt, steigt mit 19 zu grosser Macht auf... Während Shi Yu sich zu der mächtigen und gefürchteten Piratin «Fliegende Klinge», einer starken und unerbittlichen Kämpferin, entwickelt, erkennen wir in ihr doch auch immer noch die kleine Sechsjährige, die sich vor Demütigungen und Schlägen fürchtet und sich nichts mehr als eine heile, liebevolle Familie wünscht. Nach Aussen hart und unbesiegbar, bleibt sie doch im Innern verletzlich und handelt oftmals in entscheidenden Momenten mitfühlend, auch wenn sie Kommandantin einer riesigen Flotte ist. Sie beweist auch immer wieder Mut, fordert das scheinbar Unmögliche, setzt sich mit Zähigkeit und Klugheit für ihre Ziele und für ihre Leute ein. So gesehen ist «Shi Yu» ein typischer Coming-of-Age-Roman mit der Botschaft: Gib’ niemals auf, lass’ dich nicht unterkriegen, kämpfe für Deine Träume und die Menschen, die du liebst. Er eignet sich aber auch für erwachsene Leser, denn Morosinotto erzählt nicht einfach nur eine spannende Geschichte, sondern bringt uns alle zum Nachdenken. Wofür setzen wir uns ein? Was sind unsere Werte? Wie gehen wir mit Schwierigkeiten um und bleiben angesichts von Leid und Grausamkeiten dennoch integer? Und sind wir bereit, Fehler einzusehen, aus ihnen zu lernen und dann unserem Leben noch einmal eine ganz neue Wendung zu geben? Shi Yu jedenfalls gelingt dies.
Auch äusserlich ist dieses Buch etwas ganz Besonderes. Das schöne Cover mit dem Bildnis Shi Yus wurde von Rebecca Dautremer gestaltet. Als ich das Buch in der Ankündigung des Thienemann Verlags gesehen habe, wusste ich, dass ich es lesen muss. Im Innern befinden sich fantastische Illustrationen des Künstlers Timo Kümmel, die uns ganz in die chinesische Welt der Seefahrt, der Piraten und der geheimen Chi-Kräfte eintauchen lassen.
Die deutsche Übersetzung aus dem Italienischen hat Cornelia Panzacchi besorgt. Ein hilfreiches Glossar mit Erklärungen zu chinesischen Begriffen, Masseinheiten und Zeitangaben runden das ansprechende Ganze ab.
Davide Morosinotto hat sich bei der Figur der Shin Yu übrigens von der chinesischen Piratin Ching Shi inspirieren lassen, die 1775 geboren wurde und im Südchinesischen Meer eine riesige Flotte als Kommandantin befehligte. Es gibt durchaus Parallelen zwischen Shi Yu und Ching Shi, doch hat der Autor mit seiner «Fliegenden Klinge» eine ganz eigene, unvergessliche Heldin geschaffen und ihr ausgesprochen sympathische Züge verliehen.
Fazit:
«Shi Yu – Die Unbezwingbare» ist ein faszinierender historischer Abenteuerroman mit einer starken Protagonistin, die auch zu ihren Schwächen und Fehlern stehen kann und an ihnen wächst. Von mir gibt es eine ganz klare Empfehlung für Leserinnen und Leser ab 13 Jahren aufwärts. Ganz besonders Freunde der fernöstlichen Kultur und Fans von «Mulan» werden hier auf ihre Kosten kommen.

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Veröffentlicht am 10.02.2022

Vergangenheit und Zukunft

Bone Music
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INHALT:
Die 15jährige Sylvia Carr verbringt mit ihrer Mutter einige Tage in einem kleinen Cottage in Newcastle (Nordengland). Sie vermisst ihre Freundinnen, und weil auch der Handyempfang in dem abgelegenen ...

INHALT:
Die 15jährige Sylvia Carr verbringt mit ihrer Mutter einige Tage in einem kleinen Cottage in Newcastle (Nordengland). Sie vermisst ihre Freundinnen, und weil auch der Handyempfang in dem abgelegenen Dorf ausgesprochen schlecht ist, fühlt sie sich einsam und entwurzelt. In der Nacht wacht sie immer wieder auf und tritt ans Fenster, weil sie aus dem gegenüberliegenden Wald eine fremdartige Melodie vernimmt, von der sie sich magisch angezogen fühlt. Schliesslich begegnet Sylvia dem Jungen Gabriel, der so ganz anders ist als die Jugendlichen in der Stadt, mit denen sie es sonst zu tun hat. Hochbegabt, aber dem inneren und äusseren Druck, der auf ihm lastete, nicht gewachsen, hat er sich selbst verletzt und in sich zurückgezogen. Einzig in der Natur und der schamanistischen Weltsicht seiner Urahnen findet er Frieden. Das Spiel auf einer uralten Knochenflöte versetzt ihn dabei in die Vergangenheit. Musik ist ein zentrales Moment in diesem Roman. Zusammen mit Gabriel stellt Sylvia daher eines Tages ihre eigene Knochenflöte her, deren Töne sie eng mit der mythologischen Vergangenheit Northumberlands verschmelzen lassen. Nachts unternimmt Sylvia eine magisch spirituelle Reise in die Vergangenheit, in welcher sie sich in eine urzeitliche Vorfahrin verwandelt und alle Grenzen zwischen Gegenwart und Vergangenheit aufgehoben scheinen. Aus dieser Kraft will Sylvia zukünftig schöpfen, um ihre eigene Welt zu schützen und zu einem lebenspendenden, heilsamen Ort für alle zu machen.

MEINE MEINUNG:
Auf den ersten Blick handelt «Bone Music» von dem Kontrast zwischen Stadt und Land, Technik und Natur, Verlorenheit und Verwurzelung.
Erst auf den zweiten Blick erkennt man, worum es David Almond wirklich geht: Er will eine tragfähige Verbindung zwischen diesen beiden Welten schaffen. Sein Roman ist ein Plädoyer dafür, dass junge Menschen sich der Schönheit und Wildheit der Natur bewusst werden, nicht vergessen, wie sehr alle von der Vergangenheit der Vorfahren geprägt werden, aber zugleich den Sinn für die Wirklichkeit nicht verlieren.
Was Menschen dabei im wahrsten Sinne des Wortes in einer technisierten und unruhigen Welt erden soll, ist die Rückbesinnung auf die geschichtlichen Wurzeln, auf die Schöpferkraft und Schönheit in jeder Kreatur und jedem Lebewesen. Und es ist immer wieder der magische Zauber der Töne und der Musik, welcher unser Innerstes bewegen und verändern kann.
Dieser Mix ist es, der für mich den besonderen Reiz dieses Romans ausgemacht hat, und ich schätze Almonds Anliegen sehr, dass wir uns achtsam mit der Natur und der Vergangenheit auseinandersetzen sollen, um uns selbst und unseren Platz in der Welt zu finden.
Leider ist es dem Autor jedoch nicht gelungen, mich durchgängig mit diesem Roman in meinem Innersten zu berühren, so wie ich es erhofft hatte. Möglicherweise liegt es an dem Zuviel an Themen, die den Erzählfluss nach meinem Gefühl (zu) oft unterbrechen.
So befindet sich etwa die Ehe von Sylvies Eltern sich in einer Krise. Sie droht daran zu zerbrechen, dass ihre Mutter es nicht (mehr) erträgt, den Mann immer wieder als Kriegsberichtsreporter in Lebensgefahr zu wissen.
Sylvies Mutter arbeitet therapeutisch mit «schwererziehbaren» Jungen, wovon einer sich das Leben nehmen will.
Der freundliche alte Nachbar Andreas hadert mit seiner Vergangenheit und der Schuld, die er als junger Mann im Krieg bei den deutschen Nationalsozialisten auf sich geladen hat.
Sylvie und ihre Freundinnen und Freunde engagieren sich für den Umweltschutz und versammeln sich regelmässig zu Klimaschutzdemos.
Ich wäre stattdessen gerne mehr bei Gabriel und Sylvia und der urzeitlichen und mythologischen Vergangenheit des Ortes geblieben. Gabriel ist für mich die Schlüsselfigur des ganzen Buches, über ihn hätte ich gerne noch mehr erfahren, doch bleibt er merkwürdig konturlos.
Beim Lesen hatte ich manchmal das Gefühl, dass der Autor versucht zu beschreiben, wie er denkt, dass Jugendliche heutzutage sind. Es schien mir so, als müssten möglichst alle «Baustellen», die es im Leben von Heranwachsenden geben könnte, auch genannt werden.

FAZIT:
«Bone Music» ist eine poetische Gegenwartserzählung über die Nöte und Sorgen Jugendlicher mit mystisch-spirituellen Elementen. Das Buch ist etwas ganz Eigenes unter den vielen Romanen, die es aktuell für Jugendliche gibt, weswegen eine Lektüre auf jeden Fall lohnenswert ist. Dies auch vor allem wegen Almonds schönem Schreibstil und seinen gelungenen Naturbeschreibungen.

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Veröffentlicht am 20.01.2022

Im Tal der Könige

Das Geheimnis des blauen Skarabäus
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Cleo (Cleopatra) Vanson wächst in Cornwall in einfachen Verhältnissen bei ihrer Tante Elsie auf, welche die Schwester von Cleos verstorbener Mutter ist. Cleos Vater ist Archäologe und hält sich die meiste ...

Cleo (Cleopatra) Vanson wächst in Cornwall in einfachen Verhältnissen bei ihrer Tante Elsie auf, welche die Schwester von Cleos verstorbener Mutter ist. Cleos Vater ist Archäologe und hält sich die meiste Zeit des Jahres zu Ausgrabungen in Ägypten auf. Seine seltenen Besuche in England und Berichte über seinen Beruf bilden die Höhepunkte im Leben seiner Tochter. Das seltene Geburtstagsgeschenk ihres Vaters, ein silberner Armreif mit einem blauen Skarabäus, ist Cleos grösster Schatz. Tante Elsie verdient sich ihren Lebensunterhalt durch Näharbeiten. Doch ihre Nichte träumt von nichts anderem, als Archäologie zu studieren und ihren Vater auf seinen Ausgrabungen zu begleiten. Aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es noch kaum üblich, dass Frauen an die Universität gingen. Vor allen Dingen dann nicht, wenn sie über kein eigenes Vermögen verfügten. Tante Elsie nimmt Cleo deswegen zu ihren Kundinnen mit, damit sie den Beruf der Näherin kennenlernt. Als sie ihre Tante in das reiche Herrenhaus der Familie Tredennick begleitet, begegnet sie dort der etwas älteren, verwöhnten Miranda und deren Bruder Angwin, welcher sich ebenfalls für Archäologie interessiert. Trotz des Standesunterschieds freunden sich die beiden Mädchen an. Als Cleos Tante Elsie bei einem Unfall ums Leben kommt, drängt Miranda ihre Familie dazu, die mittellose Cleo bei sich aufzunehmen. Tatsächlich darf sie fortan im Anwesen der Tredennicks leben und wird dort als Näherin eingestellt. Mirandas unermütlichen Interventionen ist es zu verdanken, dass Cleo mit ihr zusammen eine höhere Mädchenschule besuchen und eine gute Schulbildung erhalten darf. Von ihrem Vater hat Cleo seit Jahren nichts gehört und macht sich grosse Sorgen um ihn. Durch grosses Glück und die Beharrlichkeit ihrer Freundin darf Cleo diese, deren Bruder Angwin und dessen Freund Victor auf eine Expedition nach Ägypten begleiten. Der Altertumsforscher Victor ist Cleos Vater offenbar in Ägypten begegnet und weiss, wo er zu finden sein könnte. Als das Quartett im Jahr 1921 Kairo und Luxor bereist, überschlagen sich die Ereignisse. Menschen verschwinden, ein jahrtausendealter Fluch scheint wahr zu werden, Freunde werden zu Feinden und Gegner zu Helfern. Ob Cleo ihren Vater wiederfinden kann oder dieses Abenteuer mit dem eigenen Leben bezahlen muss, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten.

Meine Meinung:
Dieser Roman hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Da ich sehr gerne archäologische Abenteuerbücher lese, habe ich «Das Geheimnis des blauen Skarabäus» verschlungen. Die Hauptfiguren sind sehr lebendig und der Zeit gemäss beschrieben, gleiches gilt für die gesellschaftlichen und geschichtlichen Rahmenbedingungen. Das Buch spielt zu einer Zeit, als es viele wohlhabende Engländer nach Ägypten zog, um dort nach Kunstschätzen zu suchen. So ist es nicht verwunderlich, dass Cleo und ihre Freunde auch Howard Carter und seinem Gönner Lord Carnarvon begegnen, welche nach dem Grab des Tutenchamun suchten (und es schliesslich auch entdecken sollten). Die Arroganz vieler Engländer der ägyptischen Bevölkerung gegenüber wird ebenso treffend beschrieben wie das Bemühen einiger wirklicher Forscher, welche die entdeckten Kunstschätze bewahren und Museen zuführen möchten, anstatt sie auf Kunstmärkten für viel Geld zu verkaufen. Das vorliegende Buch ist eine Mischung aus spannendem Abenteuerroman, historischer Erzählung und Krimi, in dem auch Platz für romantische Gefühle und Nachdenkliches ist. Die Entwicklung, welche die sympathische Hauptfigur Cleo im Lauf der Jahre durchmacht, wird einfühlsam und interessant erzählt. Das Buch lebt von seinen bildgewaltigen Beschreibungen der ägyptischen Wüste und der Schätze, welche sich unter ihrem Sand verbergen. Fiktion und wahre Begebenheiten werden dabei glaubhaft miteinander verwoben, sodass sich ein stimmiges Ganzes ergibt.

Fazit:
«Das Geheimnis des blauen Skarabäus» ist ein spannender Roman für Liebhaber von Filmen wie «Die Mumie» oder Agatha Christies «Tod auf dem Nil». Mich hat er sehr gut unterhalten und ich empfehle ihn daher sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 20.01.2022

Ein Leben für die Kinder

Die Dorflehrerin
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In einer Zeit, als es in Deutschland noch den sogenannte Lehrerinnen-Zölibat gab, tritt die junge Antonie Weber ihre erste Stelle an. Als Waise aufgewachsen und nur durch einen glücklichen Zufall bei dem ...

In einer Zeit, als es in Deutschland noch den sogenannte Lehrerinnen-Zölibat gab, tritt die junge Antonie Weber ihre erste Stelle an. Als Waise aufgewachsen und nur durch einen glücklichen Zufall bei dem «Orden der Englischen Fräulein» in München zur Lehrerin ausgebildet, wird sie im Jahr 1911 von dort ausgeschickt nach Tannau. Dabei handelt es sich um ein hochgelegenes, ärmliches, bayerisches Bergdorf, in welchem die dörflichen Strukturen, Hierarchien und Rollenbilder starr zementiert und die Uhren offenbar stehengeblieben sind. Eine junge Frau als Lehrerin ist dort nicht erwünscht, und so schlägt Antonie von Anfang an ganz offen zur Schau getragene Ablehnung oder sogar Hass und auch Sabotage entgegen. Einzig der alte Dorfpfarrer und seine geistig etwas zurückgebliebene Hilfe Magda begegnen Antonie freundlich und unterstützen sie nach ihren Möglichkeiten. Doch auch die fast 50 Kinder aller Altersstufen, welche zusammen in einem Raum unterrichtet werden müssen, schliessen ihre neue Lehrerin und ihre freundliche Art zu unterrichten rasch in ihr Herz. Über sie gelingt es der jungen Frau, auch einen Grossteil der Eltern mit der Zeit für sich einzunehmen. Dabei muss Antonie beim Unterrichten ständig improvisieren, fehlt es doch an allen Ecken und Enden an Unterrichtsmaterial, einem intakten Klassenzimmer oder Brennholz für den Winter. Dieses wird ihr alles bewusst durch den Bürgermeister vorenthalten, um sie so rasch wie möglich wieder loszuwerden. Doch Antonie gibt nicht auf. Als der Prinzregent wenig später Tannau zu einem Jagdausflug besucht, ist er beeindruckt von dem, was Antonie bisher geleistet hat und gewährt daraufhin die finanziellen Mittel für Renovierungsarbeiten und neue Schulbücher. Damit scheint sich endgültig alles zum Guten zu wenden, doch die Missgunst einiger alter Dorfbewohner ist ungebrochen. Als Antonie von diesen bezichtigt wird, beim «Poussieren» mit dem Revierförster Sebastian gesehen worden zu sein, scheint alles verloren...

Meine Meinung:
Der Pflicht-Zölibat für Lehrerinnen wurde in Deutschland erst in den 50er Jahren aufgehoben. Gerade für junge Frauen, die sich neben ihrer beruflichen Tätigkeit auch nach einer Partnerschaft und der eigenen Familie sehnten, war dies eine grosse und für einige nicht tragbare Bürde. Im Roman begegnen wir daher unter anderem einer Freundin von Antonie, die ebenfalls Lehrerin ist, sich aber dann verliebt und den Beruf mit der Heirat aufgeben muss. Auch Antonie selbst kommt ebenfalls in grosse innere Nöte, da sie durchaus Gefühle für Sebastian hat, welche dieser auch erwidert. Die endgültige Entscheidung für «Beruf» oder «Liebe» kann sie lange nicht treffen.
Bettina Seidl erschafft mit ihren lebhaften und anschaulichen Beschreibungen der dörflichen Strukturen, ihrer Bewohner und vor allem der Naturgewalten und -schönheiten eine faszinierende Atmosphäre, durch welche man sich als Leserin ganz nah in das Geschehen mithineingenommen fühlt. Ein Jahr lang begleiten wir Antonie auf ihrem Weg in Tannau und tauchen ein in den Kreislauf der Natur, nehmen teil an den Freuden und Leiden der Dorfbewohner, sehen Menschen sterben und erleben, wie neue geboren werden. Im Vordergrund steht aber immer das Wohlergehen der Kinder, welche Antonie anvertraut sind. Es ist berührend zu lesen, wie die junge Lehrerin sich zu jedem Kind ihre Gedanken macht und weniger nach den Defiziten, als vielmehr nach den Talenten und Begabungen jedes einzelnen Kindes sucht, um diese zu fördern und vor den oftmals strengen Eltern hervorzuheben. Antonie geht ihren Weg unbeirrt und lässt sich nicht entmutigen, sie ist stark für ihre Schüler. Gleichwohl sieht es in ihrem Innern oft dunkel und leer aus. Die Trauer darüber, dass sie selbst nie Eltern hatte und sich zeitlebens ungeliebt fühlt, beschreibt Bettina Seidl deutlich und einfühlsam. So ist es überhaupt eine Stärke und eine wichtige Botschaft dieses Romans, dass er beschreibt, wie sich auch im vermeintlich Schwachen und «Unnormalen» Schönheit und Stärke befinden, die anderen zugutekommen können, wenn man sie sich nur entfalten lässt.
«Die Dorflehrerin» liefert daneben auch ein anschauliches Bild über die gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen in dörflichen und städtischen Gemeinschaften zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wobei letztere den anderen meist voraus waren. Die Aufbrüche in eine grössere Selbständigkeit und ein neues Selbstbewusstsein für Frauen, neue technische Errungenschaften oder ein Umdenken in der Pädagogik seien hier stellvertretend für viele andere erwähnt.
Insgesamt hat Bettina Seidl einen in sich stimmigen und sehr gut lesbaren Roman geschrieben. Vereinzelt gleiten die beschriebenen Szenen ein wenig ins klischeehaft Triviale ab, sodass man sich stellenweise tatsächlich in einer Ludwig Ganghofer Verfilmung wähnt. Dies tut aber dem positiven Gesamteindruck keinen Abbruch.

Fazit:
«Die Dorflehrerin» beschreibt einfühlsam und spannend den Weg einer sympathischen, jungen Lehrerin, die sich in einer ihr fremden Welt gegen viele Widerstände für die ihr anvertrauten Kinder einsetzt und dabei zu einer starken Persönlichkeit heranreift. Ich empfehle diesen Roman gerne weiter.

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