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Veröffentlicht am 03.09.2019

jugendliche Heldinnen

Sal
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Die Geschichte der Halbschwestern Salmarina und Paula ist keine heitere, keine leichte. Aber sie ist auch keine, die runterzieht und nur traurig macht. Ja, es ist erschreckend, in welches Dilemma Sal geraten ...

Die Geschichte der Halbschwestern Salmarina und Paula ist keine heitere, keine leichte. Aber sie ist auch keine, die runterzieht und nur traurig macht. Ja, es ist erschreckend, in welches Dilemma Sal geraten ist. Die Mutter hat einen neuen Liebhaber und der missbraucht Sal jahrelang. Bis er kundtut, dass nun auch Paula bald alt genug dafür wäre. Das ist schwere Kost, denkt man und die Kehle wird einem beim Lesen schon mal eng. Aber der Ton von „Sal“ ist dennoch ein anderer. Er ist so mutig, trotzig, rotzig frech und voller Kraft wie seine Hauptdarstellerin. Die packt ihre kleine Schwester und flieht in die Wildnis. Bewaffnet mit jeder Menge Überlebenstricks zeigen die beiden Mädchen, dass man manchmal fliehen muss um dann den Kampf aufzunehmen. Natürlich holt sie das Unheil irgendwann ein. Aber dann sind sie schon gestärkt und nicht mehr bereit klein beizugeben.

Guter Erstling, der Mut macht und wütend auf Männer, die so etwas tun und Menschen die wegschauen. Die kraftvolle Sprache überzeugt und passt sehr gut zum Text.

Veröffentlicht am 29.08.2019

alle Sterne

Messer (Ein Harry-Hole-Krimi 12)
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Harry Hole ist mal wieder ganz ganz unten angekommen. Immer wieder mal hofft man als Fan ja, dass er endlich seine Alkoholsucht überwindet. Erschreckend ist ja vor allem, dass er ein Qurtalssäufer ist. ...

Harry Hole ist mal wieder ganz ganz unten angekommen. Immer wieder mal hofft man als Fan ja, dass er endlich seine Alkoholsucht überwindet. Erschreckend ist ja vor allem, dass er ein Qurtalssäufer ist. Also einer, der wochen- oder sogar monatelang einigermaßen gut funktioniert und dann plötzlich einen phänomenalen Absturz hat, bei dem er Frauen verliert, Freunde abstößt, sein Karriere vernichtet, ja diesmal sogar in den Verdacht gerät, ein Verbrechen begangen zu haben. Also alles wie gehabt aber auch alles wieder neu auf Null. Keine Frau mehr, die ihn auffängt und stärkt, der Job so gut wie weg. Soweit die Ausgangslage.

Dazu kommt noch ein durchgeknallter Serienvergewaltiger, der seine Opfer bedroht, wenn sie seine Kinder abtreiben lassen wollen. Starker Tobak, möchte man meinen, den Nesbo da mal wieder auffährt. Aber was soll ich sagen. Ich mag diesen Hole einfach und ich liebe die Art, wie Nesbo erzählt. Wie er immer nah dran ist an seinem versoffenen und doch so schlauen Kommissar und wie er für uns Leser falsche Fährten legt, überraschende Wendungen versteckt hält, seine Darsteller an ihre Grenzen treibt.

Für mich ist und bleibt Jo Nesbo einer der besten Krimiautoren der Welt und „Messer“ bekommt von mir gerne wieder alle Sterne, die ich zu vergeben habe.

Veröffentlicht am 25.07.2019

eindringlich

Wolf
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1820 im Schwarzwald. Ein junger Mann landet ohne Gedächtnis in einem Kloster. Dort nennen sie ihn Gabriel und schicken ihn in ein kleines Dorf, wo er einer Bauersfamilie zur Hand gehen soll. Ziemlich schnell ...

1820 im Schwarzwald. Ein junger Mann landet ohne Gedächtnis in einem Kloster. Dort nennen sie ihn Gabriel und schicken ihn in ein kleines Dorf, wo er einer Bauersfamilie zur Hand gehen soll. Ziemlich schnell ist klar, dass Gabriel nicht nur engelsgleich schön ist und in Heilkunde versiert, es umgibt ihn auch eine Aura, der Frauen erliegen und die Männer gegen ihn einnimmt. Im Dorf breitet sich eine seltsame Stimmung aus. Da erst vor ein paar Tagen „Die Hexen von Eastwick“ im Fernsehen lief, fühlte ich mich beim Lesen des Buches daran erinnert. Denn hier ist es der Teufel, der in Menschengestalt eine Stadt in Aufruhr versetzt. Und in „Wolf“ ist es ein junger Mann, die Verkörperung der Versuchung, der ähnliches auslöst.

Ich fand es schade, dass die Geschichte so kurz und knapp ist. Für mich hätte sie gerne noch länger dauern dürfen. Mir gefiel die Art, wie hier erzählt wird und wie sich eine Stimmung aufbaut – erst unterschwellig und dann immer deutlicher spürbar. Das einfach Leben der Landbevölkerung wird auf einfühlsame Weise geschildert und ihre Abneigung gegen das Fremde.

Veröffentlicht am 25.07.2019

sehr empfehlenswert

Sterne über der Toskana
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Auch wenn es sich um einen dritten Teil handelt, so ist es doch durch einen Zeitsprung in die nächste Generation nach Band zwei kein Problem auch für Neueinsteiger sehr schnell in diese Geschichte rein ...

Auch wenn es sich um einen dritten Teil handelt, so ist es doch durch einen Zeitsprung in die nächste Generation nach Band zwei kein Problem auch für Neueinsteiger sehr schnell in diese Geschichte rein zu kommen. Gianna ist eine junge Italienerin, noch etwas naiv und verträumt, die gerade erkennen muss, dass ihr Verlobter Angelo nicht der Mann ist, für den sie ihn gehalten hat. Er verlässt sie schnöde, weil ihr Bruder sich im Kampf um die Unabhängigkeit Italiens auf die scheinbar falsche Seite gestellt hat. Das Land und die Menschen stehen am Scheidepunkt zu einem Bürgerkrieg gegen die verhassten Österreicher und Giannas Familie ist plötzlich mittendrin. Das Leben der jungen Frau wird gehörig durcheinander gebracht und sie muss lernen, dass es nicht nur schöne Zeiten gibt und man für sein Glück kämpfen muss. Aber es gibt bessere Männer als Angelo und Gianna geht ihren Weg.

Ich war positiv überrascht, dass diesmal noch viel mehr historische Fakten in der Geschichte steckten. Durch die politischen Machtkämpfe und die blutigen Schlachten wird es ziemlich dramatisch und auch tragisch für einige Darsteller. Ich habe das Buch in drei Tagen durchgelesen, weil es so spannend war. Karin Seemayer ist durch ihre einfühlsame interessante Art des Erzählens inziwschenzu meinen Lieblingsautorinnen im Histobereich geworden.

Veröffentlicht am 19.07.2019

wundervoll traurig

Der Gesang der Flusskrebse
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Dieses Buch ist eine homogene Einheit, wie ich sie lange schon nicht mehr hatte. Beginnend bei einem aussagekräftigen, perfekt auf die Handlung und den Ort des Geschehens abgestimmt, in einer Klarheit ...

Dieses Buch ist eine homogene Einheit, wie ich sie lange schon nicht mehr hatte. Beginnend bei einem aussagekräftigen, perfekt auf die Handlung und den Ort des Geschehens abgestimmt, in einer Klarheit und Präsenz, die nicht nur zum Setting passt sondern auch das Innenleben seiner Hauptdarstellerin fast schon selbstredend erklärt und beschreibt.

Dazu ein Titel, der auch in der deutschen Übersetzung liebevoll aus dem Englischen übernommen wurde. Er setzt Bilder frei und auch Töne, die bereits im Leser schwingen, bevor er die erste Seite aufschlägt und hineingezogen wird ins Marschland North Carlinas. Die Autorin gibt dem Sumpf eine Farbe, einen Geschmack, einen Geruch. Sie zieht uns hinein ins modrige Dunkel, ins ewig Feuchte und auch hinein in die Einsamkeit eines kleinen Mädchens, welches verlassen von Mutter und Geschwistern, ungeliebt vom saufenden Vater, aus der Gesellschaft verschwindet und eins wird mit der Natur, den Salzwiesen und Sandbänken.

Eigentlich ist es die Geschichte über dieses Mädchen, über ihr Erwachsenwerden, die Entwicklung einer verlorenen Seele, die sich immer mehr zurückzieht und als schließlich zwei junge Männer in ihr kleines Universum eindringen, scheinbar die Orientierung verliert und mit dem Wunsch, auszubrechen und die fremde Welt der anderen Menschen zu entdecken fast zerbricht.

Der Tote, der am Anfang des Buches schon erwähnt wird, und der irgendwann eine wichtige Rolle spielen wird, ist das Spannungselement, welches von außen kommt. Aber er ist nicht das Zentrum der Geschichte und das Buch lebt nicht vom Suspense sondern von den melancholischen Tönen und den einfühlsamen Beschreibungen der Natur.

Wundervoll traurig.