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Veröffentlicht am 09.09.2024

Heilung prägender Erlebnisse

Lernen, den Tiger zu reiten
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Peter A. Levine, ein weltweit anerkannter Trauma-Therapeut, bietet in seiner Autobiographie “Lernen, den Tiger zu reiten” einen tiefen Einblick in seine persönliche und berufliche Reise. Er reflektiert ...


Peter A. Levine, ein weltweit anerkannter Trauma-Therapeut, bietet in seiner Autobiographie “Lernen, den Tiger zu reiten” einen tiefen Einblick in seine persönliche und berufliche Reise. Er reflektiert sein Leben und erzählt von seinen eigenen traumatischen Erlebnissen und wie er Heilung erlangte.

Seine Therapie der Somatic Experiencing (SE) ist ein körperorientierter Ansatz zur Lösung von traumatischem Stress. SE wird zur Überwindung von Schocktraumata und zur Behandlung früher Bindungs- und Entwicklungstraumata eingesetzt. Traumatisierende Erlebnisse können in vielerlei Lebenssituationen entstehen: Operationen, schwere Krankheiten, Verletzungen, der Verlust eines nahen Menschen, Vernachlässigung in der Kindheit oder pränatale Bedrohung im Mutterleib, Krieg, Naturkatastrophen oder Gewalterfahrung wie z. B. Vergewaltigungen. Auch scheinbar gewöhnliche Ereignisse wie medizinische Behandlungen usw. könnten Traumatas auslösen und machen sich in körperlichen Reaktionen bemerkbar. Der Körper hat ein Gedächtnis.

Alles sehr spannend zu lesen. Der Schreibstil des Autors ist klar und gut lesbar. Schrecklich was Peter A. Levine im Alter von 12 Jahren zugestoßen ist und dass er nicht mit seinen Eltern darüber sprechen konnte.

Ich muss zugeben, anfangs haben mich diese imaginären Dinner mit Albrecht Einstein befremdet. Dann habe ich mir überlegt, wie das wäre, wenn ich selber mit einer Person, die ich verehre, kommunizieren würde. Der Gedanke war erst ungewohnt. Aber man kann es ja mal versuchen und schauen, was dabei herauskommt? Levine schreibt über die aktive Imagination: Auf falsche Fragen gibt es keine richtigen Antworten. Später verrät der Autor, dass es in seinem Leben tatsächliche eine Verbindung zu Einstein gibt.

Beunruhigend, dass Traumata, über mehrere Generationen hinweg weitergegeben werden können und noch für nachfolgende Generationen belastend sind.

Leider gab es auch einige unnötige Längen, die den Lesefluss ausbremsten

Fazit: Ein Muss für alle, die sich mit Trauma und Heilung beschäftigen.

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Veröffentlicht am 06.09.2024

Brüder und ein gemeinsamer Sommer

Gemeinsam, anders, glücklich
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Der Autor und Journalist Uli Hauser erzählt in diesem Buch von seinem geistig behinderten Bruder Johannes, der seit fast zwanzig Jahren sein Zuhause in einem Heim für Menschen mit Behinderung gefunden ...


Der Autor und Journalist Uli Hauser erzählt in diesem Buch von seinem geistig behinderten Bruder Johannes, der seit fast zwanzig Jahren sein Zuhause in einem Heim für Menschen mit Behinderung gefunden hat.

Johannes hatte bei seiner Geburt zu wenig oder keinen Sauerstoff abbekommen. Dadurch waren Gehirnzellen abgestorben. Wir erfahren vom Schmerz der Mutter, ihren heimlichen Tränen. Sie glaubte an Wunder, suchte Trost in der Kirche. Als die 89jährige Mutter zum erstmal zur Kur fährt, verbringen die beiden Brüder einen gemeinsamen Sommer zusammen.

Johannes ist tatsächlich ein erstaunlicher Mensch. Seine unbekümmerte gute Laune, seine Fröhlichkeit machen es seinen Mitmenschen leicht ihm zu begegnen. Uli fragt sich oft, was geht meinem Bruder durch den Kopf? Was denkt er von Dingen, über Leute, wie sieht er das Leben? Und wovon träumt er? Diesen Fragen geht er in ihrer gemeinsamen Zeit nach.

Auf die Frage, ob ihn bewusst ist, behindert zu sein, muss Johannes erst überlegen, dann sagt er: „Ich kann nicht allein rausgehen. Nicht allein einkaufen. Nicht allein spazieren gehen, da bin ich traurig darüber. Aber ich kann nichts dran ändern.“ Bei Johannes gibt es kein Aufbegehren, er ergibt sich in sein Schicksal. Er wurde schon oft im Großen wie im Kleinen enttäuscht. Doch Johannes lässt es sich nicht anmerken, sagt dann „schade“, ist dann aber auch nicht nachtragend.

Herrlich, wie viel Spaß Johannes an den Fahrten mit dem Fun2go, dem Paralleltandem hat. Am liebsten möchte er fliegen, durch die Luft sausen. Johannes liebt Schlagermusik und hat einen Riesensammlung von CDs.

Mich hat das Buch sehr berührt. Viele Menschen wissen ja nicht wie man sich behinderten Menschen gegenüber verhält. In vielen Köpfen gibt es Vorurteile. Dabei ist es so einfach. Bleib menschlich und hab Geduld. Sprich mit ihnen wie mit jedem anderen auch und behandle sie ganz normal. Auch behinderte Menschen können ein erfülltes Leben führen.

Zum Schluss des Buches erfahren wir auch von anderen Bewohnern des Hauses in dem Johannes lebt und von Menschen, die sich um sie kümmern.

Fazit: „Gemeinsam, anders, glücklich“ ist ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit, Verständnis.

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Veröffentlicht am 01.09.2024

Jeder Tod riecht anders

Über Leben und Tod
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Der Jurist und Journalist Florian Klenk, schickt uns mit seinem faszinierenden Buch tief in die Abgründe der Gerichtsmedizin des österreichischen Professors Christian Reiter. Übrigens betreiben beide ...


Der Jurist und Journalist Florian Klenk, schickt uns mit seinem faszinierenden Buch tief in die Abgründe der Gerichtsmedizin des österreichischen Professors Christian Reiter. Übrigens betreiben beide einen Podcast: Klenk+Reiter - Der FALTER-Podcast aus der Gerichtsmedizin.

«Ich wüsste, wie der perfekte Mord geht, werde mich aber hüten, es jemandem zu verraten», sagt Christian Reiter. Bis 2020 obduzierte Reiter am gerichtsmedizinischen Institut in der Wiener Sensengasse, jetzt ist er eigentlich im Ruhestand, aber als Gutachter ist er nach wie vor im Einsatz. In diesem Buch erfahren wir auch einiges über seine eigene Familiengeschichte, denn schon seine Vorfahren beschäftigten sich mit dem Tod.

Oh ja, zwischendurch wird es gruselig. Reiter geht vielen alten Fällen mit Akribie und wissenschaftlichen Methoden auf den Grund. Wir lesen von Pesttoten und Vampiren. Das Buch bietet nicht nur Einblicke in die wissenschaftliche Präzision der Gerichtsmedizin, sondern auch in die menschlichen Geschichten hinter den Fällen. Reiters Leidenschaft ist beeindruckend. In seinem Studierzimmer sammelt er Artefakte des Todes, die mir einen Schauer über den Rücken jagen.

Der Autor Felix Klenk schreibt auch für Laien verständlich. Das Buch liest sich spannend wie ein Krimi.

Fazit: «Über Leben und Tod» ist es ein spannendes Buch nicht nur für Krimifans mit Gänsehautgarantie.

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Veröffentlicht am 29.08.2024

365 Tage Selbstversorgung

Selbstversorgung im Winter
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Im Winter ruht der Garten, so ist die allgemeine Auffassung. Til Gendrich motiviert uns mit seinem Buch ‚Selbstversorgung im Winter‘ diesen Glaubenssatz zu widerlegen.

Der Autor ist schon als kleiner ...


Im Winter ruht der Garten, so ist die allgemeine Auffassung. Til Gendrich motiviert uns mit seinem Buch ‚Selbstversorgung im Winter‘ diesen Glaubenssatz zu widerlegen.

Der Autor ist schon als kleiner Junge mit dem großen Selbstversorger-Garten der Familie aufgewachsen. Darauf gründet seine Leidenschaft. Hier liegt ihm vor allem die Permakultur am Herzen.

Selbstversorgung für den Winter ist ein Prozess, der das gesamte Gartenjahr umfasst, d.h. Vorräte für den Winter schaffen: Einlagern, Einkochen, Fermentieren, Oxymel ansetzen, Apfelessig herstellen, Obst dörren, Sauerteigbrot backen, Gemüsereste nochmal zum Wachsen bringen. Das klingt alles sehr spannend und ist es auch. Wer mag nicht die leckeren Apfelchips oder eine fruchtige Erdbeermarmelade? Und warum macht es Sinn, Wirsing und Rotkohl wortwörtlich rumhängen zu lassen, wenn man sie einlagerst? Und wusstest du, dass die Knospen vieler unserer heimischen Laubbäume essbar sind und sogar schmecken?

Die verschiedenen Methoden des Haltbarmachens habe mich persönlich am meisten angesprochen. Was ich demnächst umsetzten werde, ist einen eigenen Sauerteig anzustellen. Der Autor beschreibt diesen Vorgang bis ins Detail. Auch die Anleitung zur Joghurt Herstellung ist kein Hexenwerk. Sauerkraut hat früher meine Oma in einem großen Bottich bzw. Fass angestellt. Ich werde es im Kleinen versuchen. Dieses Apfel-Karotten-Sauerkraut könnte ich hinbekommen.

Und ganz nebenbei schmeckt Angesetztes, Eingelegtes oder Gebackenes aus der eigenen Küche gleich doppelt so gut, ist günstig und super gesund und macht auch ein bisschen stolz.

Einziger Kritikpunkt: Das Cover. So lobenswert es auch ist, dass das Buch klimafreundlich hergestellt und cradle-to-cradle gedruckt wurde, so muss ich leider anmerken, dass ich dieses ungeschützte Cover als keine gute Idee empfinde. Ein Tropfen Wasser und das wirklich schön gestaltete Buch ist versaut. Ist mir leider bei einem Kochbuch schon passiert. Und da sich in diesem Buch auch Rezepte befinden, ist die Gefahr doch sehr groß, dass sich auch hier ein Wassertropfen verirrt. Dennoch werde ich keinen Punkt hierfür abziehen, denn der Inhalt des Buches ist absolut gelungen, mit vielen praktischen Tipps und inspirierenden Anleitungen. Außerdem erzählt der Autor humorvoll und unterhaltend.

Fazit: “Selbstversorgung im Winter” ist ein wertvoller Begleiter fürs ganze Jahr, in dem viel altes Wissen modern umgesetzt wird.

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Veröffentlicht am 29.08.2024

Ein zweischneidiges Schwert

Gier ist ein Luder
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Dies war meine erster Südtirol-Krimi überhaupt. Auch der Autor Ralph Neubauer war mir bislang unbekannt. So war ich gespannt darauf, beide kennenzulernen. Wie ich jetzt weiß, ist es bereits der 11. Krimi ...


Dies war meine erster Südtirol-Krimi überhaupt. Auch der Autor Ralph Neubauer war mir bislang unbekannt. So war ich gespannt darauf, beide kennenzulernen. Wie ich jetzt weiß, ist es bereits der 11. Krimi um Vicequestore Fabio Fameo und seinem Team. Aber keine Sorge, der Band kann unabhängig von seinen Vorgängern gelesen werden. Ich bin sehr gut in die Handlung reingekommen und habe die Vorgängerbände nicht vermisst.

Die Handlung dreht sich um den erfolgreichen Hotelier Georg Pinggera aus Trafoi und dessen innovative Ideen den Tourismus in Südtirol aufrütteln. Die Polizei wird auf ihn aufmerksam, als die Identität eines toten Hotelgastes aus Schenna nicht ermittelt werden kann.

Dieser Georg Pinggera, denkt in großen Dimensionen. Er ist bestens vernetzt mit den Einflussreichen und Hochvermögenden des Landes. Er hat das Talent, Menschen zu überzeugen und mitzureißen und gelegentlich schadet es auch nicht, Geld rüberwachsen zulassen, um Projekte und Ideen durchzusetzen. Denn wie der Titel schon sagt: Gier ist ein Luder.

Doch der zweite Todesfall war für mich eine Überraschung.

In der Questura, macht sich Questore Marzollo bei seinen Untergebenen mit seinem respektlosen Verhalten nicht gerade belieb. Insbesondere Vicequestore Fabio Fameo hat unter seinem Chef zu leiden.

Der Krimi bietet eine Mischung aus Spannung und regionalem Flair. Mir ist dadurch richtig bewusst geworden, was für ein zweischneidiges Schwert der Tourismus doch ist. Vor allem wenn höchste Gewinnprofilierung dahintersteht. Ich glaube tatsächlich, dass es in Immobilienkreisen nicht immer ganz koscher abläuft. Ralph Neubauer gelingt es, die Schönheit und die Eigenheiten Südtirols lebendig zu beschreiben. Die Kapitel sind kurzgehalten, was ich sehr mag. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und die Spannung bleibt bis zum Schluss erhalten.

Interessant ist auch, im Nachwort zu erfahren, wie das Buch entstanden ist, welche Quellen und welche tatsächlichen Ereignisse und Begebenheiten herangezogen wurden. Für nähere Infos gibt es zusätzlich einen Literaturliste. Und wer mag, kann Elisabeths Rezept für die Quiche mit Pilzen ausprobieren.
Fazit: Ein unterhaltsamer Südtirolkrimi mit interessanten Einblicken auf die positiven und negativen Auswirkungen des Tourismus.

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