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Veröffentlicht am 27.08.2021

Nichts an der Liebe ist romantisch

Die letzten Romantiker
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Fiona Skinner ist hundertzwei Jahre alt und eine angesehene Dichterin. Im Jahre 2079 tritt sich nach 25 Jahren wieder in der Öffentlichkeit auf und ist erstaunt, wie intensiv die Menschen ihr Werk wahrgenommen ...

Fiona Skinner ist hundertzwei Jahre alt und eine angesehene Dichterin. Im Jahre 2079 tritt sich nach 25 Jahren wieder in der Öffentlichkeit auf und ist erstaunt, wie intensiv die Menschen ihr Werk wahrgenommen haben. Es ist ein literarisches Experiment.

Eine junge Frau betritt plötzlich die Bühne. Ihr Name ist Luna. Ihre Mutter liebte Fionas Dichtkunst. Den Namen ihrer Tochter hatte sie einem Gedicht entnommen, dass Fiona vor fünfundsiebzig Jahren geschrieben hatte. Die junge Frau will nun von Fiona wissen, wer diese Luna war und Fiona erzählt die Geschichte ihres Lebens.

Im Sommer 1981 verlieren die Geschwister Renee, Caroline, Joe und Fiona viel zu früh ihren Vater. Noni, ihre Mutter verfällt in eine schwere Depression. Sie verlässt 3 Jahre lang kaum ihr Schlafzimmer. Die Kinder nennen diese Zeit ‚die große Pause‘. Sie sind auf sich alleine gestellt. Renee übernimmt die Verantwortung über ihre Geschwister. Die Kinder verwildern, aber sie wachsen auch zusammen. Was diese Zeit jedoch in jedem einzelnen dieser Kinder für Narben hinterlässt, offenbart sich erst Jahrzehnte später.
Meine Meinung:

Das Buch gliedert sich in 4 Teile und umfasst fast 100 Jahre Familiengeschichte. Fiona, die jüngste der vier Geschwister, ist die Haupterzählerin. Als der Vater verstarb war Renee, die älteste der Geschwister, 11 Jahre, und Fiona, die jüngste, 4 Jahre alt. Joe war 7 und Caroline 9. Die Schwestern vergöttern ihren Bruder Joe. Er ist was Besonderes. Er ist der Mann im Haus. Joe wird in die Basketballmannschaft aufgenommen. Ihm fliegen die Herzen zu. Auch Fiona liebt ihren Bruder abgöttisch, sie blickt zu ihm auf. Erst später triften ihre Wege auseinander. Renee tut sich schwer als junge Frau mit der Liebe, sie hat gelernt Verantwortung zu übernehmen und lässt gefühlsmäßig keinen an sich ran. Caroline dagegen, bindet sich bereits sehr früh an ihren Freund. Auch Fiona hat später Probleme mit der Liebe. Sie ist Autorin eines Sexblogs. Das Grundthema, dieses Romans ist die Liebe und was geschieht, wenn einem die Liebe abhandenkommt. Dies haben die Kinder erlebt, als sie in der „großen Pause“ auf sich alleine gestellt waren. Die Autorin schreibt, von der Verantwortung, die Liebenden auferlegt wird und von der Bereitschaft diese zu übernehmen. Doch wann beginnt diese zu zerfallen, sich aufzulösen. Süchte, Drogen, Alkohol und Sex verändern die Welt der erwachsenen Geschwister. Und dennoch bleibt das Band zwischen ihnen bestehen.

Der Schreibstil der Autorin ist gut lesbar. Die Geschichte wird kurzweilig erzählt. Die gesamte Gefühlsskala wird angesprochen, Humor, Trauer, Wut, Verletzung. Und auch die Poesie kommt nicht zu kurz. Die Charaktere sind durchweg lebendig gezeichnet. Ein bisschen mehr hätte ich über die zukünftige Zeit erfahren mögen. Denn es gab Sirenengeheul und Stromausfälle, herumeilende Sicherheitsleute, die Menschen suchten Bunker auf.
Zum Schluss sagt Fiona zu Luna: „Es geht um die echte Liebe, um wahre Liebe, unvollkommene, zaghafte Liebe. Es geht um die Kompromisse, die wir im Namen der Liebe eingehen. Nichts an der Liebe ist romantisch.“

Fazit: Ein ergreifendes Familien-Epos, das die Höhen und Tiefen der Liebe ausleuchtet.

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Veröffentlicht am 19.08.2021

Gefühle und raue Kerle

Firefly Creek
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Eigentlich ist mein bevorzugter Lesestoff, Lektüre die mich fordert, aber zwischendurch muss es auch mal was Leichtes sein. Und dieser Roman hat mich so richtig überrascht. Sooo schön. Firefly-Creek hat ...

Eigentlich ist mein bevorzugter Lesestoff, Lektüre die mich fordert, aber zwischendurch muss es auch mal was Leichtes sein. Und dieser Roman hat mich so richtig überrascht. Sooo schön. Firefly-Creek hat mich gefangen genommen, wie selten ein Roman in letzter Zeit. „Sehnsucht in deinem Herzen“, ist übrigens der erste Band einer Reihe.

Die Bennett-Familie lebt auf einer großen Rinderfarm in Australien. Vier raubeinige, jedoch unwiderstehliche Brüder und Harry, dass Familienoberhaupt. Jeder von diesen harten Kerlen hat seinen eigenen Kopf. Nicht leicht für die bezaubernde Liz, den chaotischen Haushalt der Bennets unter Kontrolle zu halten. Sie ist mit ihrem kleinen Sohn Olli bei der Familie eingezogen ist, nachdem ihr Mann, ebenfalls ein Bennett-Sohn, verstorben ist. Unbemerkt scheint sie den Bennett-Clan mit leichter Hand zu bändigen. Nun taucht plötzlich Ethan auf, der fünfte der Brüder, der sich schon immer als Außenseiter der Familie gesehen hatte und so wurde er auch von der Familie wahrgenommen. Ethan hatte nie viel für die Landwirtschaft übriggehabt. Er zog es vor, nach dem Studium in Sydney zu bleiben. Von seinen Brüdern wird er nicht gerade herzlich aufgenommen. Besonders der Älteste Bruder John steht Ethan regelrecht feindlich gegenüber. Doch zwischen Liz und Ethan beginnt es zu knistern. Kann das gutgehen?

Ich mochte diese harten Kerle. Die Autorin Lilian Kaliner hat eine wirklich außergewöhnliche Familie geschaffen, die sie liebevoll gezeichnet hat. Und natürlich mochte ich auch Liz und ihren kleinen Sohn. Der Schreibstil der Autorin ist leicht und mühelos lesbar. Sie versteht es hervorragend Emotionen zu wecken. Ich musste tatsächlich mehrmals einige Tränen verdrücken, so nahe ging mir die Handlung. Das Buch wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Das macht es umso spannender, die Sichtweise der einzelnen Personen kennenzulernen und ihre Handlungen nachvollziehen zu können.

Fazit: Eine leichte Lektüre für Zwischendurch, aber soooo schön. Ein herrlich gefühlvoller Roman. Ich werde auch die Folgebände lesen, denn ich will unbedingt wissen, wie es mit den Bennetts weiter geht. Die Bennetts haben Suchtpotential.

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Veröffentlicht am 16.08.2021

Die Kindheit ist eine Insel

Der Panzer des Hummers
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Die Geschwister der Familie Gabel haben sich nach dem Tod der Mutter auseinandergelebt. Ea, die Älteste der Geschwister, lebt in San Francisco. Sie ist verheiratet und macht sich ernsthafte Sorgen um ...


Die Geschwister der Familie Gabel haben sich nach dem Tod der Mutter auseinandergelebt. Ea, die Älteste der Geschwister, lebt in San Francisco. Sie ist verheiratet und macht sich ernsthafte Sorgen um Coco, die Tochter ihres Mannes. Ihr scheint der Verlust der Mutter besonders zu schaffen zu machen, denn Ea versucht Kontakt mit der Verstorbenen über eine Hellseherin aufzunehmen. Sidsel, die Mittlere der Geschwister, ist Restauratorin in einem Kopenhagener Museum. Als alleinerziehende Mutter einer kleinen Tochter steht sie ständig unter Druck. Niels, der jüngste der Geschwister, lebt ebenfalls in Kopenhagen. Er entzieht sich allen Zwängen des Lebens und bestreitet seinen Lebensunterhalt als Plakatierer. Dennoch springt er für die Betreuung seiner kleinen Nichte ein, als Sidsel überraschend beruflich nach London reisen muss.

Ich tue mir richtig schwer, diesem Roman gerecht zu werden. Ich mag den Schreibstil der Autorin und viele Wendungen begeistern mich. Da gibt es Sätze wie: „Die Kindheit ist eine Insel, die im Meer versinkt.“ Oder herrliche Charakterbeschreibungen wie: „Mr Pistilli, der hinter seiner zuvorkommenden Fassade, wie sich schnell herausstellte, einen dubiosen und unberechenbaren Charakter verbirgt.“ Trotzdem kam ich nicht in die Geschichte. Das passiert mir selten mit einem Buch aus dem Diogenes-Verlag. Für mich ist der Verlag ein Garant für gute Literatur. Sicherlich zählt auch „Der Panzer des Hummers“ dazu. Die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Bei mir trifft dieser Roman jedoch nicht den Nerv.

Das Personenregister zu Anfang des Romans empfand ich als ungemein hilfreich. So konnte ich die einzelnen Protagonisten gut zuordnen.

Fazit: Kein Roman, den man einfach so weg lesen kann. Jemand mit mehr Geduld wie ich findet sicherlich mehr Freude daran.

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Veröffentlicht am 15.08.2021

Tausendmal berührt

Greta und Jannis
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Ich lese gerne Bücher die mich fordern. „Greta und Jannis“ hat mich jedoch überfordert. Ich habe mir selten beim Lesen sehr schwergetan.

Zum Inhalt: Gerta und Jannis wachsen als Nachbarskinder in einem ...

Ich lese gerne Bücher die mich fordern. „Greta und Jannis“ hat mich jedoch überfordert. Ich habe mir selten beim Lesen sehr schwergetan.

Zum Inhalt: Gerta und Jannis wachsen als Nachbarskinder in einem Bergdorf auf. Sie hüten zusammen Ziegen und Schafe und verstehen sich wie Bruder und Schwester. Doch wie heißt es so schön in dem Song von Klaus Lage: Tausendmal berührt, tausendmal ist nichts passiert. Tausend und eine Nacht und dann es hat Zoom gemacht. So auch bei Greta und Jannis. Sie fühlen sich zueinander hingezogen und werden ein Liebespaar. Eine Liebe die nicht sein darf. Jannis geht in die Stadt aufs Gymnasium und beginnt später ein Studium. Greta zieht zu ihrer Großtante Severine in ein abgelegenes Gebirgsdorf und hilft ihr beim Lebkuchen backen und beim Umsorgen der Findelkinder. Die Eltern bringen die Kinder heimlich den Berg herauf und legen sie ihr vor die Tür. Großtante Severine sagt, weil es den Kindern an Kraft und Ausdruck fehlt. Von Männern hält sie ohnehin nicht viel. „Hast du Gott heute schon gedankt, dass du keinen Mann hast?“ fragt sie ihre Großnichte. „Nein, aber ich werde es noch machen“, antwortet Greta dann. Eines Tages zieht ein seltsamer Mann ins letzte Haus am Berg: Cornelio. Greta befreundet sich mit ihm.

Zugegeben, die Sprache und die Bilder die Sarah Kuratle in ihrem Debütroman entwirft sind poetisch und stark. Trotzdem musste ich immer wieder im Text zurück gehen und manche Passagen nochmal lesen um zu begreifen, worum es eigentlich geht. Ich empfand das als sehr anstrengend. Die Autorin beschreibt die Menschen und die Natur in sprachgewaltigen Bildern. Man nimmt als Leser selbst die Gerüche und Düfte wahr. Einer meiner Lieblingssätze war: „… den glitzernden Faden suchen.“ Dennoch, mir wurde es zu viel. Was ich schade fand. Die Protagonisten kamen mir auch nicht wirklich nahe. Ich empfand mich als Beobachter, aber ich war nicht im Geschehen involviert.

Fazit: Kein Roman zum Entspannen und Wegtauchen.

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Veröffentlicht am 12.08.2021

Das Wichtigste wird ausgelassen

Die Wütenden und die Schuldigen
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Richard, der protestantische Pfarrer einer kleinen Landgemeinde in der Uckermark ist schwer an Krebs erkrankt. Die Medizin kann nichts mehr für ihn tun. Austherapiert. Seine Enkeltochter Selma besucht ...

Richard, der protestantische Pfarrer einer kleinen Landgemeinde in der Uckermark ist schwer an Krebs erkrankt. Die Medizin kann nichts mehr für ihn tun. Austherapiert. Seine Enkeltochter Selma besucht ihn mit Frau Dr. Katrin Kuhn, einer Palliativmedizinerin der Charité und gleichzeitig engste Freundin ihrer Mutter Maria, die ebenfalls Ärztin ist, sich jedoch wegen eines Corona-Ausbruchs in der Klinik in Quarantäne befindet. Frau Dr. Kuhn soll dem alten Herrn am Ende seines Lebens mit schmerzlindernden Medikamenten zur Seite stehen.
Der Roman spielt in der Zeit des ersten Lockdowns im Jahr 2020. Wir erleben drei Generationen mit den unterschiedlichsten Lebensthemen. „Schuld erstreckt sich über all das, was man nicht getan hat.“ In dieser Familie stimmt einiges nicht. Richards Sohn Holger lebt in der Psychiatrie nach einem Suizidversuch. Selma seine Tochter hatte ihn gefunden. Zwischen ihm und Richard ist noch sehr viel offen, zumal die beiden schon seit Jahren nicht mehr miteinander sprechen. Holgers Mutter ist bei seiner Geburt gestorben, deshalb wurde Holgers Geburtstag nie gefeiert.

Richard ist mit dem Tod seiner Frau nie fertig geworden. Er sah sich als Überlebenden. Er wollte nie mehr jemanden überleben, der ihm nahesteht. So ließ er gefühlsmäßig anscheinend niemanden mehr an sich heran. Richard war der Glaube an Gott abhandengekommen. Gott hatte ihn fallengelassen. Interessant ist, dass es Morpheus, dem zugelaufenen und mickrigsten Kater weit und breit, noch kurz vor seinem Tod gelingt, Richards Einstellung zu ändern. So bangt er sogar um das Leben des kleinen Kerls, der operiert werden muss.

Von Katrin Kuhn, dem schwarzen Engel, stammt der Satz: „Es gibt zwei Arten von Sterbenden: Die Wütenden und die Schuldigen.“ Und auch: „Gestorben wird immer und für jeden ist es das erste Mal.“

Selma, die Enkeltochter Richards, ist viel zu ernst für ihr Alter, sie trägt an der Pflicht, die Familie zusammenhalten zu müssen und doch fühlt sie sich von der Familie nicht gesehen. Anders als ihr Bruder Jacob, der ewige Leichtfuß, der sich weigert Pflichten und Verantwortung zu übernehmen.

Maria, die sich einst in den Meeresbiologen Holger verliebt hatte, lebt nun von Holger getrennt, wird durch ihren Nachbarn, einem Rabi mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert.

John von Düffel bietet dem Leser schwere Kost. Der Roman wirft Fragen auf. Genau wie Selma an einer Stelle feststellt, beim Leben und Sterben geht es um Betäubung, im richtigen Maß, an der richtigen Stelle und zur richtigen Stelle. Aber bestimmte Lebensthemen müssen bewältigt werden und lassen sich nicht immer nur unter den Teppich halten.

Meine Lieblingsromanfigur ist Kathi. Mit ihr konnte ich mich am ehesten identifizieren. Wobei John von Düffel seine Protagonisten alle sehr lebensnah gezeichnet hat.

„Das Wichtigste haben wir ausgelassen. Das Wichtigste wird nie erzählt. Es steht zwischen den Zeilen,“ ist irgendwo zu lesen. Genau dieser Satz bringt es auch in „Die Wütenden und die Schuldigen“ auf den Punkt.

Fazit: Kein Wohlfühlbuch, eher ein Buch, dass ernste Lebensthemen anreißt und zum Nachdenken auffordert.

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