Ein geheimnisvoller Mord, Macht, Geld und geheime Botschaften - das sind die Zutaten von Bombenjahre, angesiedelt in der Region um das wunderschöne Sterzing. Im Mittelpunkt stehen die junge, ehrgeizige ...
Ein geheimnisvoller Mord, Macht, Geld und geheime Botschaften - das sind die Zutaten von Bombenjahre, angesiedelt in der Region um das wunderschöne Sterzing. Im Mittelpunkt stehen die junge, ehrgeizige Reporterin Marie, die mehr über den Mord erfahren möchte und geheime Botschaften erhält. Zunächst widerwillige Unterstützung erhält sie vom ehemaligen Journalisten Tom aus Deutschland, der eine Auszeit vor Ort genießt. Immer tiefer tauchen die beiden bei ihren zunehmend gefährlichen Recherchen in die Geschichte Südtirols und die Bombenjahre ein.
Die Story als solches mit den Einblicken in diese geschichtliche Epoche Südtirols und den aktuellen politischen Bezügen hat mir gut gefallen. Sprachlich konnte mich der Roman jedoch nicht überzeugen. Die Sätze wirken oft sehr einfach und stückhaft, als ob kein richtiger Schreibfluss entsteht und Zusammenhänge nur durch ausdrückliche Nennung eines jeden Gedankens und jedes Handelns, hergestellt werden können. Zum Teil wird die Handlung inkonsistent, etwa wenn Marie in einem völlig dunklen Haus unterwegs ist und dann angeblich ein Foto des Wohnzimmers macht. Zum Ende hin nimmt der Roman jedoch noch einmal Fahrt auf und entwickelte eine gute Spannung.
Bombenjahre ist ein gewohnt guter Lokalkrimi aus dem Verlagshaus Athesia. Ein fesselnder Thriller war es für mich allerdings nicht und auch sprachlich konnte er mich leider nicht wie bisherige Publikationen überzeugen.
Die jugendliche Pilly lebt wenige Jahre nach der Wende mit ihrem Vater im ehemaligen Grenzgebiet der DDR an der Elbe. In Pilly, ihrer Familie und Umfeld und dem kleinen Ort zeichnet Patricia Hempel wie ...
Die jugendliche Pilly lebt wenige Jahre nach der Wende mit ihrem Vater im ehemaligen Grenzgebiet der DDR an der Elbe. In Pilly, ihrer Familie und Umfeld und dem kleinen Ort zeichnet Patricia Hempel wie unter einem Brennglas die schwierige Situation in der Nachwendezeit für viele Menschen nach. Das Betonwerk, als großer Arbeitgeber ist abgewickelt und hinterlässt Arbeitslosigkeit, die auch Martin, Pillys Vater, schwer zu schaffen macht, die lokalen Geschäfte erhalten Konkurrenz von neuen, günstigen Super- und Baumärkten, ehemalige Vertragsarbeiterinnen leben in ungeklärtem Status und ohne feste Bleibe provisorisch in den Gartenkolonien. Die Stimmung ist trostlos, mit der DDR verschwinden für die Menschen auch immer mehr Ankerpunkte in ihrem Leben, alte Regeln werde durch neue ersetzt ebenso wie das Fernseh- und Radioprogramm. Kein Stein bleibt auf dem anderen und um so mehr möchte man sich am Verbliebenen festhalten.
Die Protagonistinnen von Verlassene Nester gehen sehr unterschiedlich damit um, während Martin den Verlust von Frau, Arbeit und der DDR im Alkohol zu ertränken versucht, kann Eli alles Neue nicht schnell genug erwarten, Katharina bleibt in sich gekehrt und zweifelt, ob die Veränderungen alle so sein müssen und gut sind, wie es suggeriert wird. Pilly erlebt mit Bine und Katja ihre eigene Pubertät in dieser historischen Sondersituation, man hat den Eindruck weitgehend unterhalb des Radars der Erwachsenen, die mit sich selbst und ihrem Platz in der neuen, sich verändernden Gesellschaft hadern. Ein zentraler Spannungsbogen der Erzählung ist der Verbleib von Pillys Mutter, der gelungen durch die Handlung trägt und lange viel Raum für Spekulation lässt.
Inhaltlich konnte mich der Roman leider nicht vollständig überzeugen, es werden viele wichtige Themen zum Teil nur angerissen, die mehr Tiefe verdient und benötigt hätten, um sie nur ansatzweise zu durchdringen, zumal ohne vertiefte Vorkenntnisse des historischen Kontexts. Die eigentlich gelungene Coming of Age Geschichte Pillys mit der Entdeckung ihrer Sexualität und sexuellen Orientierung konkurriert hier fast mit den Themen Fremdenfeindlichkeit gegenüber ehemaligen Vertragsarbeiter:innen, Mutterschaft, Republikflucht, der Rolle der Stasi und den schwierigen Umständen und Veränderungen nach der Wende für die Menschen der ehemaligen DDR.
Die Stimmung und Schilderungen der Lebenswelt habe ich fast durchweg als sehr angespannt und trostlos wahrgenommen, so sehr, dass es mir an einem bestimmten Punkt schwer fiel weiterzulesen.
Sprachlich finden sich einige gelungene Bilder und viele Metaphern die u.a. im Umgang mit Tieren den Zustand der Gesellschaft spiegeln sollen. Auch das Bild des Nestes durchzieht die Erzählung. Vollständig konnte mich die sprachliche Umsetzung jedoch nicht überzeugen. Nicht alle Bilder waren für mich wirklich eingängig und haben für mich so den Lesefluss eher gestört, als dass sie zur Verbildlichung beigetragen hätten. Auch bleibt der Stil seltsam distanziert, was gewollt sein mag, mir jedoch keinen der Protagonistinnen wirklich nahe gebracht hat, bis zum Ende sind mir die Menschen und der Ort seltsam fremd geblieben, obwohl ich teilweise sehr ähnliche biografische Erfahrungen mit ihnen teile. Ich befürchte auch, dass eben diese eigenen Erfahrungen mir geholfen haben, dem Roman überhaupt besser folgen zu können, da bestimmte Vokabeln, Eigenheiten und Gebräuche unerklärt und sich auch nicht ohne weiteres aus dem Kontext erschließend, darin eingebettet sind. Das sorgt zwar für Authentizität, behindert jedoch unter Umständen für Außenstehende den Lesefluss und/oder das Verständnis.
Zusammenfassend ist Verlassene Nester aus meiner Sicht ein wichtiges Buch, da es den Blick auf eine zentrale Epoche und das schwierige Schicksal der Menschen darin lenkt. Die inhaltliche und sprachliche Umsetzung konnte mich jedoch nicht vollständig überzeugen, sodass ich abwägend gute 3,5 Sterne vergebe.
Nur wenige Jahre nach dem Zusammenbruch des Kommunismus erleben die Menschen auf dem Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei 1993 erneut ein weiteres historisches, einschneidendes Ereignis, dass ihre Lebensrealität ...
Nur wenige Jahre nach dem Zusammenbruch des Kommunismus erleben die Menschen auf dem Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei 1993 erneut ein weiteres historisches, einschneidendes Ereignis, dass ihre Lebensrealität abermals entscheidend verändern soll: die Samtene Scheidung - die Trennung von Tschechien und der Slowakei. Jana Karšaiová gibt in ihrem gleichnamigen Roman einen Einblick darin, was dies für die Lebensrealität der Menschen bedeutet hat.
Im Mittelpunkt des Romans steht Katarina, stammend aus Bratislava, in einer Beziehung mit dem Tschechen Eugen, aus wohlhabender Familie, gemeinsam leben sie in Prag. Bis Eugen für Katarina völlig unvorbereitet eine Auszeit nimmt. Diese reist daraufhin zu Weihnachten allein zu ihrer Familie nach Bratislava, muss sich unangenehmen Fragen zu ihrer Ehe stellen, beginnt jedoch auch sich mit ihrer Vergangenheit und Gegenwart auseinanderzusetzen, die eng mit den Herausforderungen des Landes und der Region, sowie deren Folgen für die Menschen, die in ihnen leben verbunden sind.
An Katarina, ihrer Familie, wie auch ihren Freund*innen, wird deutlich wie komplex und prägend die historische Situation war und ist und was dies mit Menschen und Familien macht. Nationale Vorbehalte von Außen, Korruption im Inneren, wachsende Perspektivlosigkeit, die die einen in Alkohol wie weiteren Drogen zu erdrücken versuchen und der die anderen durch Migration entfliehen, und dazu die Konsequenzen des einen wie des anderen für die Familien, zerrissen, zerrüttet durch Trennung, Stress und Sucht.
Die Beziehung zwischen der Slowakin Katarina und dem Tschechen Eugen nimmt dabei eine zentrale Rolle im Roman ein, indem in ihr strukturelle Unterschiede, Vorurteile, Verständigung, ihre Herausforderungen und Grenzen zwischen den beiden ehemaligen Landesteilen der Tschechoslowakei verhandelt werden, gleichzeitig jedoch auch der Vergleich des früheren kommunistischen Staates mit der aktuellen Situation. Vorurteile gegenüber Slowakinnen gibt es jedoch nicht nur in der Tschechischen Republik, sondern auch im restlichen Europa, oder den USA, wohin es, gerade junge Menschen angesichts der Perspektivlosigkeit im eigenen Land zieht, im Buch Katarinas Freundin Viera nach Italien, ihre eigene Schwester Dora in die USA.
Sensibel verhandelt die Autorin so die Themen (nationaler) Identität, Sprache und Fremdheit aber auch die Sehnsucht danach und schwierige Aufgabe sich selbst in diesem komplexen Geflecht zu finden und glücklich zu werden.
Es ist für mich der erste Roman, der sich mit der Region und ihrer Geschichte auseinandersetzt und für diese authentische Perspektive kann ich der Autorin und dem Verlag nicht genug danken. Trotzdem konnte mich der Roman nicht 100% fesseln, und ich bin unsicher, woran das konkret lag. Viele Beschreibungen der Region und Stadt Bratislavas wie auch Prags waren mir unbekannt, auch einige Wörter. Die Kapitel sind relativ kurz, sodass sich für mich keine echte Dynamik in der Erzählung und Tiefe in den Charakteren entwickeln konnte.
Insgesamt war für mich Samtene Scheidung jedoch ein wichtiges und sehr lesenswertes Buch, weil es die besondere Situation in der ehemaligen Tschechoslowakei verdeutlicht und vor diesem historischen Hintergrund gelungen und klug die Fragen nach Identität und Neuanfang im Spannungsfeld zwischen Geschichte, Sprache, Sehnsucht und Fremdheit behandelt. Die Bücher des Nonsolo Verlags sind für mich mittlerweile ein Versprechen für hochwertige Literatur, die nachhallt.
Giulia ist zehn Jahre alt, als die drei Jahre jüngere Cristi in ihr Leben tritt, und ahnt noch nicht, dass Cristi dieses bis zu ihrem Lebensende beeinflussen wird. Mit 60 Jahren, unter dem Eindruck schwerer ...
Giulia ist zehn Jahre alt, als die drei Jahre jüngere Cristi in ihr Leben tritt, und ahnt noch nicht, dass Cristi dieses bis zu ihrem Lebensende beeinflussen wird. Mit 60 Jahren, unter dem Eindruck schwerer Krankheit und dem nahenden Lebensende, ist es Cristi, die ihr ins Bewusstsein kommt und so begibt sich Giulia an den Ort ihrer Kindheit und der ersten Begegnung mit Cristi.
Es ist das Jahr 1991 in einer Kleinstadt in der italienischen Provinz, hier lebt Giulia mit ihren Eltern ein ruhiges Leben, die Familie ist angesehen, hat ein Haus, Giulia selbst ist Klassenbeste und hat viele Freundinnen. Da bittet die alte Nonna Ida, eines Sommers Giulias Mutter, ob sich Giulia nicht an den Vormittagen ihrer Enkelin aus Bologna annehmen kann, Cristi.
So unterschiedlich die beiden Mädchen sind - Giulia als Klassenbeste, überlegt, mit gesundem Appetit, für die Sonne unempfindlicher Haut und Cristi, blond, mager, schlecht in der Schule und Legasthenikerin, impulsiv - üben sie eine gegenseitige Faszination aufeinander aus.
In sechs Teilen von 1991 an begleitet Baldelli das Kennenlernen, Aufwachsen, die Annäherung und das Erwachsenwerden von Giulia, Cristi und etwas später auch Mattia, der die Dynamik der Freundschaft im zweiten Sommer entscheidend verändern soll, und ihrer komplexen Beziehung zueinander. So zeichnet die Autorin auch ein Porträt des Aufwachsens in der italienischen Provinz in den 90ern und lässt uns in Bräuche, Kultur, Zusammenhalt aber auch Gerüchte und Vorurteile eintauchen, die das kleinräumige Zusammensein mit sich bringt. Insbesondere Cristis Nonna Ida hat mich hier sehr beeindruckt, die als Analphabetin und in Armut lebend, ihren Weg geht und sich gegen Gerüchte und Vorurteile in der Kleinstadt behauptet. Die zugewandte, und nie oberflächliche Zeichnung der Protagonist*innen und ihre gelungene Einbettung in die Erzählung hat die Geschichte für mich zusätzlich bereichert.
Die Sprache ist unglaublich einnehmend und zieht sofort in den Bann der Geschichte. Aus Giulias Perspektive tauchen wir ein in ihre ersten Begegnungen mit Cristi, die anfänglichen Vorbehalte, die sich mit Bewunderung und Zuneigung mischen, den Konflikt widerstrebender Gefühle in ihr und schließlich das zunächst zarte, jedoch schnell fester werdende Band zwischen Giulia und Cristi, das im weiteren Verlauf des Lebens nicht seine Widersprüche verliert und trotzdem das Schicksal der einstigen Kinder untrennbar vereint. So spinnt Baldelli komplexe soziale Beziehungen und Charaktere, und verliert dabei auch die Prägung durch die Klassenlage mit all ihren Konsequenzen nicht aus dem Blick.
Etwas ärgerlich sind lediglich einige Logikfehler durch Verwechslung der Namen, hier hätte ich mir mehr Sorgfalt im Korrektorat gewünscht.
Man mag kaum glauben, dass es sich um ein Debüt handelt, so wohl konstruiert ist die Geschichte und einnehmend die Sprache. Ein wundervoller Roman, der mich auf weitere Publikationen der Autorin hoffen lässt!
Im Mittelpunkt von Zwei in einem Leben steht die Besonderheit eines Kennen- und Liebenlernens in der Lebensmitte, wenn Beziehungen bereits gelebt, Erfahrungen geprägt und eventuell auch eine Art Gewöhnung ...
Im Mittelpunkt von Zwei in einem Leben steht die Besonderheit eines Kennen- und Liebenlernens in der Lebensmitte, wenn Beziehungen bereits gelebt, Erfahrungen geprägt und eventuell auch eine Art Gewöhnung an das Alleinsein eingesetzt haben.
Die Zwei, von denen hier die Rede ist, sind Marni und Michael. Marni ist 38, Lektorin und lebt in London, ihre frühe Ehe ist lang geschieden und sie seitdem allein. Michael, 42, ist ein sportlicher Erdkundelehrer aus York, und hat nach der kinderlosen Ehe mit Natascha mit wesentlich mehr als seiner Einsamkeit zu kämpfen.
Eine von einer gemeinsamen Freundin initiierte Wanderung lässt diese zunächst ungleichen Menschen, Marni, den Stadtmensch, und Michael, den Naturbegeisterten Lehrer aus York, aufeinandertreffen und unter auf Gegenseitigkeit beruhender Skepsis, gemeinsam mit der restlichen Kleingruppe eine Wanderung von Küste zu Küste Großbritanniens in Angriff nehmen.
Während die Gruppe sich auf der beschwerlichen Reise immer weiter ausdünnt, verstehen sich Marni und Michael unerwartet gut. Das gemeinsame Erleben und Wandern lässt beide sich langsam öffnen, sie reden und tauschen sich über ihr Leben aus, über vergangene Beziehungen, Kinderwunsch und Elternschaft, Liebe und Partnerschaft in der Lebensmitte, aber auch den Tod und Einsamkeit, die ihrer beider Leben begleitet. Doch wäre es nicht zu einfach, wenn dies schon die Geschichte wäre? Vielleicht müssen Marni und Michael sich erst selbst finden, bevor sie einander finden können…
Das Kennenlernen, aneinander Herantasten und die jeweiligen Herausforderungen, denen Michael und Marni in ihrem bisherigen Leben begegnet sind, sind typisch für David Nicholls sensibel und warmherzig, zuweilen komisch, beschrieben.
Sehr gut haben mir auch die Beschreibungen der Landschaft, zum Beispiel des Lake Districts oder der Yorkshire Dales, ebenso wie der Schönheit und Strapazen von Wandertouren, gefallen. Hier sei insbesondere auf die gelungenen Karten zur Illustration der Wegstrecke verwiesen, die immer wieder die Erzählung bereichern.
Zwei in einem Leben ist eine warmherzige, berührende Erzählung eines Kennenlernens in der Lebensmitte, die ich gern gelesen habe. Ein echtes Highlight war es zwar nicht, als sehr guter Wohlfühlroman für Zwischendurch jedoch auf jeden Fall zu empfehlen!