Vida, Marie und die Insel
Was das Meer versprichtEine einsame, unwirtliche Insel im Norden. Ein Leuchtturm, ein Aussichtspunkt, eine zerfallende Kirche, aus nicht mehr besteht das Eiland, das man ohne weiteres zu Fuß umrunden kann. Das Leben wird von ...
Eine einsame, unwirtliche Insel im Norden. Ein Leuchtturm, ein Aussichtspunkt, eine zerfallende Kirche, aus nicht mehr besteht das Eiland, das man ohne weiteres zu Fuß umrunden kann. Das Leben wird von der Natur, dem Meer, den Winden bestimmt, Schafzucht und Fischerei und eine Spinnerei dienen dem Lebensunterhalt. Hier lebt Vida, 27 Jahre jung, verlobt mit dem gleichaltrigen Jannis, ein Freund seit Kindertagen, ihre Eltern betreiben das einzige Ladencafé auf der Insel. Während ihr Bruder die Insel verlassen hat und schon lange auf dem Festland lebt, hat Vida ihr Leben auf der Insel nie in Frage gestellt. Ebensowenig wie sie ihre Zukunft und Hochzeit mit Jannis nie hinterfragt hat. Sie war scheinbar glücklich und zufrieden, führte das Leben, das sie möchte.
Diese vermeintliche Gewissheit gerät erst ins Wanken als die etwa gleichaltrige Marie das Nachbarhaus übernimmt. Und damit Vidas Leben, Denken und Fühlen gänzlich auf den Kopf stellt. Gefühle in ihr weckt, von deren Existenz sie nie zu träumen gewagt hätte, überhaupt die Fähigkeit echte Träume zu haben. Während Verantwortung, Bodenständigkeit, Verpflichtung Vidas Leben bisher bestimmt haben, beginnt sie durch Marie neue Horizonte zu sehen. Doch die Distanz zu ihrem bisherigen Leben könnte kaum größer sein. Was bedeutet dies? Wo wird es hinführen? Was wird es mit ihr machen? Mit der Rückkehr ihres Bruders auf die Insel und in Vidas neues Fühlen brechen auch alte Familienkonflikte auf, die Vida im Innersten kaum mehr zu kontrollieren vermag.
Die Beschreibungen der Kargheit der Insel und des Lebens auf dieser sind sehr gelungen. Ebenso wie Vidas Gefühlswelt, der Kontrast ihres bisherigen Lebens und Fühlens, hin zu neuen Emotionen und Gedanken und Vidas Unbeholfenheit wie Unfähigkeit diese zu kontrollieren, überhaupt mit diesen umzugehen. Wie ein Sturm sich anbahnt, so spürt man auch in der Geschichte etwas herannahen und wird dadurch in Bann gezogen. Alexandra Blöchl zeigt an Vida auf welche Macht Strukturen haben und auch welche Ambivalenz, die Sicherheit, die einem vorgezeichneten Leben inne liegt, die Freiheit und all die anderen Möglichkeiten und Lebenswege auf die man dafür verzichtet. Gleichzeitig zeigt die Familie Vidas was verborgene Konflikte und Verletzungen innerhalb von Familien mit uns machen, wenn wir keinen Weg finden darüber zu sprechen und diese zu lösen und zu verarbeiten.
Was das Meer verspricht ist eine karge und emotionale Geschichte zugleich, die beim Lesen in ihren Bann zieht! Lediglich das Ende der Erzählung kam mir letztlich etwas zu abrupt und bruchstückhaft.