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Veröffentlicht am 19.01.2024

Ein tolles Leselern- und Mitmachbuch für kleine Klimaschützer:innen

Wieso? Weshalb? Warum? Erstleser, Band 13: Umweltschutz
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Warum ist Umweltschutz wichtig? Warum Energie und Wasser sparen? Welche Rolle spielen Einkäufe? Welche Entscheidungen helfen der Umwelt? Diesen wichtigen Fragen widmet sich dieses tolle Buch und dies in ...

Warum ist Umweltschutz wichtig? Warum Energie und Wasser sparen? Welche Rolle spielen Einkäufe? Welche Entscheidungen helfen der Umwelt? Diesen wichtigen Fragen widmet sich dieses tolle Buch und dies in sehr kindgerechter und animierender Weise.

Jedes Kapitel schließt mit einem zweiseitigen Leserätselteil. In den verschiedenen kurzweiligen Aufgaben werden thematisch und inhaltlich die Begriffe des Kapitels noch einmal aufgegriffen. Zur Illustration werden immer wieder gelungene Zeichnungen und Fotografien großzügig ergänzt und komplettieren so das Lese- und Lernerlebnis. Im Mittelteil gibt es noch ein Klebespiel mit passenden Stickern. Der Lernerfolg kann schließlich ganz am Ende mit einem kleinen Quiz überprüft werden, noch spielerischer gelingt dies mit dem beigefügten Leselotto, kleinen Karten mit thematisch passenden Beschreibungen für zentrale Begriffe, wie beispielsweise Gletscher und deren Abbildung.

Sehr besonders finde ich, dass selbst komplizierte Zusammenhänge, wie etwa die Bedeutung von Bäumen bei der Umwandlung von Kohlendioxid in Sauerstoff, kindgerecht, verständlich und in leichter Sprache, ergänzt mit passenden Illustrationen erklärt werden.

Erwähnenswert und als sehr gelungen ist mir auch das Schlusskapitel aufgefallen, wenn es um konkrete Maßnahmen und Selbstwirksamkeit beim Umweltschutz geht. Ganz praktische Maßnahmen zum Umweltschutz, wie Mülltrennung, umweltfreundliche Ernährung etc. ergänzen auch bereits die anderen Kapitel. So lernen schon junge Kinder, wie sie mit ihrem Handeln aber auch ihrer Stimme etwas verändern und politische Entscheidungen beeinflussen können. Damit wird das Buch nicht nur zum Leselern- und Umweltschutzbuch, sondern vermittelt quasi nebenbei auch demokratische Grundwerte und so wichtiges Engagementbewusstsein und Selbstwirksamkeit.

Insgesamt ein wunderbares Lern- und Mitmachbuch für kleine Klimaschützer:innen!

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Veröffentlicht am 16.01.2024

Ein Blick auf die Anfänge des Südtiroler Tourismus und die starken Frauen dahinter

Fräulein bitte zahlen
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Südtirol - ein Sehnsuchtsort für viele Urlauber:innen! Doch was wissen wir wirklich über die bewegenden Geschichten der Menschen dahinter, die rasante Entwicklung von der Landwirtschaft zum Tourismus als ...

Südtirol - ein Sehnsuchtsort für viele Urlauber:innen! Doch was wissen wir wirklich über die bewegenden Geschichten der Menschen dahinter, die rasante Entwicklung von der Landwirtschaft zum Tourismus als großem Wirtschaftszweig? Dieses wundervolle Büchlein gibt einen Einblick in den Lebensweg von sechs Südtirolerinnen, geboren zwischen 1941 und 1968, und ihren Weg in und Erfahrungen im Tourismus in Südtirol.

Besonders interessant finde ich, dass explizit Frauengeschichten gewählt wurden, denn oft sind es gerade Frauen, die die Familien und Betriebe mit ihrer beeindruckenden Energie und Schaffenskraft mit am Laufen halten, während sie gesellschaftlich nicht selten wenig Anerkennung dafür erfahren. Neben den sehr verschiedenen Wegen in den Tourismus, risikoreichen Investitionen, den ersten Zimmern mit fließend Wasser und Freundschaften mit Gästen, kommen natürlich auch lustige Anekdoten zum Vorschein, wie der vom vermeintlichen Kardinal zu Köln.

An allen Frauen im Buch beeindruckt mich ihre Energie, Freude und unglaubliche Resilienz, mit der sie nicht nur mit einem Lächeln und tiefster Zufriedenheit ihren arbeitsreichen Alltag gestalten, sondern ebenso auch tiefe Lebenskrisen und Schicksalsschläge innerhalb der Familien meistern.

Ich habe auch die anderen Bücher der Reihe gelesen und kann diese ebenso wie das vorliegende Büchlein uneingeschränkt und unbedingt empfehlen! In jedem Sinne ist dies ein geschichtlich informatives und, mit Blick auf die dargestellten Frauen, inspirierendes Leseerlebnis!

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Veröffentlicht am 14.01.2024

Lenin und das junge Mädchen

Das Philosophenschiff
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Philosophenschiffe - so wurden die Schiffe genannt, mit denen russische Intellektuelle, vom Regime verbannt, um die 1920er ins Exil verbracht wurden. Auf einem solchen Schiff war auch Anouk Perlemann-Jacob, ...

Philosophenschiffe - so wurden die Schiffe genannt, mit denen russische Intellektuelle, vom Regime verbannt, um die 1920er ins Exil verbracht wurden. Auf einem solchen Schiff war auch Anouk Perlemann-Jacob, als 14 Jährige gemeinsam mit ihren Eltern verbannt aus ihrer Heimat Sankt Petersburg. Als 100 jährige durchaus amüsante und etwas schrullige doch nicht minder resolute Greisin erzählt die weltbekannte ehemalige Architektin nun dem Autor von dieser bisher beschwiegenen Etappe ihres Lebens.

Der Roman entfaltet sich als Interview zwischen dem Autor und Anouk Perlemann-Jacob, die ersteren zunächst zum Festakt anlässlich ihres Geburtstages laden lässt und ihn im Anschluss als Bewahrer nicht nur der Erfahrungen auf dem Philosophenschiff sondern auch zahlreicher Inneneinsichten und Anekdoten aus dem Russland Anfang des vergangenen Jahrhunderts, auserkoren hat. Was wir dort lesen ist nicht immer erbaulich, oft schrecklich, und doch ein wichtiges Stück Geschichte, dass uns nun in Romanform näher gebracht wird. Insbesondere die staatliche Willkür, verbreitete Armut, Gewalt und permanente Unsicherheit in der sich die Protagonistin mit ihrer Familie bewegt hat, sind durch die Struktur und Erzählweise zurückhaltend und damit noch eindringlicher beschrieben. Wie und warum ausgerechnet Lenin persönlich auf das Schiff kommt, gilt es bei der Lektüre zu entdecken.

Mir gefällt das Spiel mit Wahrheit und Lüge, das Köhlmeier mit dem Leser treibt. Auf verschiedenen Ebenen durchzieht die Dichotomie immer wieder die Erzählung, sei es in Perlemann-Jacobs Erinnerungen oder mit Blick auf den Autor, dem man glaubt, wenn er lügt und an dem man zweifelt, wenn er die Wahrheit sagt - und genau deshalb habe Anouk Perlemann-Jacob ihn auserwählt. Wahr oder nicht, das Philosophenschiff ist eine kurzweilige Lektüre, die lange nachhallt und dazu einlädt sich näher mit dieser Epoche der Geschichte zu beschäftigen.

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Veröffentlicht am 08.01.2024

Stilistisch gelungen, doch Gewalt und Sex machen noch keine Gesellschaftskritik

Julia
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1949 veröffentlichte George Orwell 1984 als dystopisches, gesellschaftskritisches Werk. Im Mittelpunkt stand Winston Smith, der im Laufe der Handlung eine Affäre mit Julia Worthing eingeht. In Julia 1984 ...

1949 veröffentlichte George Orwell 1984 als dystopisches, gesellschaftskritisches Werk. Im Mittelpunkt stand Winston Smith, der im Laufe der Handlung eine Affäre mit Julia Worthing eingeht. In Julia 1984 erzählt Sandra Newman die Geschichte neu, diesmal aus der Perspektive Julias. Kann das funktionieren? Soll es das überhaupt?

Die Geschichte orientiert sich zunächst am Originaltext und entwickelt diesen aus der Perspektive Julias und insbesondere im dritten Teil auch in der Handlung weiter. Für mich funktioniert dies im Jahr 2023 nur begrenzt.

Während mich die erste Hälfte des Buchs noch interessiert die sprachlich durchaus flüssige Handlung hat verfolgen lassen, konnte der weitere Verlauf und das Ende meine Erwartungen nicht erfüllen. Was habe ich erwartet? Einen klugen gesellschaftskritischen Roman aus moderner weiblicher Perspektive, der die gesellschaftlichen Entwicklung der vergangenen 70 Jahre berücksichtigt und dabei geschickt an Orwells 1984 anknüpft.

Vor diesem Hintergrund hätte ich mir mehr gesellschaftspolitische und historische Reflexion von der Autorin gewünscht. Orwell hat 1984 erstmalig 1949 veröffentlicht. Damit hat er bei Ersterscheinen mit Blick auf spätere gesellschaftliche Entwicklungen eine Form von Weitsicht, intendiert oder nicht, bewiesen. Im Jahr 2023 geschrieben funktioniert das ursprünglich als Dystopie entworfene Setting nur noch sehr begrenzt. Zu sehr erinnern Praktiken und Szenen von Manipulation, Folter und seelischem wie körperlichen Missbrauch an die Realität totalitärer Systeme der Vergangenheit und staatliche Verbrechen jenseits von Rechtsstaatlichkeit seit der Ersterscheinung, auch in der Gegenwart. Indem Newman den Roman unreflektiert ohne aktuelle Gesellschaftskritik als schlichten dystopischen Unterhaltungsroman weiter konstruiert, werden die grausamen Parallelen darin in Vergangenheit und Gegenwart karikiert und damit letztlich zu Unterhaltungszwecken degradiert.

Es war für mich das erste Mal, dass ich mich emotional für ein Buch und das Weiterlesen rüsten musste. Einige Szenen in der Folter hätten für mich in der Form nicht sein müssen. Für eine Gesellschaftskritik muss und möchte ich nicht im Detail beschrieben lesen, wie ein Mensch einer Ratte den Kopf abbeißt. (Ein kleiner Spoiler, den ich mir jedoch als Triggerwarnung im Vorfeld gewünscht hätte)

Auch die große Rolle, der die Autorin Julias Sexleben einräumt, wirkte in der Intensität und Wortwahl auf mich nur begrenzt in der Handlung begründet, vielmehr scheint es wie beim Thema Gewalt primär um Effekt und Unterhaltung zu gehen. Sex und Gewalt um ihrer selbst Willen ohne tieferen Erklärungsgehalt für die Handlung sind mir vor diesem Hintergrund zu wenig und stoßen mich eher ab.

Die Charaktere waren für mich nicht immer konsistent in ihren Aussagen und Handlungen gezeichnet. Gerade das Ende wirkte auf mich konstruiert, zu viele zufällige Ereignisse, die plötzlich wie durch magische Hand einen bestimmten Weg vorzeichneten, und das im Kontrast zur absoluter Stagnation und Resignation über weite Teile des restlichen Buchs, die jedoch als Ausdruck der Hoffnungslosigkeit im Originaltext durchaus passend sind.

In Orwells 1984 lag für mich das zentrale Verdienst in seiner gesellschaftskritischen Analyse. Dies kann Sandra Newman mit Julia 1984 nicht einlösen und für mich bleibt auch unklar, welche relevante Botschaft über den Originaltext hinaus Newman vermitteln möchte mit Julia, bzw. ob sie das überhaupt möchte. Die Chance mit Julia einen neuen weiblichen Klassiker, der Orwells Gesellschaftskritik aufgreift und neu schreibt, zu erschaffen, hat die Autorin leider vertan. Für mich war das Buch daher zwar interessant und grundsätzlich auch gut geschrieben, inhaltlich konnte es mich jedoch nur begrenzt überzeugen und stellt damit für mich leider auch kaum einen zusätzlichen Mehrwert zum Originaltext dar. Trotzdem lädt der Text zu einer Wiederentdeckung von 1984 und einer Reflexion autoritärer Tendenzen und Massenmanipulation mit Fakenews in der Gegenwart ein und kann damit die gesellschaftliche Debatte bereichern. Ebenso als „einfacher“ dystopischer Roman mit weiblicher Hauptrolle funktioniert der Roman, hier eben dann, wenn man ihn nicht zu Orwell ins Verhältnis setzt. Mein Fazit ist daher sehr durchwachsen, mit bedingter Leseempfehlung.

Menschen, die sensibel auf Beschreibungen von Fehlgeburten, Folterszenen und derbere Sprache in Bezug auf Sex reagieren, würde ich das Buch nicht empfehlen.

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Veröffentlicht am 31.12.2023

Eine Identitätssuche zwischen Deutschland und Diyarbakir, zwischen Trauma und Neuanfang…

Zweistromland
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Wie leben beschwiegene Traumata in Familien fort, nehmen die Zwischenräume menschlicher Beziehungen ein und prägen so auch nachfolgende Generationen? Wie sehr beeinflusst was die Eltern waren und sind, ...

Wie leben beschwiegene Traumata in Familien fort, nehmen die Zwischenräume menschlicher Beziehungen ein und prägen so auch nachfolgende Generationen? Wie sehr beeinflusst was die Eltern waren und sind, die Identität ihrer Kinder? Wie findet man zu sich selbst durch Traumata und Schweigen der Kindheit?

In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Gesichte um Dilan, Kind kurdischer Eltern, geboren und aufgewachsen in Norddeutschland. Kurdisch, die Muttersprache ihrer Eltern, umgibt seit jeher ein Geheimnis, ihr selbst hat man es nie beigebracht. Doch Sprache ist Weltzugang. Welche Geschichte und Vergangenheit wird mit der Sprache und durch sie verborgen? Und was hat das alles mit Dilan zu tun?

Dilans Geschichte wird in drei Teilen, als Erwachsene und werdende Mutter in der Türkei, als Kind und Jugendliche in Norddeutschland und wieder als Erwachsene auf Spurensuche in Diyarbakir, erzählt. Die Handlung setzt sich dabei bruchstückhaft zusammen, erschließt sich im Hintergrund allmählich und steht damit auch sinnbildlich für Dilans Geschichte und Identität selbst.

Besonders begeistert hat mich wie die Autorin Worte für die Zwischentöne menschlicher Beziehungen und des Sich-Verhaltens und in Beziehung- Setzens zur Umwelt findet. Das Bedürfnis nach Ruhe und Mit-Sich-Selbst sein, sich über eine Konversation zu freuen, weil man den Moment des Alleinseins danach so genießt.

Das politische Thema im Hintergrund ist das Schicksal Kurdistans und seines Volkes, der die Erzählung ein Gesicht gibt und so auch einlädt mehr darüber zu erfahren.

Zweistromland ist eine leise Erzählung mit präzisen Beschreibungen der Zwischenmenschlichkeit und Identitätsfindung auf dem Weg in die Vergangenheit um sich selbst besser zu verstehen und für einen Neuanfang zu finden.

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