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Veröffentlicht am 04.11.2024

Miss Marple von Obersitelbrunn

Gärten, Gift und tote Männer
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Pauline, pensionierte Lehrerin und passionierte Kräuterkundlerin, ist jedes Mal dabei, wenn im ansonsten idyllischen Dörfchen Oberdistelbrunn nun innerhalb weniger Tage Menschen plötzlich und unter mysteriösen ...

Pauline, pensionierte Lehrerin und passionierte Kräuterkundlerin, ist jedes Mal dabei, wenn im ansonsten idyllischen Dörfchen Oberdistelbrunn nun innerhalb weniger Tage Menschen plötzlich und unter mysteriösen Umständen sterben. Während die Polizei im Dunklen tappt, geht Pauline mit ihrer Freundin Berta verschiedensten Indizien nach.

Einem Angriff auf die Lachmuskeln gleicht diese humorvolle Mördersuche, der skurrile Szenen vorangehen. Ein Dorf, in dem jeder jeden kennt, in dem Tratsch und „Stille Post“ zum Alltag gehören, bildet den passenden Rahmen. Normalerweise gibt es aber nichts Aufregenderes zu bereden als die Titel, welche im örtlichen Lesezirkel zur Diskussion stehen – bis ein augenscheinlich alkoholisierter Nachbar des Pfarrers Hilfe sucht – es geht um den Tod vom Franzl und das Sterben von der Christl, die sich alsbald als zwei wertvollen Hendln entpuppen. Wunderbarer Wortwitz und scharfzüngige Dialoge beherrschen die gesamte Handlung, welche durch breitgefächertes Pflanzenwissen und bissige Gesellschaftskritik punktet. Die Charaktere sind mit spitzer Feder gezeichnet und bildlich vorstellbar, die mannigfachen Todesursachen bereiten dem Kommissar Kopfzerbrechen, führen aber rasch zu einem Verdächtigen. Im Mittelpunkt stehen neben toten Männern Gärten und Gift, wie es der Titel und die Zeichnungen am Buchumschlag schon erahnen lassen. Was hat die Kräuterhexe Pauline mit all dem zu tun?

Weniger Ermittlungstätigkeit als angriffslustige Wortspielerei, aber 100% Garantie für dunklen Humor und tosendes Gelächter. Ein Kriminalroman, der auch das langweiligste Dorf zum Wallen bringt. Leseempfehlung für alle, die auch einmal den Ernst beiseiteschieben können.

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Veröffentlicht am 04.11.2024

1,2,3

Mord im Himmelreich
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Am Campingplatz Himmelreich, direkt am See, sucht der ehemalige Schauspieler Björn Kupernikus ein paar Tage Erholung. Ein Hund, der scheinbar allein auf einem Paddleboard am Wasser treibt und eine Leiche ...

Am Campingplatz Himmelreich, direkt am See, sucht der ehemalige Schauspieler Björn Kupernikus ein paar Tage Erholung. Ein Hund, der scheinbar allein auf einem Paddleboard am Wasser treibt und eine Leiche stören jedoch die Idylle: rasch ist der Pensionist unfreiwillig in Ermittlungen verwickelt. Während die Polizei einen Unfall für wahrscheinlich hält, wittern Kupernikus und die weltgewandte Künstlerin Annabelle Schäfer ein Verbrechen.

Unterhaltsam und humorvoll geht es zu in diesem „Wohlfühlkrimi“. Überzeichnete Szenen, Wortwitz und Selbstironie dominieren die einzelnen Kapitel, der Kriminalfall ist zwar Ankerpunkt, aber nicht uneingeschränktes Zentrum des Geschehens. Erzählt wird aus unterschiedlichen Perspektiven, wodurch der Leser ein umfassendes Bild erhält. Besonders hervorheben muss man hier die Detailtreue, welche Winkelmann in seine Zeilen packt und die Lebendigkeit, welche daraus entsteht. Neben dem Hochdeutschen fließen ab und zu auch Berlinerisch und eine eher ungewöhnlich anmutende Jugendsprache mit ein, sodass man sich die unterschiedlichsten Personen sehr gut vorstellen kann. Interessant ist Kupernikus‘ Methode, größere Probleme zu lösen: er erinnert sich gerne an seine Jugendkrimis mit den Drei ??? und stellt sich selbst immer wieder drei Fragen 1,2,3, welche er beantwortet, bevor er den nächsten Teil eines größeren Ganzen in Angriff nimmt. Ob er mit dieser Methode vorankommt, oder ob doch Kriminalkommissar Fass die Nase vorne hat? Das wird hier nicht verraten, eines ist aber gewiss: Hündin Pinguin trägt ihren Teil dazu bei, dass schlussendlich die wahre Ursache für eine turbulente Mördersuche gefunden wird.

Mord im Himmelreich ist der Auftakt zu einer amüsanten Camping-Krimi-Reihe, bei der wahrlich nicht alles glaubwürdig abläuft, welche aber durch Wortwitz und sehr spezielle Figuren punkten kann.

Veröffentlicht am 04.11.2024

Unvergesslich

Im Takt der Freiheit
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Unvergesslich soll der Sommerball in Berlin werden, den der Eisenbahn-Magnat Egidius Louisburg im Dreikaiserjahr 1888 ausrichtet, um die Verlobung seiner älteren Tochter Felicitas bekanntzugeben. Die Verbindung ...

Unvergesslich soll der Sommerball in Berlin werden, den der Eisenbahn-Magnat Egidius Louisburg im Dreikaiserjahr 1888 ausrichtet, um die Verlobung seiner älteren Tochter Felicitas bekanntzugeben. Die Verbindung zum Grafen Brück-Bürgen soll ihn endlich in die vornehmsten Kreise aufsteigen lassen und ihm einen gigantischen Auftrag sichern. Felicitas, ganz ohne Mutter aufgewachsen, ist mehr als verärgert, als sie diesen Kuhhandel aufdeckt, zudem sie erst vor wenigen Wochen den sympathischen Studenten Lorenz Schwerdtfeger mit seinem Sicherheits-Niederfahrrad kennengelernt hat.

Eine großartige Atmosphäre umgibt dieses Buch und nimmt sich mit leichter Feder so vieler verschiedener Themen an: das Kaiserreich, der wirtschaftliche Aufschwung, soziale Gerechtigkeit, persönliche Freiheit – die Tochter des Reichen hat alles Materielle, darf aber keinen Schritt allein unternehmen, schon gar nicht, eine eigene Entscheidung treffen, höchstens, welche Marmelade auf ihr Frühstücksbrötchen kommt –, Kolonialismus, die Weiterentwicklung des Fahrrades und noch vieles mehr. Unvergleichlich daran ist, dass all das sich wie von selbst in die Handlung einfügt und niemals den Eindruck des Aufdringlichen oder Mahnenden erweckt. So kann man gar nicht anders, als stracks eine Szene nach der anderen in sich aufzusaugen und die sympathische, aber dennoch energische Felicitas auf ihrem Weg - in die Freiheit? – zu begleiten. Großartige Figuren und eine lebendig gezeichnete Kulisse aus Kaiserreich und Wandel der Zeit tun ein Übriges, um den Leser zu begeistern, auch Gefühle und Humor kommen nicht zu kurz.

Mittels detaillierter Recherche und einem Finger am Puls der Zeit kann Hanna Caspian ebenso punkten wie mit einem Schreibstil, der berührt und den Leser in seinen Bann zieht. Ich jedenfalls bin begeistert und freue mich, diesen schönen historischen Roman weiterempfehlen zu dürfen.

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Veröffentlicht am 01.11.2024

Auf Svartlöga

Still ist die Nacht (Ein Fall für Maya Topelius 2)
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Die letzten Wochen waren anstrengend für Kriminalinspektorin Maya Topelius, und so beschließt sie, eine Auszeit zu nehmen bei einer Yoga-Woche, welche ihre Freundin Emely auf der Schäreninsel Svartlöga ...

Die letzten Wochen waren anstrengend für Kriminalinspektorin Maya Topelius, und so beschließt sie, eine Auszeit zu nehmen bei einer Yoga-Woche, welche ihre Freundin Emely auf der Schäreninsel Svartlöga anbietet. Doch so weit kommt es nicht: nach einem ausgiebig gefeierten Mittsommerfest liegt ein Toter im Schilf. Obwohl Maya – zumindest theoretisch – zum Kreis der Verdächtigen gehört, kann sie ihren Kollegen Pär davon überzeugen, verdeckte Ermittlungen anzustellen.

Ein aufgrund der Namen etwas befremdlicher Prolog leitet diesen wunderbaren zweiten Teil der Maya Topelius – Trilogie ein und kurz darauf nimmt Sandra Åslund uns mit auf eine Reise in die faszinierende Schärenwelt Schwedens. Mit der Waxholmfähre geht es von Stockholm aus Richtung Svartlöga, einer Insel, wo man noch ohne Elektrizität auskommt und Wasser vom Brunnen holt, ein idealer Platz für Meditation, Yoga und „Digital Detox“. Lebendige Beschreibung von Landschaft und Personen lassen den Leser rasch eintauchen in eine stimmige Handlung, die das traditionelle Mittsommerfest ebenso thematisiert wie tiefe Freundschaften, unterschiedlichste Lebensentwürfe und – natürlich Mord und Totschlag. Die Kriminalhandlung sticht nicht ununterbrochen hervor, ist vielmehr eingebettet in einen spannenden Roman rund um Maya und fügt sich gelungen in die Geschehnisse auf der abgelegenen Insel ein.

Da mir Åslunds Schreibstil und ihre bildreichen Beschreibungen schon im Vorgängerband (und bei ihren Provence-Krimis) sehr gut gefallen haben, war ich natürlich schon gespannt auf „Still ist die Nacht“. Und auch dieses Buch überzeugt in vielerlei Hinsicht: die beeindruckenden Inseln vor Stockholm, interessante Themen und überraschende Hintergründe, welche erst im Verborgenen schlummern. Im Epilog schließt sich der Kreis zur ersten Szene und wirft schon seine Schatten voraus auf den nächsten Band. Mit einer weiteren Leseempfehlung warte ich gebannt darauf, wie es weitergeht.

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Veröffentlicht am 31.10.2024

Blumen und Intrigen

Der Ruf des schwimmenden Gartens
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Richard Hauenstein ist geschäftlich in Bremen unterwegs und trifft unter anderem die junge Lungenfachärztin Sophie Schultheiß. Diese wird im Jahre 1914 unter der männlichen Kollegenschaft nicht richtig ...

Richard Hauenstein ist geschäftlich in Bremen unterwegs und trifft unter anderem die junge Lungenfachärztin Sophie Schultheiß. Diese wird im Jahre 1914 unter der männlichen Kollegenschaft nicht richtig ernst genommen, obwohl sie in renommierten Kliniken ausgebildet worden ist und zudem über wertvolle Kenntnisse in Homöopathie und Naturheilkunde verfügt. Kurzerhand lässt sie sich darauf ein, mit Richard nach Madeira zu reisen, um im dortigen neu errichteten deutschen Krankenhaus eine Abteilung zu leiten. Dieses ist aber aus unerfindlichen Gründen noch weit davon entfernt, bald den Betrieb aufzunehmen. Während Sophie also als Überbrückung Land und Leute kennenlernen möchte, trifft Richards Bruder Ludwig auf der Insel ein und lässt ihr Herz höher schlagen.

Eine von Idealismus geprägte junge Frau begegnet uns schon auf den ersten Seiten im Buch, alsdann reisen wir mit dem Schiff Richtung Blumeninsel und dürfen uns an der Pracht und Vielfalt der hiesigen Natur erfreuen. Die Handlung selbst ist interessant, aber doch an etlichen Stellen etwas langatmig, sodass der Lesefluss bisweilen ins Stocken gerät und keine rechte Spannung aufkommen lässt. Bestechend hingegen ist die Wendung, welche diese Geschichte auf Madeira nimmt, diese hätte ich so keinesfalls vermutet, aber auch da fehlen tiefergehende Details, der vergleichsweise aufregende Schluss kommt daher fast überfallsartig. Was mir gut gefallen hat, sind die Charaktere, welche Tara Haigh sehr glaubwürdig darstellt und somit immer wieder lebendige Momente und Dialoge erschafft.

Ein sympathischer Blick auf die prächtige Blumeninsel, welcher Neugierde weckt und einen bezaubernden Urlaub im Kopf entstehen lässt, dazu eine Handlung, angelehnt an wahre Ereignisse Anfang des 20. Jahrhunderts.