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Veröffentlicht am 20.08.2024

99 Gegner

Scandor
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Bei einem Wettbewerb müssen 99 Gegner geschlagen werden, dann winken fünf Millionen Euro Preisgeld. Ansonsten muss ein selbst gewählter Einsatz eingelöst werden, der allerdings für jeden einzelnen Kandidaten ...

Bei einem Wettbewerb müssen 99 Gegner geschlagen werden, dann winken fünf Millionen Euro Preisgeld. Ansonsten muss ein selbst gewählter Einsatz eingelöst werden, der allerdings für jeden einzelnen Kandidaten viel Überwindung kostet. Die Herausforderung ist ein neuartiger Lügendetektor, der einen keinesfalls bei einer Unwahrheit erwischen darf.

Ursula Poznanski lässt zwei Kandidaten, Tessa und Philipp, das Geschehen aus ihrer Sicht schildern und erzählt dadurch manche Szene doppelt, aber eben aus unterschiedlichen Blickwinkeln und mit anderen Empfindungen. Schnell merken die Romanfiguren, ebenso wie der Leser, wie oft man eigentlich am Tag lügt, sei es auch nur eine kleine Notlüge oder Höflichkeit. Und genau das darf während des Wettstreits nicht passieren, denn das speziell erfundene Gerät Scandor deckt jede Unwahrheit gnadenlos auf und wirft den Kandidaten noch im selben Moment aus dem Rennen. Rund um die Uhr wird von Hundert heruntergezählt, erfährt man, wie viele Konkurrenten noch unterwegs sind. Scheiden zu wenige in einem gewissen Zeitraum aus, gibt es zusätzliche Aufgaben. Auch wenn sich manches zu wiederholen scheint, bleibt die Sache stets spannend und unterhaltsam, denn es geht um noch viel mehr, als vordergründig zu erkennen ist.

Mir hat Scandor sehr gut gefallen mit Poznanskis unverwechselbarem, eher kühlem Schreibstil und den Themen rund um Wahrheit und Moral. Ein überaus gelungenes Jugendbuch, das aber auch Erwachsene anspricht und zum Nachdenken bringt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.08.2024

Ein Leben

Nur nachts ist es hell
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Elisabeth Brugger, die jüngste von vier Geschwistern, erlebt zwei Weltkriege, arbeitet als Lazarettschwester und Ärztin, übernimmt Verantwortung für ihre Familie ebenso wie für ihre Patienten.

Konzipiert ...

Elisabeth Brugger, die jüngste von vier Geschwistern, erlebt zwei Weltkriege, arbeitet als Lazarettschwester und Ärztin, übernimmt Verantwortung für ihre Familie ebenso wie für ihre Patienten.

Konzipiert ist das Buch in Form eines Briefes an die Großnichte, liest sich daher wie ein Monolog, bei dem das „Du“ regungslos und kommentarlos lauscht und sich den Bericht eines Lebens anhört. Dies ist einerseits durchaus interessant, andererseits leidet aber die Lebendigkeit des Geschehens darunter. Viel ist passiert, viel hat Elisabeth zu erzählen, allerdings geht sie dabei nicht chronologisch vor, sondern springt - einem Rössel am Schachbrett gleich - wild hin und her zwischen den Zeiten und Ereignissen. Die durchaus komplizierte Familienchronik wird dabei eingebettet in sehr gut recherchierte historische Fakten. In einzelnen Bereichen (beispielsweise bei der Darstellung der 1920er-Jahre) sind diese aber nur katalogartig aufgelistet und wirken somit wie eine erzwungene Fleißaufgabe. Überwiegend sind die einzelnen Szenen gut zu lesen, die abrupten Wechsel zu anderen Stationen, anderen Zeitebenen oder anderen Figuren sind jedoch zuweilen verwirrend und störend im Lesefluss. Dies liegt möglicherweise auch daran, dass ich den Vorgängerband „Über Carl reden wir morgen“ nicht kenne, vielleicht wären dadurch die Vorgänge und Zusammenhänge einfacher zu erschließen gewesen. Nichtsdestotrotz werden überaus interessante Themen aufgegriffen, die Schwierigkeiten der beschriebenen Jahrzehnte gut dargestellt.

Ein lesenswerter Roman, unter Umständen besser mit dem Vorwissen des vorangegangenen Buches.

Veröffentlicht am 17.08.2024

Im Hörsaal

Pi mal Daumen
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Im Hörsaal während einer Mathematikvorlesung treffen Oscar und Moni erstmals aufeinander: zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten – der hochbegabte Sechzehnjährige mit Adelstitel, der überbehütet ...

Im Hörsaal während einer Mathematikvorlesung treffen Oscar und Moni erstmals aufeinander: zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten – der hochbegabte Sechzehnjährige mit Adelstitel, der überbehütet aufgewachsen ist und die 53jährige Oma, die neben drei Jobs und Enkelbetreuung noch in der Uni Gleichungen aufstellt und Beweise herleitet, obwohl man sie zuerst für die schrill angezogene Kantinenkraft gehalten hat.

Voller Humor steckt dieser Roman, der durchaus realistische Hochschulszenen beinhaltet. Immer wieder beschreibt Alina Bronsky Momente, die einen zum Schmunzeln bringen und sorgt mit ihrem flotten Schreibstil für gute Unterhaltung. Ihren Figuren, allen voran natürlich Oscar und Moni, haucht sie glaubwürdig Leben ein, sodass man sie rasch bildhaft vor Augen hat. Einerseits fließt die Erzählung aus Oscars Sicht leicht dahin, andererseits verbergen sich aber auch ernste Hintergründe im Geschehen.

Bei Pi mal Daumen handelt es sich um eine ungewöhnliche Geschichte mit noch ungewöhnlicheren Protagonisten, welche den Leser überzeugen können, sofern man hinter ihre Äußerlichkeiten blickt und ihnen selbst Gelegenheit bietet, sich auf den jeweils anderen einzulassen. Schön!

Veröffentlicht am 17.08.2024

Abgründe

Bevor es geschah
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Wie jedes Jahr veranstaltet die Familie Haynes ein Barbecue auf dem Anwesen der verwitweten Mutter. Alle vier Kinder samt Ehe- bzw. Lebenspartnern und eigenen Kindern sind geladen. Wer allerdings meint, ...

Wie jedes Jahr veranstaltet die Familie Haynes ein Barbecue auf dem Anwesen der verwitweten Mutter. Alle vier Kinder samt Ehe- bzw. Lebenspartnern und eigenen Kindern sind geladen. Wer allerdings meint, hier von einem idyllischen Zusammentreffen zu lesen, der ist auf dem Holzweg.

Die Geschichte beginnt mit einer wesentlichen Szene und schwenkt dann zurück zu den Vorbereitungen des Familienfests, dazwischen noch weiter zurück, um relevante Ereignisse zu erzählen. Im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass jede Person sonderbare Charakterzüge hat und wohlgehütete Geheimnisse, über die man mit niemandem spricht. Abgründe tun sich auf hinter einer perfekten Fassade, welche seit Jahrzehnten erfolgreich aufrechterhalten wird. Die krankhafte Dynamik im Familiengeschehen wird immer augenscheinlicher. Die Figuren sind vielfältig und bleiben doch ein Schatten ihrer selbst, austauschbar inmitten einer Familie, welcher es um Geld, Macht und Einfluss geht.

Spierers Schreibstil ist eingängig und von Eloquenz geprägt. Die Atmosphäre beim Barbecue und rund um die Haynes ist perfekt eingefangen, düster, geheimnisvoll, rätselhaft. Eine unterschwellige Anspannung ist beim Lesen spürbar, das Ende bleibt orakelhaft.

Ein Roman, bei dem Oberflächen abgeschliffen werden, Verstecktes zutage tritt, Vergangenes haften bleibt, Künftiges übersehen wird. Interessant und lesenswert.

Veröffentlicht am 15.08.2024

Stahl

Finster
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Kriminalkommissar Hans J. Stahl ist mittlerweile im Ruhestand. Allerdings lässt ihn sein letzter Fall nicht ruhen: da ist es um eine Kindesentführung gegangen, die nicht schlüssig gelöst werden konnte. ...

Kriminalkommissar Hans J. Stahl ist mittlerweile im Ruhestand. Allerdings lässt ihn sein letzter Fall nicht ruhen: da ist es um eine Kindesentführung gegangen, die nicht schlüssig gelöst werden konnte. Als beim Jahrmarkt in Katzenbrunn ein 13jähriger Bub spurlos verschwindet, begibt sich Stahl auf eigene Faust in das kleine Dorf mit seinen unwirschen Bewohnern.

Kurze Kapitel, wechselnde Blickwinkel, teils aus neutraler Erzählersicht, teils in der Ich-Form, da im klassischen Präteritum, dort im aktuellen Präsens: extrem abwechslungsreich präsentiert Menger diesen Thriller, bei dem man nur gefesselt von einer Szene zur nächsten springen kann und am besten ohne Pause vom Anfang bis zum Ende der hervorragend aufgebauten Handlung folgt. Ein verschrobenes Dorf mit sonderbaren Charakteren – steckt hier der Entführer oder muss man auswärts suchen? Eine unheimliche Atmosphäre durch die Psychoklinik, hat einer der verrückten Insassen etwas zu tun mit den verschwundenen Kindern? Genauso gut könnte es aber auch eine der scheinheiligen Nachbarinnen sein? Die Möglichkeiten sind umfassend, Stahls Nachforschungen nicht so einfach, schließlich ist er bereits zweiundsiebzig und benötigt mitunter einen Stock. Aufgrund der vielfältigen Richtungen der Ermittlungen und der unterschiedlichen Informationen zieht sich die Spannung durch alle Kapitel und lässt einen kaum mehr los, zuweilen wird man so vom Sog mitgerissen, dass man meinen könnte, eine Seite überblättert zu haben.

Ein hervorragendes Buch, das mich vom flotten Schreibstil und von der Vielfalt der verdächtigen Figuren her exzellent unterhalten hat. Ich kann es nur wärmstens empfehlen!

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