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Veröffentlicht am 29.04.2024

Moderne Kriminalistik 1886

Der Dienstmädchenmörder
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Im Jahre1886 reichen schon Verdachtsmomente, ein mangelhaftes Alibi oder die Aussage irgendeiner zwielichtigen Gestalt, um jemanden als Mörder zu verhaften. Klare Beweisführung oder gar pathologische Untersuchungen ...

Im Jahre1886 reichen schon Verdachtsmomente, ein mangelhaftes Alibi oder die Aussage irgendeiner zwielichtigen Gestalt, um jemanden als Mörder zu verhaften. Klare Beweisführung oder gar pathologische Untersuchungen an Leichen sind nicht vorgesehen. Ganz anders denkt der Pathologe und eifrige Amateurdetektiv Hajo von Zündt, der sich mit neuesten kriminalistischen Methoden beschäftigt und nun die Leiche einer jungen Dienstmagd auf seinen Obduktionstisch bekommt. Schnell ist klar, dass es sich nicht um einen Freitod handelt, der schnell zu den Akten gelegt werden kann, sondern um Mord. Auf den Spuren nach Verdächtigen geraten er und seine Assistentin Charlotte Brauchitsch in höchste Adelskreise, sogar König Ludwig II. kommt ins Gespräch.

Eine geschliffene Ausdrucksweise und so manch bereits in Vergessenheit geratener Begriff lassen diesen historischen Kriminalroman höchst authentisch wirken, auch Anspielungen an die griechische Mythologie werden an passenden Stellen geschickt eingestreut. Politische Hintergründe beleuchtet der Autor prägnant, von Burschenschaften über Frauenrechtsbewegungen und Umbrüchen in den polizeilichen Ermittlungsmethoden wird berichtet, stets bestens recherchiert. So ist es nicht verwunderlich, dass der Leser schnell gefesselt ist von seiner Lektüre und immer weiter eintauchen möchte in die verzwickten Nachforschungen, welche bald zeigen, dass es mehrere ähnliche Fälle gibt, Fälle von verschwundenen Dienstmädchen, welche keine Familie haben und daher auch kaum jemandem fehlen. Komplexe Zusammenhänge sorgen für Kurzweil, glaubhaft charakterisierte Figuren bringen Lebendigkeit ins Geschehen. Die knapp gehaltenen Kapitel laden ein, stets noch eines dranzuhängen und weiterzulesen, und schon ist man bei der einwandfreien Auflösung angelangt.

Sorgfältige Recherche, viele interessante Details ohne Ausschweifungen, ein spannender Kriminalfall, der immer weitere Kreise zieht – Unterhaltung vom Feinsten, so wie man sich einen historischen Kriminalroman nur wünschen kann. Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 29.04.2024

TV-Bauer

Liebe mit Fernblick
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Nicht aus eigenem Antrieb gerät der sympathische, eher zurückhaltende Bergbauer Lukas ins Fernsehformat „Wanted:Bäuerin“. Ausgerechnet Sybille, die beste Freundin von Almkellnerin Emma ist die Produktionsleiterin ...

Nicht aus eigenem Antrieb gerät der sympathische, eher zurückhaltende Bergbauer Lukas ins Fernsehformat „Wanted:Bäuerin“. Ausgerechnet Sybille, die beste Freundin von Almkellnerin Emma ist die Produktionsleiterin und schon bei der ersten Begegnung flattern Schmetterlinge. Zukunft kann dieses Strohfeuer aber bestimmt nicht haben, denn zwischen den Südtiroler Bergen und Köln liegen Welten, also besser gleich alle Anzeichen von Verliebtheit ignorieren …

Wie im Vorgängerband „Liebe mit Bergblick“ entwirft Heidi Troi eine wunderbare Kulisse mit schroffen Felsen und glitzerndem Bergsee für dieses fabelhafte Buch. Völlig fremd fühlt sich hier Großstadtpflanze Sybille am Knottnhof auf 1600 Metern Seehöhe, die steilen, kurvigen Straßen lösen Übelkeit in ihr aus, der Traktor ist ein einziges Ungetüm, auf dem sie sich alles andere als wohl fühlt. Und genau hier soll sie mehrere Drehtage abhalten und ihre Gefühle im Zaum halten, der träge Holzklotz von Bauer gibt sich ohnehin recht wortkarg und abweisend. Abwechselnd erlebt man als Leser die Handlung aus Sybilles und Lukas‘ Sicht, sodass manche Szenen doppelt, aber eben aus unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt werden. Raffiniert in die Handlung eingeflochten sind Hinweise und kurze Wiederholungen von Ereignissen, welche in Band Eins im Mittelpunkt stehen und teilweise parallel zum aktuellen Geschehen ablaufen. Ein flotter, sehr angenehm zu lesender Schreibstil, viel Humor und Menschen, wie aus dem wahren Leben gegriffen, sorgen für Lebendigkeit. Missverständnisse und bewusste Verleugnung aufkeimender Gefühle bringen Spannung und Emotionen ins Spiel. Sehr turbulent wird es mit dem Filmteam und den drei Heiratskandidatinnen, welche die Einschaltquoten hochtreiben sollen, Lachen und Mitfiebern sind somit garantiert.

Ein wundervoller Teil Zwei hat mir hervorragende Lesestunden beschert, ich warte voller Freude auf die Fortsetzung und empfehle inzwischen die bereits veröffentlichten Bücher aus dieser Reihe!



  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2024

Riesenhotel

Dunkle Verwicklungen auf La Palma (Calderon und Rodriguez ermitteln 1)
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Auf La Palma soll ein gigantisches Hotelprojekt umgesetzt werden, kurz vor der Baugenehmigung jedoch wird der Bauunternehmer Álvaro Martínez tot am Strand aufgefunden. Verdächtige gibt es genug, unter ...

Auf La Palma soll ein gigantisches Hotelprojekt umgesetzt werden, kurz vor der Baugenehmigung jedoch wird der Bauunternehmer Álvaro Martínez tot am Strand aufgefunden. Verdächtige gibt es genug, unter anderem die Mitglieder einer Umweltschutzgruppe und den Bananenbauer, dem das Hotel zu nahe an seinen Stauden platziert ist.

Kriminalkommissar Pedro Fernández bekommt tatkräftige Unterstützung von Buchhändlerin Naira Calderón und dem Journalisten Ben Rodríguez, zwei interessierten Krimilesern, die immer wieder „Sherlock-Holmes-Gespräche“ führen und sich so dem möglichen Täter immer mehr annähern. In flüssigem Schreibstil gibt es viel Lokalkolorit, Tapas und Wein, Geschichtliches, Sportliches und Musikalisches über die Insel, sowie das ein oder andere persönliche Wort zu den ziemlich vielen Figuren im Buch. Leider schweift dadurch die Handlung vom eigentlichen Kriminalfall stark ab und verliert sich in (unnötigen) Details. Der Krimi selbst wird überlagert von Nebenschauplätzen und rückt häufig für längere Zeit ganz in den Hintergrund. Zudem wechseln die Szenen oft mit jedem Absatz und unterbrechen dadurch den Fluss der Ermittlungen. Nichtsdestotrotz ist das Ergreifen des Täters nach einigen falschen Verdächtigungen logisch nachvollziehbar und glaubhaft.

Ein Serienauftakt, der noch Steigerungspotential hat. Für die gelungene Mordaufklärung und das Urlaubsflair vergebe ich drei Sterne.

Veröffentlicht am 28.04.2024

Ellen

Die Villa im Moor
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Nach der anstrengenden Semesterarbeit meldet sich Studentin Ellen Schneider bei einer Landkommune. Gerne möchte sie für ein paar Wochen in der Villa Waldmoor verbringen, Kost und Unterkunft gegen Mithilfe ...

Nach der anstrengenden Semesterarbeit meldet sich Studentin Ellen Schneider bei einer Landkommune. Gerne möchte sie für ein paar Wochen in der Villa Waldmoor verbringen, Kost und Unterkunft gegen Mithilfe bei der anfallenden Arbeit. Allerdings begegnen ihr dort Menschen, welche sie mit Ellen Mahr ansprechen und sie von früher kennen. Ist Ellen verrückt? Woher rühren ihre Gedächtnislücken? Was ist „damals“ passiert?

Mit einer ungewöhnlichen Idee überrascht Angela Hüffner den Leser, sie setzt Ellens Sprachmemos gekonnt um in Schriftform und beschreibt - ähnlich einer Regieanweisung im Theater - Umgebungsgeräusche und andere Details, welche interessant sind. Auf diese Art und Weise ist man ganz nah dran an der Hauptfigur Ellen, welche sich immer mehr in Zweifel verstrickt und ebenso wie der Leser bald nicht mehr weiß, was wahr ist und was nicht. Die Atmosphäre rund um die Villa Waldmoor, in deren Räumlichkeiten vor etlichen Jahren ein Sanatorium untergebracht war, ist düster und bedrückend und passt ausgezeichnet zu Ellens Gemütszustand. Allerdings fehlen mir die für einen Thriller typischen Grusel- und Gänsehautmomente. Für das Ende gibt es zwar eine gute Idee, die recht abrupte Wendung und die geringe Glaubwürdigkeit relativieren diese aber stark.

Trotz einiger Kritikpunkte haben mir Schreibstil und Atmosphäre im Buch gut gefallen, für Freunde psychologischer Betrachtungen wird dieser Spannungsroman also gut passen.

Veröffentlicht am 26.04.2024

Literaturzirkel

Bitteres Ende
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Zu einem einwöchigen Literaturzirkel auf Sylt treffen einander sechs recht unterschiedliche Autoren unter fachkundiger Moderation einer bekannten Fernsehgröße. Als am letzten Tag der scharfzüngige Literaturkritiker ...

Zu einem einwöchigen Literaturzirkel auf Sylt treffen einander sechs recht unterschiedliche Autoren unter fachkundiger Moderation einer bekannten Fernsehgröße. Als am letzten Tag der scharfzüngige Literaturkritiker Konrad Otze aus ihrer Mitte verschwindet und wenige Stunden später mit sechs Messern im Körper auf einer Bank im Watt gefunden wird, geraten die anderen Teilnehmer unter Verdacht, allerdings fehlt entweder ein Motiv oder es gibt ein glaubhaftes Alibi.

Bereits zum elften Mal ermitteln Silja Blanck, Bastian Kreuzer und Sven Winterberg, auch der aus
früheren Bänden bekannte Gerichtsmediziner Dr. Bernstein und Staatsanwältin Bispingen sind wieder mit von der Partie. Kenner der Krimireihe haben es leicht, Andeutungen zu früheren Fällen einzuordnen, aber auch für Neueinsteiger wird Wesentliches wiederholt, um schnell im Bilde zu sein. Anfangs geht es gemächlich zu, der Leser wird in die illustre Runde der Literaten eingeführt und merkt sogleich die teils unterschwelligen, teils offen ausgetragenen Unstimigkeiten unter den sieben Leuten. Sorgfältig und detailliert stellt Eva Ehley ihre Figuren vor, sodass man sich fast selbst wie ein Teilnehmer des Fachkolloquiums fühlt. Interessante Überlegungen und viele Sackgassen prägen dann die Polizeiarbeit, welche stimmig und logisch abläuft, aber nicht und nicht zu einem Mörder – oder gar mehreren? – führen will. Kurz vor dem Ende gibt es jedoch überraschende Neuigkeiten, die Dramatik steigt deutlich an und das gewitzte Ermittlerteam kann endlich die Handschellen auspacken.

Für regelmäßige Serien-Begleiter ebenso wie für Neulinge bietet „Bitteres Ende“ gelungene Unterhaltung, ein flüssiger Schreibstil, bestens gezeichnete Charaktere und ein kniffliger Mordfall sorgen für fesselnde Lesestunden und laden ein zum Miträtseln.