Profilbild von danielamariaursula

danielamariaursula

Lesejury Star
offline

danielamariaursula ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit danielamariaursula über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.12.2018

Schuld und Sühne

Der Verrat
0

Die drei ungleichen Schwestern Pia, Birgit und Ariane (Nane) wachsen in Frankfurt am Main auf, in einem gutbürgerlichen Haushalt, in dem ihre schöne Mutter ihre Schuld hinter einem Mythos versteckt und ...

Die drei ungleichen Schwestern Pia, Birgit und Ariane (Nane) wachsen in Frankfurt am Main auf, in einem gutbürgerlichen Haushalt, in dem ihre schöne Mutter ihre Schuld hinter einem Mythos versteckt und der Vater geistig/emotional abwesend ist. Pia, die kühle Schöne, die rational Pragmatische ist der Liebling der Eltern und ihr scheint alles zu gelingen. Was ihr nicht zufliegt, das nimmt sie sich. So sieht es zumindest ihre jüngste Schwester Nane, die stets eine tiefe Abneigung gegen die scheinbar Perfekte hegt, ein Umstand, den die harmoniebedürftige Mittlere Birgit mit all ihren Vermittlungsbemühungen nicht ändern kann. Birgit folgt ihrem Herzen und Nane lässt ihren Emotionen freien Lauf. Beide sind damit nicht gut gefahren und Pia schwört sich, nie so zu werden wie sie. Als Restaurateurin Pia heiratet, nimmt das Unglück seinen Lauf, ein Unglück, das Nane für 20 Jahre ins Gefängnis bringt, während Pia ein Leben wie aus dem Bilderbuch führt, auf einem schlossgleichen Weingut, hoch über den Saarschleifen. Nach 20 Jahren endlich wird Nanes Restfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Alles in ihr schreit nach Klarheit, denn ihre Erinnerungen an die Nacht von vor 20 Jahren sind verschwommen Sie will wissen, wie groß ihre Schuld wirklich ist, mit der sie leben muß. Dabei ist sie bereit alles zu riskieren, doch sie muss es wissen, sie ist getrieben.

Dies ist der neue Roman der Bestsellerautorin Ellen Sandberg („Die Vergessenen“) und psychologisch spannender und packender als die meisten Krimis, die ich dieses Jahr gelesen habe. Es geht um die ganz großen Gefühle, die die Menschen antreibt. Liebe, Verlangen, Hass, Rache, Schuld, Sühne, Geborgenheit, Angst und trotz der Komplexität der Gefühle wird es nie kitschig oder rutscht ins Triviale ab.

Nane weiß nicht mehr genau was damals vor 20 Jahren geschehen ist, aber sie braucht die Klarheit und Gewissheit, daß sie nicht völlig skrupellos ist, um weiterleben zu können. Sie versucht die Puzzlestücke zusammenzusetzen, auch wenn die, die es gut mit ihre meinen, ihre Getriebenheit nicht nachvollziehen können. Aber Nane kann nicht anders, sie muss es wissen! Daher wird die Geschichte in zwei Zeitebenen geschildert. Damals 1997/1998 als sich das Drama anbahnte und heute, nachdem Nane vorläufig wieder auf freiem Fuß ist. Vorläufig, denn sie steht unter laufender Bewährung, verstößt sie gegen die Auflagen, ist die Freiheit nur von kurzer Dauer gewesen. Doch es gibt da jemanden, der sie lieber heute als morgen wieder in der vermeintlichen Sicherheit der Mauern einer Justizvollzugsanstalt wüsste. Dies ist ein Punkt, der mir sehr gut gefällt. In diesem Roman stimmt alles, auch die juristische Seite, es ist sehr gut recherchiert (gut, mit dem Weinbau kenne ich mich nicht genug aus, aber daher geht die Autorin auch hier nicht so sehr ins Detail, ebenso bei der medizinischen und juristische Seite. Aber was sie schreibt, das stimmt.).
Normalerweise mag ich Erzählungen in Rückblicken nicht so. Oft finde ich es unnötig und habe den Eindruck, daß es sich nur um eine literaturtechnische Mode handelt. Doch hier ist dies nicht nur sinnvoll, sondern zwingend, aus der Geschichte heraus. Neben Nane sucht auch die Tochter des Opfers nach der Wahrheit dessen, was damals wirklich passiert ist, um darüber ein Buch zu schreiben. Dabei ist die Umsetzung ganz klar, man weiß stets, in welcher Zeit der aktuelle Erzählstrang spielt, denn es steht fett über jedem Zeitsprung.
Nane ist emotional nicht die Stabilste. Sie kennt die ganz großen Gefühle und das bringt sie oft in unglaubliche Schwierigkeiten. Mithilfe von kleinen weißen Pillen (sie werden nie benannt, es dürfte sich aber wohl um den Wirkstoff Diazepam) handeln, versucht sie ihr Leben in den Griff zu bekommen. Dabei übertreibt sie es auch hier mit der Dosis und sie merkt, wie sie sich selbst entgleitet. Immer wieder versucht sie davon loszukommen, aber das Zeug und ihre Emotionen sind tückisch. Das ist unglaublich gut geschildert, sehr nah und sehr realistisch, wie ich es nach den Schilderungen eines Substitutionsmediziners sehe, mit dem ich mal lange sprach. Interessant sind auch immer wieder kulturelle Anspielungen auf Kunst, Literatur und Antiquitäten.
Unglaublich geschickt finde ich das Spiel der Autorin mit den Emotionen des Lesers. Eigentlich ist Nane ziemlich unmöglich und dennoch komme ich nicht umhin sie zu mögen, ebenso wie ihre idealistische Schwester Birgit, während mir Pia immer unsympathischer wird und ich spüre, wie Nane mich für sich vereinnahmt. Da die Arbeit auf einem Weingut vieler Hände bedarf, dreht sich nicht alles nur um diese drei Schwestern, doch auch die übrigen Charaktere sind vollständig ausgearbeitet und man fragt sich stets, was man von ihnen halten soll? Sind sie gut, sind sie böse? Welche Rolle spielen sie eigentlich in diesem Drama shakespeareschem Ausmaßes?

Unglaublich packend und spannend, dabei immer emotional nachvollziehbar, detailreich und gut recherchiert. Trotz der Details fand ich es nie langatmig und hatte ausnahmsweise nicht das Bedürfnis dieses über 400 Seiten lange Buch zu kürzen. Man ahnt, was auf einen zukommt, aber kommt es tatsächlich? Sind die bösen Vorahnungen richtig? Am Ende dachte ich mal, oh, nun ist sie zu weit gegangen, nun hat sie es übertrieben, aber nein, es kommt anders. Die Personen bleiben sich treu und das macht diesen Roman nicht nur fesselnd, sondern gibt ihm auch einen runden Abschluss. Absolut gelungen.

Veröffentlicht am 17.12.2018

Hinter jeder großen Erfindung steckt eine neugierige Maus!

Edison
0

Nach Armgstrong und Lindbergh nun der 3. Mausentdeckerstreich von Torben Kuhlmann, der völlig unabhängig von den zwei erfolgreichen Vorgängern ist.
Diesmal dreht sich die Geschichte um die wissbegierige ...

Nach Armgstrong und Lindbergh nun der 3. Mausentdeckerstreich von Torben Kuhlmann, der völlig unabhängig von den zwei erfolgreichen Vorgängern ist.
Diesmal dreht sich die Geschichte um die wissbegierige kleine Maus Pete, die mit seinen Artgenossen an der Mäuseuniversität die Erfindungen der Menschen verfolgt. Dank einer alten Tagebuchnotiz seines Urahns erfährt er von einem Schatz, der auf dem Meeresgrund liegen soll. Dummerweise sind Mäuse einigermaßen wasserscheu und sind keine großen Taucher. Da ihm alleine nicht einfallen will, wie es ihm gelingen könnte, diesen Schatz zu bergen, wendet er sich an den berühmten Mäuseprofessor. Gemeinsam entwickeln sie die Mäusetauchfahrt, wobei sie natürlich zu allererst einige Vorstudien vornehmen müssen, ehe ihnen der große Coup gelingt und der Schatz sie verblüffen kann. Doch bis dahin muss Pete erst noch anstrengende Forschungen anstellen und auch mit Misserfolgen umgehen lernen.

Torben Kuhlmann geb. 1982 ist eigentlich ein Tüftler und Bauer. 2005 begann er daher sein Studium an der Hochschule für Angewandt Wissenschaften Hamburg im Studiengang „Illustration und Kommunikationsdesign“. Daran erkennt man schon, daß er nicht nur gerne Zeichnet, sondern auch einen Hang zu Technik besitzt. Wir haben ihn im Verdacht, mit seinen Werken nachweisen zu wollen, daß hinter jeder technischen Errungenschaft in Wahrheit eine Maus steckt. Seine Zeichnungen sind geprägt von liebevollem Hang zum Detail und technischer Konstruktionen, sowie charakterstarker Mausphysiognomie. Ebenso genau geht er allerdings auch in der Schaffung des Mäuseuniversums vor. So erklärt er logisch, wie der Professor und Pete mit Akribie die Schatzkarte verorten, nachdem sie zuvor etliche Unterlagen durchforstet haben oder die Struktur der Mäuseuniversität, in der lediglich einmal die Woche in einem gut verborgenen Raum in einem Hohlraum hinter einem Bücherregal eines Buchladens unterrichtet wird. Der Zugang ist gut verborgen, denn das Eingangsloch ist so klein, daß es nicht weiter auffällt.
Nach dieser Lobhudelei für die Illustrationskunst des Autors fragt man sich zu Recht: Und warum um alles in der Welt hören die nun das Hörbuch? - Ganz einfach, die Geschichte als solche ist wirklich originell, fast so originell, wie Bastian Pastewka in sämtlichen Rollen. Die hörspielgleiche Inszenierung des HR2 mit nur einem Sprecher aber jeder Menge Geräusche, ist so unnachahmlich, daß sie absolut hörenswert ist und auch neben den wunderbaren Illustrationen Bestand hat. Damit die Hörer in der Hinsicht aber nicht ganz leer ausgehen, enthält auch dieses Hörbuch wieder ein kleines Booklet, damit es sich beim Hören besser träumen lässt, von diesem mausestarken Vorreiter des Fortschritts.
Bastian Pastewka ist nicht nur ein begnadeter Stimmartist, seine Stimme ist auch unglaublich angenehm und beruhigend, so daß er einer der Lieblingssprecher für Gute-Nacht-Geschichten meiner Tochter ist.
Wir sind allerdings sehr froh, daß er ihr hierbei nicht das Telefonbuch zur Beruhigung vorliest, sondern eine spannende Schatzsuche, die Kindern zeigt, daß Schätze nicht zwingend aus Gold und Juwelen bestehen, sondern wahrer Reichtum auch ganz anders aussehen kann. Auch Wissen ist Reichtum, daher sollen die Zuhörer im Rahmen dieses Abenteuers auch noch einiges über die Entwicklung der Glühbirne und seinen genialen Erfinder (dem neben der beteiligten Maus, den offiziellen Entwickler eben) Thomas Alva Edison. Zu diesem befindet sich auch eine ganze Booklet-Seite in der CD, die sich diesem überaus produktiven Geist widmet. Mögen Pete und der Professor viele kleine Zuhörer in ihrem Forschergeist bestärken oder diesen wecken. Denn Technik ist nicht langweilig, sondern unglaublich spannend. Dies zu erkennen hilft der sympathische Pete, der mit seinen Beobachtungen des Alltags zu unglaublich praktisch anwendbaren Schlussfolgerungen für kniffelige Probleme kommt. Sehr anschaulich und gut verständlich auch für Kinder, wird so z.B. das Prinzip der Tauchglocke erklärt, das sich auch gut zu Hause in der Badewanne nachstellen lässt (oder im Sommer im Schwimmbad oder Planschbecken). Allerdings lernen Kinder nicht nur, daß es nicht nur Superstars in Castingshows gibt, sondern auch solche der Wissenschaft, aber auch, daß dies Geduld, Ideen und auch Niederlagen erfordert. Geniale Erfindungen fallen nicht vom Himmel. Allerdings ist dies kurzweilig verpackt, solange wie dies in der Realität dauert, dauert es in diesem 50 minütigem Hörerlebnis natürlich nicht.

Ein absolut mausstarkes Hörerlebnis, das bei Kindern Interesse für Technik weckt und stärkt, während sie dem Auffinden des Schatzes entgegenfiebern!


Veröffentlicht am 16.12.2018

Als Drilling erlebt man alles dreifach!

Die Trabbel-Drillinge - Lämmer, Glamour, Macarons
0

6 Monate ist es nun her, seit die exzentrisch glamourösen Trabbels nach Deininghofen gekommen sind und im alten Familienstammsitz „Babs bestes Bio-Hotel“ zu eröffnen. Der Trubel um die Eröffnung hat sich ...

6 Monate ist es nun her, seit die exzentrisch glamourösen Trabbels nach Deininghofen gekommen sind und im alten Familienstammsitz „Babs bestes Bio-Hotel“ zu eröffnen. Der Trubel um die Eröffnung hat sich gelegt und selbst die Dorfbewohner haben sich langsam aber sicher an die eiigen und doch so verschiedenen 12-jährigen Zwillinge Bella (die Schöne und Sportliche), Vicky (die Kluge und Schlagfertige) und Franka (die Nette und Schokoladige), ihre Turban-tragende Powermutter Babs und die exaltierte Großmutter und Herzensbrecherin Eleonore gewöhnt. Doch die Buchungen bleiben aus und das Geld wird knapp. PR-Profi Babs ist ratlos, da sie ihre Töchter nicht wieder der Presse preisgeben möchte. So beginnt Franka in der örtlichen Bäckerei ihre feinsten Konditorwaren zu verkaufen, Eleonore startet ein Instagram-Account und Babs lässt Martin, einen PR-Kollegen kommen. Doch die Mädels mögen Martin nicht und da können auch noch so zarte Macarons und feurige Schokolade nicht weiterhelfen. Vicky ist unglücklich in ihren alten Klassenkameraden aus Berlin, Emil verliebt und will nur noch zurück in die Großstadt. Auch Bella würde gerne mal wieder richtig shoppen gehen. Franka hingegen liebt ihre neu gefundenen Freunde und setzt alle Schokoladentöpfe und Schafherden in Bewegung, um zu bleiben.

Eigentlich steht Trabbel für Trubel, doch zu Beginn ist eher Blues angesagt. Die Kasse ist leer und Weihnachten steht vor der Tür. Vicky hat Liebeskummer, Bella ist meistens im Stall um Volitigieren und Franka versucht immer wieder vergeblich mit ihrer besten Freundin aus dem Dorf einen Mädels-Film-Abend oder Nachmittag hinzubekommen. Aber nie klappt es! Immer wieder ruft sie irgendjemand herbei, weil es einen angeblichen Notfall gibt, bei dem nur sie helfen kann! Daran ob sie mal Hilfe braucht oder einfach einen Nachmittag mit ihrer besten Freundin Johanna scheint aber leider nie einer zu denken. Langsam stinkt das Franka ganz gewaltig und sie beginnt über Strategien nach zu denken, wie sie langfristig ihr Ziel erreichen kann, egal was die anderen wollen: hier bleiben! Und diesen Kampfgeist merkt man auch ihren Gaumenfreuden an, die variieren nun von pastell-süßen Macarons zu teuflisch feuriger Chili-Schoki. Doch während mir schon beim Zuhören der Rachen brannte, gehen bei ihren egozentrischen anderen Dritteln keinerlei Alarmglocken los. Was Franka aber nicht ahnt: sie ist nicht allein, Unterstützung gibt es für sie außerhalb der Familie!Denn nicht nur ihre leuchtende Haarpracht würde im Dorf fehlen, auch sie als Mensch.

Auch wenn die Geschichte in der 3. Person erzählt wird, nimmt man automatisch Frankas Perspektive ein. Klar, kann die Story nicht in Ich-Form erzählt werden, denn manchmal weiß Franka ja selbst vor lauter Wir nicht, ob sie ein Ich hat, ständig muß sie für andere da sein, da geht das Ich schon mal unter. Aber nicht bei ihren Freunden und die sind ebenso liebenswert und pfiffig wie sie! Die würde ich auch nicht missen wollen, auch weil ich selbst nicht der Großstadt-Typ bin. Städtetrip ja, aber leben? Für alle jungen Mädchen die von der Landflucht träumen und die Großstadt herbei sehnen, zeigen Franka, Vicky und Bella ganz klar, wie konträr Großstadt und Land sind. Die anfangs abweisende Art der Dorfbewohner, hat nicht nur Schattenseiten und die Großstadt ist oft mehr Glanz und Glamour als Sein. Vor allem Vicky ist diesmal ganz schön zickig, aber der erste Liebeskummer ist halt besonders schwer....

Jeden Seitenabschluß und jeden Kapitelstart ziert eine süße Vignette von Inka Vigh, die die Lektüre noch schöner macht. Die Schrift ist angenehm groß und erleichtert gerade Mädchen, die noch nicht im Lesefieber sind, das Weiterlesen ungemein.

Nachdem in Band 1 Frankas geheimes heiße Schokoladenrezept abgedruckt war, verrät uns Anja Janotta nun das Geheimnis ihrer himmöischen Macarons und Macadamia-Brownies mit Popcorn. Die Rezept sind gut verständlich erklärt, vor allem, wenn man vorher das Buch gelesen hat. Allerdings mögen wir Macarons nicht so gerne, daß sie uns diesen Aufwand wert sind, weshalb wir das Rezept diesmal nicht getestet haben, die Brownies stehen aber noch auf der Wunschliste meiner Töchter. Ich bin mehr von der Schokocrossies-mit-Zimt-Fraktion.

Anja Janotta verbrachte ihre Kindheit in Saudi-Arabien und Algerien auf. In München studierte sie Diplom-Journalistik und arbeitet heute als Online-Redakteurin, wenn sie nicht gerade Pralinen-Seminare gibt oder Kinderbücher schreibt. Inzwischen lebt sie mit ihrer Familie an einem See in Oberbayern (bei ihren FB Fotos kann man leicht neidisch werden, so stelle ich mir gerne die neue Heimat der Trabbels vor). Sie teilt mit Franka nicht nur die Liebe zum Landleben, sondern auch zu süßem Seelenbalsam.

Modern, frische Mädchenreihe um Kummer, Keks und Kapriolen! Eben Unterhaltung mit Herz.

Veröffentlicht am 12.12.2018

Das Leben ist das größte Abenteuer!

Wirf dein Herz voraus und spring hinterher
0

Liane ist 37 Jahre alt und arbeitet als persönliche Assistentin des Inhabers einer Eventagentur. Mit ihren Business-Kostümen mit Bleistiftröcken, Dutt und Pumps sieht sie aber eher wie eine gestrenge Gouvernante ...

Liane ist 37 Jahre alt und arbeitet als persönliche Assistentin des Inhabers einer Eventagentur. Mit ihren Business-Kostümen mit Bleistiftröcken, Dutt und Pumps sieht sie aber eher wie eine gestrenge Gouvernante aus. Genauso geregelt und diszipliniert führt sie ihr Leben – völlig Angst und Spaß befreit, immer auf Nummer Sicher! Daher geht sie auch bei der kleinsten bemerkten Veränderung zum Arzt, so wie jetzt, mit diesem Beklemmungsgefühl im Hals und der heiseren Stimme. Als sie dann die Überweisung zu einem Facharzt bekommt und auf den Diagnosetermin warten muss, ist sie plötzlich nicht mehr sie selbst. Durch einen Zufall nimmt sie aus Verwirrung einen Anhalter mit, dessen Auto liegen geblieben ist und der mit seinem Gespräch Liane plötzlich klar macht: wenn ihr Leben nur noch kurz ist, gibt es ein paar Dinge, die sie unbedingt vorher noch machen sollte. So zum Beispiel den Brief ihrer Adoptivmutter lesen, der seit fast 20 Jahren in ihrer Schublade verbuddelt ist, seit sie sich überworfen haben. Doch das erfordert Mut, viel mehr Mut, als kurzerhand ihr Leben umzukrempeln.

Liane ist ausgesprochen korrekt und so durchgeplant und übervorsichtig, daß fast jeder Atemzug vorherbestimmt ist! Alles läuft seinen Weg, aber dabei hat sie völlig aus dem Augen verloren, daß sie früher mal Spaß hatte, damals, als sie noch eine glückliche Kindheit und Jugend hatte und dachte, daß ihre Mutter ihre Mutter sei. Die Offenbarung, daß alles, was sie über sich selbst zu wissen schien, alles nur eine Lüge zu sein scheint, hat sie damals mit 17 völlig aus der Bahn geworfen. Liane musste sich selbst finden und hat sich vor lauter Vorsichtigkeit selbst verloren. Dies ändert sich nun, da sie durch schiere Verzweiflung und Zufälle andere Menschen wieder in ihr Leben lässt, Menschen, die sie mit ihrem Lebenswillen anstecken. So macht sie sich auf die spannendste Entdeckungsreise überhaupt, die Reise zu sich selbst. Sie auf dieser Reise zu begleiten und Lianes Entwicklung aus der Perspektive der Menschen um sie herum zu erleben, hat mir sehr großen Spaß gemacht. Auch wenn es ein ernstes Thema ist, ist es locker leicht, doch niemals seicht. Amüsante und denkwürdige Momente säumen Lianes neuen Alltag und so macht es großen Spaß die teilweisen radikalen neuen Wege und Mutproben mit Liane und ihren neuen Freundinnen mitzuerleben. Diese Freundinnen, die schon so lange in ihrer Umgebung lebten, die aber bislang nie etwas miteinander zu tun hatten und dann stolpern auch noch Männer in Lianes Leben. Ja, Romantik gibt es auch ein wenig, aber es ist nur am Rande ein Liebesroman, denn die und wahre Liebe die Liane entdeckt, ist eigentlich das Leben und ihr eigenes Ich.

Einige Figuren sind etwas überspitzt beschrieben, aber pointiert und nicht überzogen, es sind Typen, die wir alle kennen und in diesem Wiedererkennen beim Lesen schmunzeln lassen. Ein echtes Wohlfühlbuch, über einen Roadtrip zu sich selbst. Denn Lianes Reise führt letztendlich zu ihr und der Weg ist das Ziel. Daher ist es ein Genuss, ihr beim Abarbeiten ihrer Bucket-List, der Liste der Dinge, die sie unbedingt noch erledigen möchte, ehe sie stirbt, zu begleiten. Dabei zeigt Liane auch immer wieder eine bewundernswerte Größe und Humor, wenn sie sogar die Bucket-List ihrer Freunde und Bekannten mitabarbeitet und man mit ihr Charleston lernen oder giftigen Kugelfisch essen darf.

Anna Paulson, auch bekannt als Heike Abidi, schafft es dabei zwar Charaktere ein wenig zu überzeichnen, aber nicht stereotypisierend. Szenen werden nicht übertrieben und nicht überstrapaziert, sie schafft es wirklich ein ausgewogenes Maß an den unterschiedlichsten Gefühlen in diesen Selbstfindungstrip zu packen. Auch wenn von Anfang an klar ist, daß es gut ausgehen wird, bleibt der Weg zum Ziel überraschend und Liane wächst einem währenddessen richtig ans Herz. So war ich am Ende richtig ergriffen, wobei einige Punkte noch offen blieben, allerdings genau im richtigen Maße, um der Fantasie noch ein wenig Freiraum zu lassen, der Leserin aber dennoch die Gewissheit zu verschaffen, daß nun alles gut ist, und was noch nicht gut ist, ist halt noch nicht zu Ende. Ich wünsche ihr und ihren Lieben nun ganz viel Glück auf ihrem neuen Weg.

Ein wunderbarer Frauenroman, der die dunkle Jahreszeit erhellt und den Alltag versüßt, ganz ohne Kalorien, aber ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Veröffentlicht am 08.12.2018

Ein tierischer (Nager-)Krimi

Die Muskeltiere - Hamster Bertram lebt gefährlich
0

Die tapferen Nagetierfreunde Hamster Bertram, die Mäuse Picandou und Pomme de Terre und die geflohene weiße Rattendamen Gruyère leben im Keller von Frau Fröhlichs Feinkostladen im Hamburger Hafengebiet. ...

Die tapferen Nagetierfreunde Hamster Bertram, die Mäuse Picandou und Pomme de Terre und die geflohene weiße Rattendamen Gruyère leben im Keller von Frau Fröhlichs Feinkostladen im Hamburger Hafengebiet. Dort speisen sie jeden Abend nach Ladenschluß fürstlich von den Resten, die mit den Müllsäcken auf den Hof gestellt werden. Derzeit sind Frau Fröhlich und ihre Hilfe Margarethe völlig mit der Pralinenherstellung beschäftigt. Die Mäuse und Gruyère lieben die Kostumstellung und Picandou wird immer molliger, nur Bertram bevorzugt Salat und Gemüse. Wenn er seinen Freunden beim Schlemmen zusieht, wird er ganz schwermütig und träumt von dem Luxuskäfig in der Menschenwohnung von Tassilo, aus der er einst floh. Daher ist es seinen Freunden auch sofort klar, wo sie ihn suchen müssen, als er morgens verschwunden ist. Als Laborratte hat Gruyère einen hervorragenden Orientierungssinn und findet den Weg auf Anhieb. Doch wie sollen sie nun ins Haus kommen und Bertram befreien? Heimlich schlüpfen sie in die Tasche von Haushälterin Serafina, als diese das Haus betreten will. Damit fangen die Probleme aber leider erst an und ein wahrer Krimi um Betrug, Lüge und Diebstahl nimmt seinen Lauf!

Dies ist bereits das 6. Abenteuer der lustigen Nagetiertruppe, das 3. für engagierte Jungleser ab 7 Jahren. Daher gibt es gleich zu Beginn eine sympathische, bebilderte Vorstellungsrunde. Als Bewohner eines edlen Feinkostladens tragen sie alle Namen von französischen Käsesorten, deren Aussprache im Anhang mit kindgerechter Lautschrift erklärt wird. Mehr französische Begriffe kommen nun aber nicht mehr vor, weil dies in den ersten Büchern oft bemängelt wurde.

Obwohl eigentlich alles ganz prima ist, sehnt sich Bertram, der Schokomuffel, nach seinem ehemaligen goldenen Käfig und damit wird es ganz schön brenzlig. Denn der verwöhnte Tassilo ist seit Bertrams Verschwinden nicht besser geworden und die Muskeltiere müssen nicht nur Bertam retten, sondern beobachten auch noch, wie Haushälterin Serafina großes Unrecht widerfährt. Auch wenn die freundliche Serafina nicht von blauem Blute ist, fühlen sich die Nager dazu berufen, sie aus ihrer äußerst misslichen Lage zu retten und zeigen dabei ausgesprochenen Einfallsreichtum und Gerechtigkeitssinn. Tassilo zeigt den jungen Lesern, daß es gar nicht gut ist, wenn man immer seinen Willen bekommt und keine Grenzen kennt. Man wird fies und rücksichtslos anderen gegenüber ganz gleich ob Mensch oder Haustier. Serafina verdeutlicht, was Mütter manchmal alles aus Liebe zu ihren Kindern auf sich nehmen. Hausangestellte sind keine Menschen zweiter Klasse, auf die man herabblicken kann, sondern oft ganz liebenswerte Personen, die ihre eigenen Probleme haben. Aber zum Glück sind nicht alle Menschen mit viel Geld so fies wie Tassilo, aber auch nicht alle Menschen sind so herzensgut wie Serafina. Diese Unterschiede machen das Leben so aufregend, so abenteuerlich und nicht nur für Nager ganz schön gefährlich. Daher brauchen wir alle gute Freunde, zusammenhalten. Sehr lebensnah und sehr spannend. Da möchte doch jedes Kind lieber pfiffige Claus, Freund der Muskeltiere sein, als so ein rücksichtsloser Tassilo.

Ute Krause liegt es sehr am Herzen gerade lesemuffelige Jungs mit den Nasen hinter die Bücher zu locken. Dafür lässt sich sich immer wieder witzige und abwechslungsreiche Abenteuer einfallen. Und wenn schon Bertram Lesen und Schreiben können, können das doch Menschenkinder doch auch. Denn auch wenn es der Autorin wichtig ist, Jungen für das Lesen zu begeistern, so haben auch Mädchen und sogar Eltern ihren Spaß daran. Dabei ist diese Geschichte gespickt mit bunten Illustrationen der Autorin, die immer pointiert die Situation erfasst. Klar, wer kennt die Gedanken der tierischen Helden auch so gut wie sie?

Ein tolles Abenteuer mit viel Witz, Aufregung und ganz viel Freundschaft und Ehrgefühl!

Wir bedanken uns ganz herzlich bei cbj für dieses neue tolle Abenteuer!