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Veröffentlicht am 26.05.2022

Vision für eine gerechte Mobilitätswende

Autokorrektur – Mobilität für eine lebenswerte Welt
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Verkehrswende, alternative Mobilität, Antriebswende und und und – all dies wird rauf und runter diskutiert und jede Seite listet ihre Argumente auf, warum nur die eine Lösung möglich ist. Katja Diehl hat ...

Verkehrswende, alternative Mobilität, Antriebswende und und und – all dies wird rauf und runter diskutiert und jede Seite listet ihre Argumente auf, warum nur die eine Lösung möglich ist. Katja Diehl hat für ihr Buch „Autokorrektur Mobilität für eine lebenswerte Welt“ einen anderen Ansatz gewählt. Sie hat über 40 Menschen in verschiedenen Lebenssituationen interviewt unter der Leitfrage „Willst du oder musst du Auto fahren?“.

Denn ihr Anliegen ist nicht, die Techniken zur Verkehrswende zu beleuchten. Sie möchte den Menschen ins Zentrum der Verkehrswende stellen und so das System dahingehend ändern, dass es weniger behindertenfeindlich, weniger sexistisch, weniger rassistisch und weniger patriarchal und somit auch weniger abhängig vom Auto ist.

Das Buch „Autokorrektur Mobilität für eine lebenswerte Welt“ kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt. Denn es geht bei der zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels nötigen Verkehrswende nicht nur darum, eine Antriebswende durchzuführen, sondern um eine wirklich Mobilitätswende. Wenn wir dies nicht tun, stehen wir statt mit Verbrennerautos mit E-Autos im Stau und wollen wir das wirklich? Oder wollen wir etwas ändern, wo wir sowieso etwas ändern müssen, um etwas zu erreichen?

Hier setzt das Buch der Mobilitätsexpertin an. Sie stellt Fragen, die bislang noch gar nicht in der hauptsächlich auf Technik fokussierten Diskussion gestellt wurden. Und die Kernfrage, die sie im Buch stellt, ist: „Willst du oder musst du Auto fahren?“ Wir (mich eingeschlossen) sind so aufs Autofahren konditioniert, dass diese Frage erst einmal merkwürdig anmutet. Aber sie macht Sinn, denn nicht jeder Mensch, der ein Auto hat, hat es, weil er es möchte, sondern, weil es für ihn keine andere Möglichkeit gibt (kein ÖPNV, es ist ein sicherer Ort, Behinderung u.v.m.).

Diese Frage ist wichtig, denn es möchte nicht jede Person Auto fahren. Auto fahren bedeutet auch, dass es immer wieder überraschende Kosten geben kann, ein ÖPNV Ticket ist planbar. Menschen mit wenig frei verfügbaren Mitteln kann das ein ordentliches Loch in die Haushaltskasse reißen. Ältere Menschen, die mittlerweile unsichere Fahrer*innen sind, fahren weiter Auto, weil es keine Alternative, keine andere Wahl gibt. Die Interviews, die Katja Diehl geführt hat, machen klar, was nicht offensichtlich ist.

Katja Diehl schafft es mit „Autokorrektur Mobilität für eine lebenswerte Mobilität“ zum Nachdenken anzuregen, den Status quo in Frage zu stellen und macht Lust darauf, an einer Mobilität für alle mitzuarbeiten. Sie liefert Beispiele, unterlegt ihre Thesen mit Zahlen und liefert jede Menge Argumente dafür, warum dieser Weg gut ist und nicht nur etwas für die großen Städte, sondern auch und gerade für Städte wie meine Heimatstadt Hagen und die dazugehörigen Randgebiete. Eine Autokorrektur bedeutet auch für solche Städte einen Gewinn an Lebensqualität.

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Veröffentlicht am 20.05.2022

Mehr als ein unterhaltsamer Road Trip

Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García
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Pedro, in dritter Generation Postbote in Yaiza auf Lanzarote, hat dank Internet kaum noch Post, die er zustellen kann. Dann verlässt ihn Carlota, seine große Liebe und nimmt den gemeinsamen Sohn Miguel ...

Pedro, in dritter Generation Postbote in Yaiza auf Lanzarote, hat dank Internet kaum noch Post, die er zustellen kann. Dann verlässt ihn Carlota, seine große Liebe und nimmt den gemeinsamen Sohn Miguel mit aufs Festland, nach Barcelona.

Sein Kumpel Tenaro ist ein arbeitsloser Fischer ohne Boot und dann taucht plötzlich Amado auf, ein Flüchtling aus Afrika, der es bis nach Lanzarote geschafft hat.

Alle drei Männer haben nichts mehr zu verlieren und den Mut der Verzweifelten. Sie schmieden einen unglaublich verrückten Plan. Und vielleicht lösen sie auch noch das Geheimnis um einen marokkanischen Tisch und um einen blauen Ball.

Tja, auch wenn es sich jetzt so anhört wie die Geschichte eines völlig abgedrehten Roadtrips, geht es doch um viel mehr in „Der letzte Tag des Pedro Fernándo García“. Es ist keine Geschichte, die laut ist und vor Spannung nur so platzt und knallt.

Es ist mehr eine Reise ins Innenleben des Pedro Fernándo García und seiner ungleichen Freunde. Auch ist es eine Reise in die Familiengeschichte zu einem dunklen Geheimnis. All dies wird erst nach und nach klar. Zunächst werden in aller Ruhe Pedro, Carlota und der Sohn Miguel vorgestellt. Pedro, der mangels Post die meiste Zeit damit verbringt, Cafe con leche am Hafen zu trinken. Carlota, die gaaanz viel arbeitet und Miguel, das ein und alles von Pedro.

Und plötzlich bricht die heile Welt auseinander. Der Schmerz Pedros ist ganz deutlich spürbar, wie großartig Moritz Rinke diese Gefühle ausdrücken kann. Als Leser*in erlebt man die verschiedenen Traurigkeitsphasen der Hauptfigur mit und lernt dann auch Tenaro und irgendwann den sehr gebildeten Amado kennen.

Im Laufe der Geschichte werden einige Personen und Ereignisse vorgestellt, was mich zunächst ein wenig schwindelig gemacht hat. Man lernt die liebenswerten und weniger liebenswerten Macken der Menschen in Pedros Umfeld kennen. Zum Schluss wird aber aus all den kleinen Nebenschauplätzen und Erzählfäden, die gesponnen werden, etwas Ganzes. Es gibt Beschreibungen der Insel, Menschen, die ganz detailliert umrissen werden und was mich sehr berührt hat, ist die Liebe Pedros zu seinem Sohn. Dies wird mit jeder Handlung, jedes Gedanken Pedros klar und so erscheint dann am Ende auch der Plan einfach logisch und gar nicht so völlig verrückt.

Auch die beiden anderen wichtigen Figuren des Buches, Tenaro und Amado, bringt der Autor näher. Es wird klar, was ihre Ambitionen, ihre Sorgen und Hoffnungen sind. Und gleichzeitig schafft es Moritz Rinke, aktuelle Themen wie das Verdrängen der kleinen Fischer durch große Fischfangflotten und die Flüchtlingsströme aus Afrika mit in das Buch einzubringen. So beschreibt er, was Amado auf sich genommen hat, um nach Spanien zu kommen. Eine lebensgefährliche Reise durch die Sahara und über das Meer und den Aufenthalt im Lager. Dadurch kommt neben der eigentlichen Geschichte um Pedro noch eine politische Komponente hinein.

Es ist mal wieder ein ganz feines, leises Buch, dass seinen Zauber erst so nach und nach außen kehrt. Ich hatte etwas anderes erwartet aufgrund des Klappentextes, habe aber eine ganz bezaubernde Geschichte stattdessen gefunden. Ein Buch für diejenigen, die die leisen Töne mögen, aber auch eine Vorliebe für leicht schräge Typen und schräge Plots haben, denn zwischendurch wird es schon ein wenig verrückt und ich musste ein paar Mal laut lachen. Und es wird dann auch klar, warum das Buch „Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García“ heißt.

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Veröffentlicht am 14.05.2022

Freunde fürs Leben und darüber hinaus

Unerhörte Stimmen
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Schon auf den ersten Seiten hat mich die Geschichte oder vielmehr Elif Shafaks Sprache und ihre Art, eine Geschichte zu erzählen, in den Bann gezogen. Sie schreibt so herrlich ausufernd fantasievoll und ...

Schon auf den ersten Seiten hat mich die Geschichte oder vielmehr Elif Shafaks Sprache und ihre Art, eine Geschichte zu erzählen, in den Bann gezogen. Sie schreibt so herrlich ausufernd fantasievoll und gleichzeitig mit einem leicht ironischen Unterton, so dass es eine Freude ist, in die Erzählung einzutauchen.

Eine Leiche, die noch etwas mehr als zehn Minuten hat, um sich an ihr Leben zu erinnern und wie es passieren konnte, dass sie ermordet wurde. Jedes Kapitel beginnt mit einer Erinnerung Leilas, einem Geruch oder einem Geschmack und dann erzählt sie über einen wichtigen Abschnitt in ihrem Leben. Gleichzeitig beschreibt sie das Leben in der Türkei zu Leilas Lebzeiten. Man erfährt ganz viel über den zu dieser Zeit verbreiteten Aberglauben.

Leila musste einiges aushalten in ihrem Leben und wurde nicht gerade von Wärme umhüllt. Für die Wärme in ihrem Leben waren ihre fünf Freunde zuständig. Und das ist ein weiterer Punkt, der die Geschichte so lesenswert macht, diese besondere Freundschaft, die diese Menschen verbindet. Sie sind alle außerhalb der gesellschaftlichen Norm, ein erstes Band, dass sie miteinander verknüpft. Und ihre Freundschaft zu Leila ist ein weiteres Band ihrer Beziehung. Sie bilden eine Art Familie und geben Leila, aber auch einander Halt.

Sie versuchen mit allem, was ihnen zur Verfügung steht, Leila angemessen die letzte Ehre zu erweisen. Und der Teil des Buches, in dem dies beschrieben wird, ist natürlich ernst, aber auch so abstrus, dass ich einige Male laut lachen musste.

Ein ganz wunderbares Buch!

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Veröffentlicht am 19.04.2022

Harte Schale, weicher Kern

Iglhaut
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Iglhaut, eine Romanheldin wider Willen – eigentlich möchte sie nur in Ruhe arbeiten und vor sich hinleben. Doch, wie so oft, kommt es anders. Der Roman handelt von Iglhaut, eine leicht mürrische, aber ...

Iglhaut, eine Romanheldin wider Willen – eigentlich möchte sie nur in Ruhe arbeiten und vor sich hinleben. Doch, wie so oft, kommt es anders. Der Roman handelt von Iglhaut, eine leicht mürrische, aber dennoch liebenswerte Frau und ihrer Hausgemeinschaft.

So abweisend sie wirken möchte, gerade das macht das Liebenswerte an ihr aus, genauso wie die Komposition aus den Hausbewohnern und den zusätzlichen Akteuren und Akteurinnen, das Bild stimmig abrunden. Ein buntes Sammelsurium aus den verschiedensten Typen Mensch, die sich so in einem Mietshaus finden und mehr oder weniger gut zusammenleben.

Katharina Adler gelingt es gut, die kleinen Macken und Vorlieben der Menschen in diesem Haus zu beschreiben und die Verbindung jeder einzelnen Person zur Iglhaut zu knüpfen, damit am Ende ein rundes Gesamtbild entsteht. Die Figuren sind gut ausgemalt und als Leserin entwickelt man entweder Sympathie oder eine Abneigung, ausgewogen, wie im wahren Leben. Es ist schön zu lesen, wie sie zwar alle übereinander reden, aber zum großen Teil auch füreinander da sind. Das gibt dem Buch etwas Leichtes, Liebevolles.

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Veröffentlicht am 03.04.2022

Ein Buch über Mut und Veränderung

It's now
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"Darum geht es in diesem Buch: Um Geschichten, die zeigen, dass es anders geht. Um persönliche Erfahrungen, um konkrete Vorschläge und um Denkanstöße, wir wir Wandel gestalten können." Hiermit beschreibt ...

"Darum geht es in diesem Buch: Um Geschichten, die zeigen, dass es anders geht. Um persönliche Erfahrungen, um konkrete Vorschläge und um Denkanstöße, wir wir Wandel gestalten können." Hiermit beschreibt Janina Kugel gut, worum es in ihrem Buch geht.

„It’s now Leben, Führen, Arbeiten – Wir kennen die Regeln, jetzt ändern wir sie“ ist ein langer Titel, allerdings beschreibt er dieses Buch sehr gut, denn um Veränderungen anzustoßen, macht es Sinn zu wissen, wo man ansetzen muss. Es geht nicht darum, Regeln zu brechen, sondern Bestehendes an die geänderten Lebensrealitäten anzupassen.

Dabei ist es kein Handbuch, das Punkt für Punkt abgearbeitet werden kann. Es ist viel mehr ein persönlicher Erfahrungsbericht, der den persönlichen Karriere- und Lebensweg Janina Kugels und dem, was sie daraus gelernt hat, beschreibt.

Sie stellt Fragen, die sich vermutlich so einige Menschen stellen und auch ich mir stelle, was mir an dem Buch gut gefällt. So ist eines dieser Dinge bzw. eines dieser Themen die Veränderung der Arbeitswelt, etwas das dringend notwendig ist, um eine wirkliche Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen und Arbeit auch gerechter zu machen, Stichwort Gender Pay Gap. Nicht zu vergessen, dass Arbeit dann auch noch im besten Falle Freude bereiten und einen Sinn haben sollte. Das beschäftigt nicht nur die Gen Z, sondern auch die Gen X.

Die Themen im Buch werden angerissen bzw. es sind Denkanstöße. Auf knapp 250 Seiten passt nicht alles, was es dazu zu sagen gibt, von daher fehlt eine genaue Ausgestaltung. Aber es soll in meinen Augen auch keine Anleitung sein, wie es richtig ist, sondern nur eine Anregung, denn was in einem Großkonzern funktioniert, funktioniert nicht zwangsläufig in einem kleinen mittelständischen Unternehmen. Genauso hat jede:r von uns eine andere Lebensrealität und andere Möglichkeiten und dass weiß Janina Kugel auch. Es ist nicht so, dass sie sich ihrer Privilegien nicht bewusst wäre und das gefällt mir auch. Aber es zeigt, dass sich Mut zur Veränderung lohnt und dass es sich lohnt, einen anderen Weg zu gehen, den eigenen Weg.

Es ist ein Buch, das Mut macht, dazu aufruft, mutig zu sein und Fragen zu stellen, Veränderungen anzustoßen. Es sind oftmals Kleinigkeiten, die einen Unterschied machen können und etwas in Ganz setzen. So habe ich dieses Buch gelesen und nicht jede:r wird genau diesen Weg gehen können und wollen. Die Veränderungen und Herausforderungen variieren, genauso wie die Lebensumstände, aber die Botschaft des Veränderungswillens ist es, die es ausmacht und das gemeinsame Arbeiten daran kann hoffentlich dazu führen, dass das Erreichen von Zielen wie zum Beispiel Bildungsgerechtigkeit näher rücken.

„It’s now“ ist ein sehr positives Buch, ein Buch, das ich gerne weiterempfehle.

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