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Veröffentlicht am 01.09.2021

Das Märchen von Martin und dem schwarzen Hahn

Junge mit schwarzem Hahn
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Ein Junge, der außer seinem schwarzen Hahn niemanden mehr hat, dem nichts gehört und dazu noch intelligent ist – es ist schwer für den 11-jährigen Martin in seinem Dorf. Er ist ein Außenseiter und doch ...

Ein Junge, der außer seinem schwarzen Hahn niemanden mehr hat, dem nichts gehört und dazu noch intelligent ist – es ist schwer für den 11-jährigen Martin in seinem Dorf. Er ist ein Außenseiter und doch lässt es ihn nicht verbittern, sondern hilfsbereit und freundlich bleiben. Als ob das Schicksal noch mehr für ihn bereit hielte…

Stefanie vor Schulter hat als Erzählform für ihr Debüt das Märchen gewählt. Das macht sie gut, es ist gut erzählt und die Spannung steigt im Laufe der Geschichte an. Die Geschichte ist irgendwo in einer dunklen Zeit mit Krieg angesiedelt, die Menschen sind sehr abergläubisch und beäugen alles und alle, die anders sind, sehr kritisch.

Die Geschichte ist ungewöhnlich und man merkt gleich, dass da noch mehr hinter steckt, als es auf den ersten Blick scheint. Man ist sich nie ganz sicher, ob nicht doch noch etwas Furchtbares hinter der nächsten Ecke lauert und die Spannung steigert sich im Laufe der Geschichte. Die Autorin verwendet kurze, knappe Sätze, die den Figuren entsprechen. Es sind einfache Menschen, die sie beschreibt, denen es um die nächsten Dinge, das nackte Überleben geht.

Die Idee ist gut und in der zweiten Hälfte kommt die Handlung auch so richtig in Gang und ab da war ich dann auch mitten drin in der Geschichte. Leider hat es bis dahin gedauert und ich habe also fast die Hälfte des Buchs gebraucht, um hinein zu finden, deshalb bin ich auch nur halb begeistert, was sehr schade ist, denn der zweite Teil ist wirklich fesselnd. Empfehlen würde ich es trotzdem, denn vielleicht bin ja nur ich diejenige, die den ersten Teil etwas schleppend empfunden hat.

Ich bin gespannt, was von Stefanie vor Schulter noch kommen wird, denn „Junge mit schwarzem Hahn“ ist ein nicht uninteressantes Debüt. Es erinnert mich streckenweise an „Krabat“ von Otfried Preußler, ein dunkles, geheimnisvolles Setting, vieles liegt im Dunkeln und es schwebt ein Hauch von Zauberei zwischen den Zeilen.

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Veröffentlicht am 29.08.2021

Aufarbeitung eines Familientraumas

Die Überlebenden
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Das Buch beginnt am Ende. Nils, Benjamin und Pierre sind am Sommerhaus, wo sie in ihrer Kindheit die Sommer verbracht haben, um den letzten Wunsch ihrer Mutter zu erfüllen und ihre Asche dort am See zu ...

Das Buch beginnt am Ende. Nils, Benjamin und Pierre sind am Sommerhaus, wo sie in ihrer Kindheit die Sommer verbracht haben, um den letzten Wunsch ihrer Mutter zu erfüllen und ihre Asche dort am See zu verstreuen.

Bei diesem Buch einfach nur zu sagen, das es mir gefallen hat, würde diesem Buch nicht gerecht werden. Es ist eine Geschichte, die mich von Anfang an gefesselt hat, ich spürte teilweise eine unterschwellige Angst um die Kinder ob der auch unterschwellig zwischen den Sätzen liegenden Aggression und tiefen Verletzung, von der bis zum Ende nicht ganz klar war, was genau den Ausschlag gegeben hat.

Von Anfang an wurde eine ganz merkwürdige Atmosphäre geschaffen, was auch daran lag, dass Benjamins Blickwinkel genutzt wurde, der der Beobachter in der Familie war, derjenige, der die feinen zwischenmenschlichen Schwingungen lesen konnte. Es gibt eine Szene einer Autofahrt, die ganz bedrohlich wirkte und wo die Spannung immer stärker wird allein durch die intensive Beschreibung von Benjamins Beobachtungen.

In dieser Szene wird die Spannung mit jedem Wort fühlbarer und so ist es auch an anderen Stellen im Buch. Alex Schulman hat eine Art, sich ganz intensiv auszudrücken und verstärkt so die Geschichte noch. Diese Spannung, das Ungewisse wird bis zum Ende des Buchs aufrechterhalten.

Am Ende des Buchs wird es ganz intensiv und die Gefühle von mir als Leserin sind Achterbahn gefahren, so sehr hat es mich mitgenommen, was diese Familie an Seelenschmerz durchleiden musste.

Es ist immer ein Balanceakt, eine solche Geschichte, wie „Die Überlebenden“ zu erzählen ohne ins Kitschige abzudriften oder zu stark aufzutragen, obwohl die Realität ja meist härter ist, als eine Geschichte. Alex Schulman erzählt es so, dass es echt wirkt, die Eltern, die drei Jungen und die drei Männer, die sie werden. Der Schmerz und das Trauma sind greifbar.

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Veröffentlicht am 25.08.2021

Eine Reise zum inneren Wachstum

Der Panzer des Hummers
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Drei erwachsene Geschwister, die sich nach dem Tod der Mutter mit sich und ihrer Vergangenheit auseinandersetzen. Die Autorin begleitet Ea, Niels und Sidsel und das Medium Beatrice an fünf Tagen in ihrem ...

Drei erwachsene Geschwister, die sich nach dem Tod der Mutter mit sich und ihrer Vergangenheit auseinandersetzen. Die Autorin begleitet Ea, Niels und Sidsel und das Medium Beatrice an fünf Tagen in ihrem Leben und viel wichtiger in ihren Gedanken.

Als ich die Inhaltsangabe des Buches gelesen habe, hat es mich gleich angesprochen, denn ich mag solche Familiengeschichten, die sich sehr mit dem Inneren und den Auswirkungen der Familiengeschichte auf die eigene Lebensgeschichte beschäftigen. Und doch viel es mir am Anfang schwer, in die Geschichte hinein zu kommen.

Caroline Albertine Minor beschreibt jeweils eine Person in einem Kapitel und springt dann zum nächsten Kapitel und zur nächsten Person und hat zusätzlich noch Kapitel eingebaut, in denen sich die Eltern, Charlotte und Troels, in einer Art Zwischenwelt miteinander auseinandersetzen. Doch nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, begann die Geschichte bzw. begannen die Geschichten der einzelnen Protagonisten mich doch zu bannen, denn ich hatte immer mehr Lust, dieses Buch weiterzulesen, was ja an sich ein sehr gutes Zeichen ist.

Es ist ein leises Buch, wie ich sie mag, das sich sehr mit dem beschäftigt, was im Inneren der Personen und hier auch im Inneren der Familie Gabel passiert. Welches Ereignis und welches Verhalten hat wen von den Geschwistern auf seine ganz besondere Art geprägt und hat Auswirkungen auf die Geschwister als Erwachsene? Inwieweit hat der Vater durch seine häufige Abwesenheit, die da war, auch wenn er real vor Ort war, die Familie beeinflusst? Wie hat die Mutter gewirkt und wie war die Beziehung der beiden untereinander?

Diese Fragen beantwortet das Buch auf ganz subtile Art und es beschreibt auch viel, wie viel Zuneigung es trotz vieler Verletzungen in dieser Familie gibt. Es beschreibt, wie schwer es ist, den eigenen Weg zu finden und bestimmte Dinge loszulassen, um darum zu wachsen. Und dies ist etwas, mit dem sich nicht nur die Personen im Buch beschäftigen. Dies kennen höchstwahrscheinlich die meisten von uns.
Dies alles gelingt der Autorin und sie hat eine ganz besondere Art sich auszudrücken, so dass es bei mir auch mal wieder dies ist, was den Ausschlag gibt, sich näher mit dem Buch zu beschäftigen. Es ist eines dieser Bücher, das einen erst langsam in die Geschichte bringt und es eher etwas für diejenigen, die ruhige Bücher mögen.

Es ist keine Actiongeschichte, eher eine leise Reise zum inneren Wachstum.

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Veröffentlicht am 25.08.2021

Ein Finanzratgeber, der hält, was er verspricht

Grüne Finanzen
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Das Buch handelt – wie der Titel schon sagt – von sogenannten grünen Finanzen, also von nachhaltiger Geldanlage. Es richtet sich gezielt an Neulinge oder Menschen mit wenig Erfahrung in Bezug auf Geldanlagen ...

Das Buch handelt – wie der Titel schon sagt – von sogenannten grünen Finanzen, also von nachhaltiger Geldanlage. Es richtet sich gezielt an Neulinge oder Menschen mit wenig Erfahrung in Bezug auf Geldanlagen und hierbei an diejenigen, die ihr Geld nachhaltig anlegen möchten.

Es startet mit einem einführenden Kapitel, in dem erklärt wird, warum Nachhaltigkeit oft als Frauenthema gesehen wird. Danach ist das Buch so aufgebaut, dass es sich an einer Wanderung orientiert.

Jennifer Brockerhoff erfüllt mit „Grüne Finanzen“ den Anspruch, den der Untertitel „Von Altersvorsorge bis Geldanlage – der Ratgeber für Einsteiger*innen“ erweckt. Sie wählt eine leicht verständliche Sprache, nutzt das Bild der Wanderung, um sich den einzelnen Stufen der Geldanlage anzunähern und die einzelnen Schritte in Bildern greifbar zu machen.

Sie erklärt, warum es nötig ist, über seine Finanzen genau Bescheid zu wissen und warum es auch wichtig ist, sich genau zu informieren und das für den jeweiligen Geldbeutel passende Geldanlagekonzept zu finden und sich auch hier nicht nur beraten zu lassen, sondern auch immer wieder Fragen zu stellen, wenn etwas nicht klar ist.

Sie gibt einen Überblick über die möglichen Anlagemöglichkeiten und nennt auch Gründe, warum z. B. Gold nicht unbedingt eine nachhaltige Anlage ist (woher kommt denn das Gold?) und worauf man bei den einzelnen Produkten achten sollte. Das Thema Versicherungen kommt zur Sprache und die Möglichkeiten der Altersvorsorge.

Das Buch liefert eine gute Grundlage, um sich darüber im Klaren zu werden, in welche Richtung man mit seiner Finanzplanung marschieren möchte. Die Entscheidung darüber, wie grün man sein Geld anlegen möchte, wird nach der Lektüre um einiges leichter fallen.

Die fünf Schritte der Finanzplanung bilden eine gute Grundlage, um sich Schritt für Schritt etwas aufzubauen, das dann in der Altersvorsorge endet. Erst wird Kassensturz gemacht und dann Stufe für Stufe durchgegangen, was wichtig und möglich ist. Dies ist im doppelten Sinne nachhaltig. Es wird erklärt, was genau grüne von konventionellen Geldanlagen unterscheidet.

Das Interview mit Prof. Dr. Niko Paech ist zusätzlich noch einmal ein Sahnehäubchen, denn er liefert auch gute Argumente dafür, das Geld für nachhaltige Zwecke anzulegen und hier tätig zu werden.

Besonders gut gefallen mir die Erklärungen von vermeintlich komplizierten Fachbegriffen und die lebensnahe Sprache. Die Autorin hat sich dem Thema so genähert, dass es Anfänger:innen in der Finanzanlage nicht abschreckt, sondern ermuntert, sich mit diesem Thema eingehender zu beschäftigen. Man merkt, dass viel Erfahrung dahinter steckt, denn Kompliziertes leicht verständlich zu erklären, ist eine Kunst für sich. Ich hätte mich damals während meiner Bankausbildung gefreut, wenn es eine solche Lektüre für die Ausbildung gegeben hätte.

Wer sich also mit dem Thema Geldanlage und im Speziellen grüner Geldanlage beschäftigen möchte, ist hiermit gut beraten und findet am Ende dann auch weiterführende Literaturtipps. Alles in allem ein rundes Paket!

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Veröffentlicht am 15.08.2021

Verlust, Trauer, Zugehörigkeit, Liebe - Eine bewegende Familiengeschichte

Ein erhabenes Königreich
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Mit der Ankunft ihrer Mutter in Kalifornien wird alles hochgespült, was Gifty seit Jahren unterdrückt hatte. Ihre Mutter hat Depressionen und kommt zu ihr, um zu wieder gesund zu werden, in diesem Fall ...

Mit der Ankunft ihrer Mutter in Kalifornien wird alles hochgespült, was Gifty seit Jahren unterdrückt hatte. Ihre Mutter hat Depressionen und kommt zu ihr, um zu wieder gesund zu werden, in diesem Fall heißt es, dass sie sich bei ihrer Tochter wortlos ins Bett legt, einschläft und eine ganze Zeit einfach im Bett bleibt. Bleierne Erschöpfung, Müdigkeit und ein 69jähriges Leben, das auf den Schultern dieser Frau lastet und auch auf den Schultern Giftys, der 29jährigen Gifty und der 11jährigen Gifty.

Ihre Mutter war immer sehr religiös und so ist Gifty aufgewachsen, bis sie sich als Erwachsene den Neurowissenschaften verschreibt und der Forschung widmet. Sie hat sich eingerichtet in diesem Forscherinnenleben.

Und dann kommt ihre Mutter und ist ein zweites Mal in einer schweren Depression gefangen. Dies lässt bei Gifty die Familienvergangenheit, all den Schmerz und Kampf der Kindheit hochkommen und sie muss sich damit auseinandersetzen.

„Ein erhabenes Königreich“ ist mehr als eine simple Familiengeschichte. Das Buch ist tiefsinnig und spricht die Probleme einer Einwandererfamilie aus Afrika in Amerika an, es spricht den Zwiespalt zwischen einer ganz starken Religiosität und der Wissenschaft an und es geht das Thema Depression in diesem Kontext an. Drogenkonsum und der Wunsch, nach außen eine glückliche Familie zu sein, Sehnsucht nach den Wurzeln und eine neue Heimat im neue Land zu finden, es werden viele Facetten gezeigt.

Besonders dieser Kampf dieses kleinen Mädchens, das all dies durchmacht, ohne es groß nach außen zu tragen und nicht daran zu zerbrechen, ist gut beschrieben. Der Verlust erst des Vaters, dann des Bruders und dann der Stärke der Mutter zu kompensieren, ist brillant beschrieben und zwischen den Zeilen spürt man, wie schwer vieles war und über welch inneren Reichtum Gifty zu verfügen scheint.

Als Leser:in bekommt man einen Einblick in die sehr religiöse Welt, in der Gifty als Kind lebte und wie sich angepasst hat und wie sie mit der Wissenschaft einen Weg für sich gesucht hat, da herauszukommen. Zwischen den einzelnen Kapiteln gibt es Tagebucheinträge aus dem Tagebuch, das Gifty als Kind geführt hat. Gespräche, Fragen an Gott und Geschehnisse aus ihrer Kindheit leiten die einzelnen Kapitel ein.

Yaa Gyasi erzählt eine mitreißende Familiengeschichte, die ganz intensiv mit den Themen Verlust, Zugehörigkeit und Liebe umgeht. Gleichzeitig ist das Buch wunderschön geschrieben, so dass ich es innerhalb von zwei Tagen durchgelesen hatte – eine klare Leseempfehlung meinerseits.

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