Ironischer Witz und trostlos in Gütersloh
MindsetSebastian Hotz präsentiert uns in seinem Roman »Mindset« die Geschichte von Maximilian Krach, einem selbst ernannten Missionar des neoliberalen Selbstoptimierungswahns. In fast leeren Tagungsräumen zweitklassiger ...
Sebastian Hotz präsentiert uns in seinem Roman »Mindset« die Geschichte von Maximilian Krach, einem selbst ernannten Missionar des neoliberalen Selbstoptimierungswahns. In fast leeren Tagungsräumen zweitklassiger Hotels versucht Krach, seine Ideologie zu verbreiten. Egal, wie sehr er von Schafen und Wölfen schwadroniert und davon erzählt, wie man sich in einen Wolf verwandeln muss, um voranzukommen – es hilft alles nichts. Sein Social-Media-Auftritt mag zwar Erfolg suggerieren, doch dahinter verbergen sich lediglich bearbeitete Stockfotos. Als der naive Mirko auf diesen Account stößt, träumt er von Glück und Reichtum. Endlich Gütersloh weit hinter sich lassen, der Gedanke macht ihn leichtgläubig. Der Mensch glaubt, was er glauben will. Als er auf Krachs Masche hereinfällt, nimmt die Geschichte ihren Lauf.
Mehr möchte ich zur Handlung nicht verraten, es gibt keine überraschenden Wendungen in dieser vorhersehbaren und geradlinig erzählten Geschichte. Dafür bietet der Roman jedoch zahlreiche Gründe zum Schmunzeln und treffend-lustige Beschreibungen, wie wir es von El Hotzo gewohnt sind und was ich an ihm schätze. Das Buch hat keine Längen, man liest sich gut durch die Geschichte. Aber: Das Ende wirkte etwas konstruiert und zu oberflächlich. Außerdem hätte die Geschichte definitiv ein paar unerwartete Plot-Twists vertragen können. Die Grundidee des Romans ist durchaus interessant, aber in ihrer Umsetzung bleibt sie leider zu vorhersehbar.
Nicht dass ihr mich falsch versteht, das Buch ist rundum amüsant. Hotz nimmt gekonnt das ganze Gequatsche über Mindset, den Glauben daran, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied sei und dass man alles erreichen könne, aufs Korn. Mit ironischem Witz hinterfragt er die Ideen hinter der neoliberalen Selbstausbeutungslogik und regt zum Nachdenken über die Möglichkeiten innerhalb unserer Wirtschaftsordnung und Gesellschaft an. Rennen wir nicht alle – wie Esel mit der Karotte vor der Nase – dem Erfolg hinterher? Ein weiteres gelungenes Element des Romans ist Hotz‘ Fähigkeit, die Trostlosigkeit von Städten wie Gütersloh und Mühlheim an der Ruhr auf greifbare Weise darzustellen. Die deprimierende Atmosphäre dieser Orte wird förmlich spürbar.
Trotz aller Kritik spreche ich eine Leseempfehlung für »Mindset« aus, jedoch mit der Einschränkung, dass man keine literarisch anspruchsvolle Erzählung erwarten sollte. Das Buch bietet solide Unterhaltung und regt zum Nachdenken an, aber es fehlt an tiefergehender Komplexität und unerwarteten Wendungen, der Stoff hätte es hergegeben. Dennoch verdient es seinen Ehrenplatz im Regal, denn manchmal sind Bücher auch dann gut, wenn sie keine literarischen Meisterwerke sind.