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Veröffentlicht am 11.01.2023

Lustig, aber kein Krimi

Der Mordclub von Shaftesbury – Eine Tote bleibt selten allein
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Die ehrgeizige Penelope zieht von London nach Cornwall in eine kleine, schnucklige Ortschaft. Alles ist sehr ländlich, doch angeblich sollen hier gut situierte Menschen wohnen, die Penelope als Kundschaft ...

Die ehrgeizige Penelope zieht von London nach Cornwall in eine kleine, schnucklige Ortschaft. Alles ist sehr ländlich, doch angeblich sollen hier gut situierte Menschen wohnen, die Penelope als Kundschaft für ihre gehobene Partnervermittlung werben will.
Die junge Frau sieht gut aus, ist kommunikativ und anpackend, sodass sie schnell netten Anschluss in die Dorfgemeinschaft findet. Ruckzuck hat sie ein paar Dorfprojekte am Hals, weil sie gut organisieren kann. Der Roman ist schon ziemlich weit fortgeschritten, als endlich die Tote aus dem Titel ins Spiel kommt. Ansatzweise kommt jetzt die Krimihandlung zustande, aber eigentlich liegt der Schwerpunkt immer noch mehr auf den pointiert dargestellten Dorfbewohnern und der Romanze mit dem sympathischen Tierarzt von nebenan. 
Die Auflösung erfolgt in einem turbulenten, filmreifen Miteinander von Polizei und Laienschauspielern. Das Tatmotiv ist logisch, aber mir ist bis heute nicht so recht klar, wie Penelope dem Täter auf die Spur gekommen ist. 
Egal, ich habe mich gut unterhalten mit diesem Buch. Die Autorin kann witzig schreiben und der Handlungsfaden ist immer sehr lebendig, auch wenn die Charaktere etwas skurril erscheinen. Allerdings als Krimi würde ich es nicht bezeichnen.
Die Hörbuchversion wird sehr munter vorgetragen von Regine Lange, deren frische Stimme ausgezeichnet zu Penelope passt.

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Veröffentlicht am 09.01.2023

Mördergutmensch

Schattenkrieger
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Im Hamburger Kiez betreibt Manuel Jessen mit viel Liebe eine Currybude, die eine ziemlich bunte Schar an Stammgästen aufweist. Manuel ist ein Mann, der in sich selbst ruht. Keiner seiner Freunde würde ...


Im Hamburger Kiez betreibt Manuel Jessen mit viel Liebe eine Currybude, die eine ziemlich bunte Schar an Stammgästen aufweist. Manuel ist ein Mann, der in sich selbst ruht. Keiner seiner Freunde würde vermuten, dass er früher als Elitesoldat in Afghanistan gekämpft hat, lange in übler Gefangenschaft gesessen hat, von den Amis befreit und von diesen zum perfekten Auftragskiller ausgebildet wurde. Nicht zu vergessen ein Zwischenspiel in Japan, wo seine fernöstliche Kampfkunst verfeinert wurde. 
Jetzt vertraut Manuel darauf, bald völlig ein bürgerliches Leben zu führen, doch nach seinem letzten "Auftrag" erscheint ein gestochen scharfes Fahndungsfoto der Polizei. Manuel taucht unter. Es muss einen Verräter in den eigenen Reihen geben und den will er aufspüren. Während in Abschnitten die Suche nach seinem persönlichen Feind geschildert wird, gibt es Einschübe, die Manuels Werdegang vom Afghanistan-Kämpfer bis zum Imbisskoch erzählen. Beide Handlungsstränge sind gleich spannend.
Zwar ist Jessen ein versierter Killer, aber er gewinnt die Sympathie des Lesers, sobald man die Hintergründe erfährt. 
Die Handlung ist sehr spannend, allerdings muss man großzügig sein, was den Realitätsbezug betrifft. Manuel Jessen ist ein richtig harter Kerl, der alles überlebt. Jeder andere Mensch wäre schon hundertmal gestorben, aber Manuel beißt die Zähne zusammen, überlebt, kämpft weiter. 
Henrik Siebold zeigt hier als Autor eine ganz andere Seite von sich. Bisher kannte ich nur die Takeda-Krimis, aber bei "Schattenkrieger" geht es knallhart zur Sache. Nur der Sprecher der Hörbuchversion ist der Gleiche geblieben, wieder ideal besetzt mit Denis Moschitto, dem alle japanischen Redewendungen mühelos über die Lippen fliessen.

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Veröffentlicht am 15.01.2023

Ein Briefkochbuch

Kochbuch für meine liebste Freundin
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Gräfin Schönfeld besucht ihre Freundin Janne, die vor Hitler nach London geflohen ist, und stellt fest, dass diese weder grosses Talent noch geeignete Möglichkeiten zum Kochen hat. Von da an schickt sie ...

Gräfin Schönfeld besucht ihre Freundin Janne, die vor Hitler nach London geflohen ist, und stellt fest, dass diese weder grosses Talent noch geeignete Möglichkeiten zum Kochen hat. Von da an schickt sie Janne Briefe mit einfachen Gerichten, die schnell unkompliziert zubereitet werden können und wenig Zutaten benötigen. Mit jedem Rezept ist eine nette Anekdote verbunden.
Wer also auf Rezepte aus ist, der ist hier fehl am Platz. Es ist mehr ein kulinarisches Schwätzchen, aus dem man sich die ein oder andere Idee rauspicken kann. Manches Rezept kommt ganz schlicht daher, birgt aber dennoch eine gewisse Raffinesse. Dennoch sollte man wissen, dass es hier mehr um Geplauder als ums Kochen geht. Das Buch liest sich wirklich nett, aber für meine Küche ist es nicht so sehr geeignet.

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Veröffentlicht am 04.01.2023

Ravellis 2. Fall

Wintersterben
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Nach "Waldeskälte" setzt Martin Krüger seine Leser in "Wintersterben" auf Valeria Ravellis zweiten Fall an.
Auf Geheiß von ganz oben wird sie gegen ihren Willen wieder in ein abgeschiedenes Schweizer Bergdorf ...

Nach "Waldeskälte" setzt Martin Krüger seine Leser in "Wintersterben" auf Valeria Ravellis zweiten Fall an.
Auf Geheiß von ganz oben wird sie gegen ihren Willen wieder in ein abgeschiedenes Schweizer Bergdorf abkommandiert. Hier ist die mumifizierte, grausam zugerichtete Leiche eines BKA-Beamten in einer Höhle aufgefunden worden. Ravelli erfährt ziemlich schnell, dass der Ermordete auf der Spur nach vermissten Mädchen gewesen ist. Bei ihren Ermittlungen erhält Ravelli wenig Unterstützung von den Einwohnern. Manche begegnen ihr scheinbar freundlich, andere offensichtlich feindlich. Trotzdem gewinnt sie immer mehr den Eindruck, dass der Ursprung allen Bösen in dem etwas einsam liegenden, riesigen Anwesen eines Großindustriellen liegt, der sich selbst als Comte anreden lässt und sich mit seinem Reichtum ein höfisches Imperium in der Bergwelt aufgebaut hat. Die meisten Dorfbewohner stehen in der ein oder anderen Weise in seiner Schuld.
Ravelli steckt eigentlich schon von Anfang an bei diesen Ermittlungen in Lebensgefahr. Sie fühlt sich oft beobachtet und übersteht nur mit knapper Not einen Brandanschlag. Selbst die Landschaft, vor allem der düstere Winterwald, wirken wie ein Horrorszenario. Dieses Stilmittel setzt der Autor gerne, aber auch leider zu oft ein. Überhaupt ist der Plot relativ realitätsfern. Mich hat es schon sehr gestört, dass Ravelli als Ermittlerin direkt als Gast mit Übernachtung und Beköstigung auf dem Anwesen bleibt. Normalerweise geht die Polizei zur Zeugenbefragung hin, trinkt maximal einen Kaffee und fährt dann zurück oder nächtigt bei Bedarf in einem Hotel. In dieser Art fand ich so manches arg übertrieben, aber es ist Fiktion und deshalb kann ich damit leben. Die Handlung ist in sich abgeschlossen, aber irgendwie auch nicht, denn das Buch endet mit einem bösen Cliffhanger. Darauf will ich schon im Voraus hinweisen. Ansonsten ist der Krimi spannend und gruselig, also kann ich ihn gern weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 03.01.2023

Gastarbeiterschicksale

Dschinns
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Einst kam Hüseyin Yilmaz als Gastarbeiter nach Deutschland, nach einigen Jahren holt er seine Frau nach. 
Hüseyin versucht sich nach außen hin seinem Gastland anzupassen, aber innerhalb der Familie sollen ...

Einst kam Hüseyin Yilmaz als Gastarbeiter nach Deutschland, nach einigen Jahren holt er seine Frau nach. 
Hüseyin versucht sich nach außen hin seinem Gastland anzupassen, aber innerhalb der Familie sollen die türkisch/patriarchalischen Strukturen bestehen bleiben. Seine Frau Emine kommt mit dem Leben hier nicht zurecht. Sie lernt die Sprache nicht, hat wenig Außenkontakte und ist die heimliche Herrscherin der Familie, die sie mit Willkür überbehütet und unterdrückt.
Als Rentner, gesundheitlich stark angeschlagen, erfüllt Hüseyin sich seinen Lebenstraum (es ist allerdings nicht der Lebenstraum der Familie): Eine Eigentumswohnung in Istanbul. Noch in der Einzugsphase verstirbt er am plötzlichen Herztod. Alle Familienmitglieder kommen zu seiner Beerdigung zusammen und jeder Person wird ein eigener Abschnitt gewidmet, in dem ihr Leben in Rückblenden aufgefächert wird.
Schnell wird klar, dass alle eigentlich unglücklich sind und es fast immer schon waren. Sie konnten alle nicht die Differenz zwischen der deutschen und der türkischen Lebensart überwinden, und fast jeder hat außerhalb der Familie dem Drang der Freiheit nachgegeben, zum Teil mit extremen Folgen.
Diese Schicksale gehen unter die Haut. Um wie viel besser hätten es die Kinder gehabt, wenn die Mutter ihnen mehr Liebe entgegengebracht hätte. Ja, auch sie hat schlimme Erfahrungen gemacht, aber Muttersein bedeutet mehr als die Wohnung sauber zu halten und eine gute Suppe zu kochen.
"Dschinns" ist ein Buch,das nachdenklich macht, vor allem weil es von einer Autorin geschrieben wurde, deren Großeltern aus der Türkei kamen. Zwischendurch ist mir alles zu viel geworden und ich musste mit dem Lesen pausieren, dennoch empfehle ich das Buch gerne weiter.

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