Profilbild von gaensebluemche

gaensebluemche

Lesejury Star
offline

gaensebluemche ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit gaensebluemche über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.10.2019

Hat mich total umgehauen

WALLBANGER - Ein Nachbar zum Verlieben
0

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich “Wallbanger” allein vom Cover her wohl niemals gelesen hätte. Und auch der Klappentext hat mir nicht gerade das Gefühl gegeben, dass dieses Buch in mein Beuteschema passt ...

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich “Wallbanger” allein vom Cover her wohl niemals gelesen hätte. Und auch der Klappentext hat mir nicht gerade das Gefühl gegeben, dass dieses Buch in mein Beuteschema passt und ich es unbedingt lesen müsste. Aber dann habe ich doch immer wieder Positives über das Debüt von Alice Clayton gehört und wurde immer neugieriger. Kurzerhand habe ich mir das Buch dann im Original geschnappt (meine Bibliothek hatte das Buch vorrätig, das Risiko war daher nicht besonders groß, falls mir das Buch doch nicht gefallen sollte) – und in einem Rutsch verschlungen. Denn dieses Buch ist einfach so so so gut. Und im Nachhinein bin ich sogar froh darüber, dass der Sieben Verlag das Cover der Originalausgabe übernommen hat.

Ich muss an dieser Stelle deutlich betonen, dass ich “Wallbanger” im Original gelesen habe. Über die Qualität der Übersetzung kann ich daher nichts sagen. Ich hoffe aber, dass es Julia Weisenberger gelungen ist, den grandiosen Erzählstil der Autorin in der Übersetzung beizubehalten. Denn dieser Erzählstil ist es, was für mich den größten Reiz an diesem Buch ausgemacht hat. Alice Clayton versteht es, ihre Leser bei Laune zu halten. Sie erzählt so kurzweilig und unterhaltsam und dabei mit so einem niveauvollen und feinfühligen Humor, dass es einfach eine wahre Freude ist. Ich habe so oft gelacht und vor mich hin gekichert, hatte so viel Spaß beim Lesen des Buches, es war einfach herrlich. Caro, die weibliche Hauptperson, ist eine wundervolle Erzählerin, ihre Gedanken und Kommentare fand ich großartig und ich mochte ihre kesse Art, die in den Gesprächen mit ihren Freundinnen oder ihrer Chefin deutlich wird.

Aber noch großartiger waren ihre Schlagabtäusche mit Simon, der männlichen Hauptperson. Die beiden liegen genau auf einer Wellenlänge und es war einfach nur ein großer Spaß und ein großes Vergnügen, sie zusammen zu beobachten. Nicht nur ihre Dialoge waren so unterhaltsam, wenn sie sich kesse Sprüche nur so um die Ohren werfen. Dazu gab es auch Kapitel, die allein aus SMS bestehen. Diese waren so kreativ und witzig. Ich hab so gelacht. Es war einfach wundervoll. Ich kann meine Begeisterung dafür hier gerade gar nicht so richtig in Worte fassen. Ich hoffe, ihr lasst euch trotzdem ein wenig davon anstecken und lest dieses Buch selbst, denn es ist einfach großartig.

Natürlich dauert es seine Zeit, bis es zu diesen großartigen Dialogen und Flirts zwischen Caro und Simon kommt. Denn am Anfang des Buches ist Caro so gar nicht begeistert von ihrem Nachbarn. Kein Wunder, wenn er sie auch regelmäßig mit seinem nächtlichen “Wallbanging” weckt. :wink: Aber schnell entwickelt sich ein wundervolles Katz-und-Maus-Spiel zwischen den beiden. Und dabei habe ich mich in die beiden Figuren verliebt. Caro ist so wundervoll schlagfertig, so herrlich unterhaltsam, einfach so liebenswert. Ich hätte sie sehr gerne zur Freundin. Und Simon ist der perfekte Gegenpart für Caro mit seiner rotzfrechen Art und seinem Humor und … hach, er ist einfach toll. :love:

Übrigens fand ich nicht nur Caro und Simon ganz wundervoll gezeichnet und habe sie auf Anhieb in mein Herz geschlossen, auch alle anderen Charaktere in diesem Buch fand ich einfach klasse. Caros beste Freundinnen und Simons beste Kumpel, sogar Clive – Caros Katze – habe ich geliebt, obwohl ich Katzen normalerweise überhaupt nicht mag und definitiv ein Hundemensch bin. Aber hier war einfach alles so perfekt.

Natürlich ist in diesem Buch nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen. Neben dem vielen Flirten und den frechen Sprüchen gibt es auch ernste Szenen, die mich stellenweise wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt haben. Denn ich war für eine Weile in einer anderen Welt, auf Wolke 7, habe zusammen mit Caro und Simon alles um mich herum vergessen. Bis der Moment kam, an dem die Seifenblase geplatzt ist und Caro und ich unsanft zurück in die Realität geholt wurden. Auslöser dafür war Simon, mit einer Kleinigkeit hat er eine gewisse Ernsthaftigkeit in das Buch gebracht, die diesem aber auch ganz gut tut. Es geht hier nicht wirklich um großes Drama, die Charaktere haben keine schlimme Vergangenheit, die sie bewältigen und verarbeiten müssen. Aber dennoch kommt irgendwann der Moment, wo der ganze Humor, der ganze Spaß einfach umschlägt und die Figuren auch mit schwierigen Situationen klarkommen müssen.

Neben den vielen “Young Adult”- und “New Adult”-Büchern, die ich sonst hauptsächlich lese, war es übrigens sehr erfrischend, es hier mit Charakteren zu tun zu haben, die etwas reifer sind. :wink:

Nur eine Kleinigkeit hat mich gestört: Caro spricht von Zeit zu Zeit mit sich selbst, mit den unteren Regionen ihres Körpers, mit ihrem Herzen, mit ihrem Verstand. Ein wenig habe ich mich da an die “innere Göttin” der Ana von “Shades of Grey” erinnert … Mit diesen Szenen konnte ich nicht besonders viel anfagen.

Mein Fazit

Ich hätte es niemals gedacht, aber dieses Buch hat mich total umgehauen und ich freue mich darauf, noch mehr von Alice Clayton zu lesen. :love:

Veröffentlicht am 12.10.2019

Emotionale Lektüre

Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe
0

Zac liebt Statistiken und Zahlen. Er beschäftigt sich mit Wahrscheinlichkeiten: der Wahrscheinlichkeit, mit einem Würfel eine 3 zu würfeln; der Wahrscheinlichkeit, mit zwei Würfeln zweimal eine 3 zu würfeln; ...

Zac liebt Statistiken und Zahlen. Er beschäftigt sich mit Wahrscheinlichkeiten: der Wahrscheinlichkeit, mit einem Würfel eine 3 zu würfeln; der Wahrscheinlichkeit, mit zwei Würfeln zweimal eine 3 zu würfeln; der Wahrscheinlichkeit, dass ein 32-jähriger Mann überlebt, dem ein Hirntumor entfernt wurde und dessen Krebs nach acht Monaten zurückgekehrt ist. Zac klammert sich an Fakten. So fällt es ihm leichter, mit seiner Krebserkrankung umzugehen. Zac redet nichts schön, dafür hat er zu viel durchgemacht. Schonungslos beschreibt er die Begleiterscheinungen seiner Krankheit. Er macht keinen Hehl daraus, dass er seinen Schließmuskel nach der Chemotherapie nicht unter Kontrolle hat und dass er sich fühlt wie ein Kleinkind mit Schamhaar. Und genau das macht dieses Buch so authentisch. Denn wenn man mitten drin steckt in der Scheiße, hilft keine Schönmalerei.

Während Zac sich mit Statistiken ablenkt und sich intensiv mit seiner Krebserkrankung auseinandersetzt, fährt Mia eine ganz andere Strategie: Sie zieht sich zurück, geht ihren Freundinnen aus dem Weg und hält lediglich ihren Facebook-Status aktuell. Dort tut sie so, als wäre alles in Ordnung, als wäre sie nur wegen eines gebrochenen Fußes im Krankenhaus.

Zac und Mia könnten unterschiedlicher nicht sein, und doch entwickelt sich etwas ganz Wundervolles zwischen ihnen. Viel passiert zwischen den Zeilen, Zac und Mia sind beide keine Ich-Erzähler, die sich viel mit ihren Gefühlen beschäftigen. Und so merkt man fast gar nicht, wie sie sich immer weiter annähern. Und wie auch ich als Leser mich ihnen immer weiter annähere. Denn am Anfang hatte ich meine Schwierigkeiten mit den beiden. Sie sind beide sehr speziell, reden einfach drauflos und aus irgendeinem Grund war da ständig eine Distanz zwischen ihnen und mir. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben, aber es hat einfach nicht von Anfang an gepasst. Zum Glück kam dann jedoch irgendwann der Punkt, wo es einfach Klick gemacht hat. Und ab diesem Moment habe ich total mit den beiden Charakteren mitgefiebert und mitgelitten. Denn “Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe” ist defintiv kein schönes Buch. Es ist traurig und es ist unfair. Inbesondere die Wut von Mia hat sich während des Lesens auf mich übertragen. Und doch hat mich das Ende versöhnt und ich konnte die letzte Seite zufrieden umblättern.

“Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe” erzählt vom wahren und vom echten Leben. Es erzählt von Angst, von Hoffnungslosigkeit, von Wut und von Trauer. Aber es erzählt auch davon, wie sich zwei junge Menschen gegenseitig einfach nur guttun können. Wie Zac durch Mia endlich aufhört, sich hinter seinen Zahlen zu verstecken und anfängt, in die Wirklichkeit zurückzukehren. Und wie Mia lernt, ihr Schicksal zu akzeptieren, wie sie anfängt, das Glück um sie herum endlich wahrzunehmen und wie sie endlich beginnt, zu kämpfen.

Die Aufmachung des Buches ist einfach wundervoll. Der Schutzumschlag ist so schlicht und doch so wunderschön gestaltet. Das Buch selbst ist in drei Teile unterteilt, die “Zac”, “und” und “Mia” heißen. Dementsprechend kommt im ersten Teil nur Zac als Ich-Erzähler zu Wort, im zweiten Teil wechseln sich Zac und Mia mit dem Erzählen ab und im dritten Teil kommt nur (fast) Mia zu Wort. Ich finde es toll, was sich die Autorin hier überlegt hat.

Mein Fazit

“Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe” ist nicht einfach nur ein weiteres Krebs-Buch, sondern eine sehr bewegende und emotionale Lektüre.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Konnte mich überzeugen

Zwischen zwei Fenstern
0

So ziemlich jedes Buch des Königskinder Verlags steht mittlerweile auf meiner Wunschliste, auch die Bücher aus dem neuen Frühjahrsprogramm sind dort schon vermerkt. Denn nachdem ich mit “Zwischen zwei ...

So ziemlich jedes Buch des Königskinder Verlags steht mittlerweile auf meiner Wunschliste, auch die Bücher aus dem neuen Frühjahrsprogramm sind dort schon vermerkt. Denn nachdem ich mit “Zwischen zwei Fenstern” mein erstes Buch dieses Verlags gelesen habe, weiß ich, dass sie alle wahre Schätze sein müssen und ich sie unbedingt lesen und in mein Regal stellen muss.

“Zwischen zwei Fenstern” war keine einfache, dafür aber eine außergewöhnliche Lektüre. Sprachlich hat mich Dianne Touchell total getroffen, aber ihre Erzählweise bzw. die Erzählweise der beiden Hauptcharaktere ist sehr anspruchsvoll. Schnörkellos berichten das Nachbarmädchen und der Nachbarjunge von ihrem Alltag, von ihrem verkorksten Leben, den Streitereien ihrer Eltern. Fast unbewusst malen sie dabei mit Worten Bilder und verstecken so viel zwischen den Zeilen. Man muss sich Zeit nehmen für dieses Büchlein. Es liest sich nicht mal eben schnell weg. Man muss sich einlassen auf die feinen Töne, die zarte Poesie. Man muss bewusst lesen, Wort für Wort, und sich auf den eindrucksstarken Stil einstellen.

So anspruchsvoll das Buch vom Erzählstil her ist, so anders als gewöhnlich ist sein Inhalt: “Zwischen zwei Fenstern” erzählt von zwei jungen Menschen, die auf der Flucht vor der Realität sind, die allein sind in ihren lauten Familien, die das echte Leben endlich spüren wollen, die sich lebendig fühlen wollen, die das ganze Buch hindurch kein Wort miteinander sprechen und doch zwischen zwei Fenstern so viel miteinander teilen.

Nur anhand der Kapitelaufmachung lässt sich erkennen, welcher der beiden Ich-Erzähler den Leser gerade an seinen Gedanken teilhaben lässt. Der Nachbarjunge leitet seine Erzählungen durch Zitate aus Büchern ein, während das Nachbarmädchen fünfsilbige Überschriften findet, die zu ihrem jeweiligen Erzählteil passen. Dabei ist das Nachbarmädchen eine wahnsinnig gute Zuhörerin. Sie hört die leisen Töne aus den Sätzen der Menschen heraus, erkennt den wahren Unterton. Der Nachbarjunge dagegen ist der perfekte Beobachter. Er liest die Körpersprache des Menschen und schaut dadurch hinter die Fassade. Er nimmt das Weinglas seiner Mutter war, das diese hinter den Vorhängen versteckt. Er beobachtet, wie sein Vater den Dackel auf die Mutter abrichtet. Er beobachtet seine Mitschülerinnen, mit denen er nicht viel anfangen kann. Und schließlich beobachtet er das Nachbarmädchen. Und er verliebt sich in sie. Ganz einfach, und ohne Zweifel. Es gibt in diesem Buch keine Schmetterlinge und keine rosaroten Wolken. Die Liebe zwischen den beiden Charakteren ist ganz einfach da, ist ganz selbstverständlich, steht unweigerlich einfach fest.

Die Figuren, die Dianne Touchell entwickelt hat, sind unglaublich komplex und tiefgründig. Es lässt sich so viel in diesem Buch interpretieren und durchleuchten. Obwohl es nur gut 250 Seiten hat, ist es doch so voller Inhalt. Es lässt sich kaum in Worte fassen, wovon dieses Buch erzählt. Das solltet ihr am besten selbst erlesen. Es ist ein ruhiges Buch, hier gibt es keine spannende oder actionreiche Handlung. Im Vordergrund stehen einzig und allein der Nachbarjunge und das Nachbarmädchen und ihre Gedanken und Geschichten, die sie zu erzählen haben. Nicht immer ist die Lektüre einfach, denn das Nachbarmädchen leidet an einer psychischen Erkrankung, die sie dazu bringt, sich die Haare auszureißen. Nicht einzeln. Sondern büschelweise. Diese Szenen haben mich sehr stark getroffen. Aber es gibt auch schöne Szenen, hoffnungsvolle Szenen.

Die Gestaltung des Buches ist einfach wundervoll und so ist “Zwischen zwei Fenstern” nicht nur inhaltlich, sondern auch äußerlich ein wahrer Schatz.

Mein Fazit

Dianne Touchells Debüt “Zwischen zwei Fenstern” ist nicht immer eine einfache Lektüre gewesen, konnte mich aber insgesamt begeistern und vor allem vom Königskinder Verlag überzeugen.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Ein ganz besonderes Buch

Wo steckst du, Bernadette?
0

Als ich “Wo steckst du, Bernadette?” in der Verlagsvorschau entdeckt habe, war ich mir nicht sicher, ob das Buch etwas für mich sein könnte. Der Klappentext klang für mich schon ziemlich verrückt und ich ...

Als ich “Wo steckst du, Bernadette?” in der Verlagsvorschau entdeckt habe, war ich mir nicht sicher, ob das Buch etwas für mich sein könnte. Der Klappentext klang für mich schon ziemlich verrückt und ich wusste nicht so recht, was ich mit diesem Buch anfangen sollte. Die Bewertungen der Originalausgabe “Where’d You Go, Bernadette” waren aber so positiv und auch einige Blogger, denen ich folge, hatten das Original so überzeugend besprochen, dass ich einfach immer neugieriger wurde. Und nachdem ich das Buch vor ein paar Tagen beendet habe, bin ich sehr froh, ihm eine Chance gegeben zu haben.

Obwohl ich sagen muss, dass ich den Anfang etwas gewöhnungsbedürftig fand. Als Leser wird man förmlich hineingeschmissen in ein Sammelsurium an Emails, Notizen, Arztberichten, Gutachten – denn aus mehr besteht die Handlung fast gar nicht. Fast wahllos erscheint die Aneinanderreihung von Fakten und einzelnen Szenen, mit denen man zunächst nur wenig anfangen kann. Auch muss man sich erst einmal einen Überblick über die Personen verschaffen, denn direkt zu Beginn des Buches wird man mit Charakteren konfrontiert, die zwar im Verlauf des Buches eine große Rolle spielen, aber zum Beispiel im Klappentext nicht erwähnt werden und daher zunächst nur schwer einzuschätzen sind.

Dazu kommt, dass in diesem Buch sehr selten wirklich “erzählt” wird. Nur an einigen Stellen tritt die 15jährige Ich-Erzählerin Bee, Bernadettes Tochter, auf, um den Leser ein wenig an die Hand zu nehmen und das eine oder andere zu erklären. Aber ansonsten ist dieses Buch eine Sammlung von Schnippseln, die man als Leser zu einem großen Ganzen zusammenfügen muss. Es fällt zunächst schwer, sich zurecht zu finden und sich einen Überblick zu verschaffen. Aber nach und nach kommt man doch rein in die Handlung und vor allem rein in die Welt von Bernadette. Denn obwohl das Buch nicht aus ihrer Perspektive geschrieben ist, war sie für mich die absolute Hauptperson in diesem Debüt von Maria Semple und gleichzeitig auch meine Lieblingsfigur. Alles dreht sich um Bernadette, die völlig überfordert ist mit sich selbst, ihrem Leben und ihrer Vergangenheit. Da es bis auf Bee keinen richtigen Erzähler in diesem Buch gibt, sondern die Handlung nur anhand von Notizzetteln oder Emails vorangetrieben wird, gibt es auch niemanden, der die Figuren beschreibt und charakterisiert. Das passiert indirekt bzw. muss man es als Leser selbst übernehmen und schafft sich dadurch sein ganz eigenes Bild von den Figuren.

Dabei ist das Buch rückblickend aufgebaut, denn zu Beginn des Buches weiß man direkt, dass Bernadette verschwunden ist. Wie es dazu kam und vor allem, wo Bernadette steckt, wird sich im Laufe des Buches bzw. erst ganz zum Schluss erklären. :wink: Dabei hat die Autorin Großes geleistet, denn dieses Debüt ist einfach nur genial und großartig konstruiert. Es ist faszinierend, wie wunderbar durchdacht die Handlung ist, wie wichtig selbst das kleinste Detail für die Auflösung des Buches ist und wie spannend dieser Roman doch tatsächlich auch ist. Denn obwohl er sich mit dem Alltag einer Familie beschäftigt, steckt doch so viel hinter diesem Buch. Und das fängt damit an, dass der Alltag von Bernadette, Elgie und Bee alles andere als normal ist. Elgie ist ein Workoholic, Bee ist ein enorm wissbegieriges Kind und Bernadette ist eine Einzelgängerin, die deswegen bei den Eltern der Schule, die Bee besucht, gar nicht gut ankommt. Denn Engagement der Eltern wird dort enorm hochgeschrieben. Und so nimmt alles seinen Lauf. Bis zu dem Punkt, an dem Bernadette einfach verschwindet.

Stellenweise liest sich “Wo steckst du, Bernadette?” wie eine Satire, denn es gibt viele Szenen, bei denen ich nur mit dem Kopf schütteln konnte und nicht wusste, ob ich lachen oder weinen soll. Die Autorin hat einen gewissen Hang zur Übertreibung. Doch außerhalb des Möglichen liegt es nicht, was Maria Semple in ihrem Debüt beschreibt. Gerade in Amerika kann ich mir vorstellen, dass es die Unikate dieses Buches auch als reale Personen gibt.

So genial ich die Konstruktion des Buches, seine Durchdachtheit und auch die Charaktere mochte, gab es für mich doch die eine oder andere Länge. Manche Emails waren mir einfach zu ausschweifend, manche Gutachten zu umfangreich. Dazu kommt, dass ich mir die Auflösung um Bernadettes Verschwinden doch spektakulärer vorgestellt hatte. Zwar ist das Ende total stimmig und passt auch perfekt zu den Charakteren, aber es war mir fast etwas zu einfach.

Davon abgesehen war das Lesen von “Wo steckst du, Bernadette?” ein ganz tolles Erlebnis. Ich habe zusammen mit den Charakteren viel erlebt und werde die Autorin Maria Semple auf jeden Fall im Auge behalten. Auf ihre weiteren Veröffentlichungen bin ich schon jetzt sehr gespannt.

Mein Fazit

“Wo steckst du, Bernadette?” war für mich ein ganz besonderes Buch mit einem ganz besonderen Aufbau, einer ganz besonders durchdachten Handlung und ganz einzigartigen Charakteren.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Märchenadaption

Zwischen Schnee und Ebenholz (Die Märchenherz-Reihe 1)
0

Ich mag Märchenadaptionen. Und an “Zwischen Schnee und Ebenholz” gefällt mir besonders gut, dass die Handlung gut durchdacht ist und dass das Debüt von Ann-Kathrin Wolf verschiedene Märchen verbindet. ...

Ich mag Märchenadaptionen. Und an “Zwischen Schnee und Ebenholz” gefällt mir besonders gut, dass die Handlung gut durchdacht ist und dass das Debüt von Ann-Kathrin Wolf verschiedene Märchen verbindet. “Rotkäppchen und der Wolf”, “Hänsel und Gretel” oder “Schneewittchen” – nicht nur ein Märchen hat Ann-Kathrin Wolf aus ihrer Sicht erzählt. Gleichzeitig hat die Autorin natürlich auch etwas völlig Neues in ihr Debüt hineingebracht und den Märchen so ihren ganz eigenen Stil verpasst. Diese neuen Ideen waren für mich stimmig und logisch und nachvollziehbar konstruiert, auch wenn die Handlung selbst nicht sonderlich überraschend war. Die meisten Charaktere, vor allem die “bösen”, waren zu leicht zu durchschauen und ihre Rollen waren zu vorhersehbar. Das gilt aber nicht für alle Figuren, denn die eine oder andere Wendung, mit der ich nicht gerechnet hatte, hat Ann-Kathrin Wolf eingebaut.

Leider beschreibt die Autorin für mich zu detailliert jede einzelne Handlung ihrer Charaktere. Jeder Schritt wird erwähnt, jede Handbewegung wird erklärt. Das war einfach zu viel. Die Sätze waren mir dabei auch zu einfach von der Formulierung her und so gleichen die Beschreibungen der Figuren und der Handlung teilweise einer Wiederholung und Aneinanderreihung von einfach Hauptsätzen. Dadurch wirkt der Erzählstil so wenig lebendig und mir fiel es schwer, mich richtig in die Geschichte fallen zu lassen. Auch wurde für mich der Schulalltag zu umfassend umschrieben. Ja, der neue Referendar an der Schule spielt eine wichtige Rolle. Und ja, die Schule gehört zum Alltag der Charaktere einfach dazu. Aber es wurden so viele Seiten mit dem Ablauf diverser Unterrichtsstunden gefüllt, ohne dass dies von größerer Bedeutung wäre. Dadurch dümpelt die Handlung zu lange vor sich hin und es kommt einfach keine Spannung auf.

Das ändert sich zum Ende der Geschichte, wo sich die Ereignisse dann förmlich überschlagen. Ganz lange wird auf dieses Finale hingearbeitet und dann geht es Schlag auf Schlag. Ich will nicht unbedingt sagen, dass das Ende zu plötzlich kommt. Aber es passiert einfach zu viel, auf zu viele Dinge muss sich die Autorin konzentrieren, um zu einem runden Ende zu kommen. Das gelingt ihr dann zwar, aber das Buch wirkt hektisch und leider nimmt sich Ann-Kathrin Wolf nur wenig Zeit für die einzelnen Handlungsszenen.

Alexandra, die weibliche Hauptperson, fand ich ganz nett. Ihren Drang, ständig zu erröten, konnte ich gut nachvollziehen, weil mir das auch so geht. Aber dennoch wurde selbst mir das irgendwann zu viel. Die anderen Figuren waren doch recht klischeehaft gezeichnet. Alexandras beste Freundin Lily war für mich deshalb meine Lieblingsperson, weil sie das Klischee der besten Freundin einfach perfekt erfüllt. Zu ihr konnte ich dadurch, dass sie immer für Alexandra da ist und nichts in Frage stellt, die beste Verbindung aufbauen.

Trotz meiner Kritikpunkte habe ich “Zwischen Schnee und Ebenholz” recht gerne gelesen. Es war eine sehr kurzweilige Lektüre und ich bin gespannt, wie es in der bereits geplanten Fortsetzung weitergehen wird.

Mein Fazit

Mit “Zwischen Schnee und Ebenholz” erfindet Ann-Kathrin Wolf nicht nur einige Märchen neu, sondern schafft dazu auch eine gelungene Verbindung zwischen Klassikern wie “Schneewitchen”, “Hänsel und Gretel” oder “Rotkäppchen”.