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Veröffentlicht am 15.09.2016

Histokrimi

Straße der Schatten
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Zum Inhalt:

1890, Josephine Montfort, ist die einzige Tochter eines angesehenen New Yorker Geschäftsmannes, der mit Geschäftspartnern u.a. auch ein gut florierendes Handelsunternehmen mit eigenen Schiffen ...

Zum Inhalt:

1890, Josephine Montfort, ist die einzige Tochter eines angesehenen New Yorker Geschäftsmannes, der mit Geschäftspartnern u.a. auch ein gut florierendes Handelsunternehmen mit eigenen Schiffen betreibt. Sie ist wohlbehütet aufgewachsen und soll nach dem Wunsch der Mutter und der „Großmutter“ möglichst bald heiraten und Kinder kriegen, worin die Damen der Gesellschaft ihren Lebenssinn sehen. Aber Jo wünscht sich ganz anderes von ihrer Zukunft, möchte viel lieber als Reporterin arbeiten. Eines nachts wird ihr Vater erschossen in seinem Zimmer gefunden. Schnell ist klar, dass es weder Selbstmord noch ein Unfall war und in Josephine erwacht die journalistische Neugierde und sie beginnt intensiv nachzufragen und zu recherchieren, wer ihrem Vater böses wollte. Dabei lernt sie den Reporter Eddie kennen und gemeinsam geraten die beiden bei ihrer Suche in einen Strudel aus Gefahr und Geheimnissen.

Meine Meinung:

Ich habe von Jennifer Donnelly bereits zwei historische Romane gelesen. Meine hohe Erwartungshaltung war diesem neuen Buch leider anfangs nicht sehr zuträglich. Es ist mir nicht schwer gefallen, in die Geschichte reinzukommen. Aber der doch sehr einfach gehaltene Schreibstil und die durchschaubare Handlung waren zuerst etwas enttäuschend für mich. Ich hatte über lange Zeit das Gefühl, ich wäre in einem Jugendbuch gelandet und ein solches soll es ja definitiv nicht sein. Außerdem hatte ich nicht gewusst, dass es weniger ein historischer Roman sondern vielmehr ein historischer Krimi ist und den Täter habe ich relativ schnell als solchen erkannt.

Im Laufe des Buches hat mich dann aber Josephine doch immer mehr für sich einnehmen können Sie wächst zusehends an den teils sehr dramatischen Geschehnissen und ihre Beziehung zu Eddie war herzerwärmend. Eine Stärke des Buches ist es, dass die Autorin versucht, das Leben im damaligen New York mit all seinen Facetten klug und harmonisch in die Story einzuarbeiten. Man erfährt gleichermaßen über das deprimierende Frauenbild dieser Zeit, wie über Armut und Ungleichheit der Gesellschaftsschichten und auch über die gerade aufkommende Wissenschaft der Forensik, die zu einem guten Kriminalfall ja dazugehört. Die Charaktere machen allesamt eine Entwicklung durch und zeigen ungeahnte Facetten. Es gibt einen richtigen Showdown und das Ende ist nicht kitschig, wie ich anfangs befürchtet hatte, sondern sehr angenehm und realistisch.

Alles in allem also ein unterhaltsamer historischer Krimi mit sympathischen Darstellern.

Veröffentlicht am 15.09.2016

spannend und unterhaltsam

Das Glück am Ende des Ozeans
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„Das Glück am Ende des Ozeans“ von Ines Thron hat ein wunderschönes Cover, welches schon darauf hindeutet, dass es sich um einen Auswandererroman handelt. Drei junge Frauen mit sehr unterschiedlicher Vergangenheit ...

„Das Glück am Ende des Ozeans“ von Ines Thron hat ein wunderschönes Cover, welches schon darauf hindeutet, dass es sich um einen Auswandererroman handelt. Drei junge Frauen mit sehr unterschiedlicher Vergangenheit lernen sich auf der Überfahrt ins ferne verheißungsvolle Amerika kennen. Ein Erlebnis an Bord schweißt sie über alle Standesgrenzen auf immer zusammen. In Amerika angekommen, versucht jede auf ihre Weise das Glück zu finden.
Annett, die Selbstbewusste der drei Frauen, wird als Assistentin beim Bau der Brooklyn Bridge engagiert und schafft es, sich in einer Männerwelt der Technik zu behaupten und ihren Platz zu finden, ohne von einem Mann abhängig zu sein.
Susanne überwindet ihre harte Vergangenheit und die Gewalttätigkeiten in ihrer ersten Ehe und findet trotz allem ihr Selbstbewusstsein wieder, zwischen anderen Frauen, die als Huren eigentlich am Rande der Gesellschaft leben und ohne Männer oft schutzlos Gewalt und Unterdrückung ausgesetzt sind.
Gottwitha versucht derweilen sich in der Welt der Amish-People zurechtzufinden und droht dabei an der Kälte und Strenge des Ehemannes zu zerbrechen.
Alle drei Frauen kämpfen mit den damaligen Gesellschaftsstrukturen, in denen die Frauen ohne den Schutz eines Mannes gefährlich lebten und Gewalt und Ungerechtigkeit und Armut und Hunger ausgesetzt waren. Alle drei haben eine innere Stärke, die sie auch größte Schicksalsschläge überwinden lässt.
Mir hat das Buch wirklich sehr gut gefallen. Es zieht einen schnell in seinen Bann und dank der ständig wechselnden Handlungsstränge wird die Spannung hochgehalten und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Die Heldinnen waren mir sympathisch. Ich konnte mit ihnen mitfühlen und fand sie meist glaubwürdig. Und wie nebenbei erfährt man sehr viel über New York und den Brückenbau, über das harte Leben der männerlosen Frauen und über die Amish.
Es zwei, drei kleine Kunstgriffe, die ich als etwas unglaubwürdig empfand. Mit ihnen wurde entweder versucht, noch mehr Spannung zu erzeugen oder etwas zu erklären, was sonst den Lesefluss gestört hätte. Aber ich habe der Autorin dies schnell verziehen, da mir die Geschichte im Ganzen einfach zu gut gefallen hat und Ines Thorn sich Mühe gegeben hat, die damaligen Verhältnisse genau und farbenfroh zu erzählen. Ich finde, ein gutes historisches Buch darf sich auch mal ein paar Freiheiten nehmen, solange sie klein und unbedeutend bleiben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

verdammt perfekt

All die verdammt perfekten Tage
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Was Violet über diese Geschichte hätte sagen können:

Ich lernte Finch kennen, gerade als ich oben auf dem Glockenturm der Schule stand. Taumelnd auf einem schmalen Sims und unsicher, ob ich lebend von ...

Was Violet über diese Geschichte hätte sagen können:

Ich lernte Finch kennen, gerade als ich oben auf dem Glockenturm der Schule stand. Taumelnd auf einem schmalen Sims und unsicher, ob ich lebend von hier oben runter kommen würde und unsicher, ob ich das überhaupt wollte. Und Finch nahm mich bei der Hand und rettete mir das Leben. Und von da an ließ er mich nicht mehr los. Er eroberte mich mit seinem Charme, überzeugte mich mit Witz und Phantasie, nahm mich mit auf eine große Wanderung. Und während ich aus meiner eisigen Starre erwachte, konnte ich sehen, dass Finch in seiner eigenen Welt voll Alpträumen und Dunkelheit gefangen war und ich ihm ebenfalls helfen musste.

Was Finch über diese Geschichte hätte sagen können:

Ich traf Violet, meine Ultraviolet, oben auf einem Turm. Ob ich sie gerettet habe an diesem Tag, oder wir einander, ist eigentlich unwichtig. Und sie hat es tatsächlich zugelassen, dass ich sie liebe; und was kann es Größeres geben. Und ich habe ihr gezeigt wer ich bin und wie ich die Welt sehe. Und sie ist mit mir in meinem Wandschrank gesessen, mit mir im Blauen See getaucht und für eine Weile habe ich es geschafft, meinem dunklen Schlaf zu entrinnen.

Was ich über die Geschichte sage:

Ich wusste anfangs nicht so genau, auf was ich mich mit diesem Buch eingelassen hatte. Irgendwie dachte ich, dass es zwar einen ernsten Kern hat aber doch vor allem ein Jugendbuch wäre. Das wunderschöne Cover hat mich magisch angezogen. Und der Titel „All die verdammt perfekten Tage“ ist genau nach meinem Geschmack. Aber die Geschichte entwickelt sich zu viel mehr als einem reinen Unterhaltungsroman. Von der ersten Seite an war ich gefangen. Vor allem bei den Gesprächen zwischen ihren Hauptdarstellern Violet und Finch trifft die Autorin Jennifer Niven genau den richtigen Ton zwischen humorvoll und intelligent, zwischen jugendlicher Leichtigkeit und reifer Weisheit. Zwischen Violet, die schwer am Verlust ihrer älteren Schwester zu kauen hat und Finch, dem unangepassten Außenseiter, der abends die verschiedenen Möglichkeiten protokolliert, wie man Selbstmord begehen könnte, entwickelt sich schnell eine große Anziehungskraft. Beide werden füreinander zu einer Art Rettungsanker, beide versuchen aus ihrer depressiven Stimmung rauszukommen und die Vergangenheit zu überwinden.

Viel mehr will ich über den Inhalt gar nicht sagen, denn es ist einfach schön, dieses Buch unvoreingenommen selbst zu entdecken. Die Autorin hat es u.a. geschrieben, um eigene Erlebnisse zu verarbeiten und anderen Menschen zu helfen, die mit dem Tod eines geliebten Menschen fertig werden müssen und auch mit denen, die eine psychische Erkrankung haben oder jemanden kennen, der damit lebt. Sie lotet die Tiefen der Seelen von Violet und Finch in einer fast lyrischen und oft sehr ergreifenden Weise aus, findet Worte für den Schmerz, den Verlust, für die Lebensängste der Figuren. Aber auch die Liebe, das Glück und die Freude kommen nicht zu kurz. Es ist ein Buch zum Lachen und zum Weinen, eines zum Nachdenken und eines, aus dem ich ständig etwas zitieren und herausschreiben musste. Ein Buch für alle Generationen. Ein Buch das Mut macht und Zuversicht schenkt.

Mein Lieblingszitat:

Wenn alle anderen zugrunde gingen und er übrig bliebe, würde ich fortfahren zu sein; und wenn alle anderen blieben und er würde vernichtet, so würde sich das Weltall in etwas vollkommen Fremdes verwandeln….

Veröffentlicht am 15.09.2016

schöne geschichte

Gute Töchter
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Was man erwarten darf von dieser Geschichte:
Erzählt wird die Geschichte zweier Mädchen. Sie wachsen in ländlicher Umgebung vor den Toren von San Francisco auf. Der Vater verlässt die Familie und die Mutter ...

Was man erwarten darf von dieser Geschichte:
Erzählt wird die Geschichte zweier Mädchen. Sie wachsen in ländlicher Umgebung vor den Toren von San Francisco auf. Der Vater verlässt die Familie und die Mutter ist depressiv und kümmert sich wenig um ihre Töchter. Aber wie schon der Titel sagt, sind die beiden „Gute Töchter“ und vergöttern ihren Vater, der irgendwann als Polizist den ganz großen Fall auf den Tisch bekommt. Einen Serienmörder. Aber er schafft es über Jahre nicht, den Täter dingfest zu machen und schließlich beginnen Rachel und Patty sich ebenfalls mit den Morden zu beschäftigen, weil sie wissen, wie wichtig dem Vater die Aufklärung ist und schließlich gerät eine von ihnen in Gefahr.
Was man nicht von dieser Geschichte erwarten sollte:
Es handelt sich nicht um einen Krimi im üblichen Sinne. Auch wenn ein leiser Thrill im Hintergrund schwebt, so ist es doch vor allem ein Entwicklungs- und ein Familienroman und die Spannungselemente sind sehr verhalten eingesetzt. Aus der Ich-Perspektive einer Tochter erlebt man das Landleben in Amerika in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Die Schwierigkeiten der Mädchen, die oft alleingelassen sind mit ihren Problemen, mit ihren Wünschen und Hoffnungen sind ruhig und mit verhaltenem Tempo beschrieben. Keine große Aktion über große Teile des Buches.
Meine Meinung:
Es ist das zweite Buch, dass ich von Joyce Maynard gelesen habe. Wie in „Der Duft des Sommers“ hat mir auch hier der Schreibstil hervorragend gefallen. Ich mag es einfach sehr, wenn aus der Sicht von Halbwüchsigen über das Leben, das Erwachsenwerden und die familiären Beziehungen erzählt wird. Die Autorin versteht es, ihren Personen Leben einzuhauchen und ganz nebenbei über tatsächliche Ereignisse zu berichten. Die Mordfälle haben einen realen Hintergrund welchen man aus einem interessanten Nachwort erfährt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass auch dieses Buch verfilmt wird.

Veröffentlicht am 15.09.2016

hervorragend

Der goldene Sohn
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Shilpi Somaya Gowda ist eine indisch-stämmige Amerikanerin, die auch in ihrem zweiten Roman versucht, ihr Herkunftsland und ihr Heimatland durch das Lebensband eines Menschen zu verknüpfen. Diesmal ist ...

Shilpi Somaya Gowda ist eine indisch-stämmige Amerikanerin, die auch in ihrem zweiten Roman versucht, ihr Herkunftsland und ihr Heimatland durch das Lebensband eines Menschen zu verknüpfen. Diesmal ist es ein junger Mann, Anil, der zum Studieren nach Amerika geht. Ausgerechnet ins bärbeißige, konservative Texas. Zurück lässt er neben seiner Familie auch seine Jugendfreundin Leena. Während Anil das freie und moderne Leben des Westens kennen und schätzen lernt, fügt Leena sich den Konventionen und Regeln eines rückständigen ländlichen Indiens, in dem die Frauen wenig selbstbestimmt leben und entscheiden dürfen. Wie die meisten indischen Mädchen wird ihr ein Mann ausgesucht und sie zieht nach der Hochzeit in dessen Familie.
Ich liebe Bücher über Indien. Dieses Land und seine Menschen und auch der Glaube und der Aberglaube dort faszinieren mich. Ich lese ziemlich viele Bücher über diesen Teil der Welt und schau mir alle Filme darüber an. Deshalb habe ich schon ein klein bisschen Ahnung. Die Aussagen, die in diesem Buch getroffen werden, die Beschreibungen der Kultur, der Rituale und des Alltags sind nicht neu aber eindringlich erzählt und lassen ein lebhaftes und glaubwürdiges Bild der heutigen indischen Gesellschaft entstehen. Die Dramaturgie verlangt es wohl, dass gerade Leenas Leben schwierig und für das Weltbild einer westlichen Frau schier unvorstellbar ist. Die Rückständigkeit bestürzt beim Lesen und man hofft ziemlich bald, dass ihr die Zukunft und Anil noch etwas anderes bringen könnten als dass, was der Vater und der Ehemann sich für sie gedacht haben.
Die Autorin schafft es trotz allem, dass das Buch keine kitschige Liebesgeschichte ist und auch dramatische Geschehnisse nicht übertrieben wirken sondern die Spannung beim Lesen nur noch erhöhen. Die Hauptdarsteller hatte ich schnell ins Herz geschlossen. Ich fand schön, dass Gowda auch die Nebendarsteller mit einem facettenreichen Wesen ausgestattet hat und deren Handlungen nicht einfach gut oder böse waren, sondern nachvollziehbar und menschlich.
Von mir eine Leseempfehlung und die Bestätigung, dass auch der zweite Roman von S.S. Gowada gelungen ist.