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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.12.2021

Sensibel, emotional, spannend

So wie du mich kennst
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Bereits das Cover hat mir sehr sehr gut gefallen und passt m.E. perfekt zum INhalt des Buches. Zwei Frauen liegen nebeneinander auf dem Bauch, Kopf aufgestützt, Arme entspannt, man vermutet an einem See, ...

Bereits das Cover hat mir sehr sehr gut gefallen und passt m.E. perfekt zum INhalt des Buches. Zwei Frauen liegen nebeneinander auf dem Bauch, Kopf aufgestützt, Arme entspannt, man vermutet an einem See, am Meeresstrand oder an einem Pool. Sie sehen sich ähnlich, könnten also gut Schwestern sein. Nur die Badeanzüge haben unterschiedliche Farben. - Das Cover wirkt wie ein expressionistisches Gemälde, kräftige frische klare Farben, wie gemalt.

Der Schreibstil von Anika Landsteiner hat mich sehr angesprochen. Er ist sensibel und reflektierend, die Personen werden sehr schnell vor meinem inneren Auge sehr deutlich und in ihren vielen verschiedenen Facetten gut charakterisiert. Das gilt sowohl für die Protagonistinnen, die beiden Schwestern, als auch für die Nebenfiguren, die Eltern, die Beziehungspartner, Freunde.. Auch die Landschaft kommt zum Greifen nahe. Ich komme selbst aus Franken und wurde sofort wieder in die für dort typischen Landschaften hinein versetzt. Aber man bewegt sich auch genauso gut mit Klara und Marie durch ein quirliges, hektisches, schräg-buntes New York.

Ich liebe es, wenn - wie in diesem Roman - die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, das ist hier besonders gut gelungen.

Der Erzählstil ist eher langsam, mit vielen Reflektionen, die ich sehr mochte. Dennoch bleibt die Spannung und die "Auflösung" verschiedener Erzählstränge bis zum Schluss erhalten.

Unbedingte Leseempfehlung von mir - habe das Buch auch gleich meiner Schwester gegeben!

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Veröffentlicht am 13.12.2021

Großartig düster!

Talberg 1935
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Das Cover finde ich zugleich faszinierend und abweisend. Das soll es wohl auch - passt super gut zum Inhalt des Buches. Kühle bis kalte Farben - weiß, schwarz, grüne Schrift - man friert schon beim Hinschauen... ...

Das Cover finde ich zugleich faszinierend und abweisend. Das soll es wohl auch - passt super gut zum Inhalt des Buches. Kühle bis kalte Farben - weiß, schwarz, grüne Schrift - man friert schon beim Hinschauen... Der Turm ragt auch eher unheimlich aus einer Landschaft, die von Nebel und oder Schnee umwölkt ist.

Skurril - ich war gerade im November im Bayerischen Wald und habe dort einen herrlichen sonnigen Tag in der Nähe von St. Englmar auf einem Gelände mit einem tollen Waldwipfelpad und einem noch tolleren Aussichtsturm verbracht - völlig konträre Szenerie in jeder Hinsicht...

Der Schreibstil gefällt mir von Anfang an gut, er ist ruhig und ausführlich. Sowohl die Personen als auch die Landschaft werden detailliert und anschaulich geschildert. Man friert und schaudert regelrecht mit…

Sehr lobenswert finde ich auch die Personenzusammenstellung auf dem inneren Cover - das hat mir an manchen Stellen geholfen, auf die Schnelle nochmal ein paar Zusammenhänge herzustellen.

Ich habe das Buch jedes Mal ungern aus der Hand gelegt, es hat auf seine ruhige Art für mich sehr schnell große Spannung aufgebaut, so dass ich es in 3 Etappen an 3 Tagen ausgelesen habe.

Fand es sehr schön, wie ganz langsam die Mysterien um Elisabeth enthüllt werden, alle paar Kapitel nur ein Fitzelchen. Auch die Geschichten um Johannes und Wihelm werden erst nach und nach erzählt. Sehr interessant auch die dunklen Gemeinsamkeiten bei Johannes und Elisabeth.

Das Unheil scheint sich gefühlt langsam zusammen zu ziehen. Grandios, wie die düsterkalte Stimmung durchgehalten wird.

Mörder und Motive klären sich wirklich erst am Schluss, ich tappte weitestgehend im Dunkel bzw. im Nebel.

Spannung, Beklemmung, Düsternis - sind immer wieder hervorragend beschrieben. Man steht mit im Regen, zittert, friert, fürchtet sich.

Toll!

Bin sehr gespannt auf den nächsten Teil, und werde ihn ganz sicher lesen.






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Veröffentlicht am 09.12.2021

Zynismus vom Feinsten

Salonfähig
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Ich hatte eigentlich keinen Roman erwartet, sondern so eine Art modernen, etwas ironischen „Knigge“, war umso überraschter über die Genre-Bezeichnung auf dem Cover. Kommt davon, wenn man die Beschreibung ...

Ich hatte eigentlich keinen Roman erwartet, sondern so eine Art modernen, etwas ironischen „Knigge“, war umso überraschter über die Genre-Bezeichnung auf dem Cover. Kommt davon, wenn man die Beschreibung nicht so genau liest….

Das Cover stimmt ein auf einen narzisstischen „schönen“? Mann, smart und „gebügelt“, ein wenig so, wie ich mir Dorian Gray immer vorgestellt habe. Glatte Haut, sinnliche feucht glänzende Lippen, dunkler Anzug mit weißem Hemd, strenger Kragen mit perfekt gebundener Krawatte, die linke Hand elegant angewinkelt, die rechte lässig in der Hosentasche. Schwarz, Weiß, ein wenig Gelb, gerade, sehr ordentliche strenge Print-Buchstaben, nichts, aber auch gar nichts Geschnörkeltes…

Beim Lesen des Buches wird deutlich, WIE viel Zeit auf dieses perfekte Äußere verwendet wird und auf WIE groteske Weise es gepflegt, betrachtet und gehandelt wird.

Ich habe das Buch verschlungen und war hin- und hergerissen zwischen Gruseln, Lachen und Heulen. NATÜRLICH ist das bitterste Satire, habe aber auch ein paar Seiten gebraucht, um es zu merken, und ich finde sie GRANDIOS umgesetzt.

SO lächerlich ist, wie der Protagonist mit seiner fast hündischen (Pardon, ich möchte keine Hunde beleidigen!) Anbetung und Imitation seines Vorbildes Julius sich macht, indem er seinen Aufgaben wie Blumengießen und Kaffeeholen einen Vertrauensbonus anklebt. SO ironisch, wie er in allen Äußerlichkeiten versucht, Julius Varga zu imitieren. SO zynisch die Szene mit dem Bettler…

Ich weiß nicht SO viel über die „Innereien“ der österreichischen Politik, außer dem, was man bei uns in den Medien, Nachrichten, Politsendungen so mitkriegt. Aber ich glaube, dass auch die geschilderten „Feinheiten“ NICHT sehr überzeichnet sind. Die Anspielungen auf großer Linie sind ohnehin überdeutlich. Und was solche Dinge wie die perfekte Formulierung für die angedachten Adressaten betrifft, ist wahrscheinlich so manche Partei in anderen europäischen Ländern genauso.

Mir fiel beim Lesen zum Protagonisten mehrfach das Wort "Roboter" ein. Seine Handlungsabfolgen erscheinen rein mechanisch, quasi "programmiert". Gruselig auch, wie er sich mit Frauen verhält, auch hier wird ein Programm abgespult, Buchrezensionen runter gebetet etc. ohne den kleinsten Funken Empathie.

In seiner mehr als perfekt technisierten Wohnung kennt er sich nicht aus, kommt er nicht zurecht, fast als ob es nicht seine wäre. Was sich dann auch als Wahrheit heraus stellt.

Wundervoll und SO böse die hoch gespielten Gespräche / Streitereien unter den Parteigenossen um völlig Unwichtiges, wie z.B. die Frage, in welches Lokal man jetzt zum Essen geht.

Der reale Hintergrund zum Akademikerball hat sich für mich als Nicht-Österreicherin erst später erschlossen..

Die ganze Groteske ist sehr gut beschrieben. Der Zynismus steigert sich immer weiter, viele Szenen sind regelrecht comedyreif bösartig.

Gegen Ende driftet unser Protagonist bzw. die Handlung langsam, aber sicher in völlige Verrücktheit ab. Surreal?

Für mich ist es Zynismus vom Feinsten.

Wenn man sich mit der Thematik beschäftigen mag - absolut lesenswert.





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Veröffentlicht am 06.12.2021

Feinfühlig und nachdenklich, mit leisem Humor

Oh, William!
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Ich habe bisher schon einige der Bücher von Elizabeth Strout gelesen; insofern ist Lucy Barton für mich keine neue Figur.

Ich war sehr gespannt, was in "Oh William!" noch Neues kommt, und wurde nicht ...

Ich habe bisher schon einige der Bücher von Elizabeth Strout gelesen; insofern ist Lucy Barton für mich keine neue Figur.

Ich war sehr gespannt, was in "Oh William!" noch Neues kommt, und wurde nicht enttäuscht.

Lucy Barton ist älter und sehr viel reifer, aber keineswegs langweiliger, geworden. Es werden immer wieder Rückblicke aus ihrem Leben - teils mit, teils ohne William - erzählt, in anekdotenhafter Form. Das macht die erzählte Gegenwart verständlicher, frischt die Erinnerung des Lesers nochmal auf und macht das Buch m.E. auch zu einer interessanten Lektüre für diejenigen, die die "Vorgänger"-Bücher nicht kennen.

Nicht nur Lucy, sondern auch William und die Töchter werden teils unter anderen Aspekten betrachtet als in den Büchern vorher.

Sehr gut nachvollziehbar, feinfühlig, intelligent und mit einem ganz leisen Humor erzählt Elizabeth Strout von der Reise zur Halbschwester, flicht Gedanken, Philosophisches und Emotionales, auf ihre wunderbare Art mit ein. Sie kann sich sehr gut in eine Frau des Alters von Lucy und ihres bisher gelebten Lebens hinein versetzen und dies widerspiegeln, ohne Klischees und laute Töne. Es geht auch um Schuld und Verzeihung und Vergessen.

Für mich ein sehr angenehmes Buch, auch passend zur ruhigen Jahreszeit.

Ausgesprochen schön finde ich auch das Cover, zarte gezeichnete Blumen im provencalischen Stil, passen gut zum INhalt.

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Veröffentlicht am 29.11.2021

Ein sprachlich-sinnlicher Genuss

Stadt der Mörder
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Das Buch lockt bereits durch sein wirklich ausgesprochen schönes, künstlerisch gestaltetes Cover. Eine Frau hinter einer Autotür - steigt sie gerade aus oder ein? -, mit glattem Gesicht, die Augen hinter ...

Das Buch lockt bereits durch sein wirklich ausgesprochen schönes, künstlerisch gestaltetes Cover. Eine Frau hinter einer Autotür - steigt sie gerade aus oder ein? -, mit glattem Gesicht, die Augen hinter Haaren und Hut verborgen, zarte Hände... Darunter scherenschnittartig eine "typisch Paris" Fotocollage, mit angedeutetem Eiffelturm, Straßenlaternen, Seine-Brücke, Tauben in der Luft, einem rennenden Mann in Schwarz - man fragt sich, was er mit der Frau zu tun hat. Sucht er sie? Rennt er, um sie zu retten? Oder vor ihr weg? Oder sind ihre Lebensstränge (noch) gar nicht verwoben?

Schon das Cover vermittelt die Ahnung von einer spannenden Geschichte, von Geheimnis und Leidenschaft. Wunderschön die Kombination aus Schwarz und Gold, sehr gut passend zu den 20ern.

Richtig gut gelungen.

Der Roman hat mich völlig begeistert mit seiner grandiosen bildhaften Sprache, beeindruckenden Sätzen und vielen - aber nicht ZU vielen - wirklich gut getroffenen Metaphern.

Die Personen werden gut eingeführt, nicht zu verwirrend, klar voneinander abgegrenzt und offensichtlich sich aufeinander zu und miteinander bewegend. TOLL von Anfang an die vielen kleinen Details und Beobachtungen, die die einzelnen Menschen charakterisieren.

Auch die Art der Dialoge passt für mich in meiner Vorstellung gut zu der Zeit der 20er Jahre.

Die textlichen Beschreibungen mischen Faszination mit leichtem Grusel, Gänsehaut mit Traumgefühl. Eine wirklich berauschende Sprache.

Vor dem Lesen wusste ich zwar Vages über die Surrealisten, aber sehr vieles ist mir durch die Beschreibungen im Roman deutlicher, plastischer, greifbarer geworden.

Die Szenerien sind stellenweise mehr als düster, aber sehr gut und "schauderhaft" geschildert. Viele der Figuren haben sich im Lauf des Romans sehr interessant entwickelt, vom scheinbar Guten zum Bösen, vom Naiven zum klar(er) Sehenden, vom Bösen zum Schwachen...

Die Handlung wechselt zwischen den oft "unwirklich" erscheinenden Szenen rund um die Surrealisten und greifbarer Realität. Die Spannung hat mich immer wieder fest gepackt und mich das letzte Drittel des Buches in einem Rutsch durchlesen lassen, bis zum furiosen Finale.

Absolute Leseempfehlung!

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