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Veröffentlicht am 20.05.2023

Gut konstruierter Plot

Rot. Blut. Tot.
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Schauplatz Dänemark
Auf der Halbinsel Refshaleoen wird eine übel zugerichtete männlich Leiche gefunden. Der kahl geschorene Kopf ist deformiert, der Kiefer wurde auseinandergerissen, der Körper ist wie ...

Schauplatz Dänemark
Auf der Halbinsel Refshaleoen wird eine übel zugerichtete männlich Leiche gefunden. Der kahl geschorene Kopf ist deformiert, der Kiefer wurde auseinandergerissen, der Körper ist wie ein Gekreuzigter drapiert, die Augen wurden durch Möwen ausgekratzt. Handelt es sich um eine Hinrichtung und weshalb dieser Ort? Das Handy und die Brieftasche weisen den Toten als Asger Dahl, 63 Jahre und Frührentner aus. Er war schon im Gefängnis, tätowiert mit einem Wotansknoten, hatte einen Portkatheder für eine Chemo. Wer und warum bringt einen Sterbenskranken um? Erste Vermutungen gehen in Richtung Rocker oder eventuell die rechte Szene. Diesen Fragen müssen die Ermittler um das Team von Kirsten Vinther nachgehen. An ihrer Seite ist auch in diesem Fall ihr Vize Jesper Baek, der Neuling in Kopenhagen, sowie Marit Rauch Iversen als Superrecognizerin. Sie berät die Sonderermittlungsgruppe „ulv“ (Wolf). Aber es bleibt nicht bei diesem einen Mord. Auf der Insel Møn wird Martin Piil in seinem Haus umgebracht und auch er wurde wie ein Gekreuzigter aufgebahrt und ihm wurde ebenfalls der Kiefer auseinandergerissen, seine Zunge wurde ihm auf den Bauch gelegt. Es wird sofort ein Zusammenhang der Taten erkennbar und so werden die Ermittlungen zusammengelegt. Aber es soll nicht bei diesen Todesfällen bleiben.

In einem zweiten Strang lernt der Leser Häftling Nr. 25 Hans Erik Rask kennen, der nach 30 Jahren im Gefängnis wieder frei ist. Er wurde als der Wolf von Møn betitelt. Seine Gedanken kreisen auch ständig um den Wolf in ihm und die Edda ist seine Bibel. Grund für seine Strafe war, daß er 1990 die kleine Line und ihren Hund Basse getötet hat. Die Bewohner halten ihn deshalb sofort für den Täter, denn es gibt sehr viele Ähnlichkeiten und so beginnt eine regelrechte Jagd auf Hans Erik.

Es ist ein langer Weg bis die Fälle aufgeklärt werden können und die Ermittlungen werden in einem filmreifen Showdown abgeschlossen.


Ich hatte bereits Band 1 um Marit Rauch Iversen gelesen und wußte deshalb was mich erwarten wird. Sie schreibt spannend und temporeich, aber auch für diesen Band gilt, zartbesaitet sollte man nicht sein. Es werden Brutalitäten genau geschildert, das ist bestimmt nicht jedermanns Sache. Den Plot fand ich sehr gut ausgearbeitet und man konnte sehr gut miträtseln. Die Figuren waren realistisch geschildert, auch das Privatleben der Ermittler fließt mit allen Problemen wohl dosiert in die Geschichte ein. Allerdings hätte ich Marit - als Titelgeberin der Reihe - mehr Raum gewünscht, um ihre besonderen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Die Ermittlungstruppe harmoniert noch nicht ganz, immer wieder kommt es zu Animositäten, so wird z.B. der Kollege Baek gerne als „Landei“ bezeichnet. Wobei in diesem Band wird Baek von seiner Vorgesetzten Vinther gefördert und gefordert. Die Inselbewohner waren eine ganz spezielle Gemeinschaft, der Glaube der Asen spielte hier eine große Rolle. Die Atmosphäre und die Schauplätze konnte man sich bildhaft sehr gut vorstellen. Es wurde auch die nordische Mythologie, Virenforschung und die dänische Ghettopolitik thematisiert. Das Motiv wurde erst spät erkennbar. Auch die kurzen Kapitel und die Zitate am Kapitelbeginn gefielen mir gut.

Wer Thriller mag, für den gibt es eine Empfehlung!

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Veröffentlicht am 17.05.2023

Packender Pageturner

Die Schwester
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Dr. Elisabeth Bader, genannt Lisa, wird vermißt. Sie ist Ärztin, Ehefrau und Mutter von zwei Kindern, war beruflich und privat sehr eingespannt und ist von einer Wochenend-Tagung nicht mehr zurückgekehrt. ...

Dr. Elisabeth Bader, genannt Lisa, wird vermißt. Sie ist Ärztin, Ehefrau und Mutter von zwei Kindern, war beruflich und privat sehr eingespannt und ist von einer Wochenend-Tagung nicht mehr zurückgekehrt. Lisa ist beliebt sowohl bei Kollegen und Patienten als auch bei Nachbarn, ist eine gut aussehende Frau, die im Frühjahr an ihrem 40. Geburtstag noch mal ihr Styling aufgepeppt hat und von da an auch fröhlicher wirkte. Ihre Schwester Mara ist das Gegenteil von ihr – eher flippig, lebt in der Wohngemeinschaft und genießt das Leben auch ohne besonders attraktiven Job. Sie hatte die Kinder übers Wochenende beaufsichtigt, da der Ehemann ebenfalls verreist war. Mara hat bei ihrem Besuch einen früheren Bekannten getroffen und an ihn erinnert sie sich nun, denn Oliver arbeitet in der Vermißtenstelle der Polizei und ihn ruft sie um Hilfe. Aber den Beamten sind die Hände gebunden, denn Erwachsene dürfen ihren Aufenthaltsort selbst bestimmen. Trotzdem werden sie tätig und eruieren, daß Lisa im Hotel eingecheckt hat, anschließend noch einen Spaziergang machen wollte und hier verliert sich mehr oder weniger ihre Spur. Im privaten Bereich wird die Suche intensiv durchgeführt. Es helfen Freunde und Nachbarn mit Flyern und Befragungen von Passanten bzw. eventuellen Zeugen. Als nach über 10 Tagen eine Leiche im Kaspars Wald gefunden wird, muß die Mordkommission aktiv werden. Die Tote kann erst durch das Zahnschema identifiziert werden, denn sie ist bereits skelettiert. Außerdem liegt ihre Handtasche mit Papieren neben der Leiche und es ist eindeutig Lisa. Pia Meyer von der Vermißtenstelle bietet ihre Mithilfe bei den Ermittlungen an, denn sie fühlt sich schuldig, weil sie die Suche aufgegeben haben und außerdem besitzt sie bereits viele Informationen, ist deshalb den anderen Beamten eine große Hilfe. Die Ermittler versuchen nun, den Ablauf des Wochenendes zu rekonstruieren und können/wollen die Frage nach einer Affäre nicht ganz ausschließen.


Die Autorin hat bereits mit ihren letzten Krimis bewiesen, daß sie fesselnd schreiben kann und vor allem bei den Plots samt deren Auflösungen für echte Überraschungen sorgt. Mit derartig hohen Erwartungen bin ich ans Lesen gegangen. Und diese wurden auch vollends erfüllt. Man beginnt zu lesen und hört erst auf, als die letzten Seite zugeschlagen und der Fall gelöst ist. Da die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, bleibt die Spannung auf einem hohen Niveau. Die Charaktere waren gut ausgearbeitet und auch die Atmosphäre der verzweifelten Suche konnte man als Leser spüren. Man durchlebt mit den Figuren diese schreckliche Zeit und sucht nach der Lüftung des Geheimnisses, das Lisa trotz ihres prall vollen Zeitplans hatte. Geliebt wurde sie von ihrem Ehemann abgöttisch. Die Kinder, besonders der Sohn Hektor, waren durchaus anstrengend und forderten viel Kraft, aber auch das hat sie gemanagt, ebenso ihre Verantwortung im Klinikalltag. Vielleicht - eher wahrscheinlich - war sie überfordert darin, immer perfekt sein zu wollen. Es stellt sich als echte Sisyphusarbeit heraus, dieses Puzzle zusammenzusetzen, das weitreichender und komplexer ist als angenommen.

Für mich wieder ein echter Pageturner, den ich sehr gerne weiter empfehle!

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Veröffentlicht am 01.05.2023

Ein Krimi aus der Flower Power Zeit

Die Kriminalistinnen. Der Tod des Blumenmädchens
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Den Auftakt macht eine Stern-Reportage über sechs junge Frauen. Sie haben bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung, kommen jetzt als Quereinsteiger zur Polizei, um hier eine Ausbildung zu Kriminalistinnen ...

Den Auftakt macht eine Stern-Reportage über sechs junge Frauen. Sie haben bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung, kommen jetzt als Quereinsteiger zur Polizei, um hier eine Ausbildung zu Kriminalistinnen zu absolvieren. Unter ihnen befindet sich auch die 22jährige Lucia Specht. Sie erzählt die Geschichte in der Ich-Form. Ihr erster Fall betrifft den Tod bzw. Mord an der Studentin Lena Malberg. Hier kann sie ihre ersten Erfahrungen sammeln, wobei ein Teil ihrer Energie muß sie darauf verwenden, den Vorurteilen der männlichen Kollegen gegenüber zu treten.



Ich kenne die beiden früheren Krimis des Autors zu Otto Hagedorn nicht, dies war aber kein Problem, denn er findet nur nebenbei Erwähnung. Interessant fand ich den Einstieg mit dem Stern-Bericht, bei dem die jungen Damen Perücken aufsetzen mußten, um ihr Aussehen zu verfremden. Dann ging es für mich lange Zeit nicht um den eigentlichen Fall, der gelöst werden mußte, sondern rein um die Äußerlichkeiten der jungen Damen. Da der Autor selbst noch jung ist, hat er für mich hier gut recherchiert was die Authentizität bezüglich des Feelings während der Hippiezeit, der Musik und der Kleidung anging. Aber das hat für mich etwas zuviel Platz in der ersten Hälfte des Buches eingenommen, das Krimigeschehen bleibt noch im Hintergrund. Er beschreibt sehr gelungen, was die Stellung der Frauen, der Vorurteile, dem Machogehabe der Kollegen bzw. des Chefs, damit verbunden auch der Demütigungen (z.B. das Ausleeren der Handtasche vor den Augen des Chefs), Rauchen, Telefonieren in Telefonzellen etc. betrifft. Manche Vorkommnisse und Details sind in der heutigen Zeit undenkbar – Gott sei Dank! Gut gefallen hat mir das Netzwerk, das sich die jungen Damen geschaffen haben, sowie ihr Zusammenhalt, und zwar sowohl beruflich als auch in der Folge privat. Ebenfalls positiv fand ich, daß es unter den jungen, selbstbewußten Damen zu keinem Zickenkrieg kam. Auch den Grund für die Berufswahl – Kein Verbrechen soll ungestraft bleiben und kein Verbrecher ungeschoren davonkommen, fand ich sehr gut. Lucia hat für meine Begriffe etwas zuviel eigenmächtig ermittelt. Der Fall selbst wurde in der zweiten Hälfte für mich spannend, das Tempo zog an und der Schluß läßt auf weitere Bände schließen. Das Cover fand ich passend gewählt.

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Veröffentlicht am 29.04.2023

Albin in Höchstform

Gnadenlose Provence
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Albin Leclerc weilt in den Flitterwochen auf Martinique, langweilt sich etwas und muß von einem Mord zu Hause erfahren. Der 70jährige Radsportler Gaspard Lacroix wurde bei einer Trainingstour seitlich ...

Albin Leclerc weilt in den Flitterwochen auf Martinique, langweilt sich etwas und muß von einem Mord zu Hause erfahren. Der 70jährige Radsportler Gaspard Lacroix wurde bei einer Trainingstour seitlich in den Kopf geschossen. Nach
Albins Rückkehr kommt es zu weiteren Anschlägen auf Senioren unter den Radsportlern. Albin hat ein ungutes Gefühl, denn die Etappe auf den Mont Ventoux der bald startenden Tour de France soll durch Carpentras führen. Sind die Profi-Radrennfahrer womöglich in Gefahr? Ist die Durchführung der Etappe möglich oder stellen die Anschläge eine ernsthafte Bedrohung dar? Castel und Theroux ermitteln auf offizieller Seite und möchten eigentlich eine Einmischung von Albin verhindern. Aber am Ende kann alles gemeinsam erfolgreich gelöst werden. Mehr Details will ich nicht verraten.


Der Autor hat mit Albin Leclerc und Tyson einen besonderen Ermittler geschaffen und ich bin seit Band 1 dabei. Der Schauplatz Provence versetzt den Leser als erstes in Urlaubsfeeling und man hofft auf eine spannende Lesezeit. Und so kommt es dann auch. Im 8. Fall läuft Albin wieder zur Hochform auf. Er ermittelt als angeblich aktiver Polizeiberater (verdeckt mit dem Daumen das Ausstellungsdatum seines Ausweises) und loggt sich schon mal in einem unbeobachteten Moment in den PC von Theroux ein. Die erwünschten Auskünfte und Informationen bei seinen Nachforschungen bekommt er auch, weil wer könnte so einem netten älteren Herrn auch widerstehen. Seine Frotzeleien mit dem Barbesitzer und Tyson kennt man ja schon, aber sie lassen den Leser immer wieder schmunzeln. Allerdings einen so nervigen Kollegen möchte im realen Leben keiner haben, als Romanfigur ist der Kauz hingegen einzig. Sein Privatleben spielt dieses Mal eine untergeordnete Rolle, aber im nächsten Band dürfen wir gespannt sein, ob das Treffen zwischen Tyson und Mila „erfolgreich“ war.

Ich hatte wieder sehr unterhaltsame Lesestunden und von mir gibt es für diesen Band auf jeden Fall wieder eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 26.04.2023

Eine Geschichte voller Magie und Poesie

Feuer auf den Bergen
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Schauplatz Südtirol – Hinterer Seelenkogel
Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen. Zum einen in der Gegenwart. Hier wird ein Junge vermißt, der mit einer Gruppe unterwegs war und beim Abstieg verloren ...

Schauplatz Südtirol – Hinterer Seelenkogel
Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen. Zum einen in der Gegenwart. Hier wird ein Junge vermißt, der mit einer Gruppe unterwegs war und beim Abstieg verloren gegangen ist. Trotz des sehr schlechten Wetters sucht ihn Jan im Alleingang, und zwar auf den alten Schmugglerpfaden in Richtung Gipfel und damit in ein anderes Land. Sein Freund Kepler weiß, daß er ihn nicht abhalten kann. Er selbst kann aus gesundheitlichen Gründen nicht mitgehen, aber sie beide waren früher echte Bergziegen. Wilma, Jans Ehefrau, vertraut ihrem Mann und ist davon überzeugt, daß er die Suche nach dem Jungen nicht eher aufgibt, bis er ihn gefunden hat. Der zweite Strang spielt im Jahr 1978 und der Protagonistin Luce, die mit ihrem Vater und ihrem Bruder hauptsächlich im Wald und vom Schmuggel lebt. Sie trifft im Wald auf einen Jungen mit einem Wolfshund, der anscheinend ohne Zuhause ist und mit ihm freundet sie sich an. Es ist eine Welt, in der eigene Regeln gelten und die Freiheit ist der Lohn. Der Kontakt mit Dorfbewohnern wird hauptsächlich für „Bestellungen und Warenlieferungen“ gepflegt. Luce „darf“ erst später einmal in die Stadt, um sich persönliche Dinge und Wünsche zu erfüllen. Dabei merkt sie nicht, daß sie von ihrem Bruder in Planungen bezüglich der Südtiroler Politik hineingezogen wird.

Und diese ganze Geschichte spielt inmitten der Magie des Waldes, der Tiere und poetischer Beschreibungen der Natur. Sie übernahmen für mich den Hauptpart des Buches.


Romina Casagrande hat mich bereits mit ihrem Buch „Als wir uns die Welt versprachen“ begeistert. Jetzt nimmt sie die Leser mit in die Berge Südtirols und beschreibt die dortige Atmosphäre so bildhaft, man glaubt dabei zu sein. Im vorliegenden Buch liegt für mich gerade in diesen Beschreibungen das Hauptaugenmerk. Deshalb wird es vor allem Leser begeistern, die sich dieser Magie hingeben möchten. Die Figuren beschreibt die Autorin authentisch – Männer waren damals Bergführer und auf die Frauen angewiesen, Frauen waren die Bergziegen. Und Luce durfte auch erst schmuggeln als der Vater, der Bruder und der Junge aus verschiedenen Gründen nicht mehr konnten. Die Autorin beschreibt dieses schwere Leben, die Geheimnisse und die Familienschicksale/-tragödien fesselnd und berührend. Am Ende führen die Stränge zusammen und ergeben ein komplettes Bild.

Das Cover fand ich ausgesprochen gut getroffen, den italienischen Titel „I bambini del bosco“ fand ich persönlich besser.

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