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Veröffentlicht am 11.12.2023

Lebenskrise

Tot oder lebendig
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Anna ist unglücklich. Mit ihrem tristen Leben und dem öden Bürojob in einer Kleinstadt in der ehemaligen DDR. Auch die Geborgenheit, welche sie bei ihren Freundinnen Alex & Agnes findet, hilft ihr nicht ...

Anna ist unglücklich. Mit ihrem tristen Leben und dem öden Bürojob in einer Kleinstadt in der ehemaligen DDR. Auch die Geborgenheit, welche sie bei ihren Freundinnen Alex & Agnes findet, hilft ihr nicht aus ihrem Tief. Für ein halbes Jahr krank geschrieben und mit einer Überweisung für einen Therapieplatz in der Tasche wird ihr bewusst, dass sie für ebendiesensehr lange Wartezeit einplanen muss. Durch Zufall führt sie ihr Weg zu einer Seherin, welche ihr erzählt, Anna sei die Reinkarnation eines gewissen Andri. Mit diesem Wissen und ihrer Neugier macht sich Anna kurzentschlossen auf eine Reise nach Dubrovnik. Ob sie dort die Wahrheit über ihre Identität finden wird und somit auch einen Sinn für ihr Leben?
"TOT ODER LEBENDIG" von Ariana Zustra @frankfurter_verlagsanstalt ist ein packender Debüt-Roman um eine Frau mitten im Leben. Aber auch um die Suche nach Sinn im Leben und nach sich selbst. Für mich war Annas Reise nach Kroatien auch eine schöne Realitätsflucht aus meinem aktuellen Alltag. Sowohl die Schauplätze des Geschens als auch die Charaktere, denen Anna begegnet sind detailliert beschrieben ohne den roten Faden zu verlieren. Alles würde für mich lebendig. Auch Dubrovnik mit seiner Küste und den Inseln könnte ich mir bildlich vorstellen, obwohl ich dort noch nie war. Geschickt hat die Autorin auch die Geschichte Kroatiens während des zweiten Weltkrieges und die auch dort verfolgter jüdischer Mitbürger
innen in die Handlung eingewebt. Auch Adam und Anka sind zwei sehr individuelle Personen, welche ich sehr schnell in mein Herz schließen konnte. Das Ende von Annas Reise war für mich eine kleine Überraschung, jedoch nicht gänzlich unerwartet.
Alles im allen eine mehr gut abgerundete Geschichte. Herzliche zum Lesen empfohlen.

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Veröffentlicht am 11.12.2023

Nähe zu anderen Menschen herstellen

Schambereich
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Genau das ist Christine Koschmieder schon immer schwer gefallen, es sei denn Alkohol war im Spiel. Nach ihrem Aufenthalt in einer Suchtklinik geht sie dem Ursprung ihres Näheproblems mit der Hilfe einer ...

Genau das ist Christine Koschmieder schon immer schwer gefallen, es sei denn Alkohol war im Spiel. Nach ihrem Aufenthalt in einer Suchtklinik geht sie dem Ursprung ihres Näheproblems mit der Hilfe einer Sexualtherapeutin auf den Grund. In ihrem Erfahrungsbericht "SCHAMBEREICH - Über Sex sprechen" darf ich die Autorin auf ihrem Weg begleiten. Als Kind hat sie ihre Mutter immer voller Selbsthasserlebt, denn ebendiese hat zu ihrer Tochter kein inniges Verhältnis gehabt. Die Mutter hatte anscheinend eine Magersucht, gepaart mit Alkoholmissbrauch und Nikotinsucht. Die Tochter war sich oft unsicher, wie sie es der Mutter recht machen soll, hatte Angst zu versagen. Was hier als eine sehr persönliche und intime Reise beginnt hat sich für meinen Geschmack in eine eher distanzierte und sehr sachlichen Monolog entwickelt. Es werden veraltete Gesentze bezüglich der sexuellen Verfügbarkeit der Ehefrau zitiert, über Generationen gewachsene gesellschaftliche Strukturen hinterfragt. Zu mir konnte Frau Koschmieder zum Ende der Lektüre hin leider keine Nähe aufbauen. Aber vielleicht ist sie noch nicht soweit gewesen.

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Veröffentlicht am 11.12.2023

Landwirtschaften mitten im Klimawandel

Mauerpfeffer
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Sie steht für das ein, wovon sie überzeugt ist. Das ist zum Einen ihre Empathie für Natur und Umwelt und zum Anderen die ökologische Landwirtschaft. In ihrer Erzählung "Mauerpfeffer" aus dem Slowenischen ...

Sie steht für das ein, wovon sie überzeugt ist. Das ist zum Einen ihre Empathie für Natur und Umwelt und zum Anderen die ökologische Landwirtschaft. In ihrer Erzählung "Mauerpfeffer" aus dem Slowenischen übersetzt von Liza Linde @verbrecherverlag schildert Journalistin und Schriftstellerin Nataša Kramberger ihre Erlebnisse und Erfahrungen auf ihrem Bauernhof, welchen sie von ihrer Mutter übernommen hat. Schon den richtigen Zeitpunkt zum Aussäen von Getreide zu finden erweist sich für die Quereinsteigerin als kompliziert zumal eine Dürre den Acker praktisch in gebrannten Ton verwandelt. Für ihr Art Landwirtschaft zu betreiben wird sie in der Nachbarschaft oft belächelt und belehrt. Doch in Zeiten des Klimawandels ist der ökologische Landbau das einzig Richtige. Dafür steht Nataša ein, bietet sogar im Streit ihrem Vater die Stirn. Denn sie hält Pestizide für Umweltschädlich.
Der Text ist ab einigen Stellen äußerst poetisch, zeigt von der Liebe zur Natur. An anderen Stellen kämpferisch, fast wie ein Mantra. Für mich war das Lesen auch aus beruflichen Gründen sehr spannend, denn ich habe als Gärtnerin auch seit einigen Jahren mit dem Klimawandel eine neue Herausforderung und kann die Denkansätze der Autorin durchaus nachvollziehen.
Von meiner Seite eine äußerst wichtige Erzählung zum Thema Klimawandel und Landwirtschaft, also lest es 🤗

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Veröffentlicht am 11.12.2023

Wer war Andrea Manga Bell?

Die Heilige des Trinkers
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Sie war Tochter eines afro-kubanischen Mannes und einer Hamburgerin. Von Beruf war sie Grafikerin und Journalistin, aber auch Redakteurin bei Einer Zeitschrift des Ullstein Verlages. Jung hat sie den designierten ...

Sie war Tochter eines afro-kubanischen Mannes und einer Hamburgerin. Von Beruf war sie Grafikerin und Journalistin, aber auch Redakteurin bei Einer Zeitschrift des Ullstein Verlages. Jung hat sie den designierten Thronfolger der damaligen deutschen Kolonie Kamerun geheiratet, welcher sie aber schon nach wenigen Jahren mit den beiden gemeinsamen Kindern alleine zurück ließ.
Der Roman "Die Heilige des Trinkers" von Lea Singer @kampaverlag erzählt im Schwerpunkt Andreas gemeinsamen Lebensweg mit dem Autor Joseph Roth. Der Schriftsteller mit jüdischen Wurzeln geht eine Beziehung mit der immer noch verheirateten Andrea ein. Obwohl die beiden nie heiraten sind sie doch viele Jahre abhängig voneinander. Für Joseph scheint mir Andrea der Fels in der Brandung zu sein, insbesondere in den finsteren 1930er Jahren in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Frankreich. Doch der Mann, für den Andrea unentgeltlich seine Romane abtippt lebt seit Jahren über seine Verhältnisse, hat hohe Schulden, schnorrt sich bei befreundeten Menschen durch. Sein immerwährendes Laster ist der Alkohol. Lange redet sich Andrea ein in dieser Abhängigkeit von Roth eine gewisse Freiheit leben zu können. Doch auf mich wirkt die Beziehung zwischen den beiden toxisch.
Doch auch die Nazi-Diktatur wird hier intensiv thematisiert. Nicht nur Joseph Roth hat Angst um sein Leben auch Andrea und ihre Kinder sind zunehmend Antisemitismus und Rassismus ausgesetzt, nicht nur verbal werden sie attackiert, auch körperliche Angriffe gehören bald zum Alltag.
Die Autorin bringt hier gekonnt zwei Biographien zusammen, welche in der dunkelsten Zeit Europas gelebt haben. Der Roman war einerseits faszinierend und fesselnd, andererseits auch eine beängstigende Zeitreise im Kontext mit dem gegenwärtigen Geschehen hier in Deutschland und Israel.
Von mir wird das Lesen dieses Buches von Herzen empfohlen.

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Veröffentlicht am 11.12.2023

Eine Liebeserklärung an das Leben

Lieder aller Lebenslagen
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Eine junge Frau zieht in eine Wohngenossenschaft, das Zimmer ist unglaublich günstig. Ihren Geld verdient sie mit dem Verfassen von Horoskopen für ein Tageblatt. Doch ihre Leidenschaft ist das Dichten ...

Eine junge Frau zieht in eine Wohngenossenschaft, das Zimmer ist unglaublich günstig. Ihren Geld verdient sie mit dem Verfassen von Horoskopen für ein Tageblatt. Doch ihre Leidenschaft ist das Dichten von Gelegenheitsliedern. Und schon bald lernt sie auf diesem Wege ihre Genoss*innen besser kennen. Auf diese Weise nimmt mich Stine Pilgaard in ihrem Roman "Lieder aller Lebenslagen" aus dem Dänischen übersetzt von Hannes Langendörfer @kanonverlag.
Auch ich darf die die Ich-Erzählerin ohne Namen und ihr neues Leben begleiten. Eine Reise durch das Jahr beginnt, mit den Tierkreiszeichen, kurzen Geschichten aus dem WG-Alltag - wortakrobatisch zusammengefasst in jeweils einem Lied. Auch wenn die Autorin nicht auf alle ihre Romanfiguren mit derselben Intensität eingeht, ist hier für jeden Menschen eine Identifikationsfigur dabei, charakterlich war es für mich die Ich-Erzählerin. Die Anekdoten aus dem Leben haben mich immerwieder schmunzeln und oft lachen lassen, es hat mir gute Laune beschert in einer eher trübsalbeladenen Woche. Einige Zusammenhänge im hinteren Viertel des Romanes habe ich nicht zusammenbringen können. Aber seisdrum, Stine Pilgaard beweist hier definitiv wieder eindeutig, wie genial sie Worte zu Texten komponieren kann, das ist mir auf jeden Fall eine Herzensempfehlung wert 🤗

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