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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.07.2020

Beste Thriller-Unterhaltung

Der Behüter: Thriller
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Eigentlich könnte ich mich ständig selbst zitieren aus meinen früheren Rezensionen, denn egal welchen Thriller ich von Catherine Shepherd lese, egal aus welcher ihrer Thriller-Reihen, immer fühle ich ...

Eigentlich könnte ich mich ständig selbst zitieren aus meinen früheren Rezensionen, denn egal welchen Thriller ich von Catherine Shepherd lese, egal aus welcher ihrer Thriller-Reihen, immer fühle ich mich auf verlässliche Weise auf das Beste und Spannendste unterhalten. So erging es mir auch mit „Der Behüter“, dem neuen Thriller aus der Laura-Kern-Serie.
Vor den Mülltonnen eines Krankenhauses wird eine Tote gefunden, eine Frau, die offenbar vor ihrem Tod in der Klinik behandelt worden war und lt. Überwachungskamera mit einem fremden Mann unerlaubt die Klinik verlassen hatte. Eine weitere Patientin verschwindet. Beide Frauen waren von ihren Lebensgefährten misshandelt worden. Und die weiteren Geschehnisse erwecken den Eindruck, der unbekannte Täter wolle die Frauen vor den Misshandlungen retten. Aber warum tötet er sie dann? Laura Kern wird wieder bis an ihre persönlichen Grenzen gefordert, als ihr klar wird, dass sie einen Serientäter jagt. Insbesondere für das letzte Entführungsopfer wird es ein schier hoffnungsloser Kampf gegen die Zeit.
Catherine Shepherd spielt wieder gekonnt mit dem Leser. Die Reihe der Verdächtigen, die die Autorin in die Handlung einbringt, ist lang. Viele Spuren werden verfolgt, verlaufen im Sande, rücken durch neue Ermittlungsergebnisse erneut in den Fokus, und der Leser wird immer verwirrter. Catherine Shepherd schreibt so bildhaft, so kurzweilig und ideenreich, so überaus spannend, dass man ohne Pause durch die Seiten jagt. Und es gelingt ihr tatsächlich, zum Schluss die Handlung zu einer Auflösung zu führen, mit der man ganz und gar nicht gerechnet hatte. Die von ihr beschriebenen Personen wirken authentisch, vielschichtig, psychologisch stimmig, in ihren Handlungen nachvollziehbar. Übrigens sehr wohltuend fällt im Buch auf, dass Laura sich immer wieder bei ihren Mitarbeitern bedankt. So eine Geste kommt selten vor in Thrillern. Ungewöhnlich ist auch, dass man für den Täter tatsächlich ein wenig Sympathie oder Mitgefühl entwickelt. Denn die Suche nach aufrichtiger Liebe kennen wir alle…
Fazit: Wieder ein überaus spannender und wendungsreicher Thriller von Catherine Shepherd, gekonnt geschrieben. Ein Muss für alle Thriller-Fans!

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Veröffentlicht am 15.07.2020

... der stets das Gute will und stets das Böse schafft...

Seitensprung
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Das vorliegende Buch war das erste, das ich von Jason Starr gelesen habe. Deshalb war ich über das erste Drittel hinweg nur mäßig angetan vom Buch und fragte mich immer wieder, wo denn zwischen all den ...


Das vorliegende Buch war das erste, das ich von Jason Starr gelesen habe. Deshalb war ich über das erste Drittel hinweg nur mäßig angetan vom Buch und fragte mich immer wieder, wo denn zwischen all den Beziehungskonflikten und Kinderbetreuung der Thriller versteckt sein soll. Ich fühlte mich in einer trüben Geschichte zwischen schlechter Ehe eines erfolglosen Ehemanns mit Sex-Fantasien und einem Sammelsurium an Unwichtigkeiten und entsprechender Langeweile gefangen. Doch es lohnt sich durchzuhalten und weiterzulesen!

Kurz zum Inhalt: Jack Harper war einstens ein halbwegs erfolgreicher Rockstar und Alkoholiker. Heute fristet er als desinteressierter, erfolgloser Immobilienmakler sein Dasein und besucht regelmäßig die Gruppentreffen der Anonymen Alkoholiker. Seine Ehe mit Maria ist auf dem Tiefpunkt angelangt. Einziger Lichtblick ist Sohn Jonah, um den sich Jack mit großer Liebe und Aufmerksamkeit kümmert. Das Gespräch mit einem potentiellen Kunden weckt in Jack die Neugier auf eine Seitensprung-Website. Trotz etlicher Bedenken und Vorbehalte siegt schließlich die Neugier, und es beginnt eine schier tödliche Spirale an Fehlern und Missverständnissen.

Es ist schon beeindruckend, wie sich der Protagonist als Opfer sieht, immer und überall. Stets hat er die besten Absichten, macht sich viele Gedanken um diese guten Absichten, und scheitert doch jedes Mal kläglich, ja schlimmer noch, er schwört neue weitere Katastrophen heraus. Von Mal zu Mal werden die fatalen Verstrickungen schlimmer, bis hin zu tödlichen Konsequenzen. Solch einen spiralförmig durchkomponierten Thriller habe ich tatsächlich noch nie gelesen. Unglaublich, wie man als Leser, ausgestattet mit viel Sympathie für den tragischen Helden Jack Harper, hineingerät in ein verzweifeltes inneres Aufschreien, wenn wieder und wieder dem vermeintlich Harmlosen Schlimmeres folgt. Man möchte Goethe zitieren, und zwar in Umkehr des Originals: „Ich (Jack) bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft…“ Ein genial komponierter Thriller, der nach einem langsamen Anfang das Tempo mehr und mehr steigert, bis es vermeintlich keinen Ausweg mehr gibt. So genial komponiert, dass man dem Autor mühelos auf den Leim geht. Denn nichts ist so wie es scheint. Mir fällt kein besseres Wort ein: ein genialer Thriller!

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Veröffentlicht am 14.07.2020

Achtsam und mit Respekt durch die Natur

Lotta entdeckt die Welt: Im Wald
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Wenn ich in meinem Umfeld beobachte, wie kleine Kinder völlig ungeniert und ohne jegliches Gefühl für Natur durch liebevoll angelegte Blumenbeete stapfen und Blütenköpfe abreißen, während die Mütter auf ...


Wenn ich in meinem Umfeld beobachte, wie kleine Kinder völlig ungeniert und ohne jegliches Gefühl für Natur durch liebevoll angelegte Blumenbeete stapfen und Blütenköpfe abreißen, während die Mütter auf ihre Handys starren oder einander Wichtiges zu erzählen haben, bin ich immer wieder aufs Neue entsetzt. Haben Eltern nicht einen Erziehungsauftrag? Sollte Kindern nicht so früh wie möglich Achtung und Respekt vor der Natur übermittelt werden?
Das vorliegende Bilderbuch ist ein großartiges und wertvolles Beispiel, auf welch liebevoll-zugewandte Weise dies gelingen kann, und zwar schon bei den Kleinsten. Lotta beobachtet sehr genau, was es im Wald zu entdecken gibt. Zusammen mit ihrem Opa und dem Hund Zottel ist sie unterwegs, neugierig, mit offenen Augen. Sie ist leise, um die Tiere nicht zu erschrecken. Sie spürt die Weichheit der Blättchen eines winzigen Bäumchens. Lotta ist achtsam und sorgsam und entdeckt dadurch so viel Interessantes. Die fröhlich-positiven Zeichnungen von Katja Senner sind auf geschickte Weise eingebettet in Naturfotos, was einen ganz besonderen Zauber auslöst. Heile Welt? Ja, vielleicht. Warum auch nicht? Was kann es Besseres geben, als mit solchen Bilderbüchern bereits im frühesten Alter die Sehnsucht zu wecken nach dem reichen Erlebnis, das Natur denen bietet, die achtsam sind.

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Veröffentlicht am 30.06.2020

Sehr unterhaltsamer, gut recherchierter Medizin-Schmöker

Das Juliusspital. Ärztin aus Leidenschaft
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Außerordentlich schade finde ich, dass sowohl Covergestaltung als auch der Buchtitel als solcher einen trivialen, kitschigen Roman suggerieren und damit die falsche Zielgruppe anlocken. Dass sich hinter ...


Außerordentlich schade finde ich, dass sowohl Covergestaltung als auch der Buchtitel als solcher einen trivialen, kitschigen Roman suggerieren und damit die falsche Zielgruppe anlocken. Dass sich hinter den Buchdeckeln ein großartig recherchierter historischer Medizin-Schmöker verbirgt, der sich sowohl perfekt unterhaltend als auch mit Wissensgewinn lesen lässt, verrät sein Äußeres leider nicht.

Wir befinden uns in Würzburg im Jahr 1850. Alle Träume der reichen Bankierstochter Viviana Winkelmann, Ärztin zu werden, sind auf einen Schlag dahin, als Viviana unverheiratet und nicht standesgemäß von einem Steinmetz schwanger wird. Sie wird von der Familie, die alles auf die unbefleckte Ehre ihres Standes gibt, unbarmherzig auf die Straße geworfen. Nach Zeiten großer Not wird Viviana Helferin in der Apotheke des renommierten Würzburger Juliusspitals und belauscht heimlich Vorlesungen, denn ihren Lebenstraum, Ärztin zu werden, hat sie auch als uneheliche, mittellose Mutter nicht verloren. Doch Frauen dürfen zu dieser Zeit nicht studieren, nicht einmal Abitur machen. „Frauen fehlt es an geistiger Kraft“, so äußert sich Rudolf Virchow im Buch. Viviana ahnt nicht, dass nicht nur der Zeitgeist, sondern auch ihr eigener Bruder als erbitterter Feind ihrem Lebensziel entgegensteht.

Den mit 570 Seiten recht umfangreichen Roman habe ich in kurzer Zeit regelrecht verschlungen. Denn es ist den Zwillingsschwestern Claudia und Nadja Beinert auf perfekte Weise gelungen, einen historischen Roman so lebendig zu schreiben, dass man beim Lesen völlig eintaucht in eine Zeit, in der ein Spital ein Ort zum Sterben war, in der Ärzte, die etwas auf sich hielten, nicht im Krankenhaus arbeiteten, sondern Privatpraxen führten und in der renommierte Professoren, teils eitel und selbstherrlich, teils besessen forschend, in Würzburg ihre neuesten Erkenntnisse an die Studenten weitergaben. Wie sich Viviana, verwöhnte Tochter aus reichem Haus, wandelt zur Kämpferin für die Frauen und ihr Recht auf Bildung, wird spannend und einfühlsam erzählt. Zudem lernt man sehr viel über den Stand der Medizin Mitte des 19. Jahrhunderts. Der sehr sorgsame Sprachstil passt perfekt zur geschilderten Zeit. Die sehr detailverliebte Erzählweise erleichtert das Ein- und Wegtauchen in die Geschichte und verrät, zumindest ansatzweise, wie viel sorgfältige Recherchearbeit hinter dem Roman steckt. Mir hat das Buch sehr, sehr gut gefallen!

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Veröffentlicht am 28.06.2020

Ideale Mischung zwischen Humor und Tiefgang

Spätsommer ist auch noch Sommer
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Die Autorin kannte ich bislang nicht. Doch der treffliche Titel zog mich an. Und was soll ich sagen: Das Buch war für mich eine echte Entdeckung. Wunderbar, wie die Autorin mit leichter Hand und einer ...


Die Autorin kannte ich bislang nicht. Doch der treffliche Titel zog mich an. Und was soll ich sagen: Das Buch war für mich eine echte Entdeckung. Wunderbar, wie die Autorin mit leichter Hand und einer lächelnden Schreibfeder, dazu in finnischer Freizügigkeit, erzählt von einer Lebenszeit, die - zumindest zeitweilig - gar nicht so lustig ist.

Ulla, 74, pensionierte Zahnärztin, hatte über 10 Jahre ihren ungeliebten Mann Olli rund um die Uhr gepflegt. Ihre erste Tat nach dem Tod von Olli, überhaupt ihre erste Aktivität für sich selbst nach den langen Jahren der Pflege, ist ein Friseurbesuch mit allem Drum und Dran. Im nächsten Schritt nimmt sie Kontakt auf mit ihren alten Freundinnen Hellu und Pike, die sie trotz der jahrelangen Vernachlässigung wieder freudig in ihre Runde aufnehmen. Auf der Suche nach allem, was Spaß macht, wird nichts ausgelassen. Das ruft in den Kindern von Ulla größte Besorgnis hervor, denn „Mamilein“, die Greisin, scheint in deren Augen offensichtlich an fortschreitender seniler Demenz zu leiden…

Der Roman ist ein offenherziges und warmherziges Plädoyer dafür, auch in fortgeschrittenen Jahren das Leben Tag für Tag bewusst zu genießen. Heiter und beschwingt führt uns die Autorin anhand der drei Freundinnen durch deren verschiedene Versuche, alles auszuprobieren, was gefällt oder vielleicht letztlich auch nicht gefällt, wie zum Beispiel die missglückten neuen Augenbrauen, mit denen man aussieht wie Leonid Breshnew. Hauptsache, Schwung kommt ins Leben. Denn die Blessuren, die einem das Leben verpasst hat, gilt es bunt zu bemalen, nicht zu beweinen. Zwar blieb mir beim Lesen des Öfteren das Lachen im Hals stecken, denn hinter aller Vergnüglichkeit werden die Bedrohungen des Alters nicht ausgespart. Doch genau dies macht die Tiefe des Buches aus.

Doris Dörrie sagte einmal: „Humor funktioniert so, als würde man das Fenster aufmachen und es kommt wieder Luft rein.“ So, genau so erfrischend ist dieser wunderbare Roman zu lesen.


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