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Veröffentlicht am 31.08.2022

Manches Dieners Zunge schwatzt nur seines Herrn Verderben herbei. (Shakespeare)

Schloss Liebenberg. Hinter dem hellen Schein
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Adelheid kann ihr Glück kaum in Worte fassen - ausgerechnet sie, die Tochter eines Tagelöhners, wird als Stubenmädchen auf Schloss Liebenberg arbeiten. Endlich dem Hunger und der Armut entfliehen, die ...

Adelheid kann ihr Glück kaum in Worte fassen - ausgerechnet sie, die Tochter eines Tagelöhners, wird als Stubenmädchen auf Schloss Liebenberg arbeiten. Endlich dem Hunger und der Armut entfliehen, die im kargen Zuhause aus den Ritzen kriecht. Adelheid verrichtet ihre Arbeit mit Fleiß und Eifer, aber genau das ist so manch Bediensteter ein Dorn im Auge. Auch weil Adelheid grundsätzlich nur an das Gute im Menschen glaubt, ist sie ein dankbares Opfer für all die kleinen und großen Stolperfallen, die man man ihr in den Weg stellt. Ihre Fehltritte blieben nicht ohne Folgen und Adelheid wird zum Hausmädchen degradiert. Doch die bösen Zungen sind noch lange nicht still und es braut sich eine dunkle Wolke über dem herrschaftlichen Schloss zusammen...


Hanna Caspian ist wieder einmal ein wunderbarer Start in eine historische Buchreihe gelungen und sie beweist, dass sie sich sicher auf diesem Parkett bewegt. Sie lässt das opulente Schloss Liebenberg und seine Bewohner:innen aus den Seiten steigen und nimmt einen anderen Blickwinkel ein, um das Leben der "Unsichtbaren" in diesem ehrwüdigen Gemäuer mit all seinen Tücken, Intrigen, Boshaftigkeiten und Lästerzungen für die Leser:innen zugänglich zu machen.

Die Zimmermädchen und Diener sind wirklich mit äusserster Vorsicht zu genießen und es scheint, als wäre Adelheid in einer waren Schlangengrube angekommen. Lydia Keller versprüht nach Lust und Laune ihr Gift, Hedda macht lange Finger und Opitz führ eine Karte der Verfehlungen. Wer solche Kolleg;innen hat, braucht keine anderen Feinde mehr, denn hier zischelt und zischt es an jeder Ecke und hinter jeder Tür.

Die Schere zwischen arm und reich klafft sehr weit auseinander und der Autorin gelingt es hier sehr gut, Standesdünkel, Denkweisen und den Geist des letzten Jahrhunderts einzufangen. Die Arbeit im herrschaftlichen Haus ist kräftezehrend und müsehlig, oft von Züchtigungen und sexuellen Übergriffen geprägt und verlangt den Bediensteten alles ab - Loyalität vorausgesetzt.

Kaisertreue, aktuelles Zeitgeschehen (es gibt es Wiedersehen mit dem Hauptmann von Köpenick) und die antiquierten Ansichten um den Paragrafen 175 sind die Themen, die nicht nur die Dienstboten und Zimmermädchen beschäftigen, sondern auch für die Lesenden für die Dauer der Lektüre, neben der harten körperlichen Arbeit, zum Tagesinhalt werden. Denn hinter teuren Stoffen, feinem Porzellan und glitzerndem Schmuck verbergen sich Geheimnisse, die besser nicht ans Tageslicht kommen.

Die Figuren sind alle sehr einnehmend gezeichnet und zeigen sehr offen, was sie denken und fühlen. Adelheid legt eine Wandlung hin, die die Leser:innen Seite um Seite miterleben und nachvollziehen können. In der stillen jungen Frau schwelt es und der Vulkan steht kurz vorm Ausbruch.

Der Ausflug in die Zeit des Kaiserreichs aus der Sicht der Hausangestellten bietet jede Menge Zündstoff, interessante Einblicke, Skandale und Emotionen. Hannah Caspian projiziert sepiafarbene Bilder, die sie in einer Laterna Magica zum Leben erweckt zu bewegten Szenen im Kopfkino zusammenfügt.

Für diesen gelungenen Start kann es nur 5 Sterne geben !

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Veröffentlicht am 29.08.2022

Lebenslügen, Traumata und der Versuch, einen eigenen Weg zu gehen

Erbgut
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Mit dem ersten Schrei eines Neugeborenen beginnt der Weg ins Leben. Ein ewiger Prozess aus Lernen, Begreifen und Verstehen. Doch wie beeinflussen längst vergangene Ereignisse den Lebensweg ? Gibt es tatsächlich ...

Mit dem ersten Schrei eines Neugeborenen beginnt der Weg ins Leben. Ein ewiger Prozess aus Lernen, Begreifen und Verstehen. Doch wie beeinflussen längst vergangene Ereignisse den Lebensweg ? Gibt es tatsächlich Dinge, die sich im Guten wie im Schlechten vererben ? Erfahrungen, die sich immer wieder wiederholen ?

Bettina Scheiflinger legt einen Debütroman vor, der sich mit den engmaschigen Beziehungsmustern im Familienkonstrukt befasst. Die Leser:innen sind quasi mit dabei, wenn die Ich-Erzählerin geboren wird und gehen gemeinsam mit ihr den Lebensweg. Rückblenden und Gegenwart wechseln sich ab und ermöglichen tiefe Einblicke in Lebenslügen und Traumata, die ihre prägenden Spuren hinterlassen haben und gleichzeitig als Erfahrung im "Erbgut" gespeichert sind und an die nächste Generation vererbt werden.

Dabei hängen diese Prägungen wie ein Damoklesschwert über den Köpfen und hindern die Figuren daran, sich von eben jenen Fesseln zu befreien und sich zu eigenständigen Persönlichkeiten zu entwickeln. Ängste, Ohnmachtsgefühle und emotionaler Rückzug sind quasi an der Tagesordnung und werden von Generation zu Generation unbewusst weitergegeben.

Die Autorin erschafft mit der Ich-Erzählerin eine Persönlichkeit, die zwischen den Stühlen sitzt und trotzdem versucht, zu sich selbst zu finden. Keine leichte Aufgabe, die sowohl der Protagonistin als auch den Lesenden einiges abverlangt. Denn es sind die vielschichtigen Themen, die einmal angesprochen, ihre Kreise ziehen und Spuren hinterlassen.

Migrationshintergrund und Rassismus, NS-Vergangenheit und Generationenkonflikt, aber auch Identitätskrise und Selbstfindung sind die Themen, die das Buch zu einer abwechslungsreichen und sehr interessanten Lektüre machen.

Unweigerlich stellen sich die Leser:innen die Frage, welche Prägungen und Verhaltensmuster vererbt worden sind und den eigenen Lebensweg beeinflussen. Ein anspruchsvolles Debüt, bei dem vieles angesprochen wird, aber auch vieles zwischen den Zeilen zu finden ist - und genau deswegen ist es so lesenswert.

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Veröffentlicht am 28.08.2022

Dunkel, hart und durchdringend

Lento Violento
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Alex hat sich ein Projekt vorgenommen, das ihre ganze Aufmerksamkeit fordert. Ihr Buch soll über die Musik und Jugendkultur der 1990er Jahre handeln und somit den Beweis liefern, dass dem fette Beat und ...

Alex hat sich ein Projekt vorgenommen, das ihre ganze Aufmerksamkeit fordert. Ihr Buch soll über die Musik und Jugendkultur der 1990er Jahre handeln und somit den Beweis liefern, dass dem fette Beat und dem durchdringenden Bass alle, die ihn einmal gehört haben, unwiderruflich verfallen sind. Ihre Recherche bringt nicht nur Alex, sonder auch ihre Mitbewohnerin Ruth und WG-Partner Daniel an die Grenze des Ertragbaren. Denn Alex ist nicht nur in einer Schreibkrise gefangen, sondern auch in einer gedanklichen Zeitschleife, die keine Unterschiede zwischen Realität und Fiktion kennt...


Wow, was für ein Debüt. Maria Muhar lässt ihren Roman "Lento Violento" wie die fetten Beats der 90er krachen und so haut dieser richtig rein. Die Handlung ist von Beginn an nicht einfach zu durchschauen und erfordert ein gewisses Maß an Konzentration, aber ist man erst einmal drin in der Geschichte, liest sich diese wie in Trance.

Muhar drückt ihren Protas den Stempel der ewig Suchenden, der Unzufriedenen auf und ihre fast schon geniale Orientierungslosigkeit führt dazu, dass sich die Figuren mit ich selbst, ihrem Leben und den noch nicht eingetretenen Versprechungen aus der Jugend auseinander setzen müssen. Der Versuch, in Form einer psychotherapeutischen Behandlung wieder zu sich selbst zu finden, scheint zum Scheitern verurteilt. Einzig in Tagebucheinträgen schimmert durch, was gefühlt und bewegt und welchen geplatzten Träumen nachgetrauert wird.

Alle Charaktere sind mehr als gut gezeichnet und zeigen , dass sie längst nicht dort angekommen sind, wo sie sich eigentlich in den 90ern gesehen haben.

Drogen, Depressionen, Zwänge und Ängste, aber auch Enttäuschungen und Misserfolge sind die greifbaren Überreste einer Generation, die im Rausch der elektronischen Musik aufgewachsen und von ihren Klängen getragen worden ist.

Textpassagen von Scooter, Gigi D'Agostino, Vengaboys und anderen fließen in die Handlung mit ein, unterstreichen den harten Beat und wecken eigene Erinnerungen. Politische Ereignisse (Anschlag auf das Sonnenblumenhaus in Rostock, Ibiza-Affäre) finden ebenfalls ihren Weg in das Buch. Auch die Unsicherheit von Alex und ihr großes Schweigen, subtiler Humor, der manchmal schon an der Grenze zum Sarkasmus kratzt und Kapitel, die nicht immer einfach zu lesen sind, sorgen für eine interessante Lektüre, die das Eurodance-Lebensgefühl als wohl sortiertes Chaos -manchmal auch im Kopf- aus unterschiedlichen Positionen beleuchtet.

Ein gelungenes Debüt, das Lust auf mehr macht.

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Veröffentlicht am 28.08.2022

Genieße den Augenblick, denn der Augenblick ist dein Leben

Die Welt ist so schön. Das kleine Buch der liebevollen Achtsamkeit. Ein neuer Blickwinkel für mehr Lebensfreude: Geschichten zum Nachdenken & viel Inspiration!
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Persönlichkeitsfindung und- Entwicklung, Achtsamkeit und eine positive Denkweise sind Schlagwörter, die uns seit einiger Zeit begleiten. Es gibt viele Bücher zu diesen Themen, aber mit "Die Welt ist so ...

Persönlichkeitsfindung und- Entwicklung, Achtsamkeit und eine positive Denkweise sind Schlagwörter, die uns seit einiger Zeit begleiten. Es gibt viele Bücher zu diesen Themen, aber mit "Die Welt ist so schön" halten die Leser:innen ein keines Buchschätzchen in den Händen.

Phlilipp Kauthe erzählt in liebevollen kleinen Geschichten wie es gelingt, den Alltag fröhlich und bunt zu gestalten und alte Denkweisen und Verhaltensmuster abzustreifen. Warum immer nach dem Großen streben und den Wünsche hinterher jagen, wenn bereits das Beste was wir haben, vor uns liegt. Auch zeigt er, dass nörgelnde und von Frust und Ärger zerfressene Menschen keine Chance haben, uns ebenfalls mit in diese Spirale hineinzuziehen, wenn wir ihnen selbstbewusst entgegentreten und uns nicht ihre selbst gewählten Fesseln anlegen lassen.

Die Erzählungen sind in einer sehr bildhaften Sprache verfasst, die die Lesenden direkt ansprechen und sofort Impulse setzen. Mal regen sie zum Nachdenken an, mal verführen sie zum Träumen, locken unsere Kreativität hervor und helfen dabei, trübsinnige Gedanken mit ein bisschen Fantasie, Humor und Optimismus in Fröhlichkeit zu verwandeln.

Das Büchlein ist ein wunderbarer Alltagsbegleiter, bietet jede Menge Anregungen, um die Perspektive zu wechseln und den eigenen Standpunkt zu überdenken und zaubert ein Lächeln ins Gesicht.

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Veröffentlicht am 27.08.2022

Ich will gern einmal nach Paris, einfach so nur zum Spaß (U. Jürgens)

Zu Tisch in Paris
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Ein Wochenende zu zweit in Paris, verliebte Stunden an der Seine und abends Romantik beim Glitzern der Lichter des Eiffelturms - damit die wunderschönen Erinnerung Zuhause nicht verblassen, bietet "Zu ...

Ein Wochenende zu zweit in Paris, verliebte Stunden an der Seine und abends Romantik beim Glitzern der Lichter des Eiffelturms - damit die wunderschönen Erinnerung Zuhause nicht verblassen, bietet "Zu Tisch in Paris" echte französische Klassiker, die in Bistros und Cafés serviert werden.

Das Cover wartet schon gleich mit d e m magischen Anziehungspunkt der französischen Hauptstadt auf und dem Ruf des Eiffelturms folgend, blättern die Lesenden auch schon die ersten Seiten auf. Vor- & Nachsatzblatt sowie die stimmungsvollen Fotos im Innenteil verbreiten französisches Flair und locken in die Bistros, um eine kurze Auszeit mit typischen Gerichten zu genießen.

Der "kulinarische Spaziergang" durch die Stadt bietet bekannte und bewährte Gerichte wie Fondant au Chocolat, Coq au vin, Omelette nature, Pains au Chocolat und Baguette , deren Rezepte für den heimischen Gebrauch im Buch zu finden sind und dafür sorgen, dass das Savoir-vivre auch nach dem Urlaub gelebt wird.

Die Aufmachung, Text- und Bildgestaltung ist im Retro-Style gehalten und wirkt auf der einen Seite ein wenig aus der Zeit gefallen und antiquiert, auf der anderen Seite weckt es aber auch eigene Erinnerungen an wunderschöne Aufenthalte in der Stadt der Liebe.

Ein Buch mit solider Präsentation von Bekanntem und Bewährtem, aber wenig Neuem und Aufregendem, sodass ich hier eine neutrale Wertung von 3 Sternchen abgebe.

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