"Mantje, mantje, Timpe te, Buttje, Buttje in der See"
Fischers FrauDie Welt von Mia Sund beherbergt so manch wertvolles Stück aus der Vergangenheit, denn als Kuratorin hat sie den Blick für Kunst, kann echt von falsch unterscheiden und Qualitätsarbeit beurteilen. Ein ...
Die Welt von Mia Sund beherbergt so manch wertvolles Stück aus der Vergangenheit, denn als Kuratorin hat sie den Blick für Kunst, kann echt von falsch unterscheiden und Qualitätsarbeit beurteilen. Ein Fischerteppich mit seiner unglaublichen Farbintensität weckt ihre Aufmerksamkeit. Das Grün changiert und fasziniert Mia und so betrachtet sie sich das handwerkliche Ausnahmestück etwas genauer. Der Teppich ist nicht einfach nur ein Teppich, er erzählt eine unglaubliche Geschichte, der Mia auf den Grund gehen muss...
Karin Kalisa erzählt in "Fischers Frau" eine Art modernes Märchen, das in Anlehnung an das Märchen der Brüder Grimm für ein sehr phantastisches Grundgerüst sorgt. Ihre Erzählstränge gleichen Fäden, die mal, mehr mal weniger dicht gezwirbelt sind, mal glänzende, mal stumpfe Garne enthalten und die es gilt, zu einem Gesamtbild zuknüpfen.
Dabei greift sie die Tradition des Knüpfens von Fischerteppichen auf und verwebt diese mit einer fiktiven Geschichte, die in leisen, aber kraftvollen Worten von zwei Frauen erzählt, die ihren Weg in die Welt und zu sich selbst ernst noch finden müssen.
Beide Frauen eint, dass sie unschöne Erfahrungen machen mussten, die den Lebensfaden beschneiden, ihn ausdünnen und auch mal reißen lassen. Und trotzdem knüpfen beide immer wieder neue Verbindungen, um ihren Weg zu gehen und mit den Narben (hier versinnbildlicht als Knoten) das Bild zu vervollständigen.
Dabei fließen immer wieder Teile des Märchens ein, dienen las Wegbereiter und Türöffner, um die Welt von Mia und Nina mit offenen Augen zu sehen, jedoch wird es hier vollkommen anders interpretiert. Viele Symbole im geknüpften Teppich stehen für ein prägendes Ereignis und Mia muss diese Botschaften entschlüsseln, um hinter das Geheimnis zu kommen. So lernt Mia nicht nur Nina besser kennen, sondern erfährt auch viel über sich selbst und durchlebt eine Wandlung, die sie selbst am allerwenigsten für möglich gehalten hätte.
Das Cover verbindet beide Frauen miteinander, die zwar in unterschiedliche Richtungen blicken, aber durch Meer und Wellen vereint sind. Fast erscheint es so, als würden beide Frauen eine Symbiose eingehen.
Karina Kalisa zeichnet zwei Frauenbilder mit feiner Feder, macht ihre Gefühls-& Gedankenwelt zugänglich und fängt ihre Leser:innen mit einem fein gesponnenen Netz wie eine Menschenfischerin ein. Mal poetisch, mal aufwühlend, mal geheimnisvoll, aber immer auf den Punkt - für mich großartige Erzählkunst und deswegen vergebe ich gerne eine Leseempfehlung.